OGH 15Os132/03

OGH15Os132/0316.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Zivadinka A***** und andere Angeklagte wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a, 13 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Perica M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 21. August 2002, GZ 11 Hv 357/01y-63, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche betreffend die Angeklagten Zivadinka und Sanela A***** enthält, wurde Perica M***** der Finanzvergehen (I) des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 iVm 38 Abs 1 lit a FinStrG und (II) des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs lit b FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er

in Nickelsdorf anlässlich der wiederholten Einreise aus Ungarn in das

österreichische Bundesgebiet (I) vorsätzlich eingangsabgabepflichtige

Waren, nämlich Zigaretten, dem Zollverfahren entzogen, und zwar (1/a

und b) von Jänner bis August 2000 in 16 Angriffen 730 Stangen (=

146.000 Stück) diverser Marken, von September 2000 bis 8. April 2001

in 15 Angriffen 1.800 Stangen (= 360.000 Stück) diverser Marken und

am 16. April 2001 120 Stangen (= 24.000 Stück), wobei er die

angeführten Taten jeweils gewerbsmäßig beging; strafbestimmender Wertbetrag gemäß § 35 Abs 4 FinStrG 992.075 S;

(II) durch die oben beschriebenen Taten zu seinem Vorteil Gegenstände des Tabakmonopols, nämlich die zu I jeweils angeführten Zigaretten entgegen den gesetzlichen Einfuhrverboten eingeführt; strafbestimmender Wertbetrag nach § 44 Abs 2 FinStrG 980.500 S.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Ablehnung des Antrages auf "Übersetzung der Seite 2 des Originalprotokolls von Ungarn" (offensichtlich gemeint S 551) zum Beweis, dafür "dass der Zweitangeklagte das Protokoll niemals unterschrieben hat und auch am 1. 5. 2000 sowie am 2. 7. 2000 von den ungarischen Behörden niemals mit dieser Niederschrift konfrontiert wurde und auch zur Feststellung darüber, ob er die 50.000 Forint eigenhändig bezahlt hat". Wie das Erstgericht in seinem abschlägigen Zwischenerkenntnis (S 623) im Ergebnis zutreffend darlegt, konnte die Aufnahme dieses Beweises ohne Verletzung von Verteidigungsrechten unterbleiben:

Im Akt findet sich die Übersetzung des anlässlich der Vernehmung am 1. Mai 2000 vor dem Zollamt Tompa mit dem Angeklagten aufgenommenen Protokolls durch eine Dolmetscherin für die ungarische Sprache (S 553 bis 557).

Dass die Übersetzung des Inhaltes des in ungarischer Sprache verfassten Protokolls falsch ist, behauptet der Beweisantrag gar nicht. Eine Darlegung, inwiefern sich aus dessen (nochmaliger) Übersetzung die Echtheit der Unterschrift des Angeklagten bzw die Beantwortung der Frage, ob er mit dessen Inhalt konfrontiert wurde und 50.000 Forint bezahlt habe, ableiten ließe und inwieweit diese Umstände für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung seien, lässt der Antrag ebenfalls vermissen und entspricht somit mangels Substantiierung nicht den Prozessvorschriften (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327).

Das dazu erstattete weitergehende Beschwerdevorbringen ist verspätet und demnach unbeachtlich (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40 und 41). Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die beanstandeten Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten - dem Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend - auf die belastenden Angaben der Mitangeklagten in Übereinstimmung mit den sonstigen Verfahrensergebnissen gestützt und im Einklang mit den Grundsätzen der Logik begründet dargelegt, warum es der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht gefolgt ist (US 9 ff). Soweit die Rüge eine Scheinbegründung oder das Fehlen von Gründen moniert, kritisiert sie inhaltlich in Wahrheit - wie sich aus dem mehrfachen Verweis auf die "unstatthafte Vermutung zu Lasten des Angeklagten" ableiten lässt - lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung. Dabei verkennt sie weiters, dass ein Begründungsmangel nicht schon deshalb gegeben ist, weil nicht der vollständige Inhalt sämtlicher Aussagen und überhaupt sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht wurden, wie weit sie für oder gegen diese oder jene Geschehensvariante sprechen, wobei unerhebliche Widersprüche der Beweisergebnisse ohnehin nicht erörterungsbedürftig sind (Ratz aaO Rz 428). Welche weiteren Gründe zur Gewerbsmäßigkeit über die vom Erstgericht auf US 11 angeführten erforderlich sein sollten, legt die Beschwerde mit ihrer Behauptung, es mangele an einer "konkreten Begründung", nicht dar und ist damit mangels Substantiierung ebenso wenig den Prozessvorschriften entsprechend ausgeführt wie mit der Behauptung, das Erstgericht wäre bei "gesetzmäßiger Begründung zu einer anderen Lösung der Tat- und somit auch der Rechtsfrage" gekommen (Ratz aaO § 285d Rz 10). Letztlich versagt auch die auf ein sinnentstellendes Herausgreifen des Wortes "zwanglos" gestützte Argumentation, die Urteilsannahmen betreffend die Gewerbsmäßigkeit stützten sich "augenscheinlich" weder "auf konkrete Verfahrensergebnisse noch auf durch allgemeine Lebenserfahrung gedeckte", weil sie die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter übergeht, wonach die Gewerbsmäßigkeit aus der Vielzahl der Fahrten, der Bedienung eines Abnehmerkreises, der zuvor seine Wünsche äußerte und der angestrebten Verbesserung der bescheidenen finanziellen Situation des Angeklagten erschlossen wurde (US 9 und 11), und letztlich verkennt, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar ist (Ratz aaO § 281 Rz 451, 452). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

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