OGH 15Os131/03

OGH15Os131/039.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dachsberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hermann M***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 27. Mai 2003, GZ 34 Hv 3/03z-89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann M*****, soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, (richtig:) jeweils einer unbestimmten Anzahl von Verbrechen (II.a.) des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB, (II.b.) der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB aF und (III.) der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster und zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er

II.) a) in der Zeit von 1995 bis 26. Mai 2002 in Roitham und Linz mit einer unmündigen Person, nämlich seiner am 26. Mai 1988 geborenen Tochter Yvonne M*****, mehrmals monatlich den Beischlaf sowie vom 1. Oktober 1998 bis zum 26. Mai 2002 dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen, nämlich das Einführen eines Fingers in die Scheide und Oralverkehr unternommen, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der unmündigen Person, und zwar ein posttraumatisches Belastungssyndrom sowie eine sexuelle Traumatisierung, zur Folge hatte;

b) in der Zeit von 1995 bis zum 30. September 1998 in Roitham und Linz eine unmündige Person, nämlich seine am 26. Mai 1988 geborene Tochter Yvonne M*****, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht dadurch missbraucht, dass er ihr mehrmals monatlich den Finger in die Scheide einführte und den Oralverkehr unternahm, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) der unmündigen Person, und zwar ein posttraumatisches Belastungssyndrom sowie eine sexuelle Traumatisierung zur Folge hatte; III.) in der Zeit von 1995 bis Mitte August 2002 in Roitham und Linz die am 26. Mai 1988 geborene Yvonne M***** mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt "für" Leib oder Leben, nämlich dadurch, dass er ihr mehrfach die Beine auseinander drückte, sowie dadurch, dass er "sowohl sie als auch andere Familienmitglieder" ständig schlug, am Körper verletzte und mit dem Umbringen bedrohte, zur Duldung des Beischlafes sowie dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, nämlich des Einführens des Fingers in die Scheide und zum Oralverkehr genötigt, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), und zwar ein posttraumatisches Belastungssyndrom sowie eine sexuelle Traumatisierung zur Folge hatte und die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 345 Abs 1 Z 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich der Sache nach ausschließlich gegen die Anlastung schwerer Tatfolgen (§§ 201 Abs 3 erster Fall StGB, 206 Abs 3 erster Fall StGB, 207 Abs 2 erster Fall StGB aF) wendet, verfehlt ihr Ziel.

Die Instruktionsrüge (Z 8) leitet nicht aus dem Gesetz ab, weshalb eine Erklärung der im Gesetz und auch in der den Geschworenen erteilten Rechtsbelehrung gar nicht vorkommenden Begriffe „seelisch krankhafter Zustand" und „schwere Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens" geboten gewesen sein soll. Beweiswürdigende Erörterungen der Ausführungen der Sachverständigen Dr. R***** über den Zustand des Tatopfers können die fehlende Ableitung nicht ersetzen.

Gleiches gilt für das weitere Vorbringen, „die Annahme einer schweren Körperverletzung bei seelischer Beeinträchtigung" setze „1. eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Wohlbefindens und 2. eine mehr als 24-tägige Dauer oder eine schwere Körperverletzung an sich, also eine 'doppelte Schwere' voraus".

Mit dem "gegen die Rechtsbelehrung zur Frage der Kausalität" erhobenen Einwand, "dass zur Frage des Adäquanz- und Risikozusammenhanges und der objektiven Erfolgszurechnung eine Unrichtigkeit im Sinne von Unvollständigkeit bzw auch Unverständlichkeit vorliegt", wird eine Instruktion zu einer von den an die Geschworenen gerichteten Fragen gar nicht umfassten Tatfolge, nämlich dem „allfälligen Eintritt einer Persönlichkeitsveränderung und eine Verhaltensstörung" vermisst. Rechtsbelehrung ist aber nur zu gestellten Fragen zu erteilen.

Das großteils in einer Wiederholung der Instruktionsrüge bestehende Vorbringen unter Z 10a, mit dem angebliche Widersprüche betreffend die Kriterien einer „posttraumatischen Belastungsstörung" nach verschiedenen Klassifikationssystemen im Gutachten der Sachverständigen Dr. R***** geltend gemacht werden, zeigt - auch mit Blick auf die (unbestrittene) Tatbegehung in der im Verdikt ausgedrückten Intensität und Häufigkeit - keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen auf.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 344, 285i StPO).

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