OGH 13Os111/03

OGH13Os111/033.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johannes H***** wegen der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johannes H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 11. April 2003, GZ 22 Hv 17/03x-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftig gewordene Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Johannes H***** der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I. und II.4.a), des Verbrechens (richtig der Verbrechen) der schweren Nötigung nach §§ 105, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II.1.), des Verbrechens (richtig der Verbrechen) des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II.2.), des Vergehens (richtig der Vergehen) des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (II.3.), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.4.b) und des Vergehens (richtig der Vergehen) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (II.4.c) schuldig erkannt. Danach hat er

I. in Gralla an einem nicht näher bekannten Tag im Frühjahr 2000 seine Gattin Herta H***** mit Gewalt, indem er sie gegen seinen PKW stieß und an den Haaren ins Fahrzeug zerrte, zu einer Handlung, nämlich der Mitfahrt in seinem PKW von Gralla nach Straß genötigt;

II. in Straß

1. an nicht näher bekannten Tagen von Jahresanfang 2000 bis zum 28. Mai 2002 in mehreren Angriffen seine Gattin Herta H***** durch die wiederholte Äußerung, wenn sie sich von ihm scheiden lasse, werde er das gemeinsame Haus anzünden, somit durch gefährliche Drohung mit einer Brandstiftung zur Unterlassung der angestrebten Scheidung genötigt;

2. außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen, und zwar von Jahresanfang 2002 bis 28. Mai 2002 in wiederholten Angriffen dadurch, dass er seiner am 10. Juli 1989 geborenen Stieftochter Karina L***** auf die Brust griff;

3. durch die zu Punkt 2. angeführten Handlungen seine mj. Stieftochter Karina L***** zur Unzucht missbraucht;

4. am 28. Mai 2002

a) seine Gattin Herta H***** in zwei Angriffen und seine Stieftochter Karina L***** in einem Angriff mit Gewalt, indem er sie aus der Küche auf die Terrasse zerrte, drängte und stieß, zu einer Handlung, nämlich jeweils dem Verlassen des Wohnhauses, genötigt;

b) seine Gattin Herta H***** durch Würgen und durch Zubodenstoßen vorsätzlich am Körper verletzt (Schädelhirntrauma ersten Grades, Zerrung der Halswirbelsäule, Prellung der Brustwirbelsäule, Brustkorbprellung);

c) seine Gattin Herta H*****, seine Tochter Claudia H***** und seine Stieftochter Karina L***** durch die Äußerungen, er werde sie mit der Rute schlagen bzw alle "heimdrehen" gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper und mit dem Tod bedroht.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Die tatrichterliche Erwägungen zu der eine tatsächliche Einschüchterung (die im Übrigen beim Tatbestand des § 105 Abs 1 StGB nicht vorausgesetzt wird; vgl Kienapfel BT I4 § 105 RN 43) durch eine gefährliche Drohung angeblich nicht zum Ausdruck bringenden Aussage des Tatopfers vermissende Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch I. übergeht, dass dem Angeklagten eine Nötigung durch Gewaltanwendung zur Last liegt, sodass die von der Beschwerde relevierten Beweisergebnisse keine entscheidungswesentliche Tatsache betreffen. Die zum Schuldspruch II.1. und II.2. gerügte mangelnde Auseinandersetzung mit den von den Opfern überwiegend nicht näher konkretisierbaren Tatzeiträumen stellt wiederum auf keinen schulderheblichen Umstand ab, sodass das Erstgericht nicht verhalten war, dazu eingehender Stellung zu nehmen.

Die zu den Schuldsprüchen II.4.a und II.4.c behauptete Unvollständigkeit übergeht, dass die Tatrichter die geringfügigen Ungereimtheiten in den Angaben der Zeugin Karina L***** ebenso wie die leugnende Verantwortung des Angeklagten ausdrücklich erwogen (US 11 u 13). Welche sonstigen Beweisergebnisse in diesem Zusammenhang noch zu erörtern gewesen wären, lässt die insoweit unsubstantiierte Beschwerde hingegen offen.

Der Einwand einer fehlenden Begründung zur inkriminierten Körperverletzung (Schuldspruch II.4.b) lässt die Erwägungen des erkennenden Gerichtes außer Acht, wonach die subjektive Tatseite aus dem äußeren Geschehnisablauf abgeleitet werden konnte (US 13). Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge mehrfach seine leugnende Einlassung und die Interessenlage seiner Ehefrau im Hinblick auf das den Ausgangspunkt mehrerer inkriminierter Handlungen bildende (vom Schöffengericht bedachte - US 7) Scheidungsverfahren in den Vordergrund rückt und gestützt darauf die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen in Frage stellt, bekämpft er lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Gleiches gilt im Wesentlichen für die Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a). Dass der Angeklagte von weiteren, ein anderes Tatopfer betreffenden Vorwürfen freigesprochen wurde, vermag entgegen dem Beschwerdestandpunkt ebenso wenig erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen, wie die Geltendmachung der den (Belastungs-)Zeugen nach der Strafprozessordnung eingeräumten Entschlagungsrechte nach einer kontradiktorischen Vernehmung. Die sowohl in der Mängelrüge als auch in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behaupteten Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite bei allen inkriminierten Tathandlungen übergehen die präzise darauf abstellenden Urteilsannahmen (US 7 - 13).

Gleiches gilt für die in der Mängelrüge (inhaltlich Z 9 lit a) vorgebrachten Feststellungsmängel zum objektiven Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen (Schuldspruch II.2.), konstatierte doch das Schöffengericht ausdrücklich, dass der Angeklagte seiner unmündigen Stieftochter in wiederholten Angriffen "kurz aber fest" auf die zumindest ansatzweise entwickelte Brust gegriffen hatte (US 8 und 12 f).

In der inhaltlich als Rechtsrüge (Z 9 lit a) ausgeführten Mängelrüge, wonach keine Feststellungen dazu vorliegen, dass sich Herta H*****, Karina L***** und Claudia H***** überhaupt bedroht gefühlt hätten (§ 107 Abs 1 und Abs 2 StGB - Schuldspruch II.4.c) und dass der Angeklagte ein Autoritätsverhältnis ausgenutzt hätte (§ 212 Abs 1 StGB - Schuldspruch II.3.), verfehlt der Beschwerdeführer mit der bloßen (und daher unsubstantiierten) Behauptung einer entsprechenden Tatbestandsvoraussetzung eine methodisch vertretbare Ableitung aus dem Gesetz, weshalb eine tatsächliche Einschüchterung der Bedrohten Tatbildelement des § 107 StGB sei (vgl dazu Kienapfel I4 § 107 RN 9 mwN) und weshalb die bei Erziehungs-, Ausbildungs- und Aufsichtspersonen geforderte konkrete Ausnutzung eines Autoritätsverhältnis (vgl dazu Schick in WK2 § 212 Rz 9 mwN) auch bei den im § 212 Abs 1 StGB gesondert genannten, per se eine Autoritätsstellung einnehmenden nahen Angehörigen (wozu auch der Stiefvater zählt) schuldrelevant wäre. Abgesehen davon wurde die vermisste Konstatierung der Ausnutzung eines Autoritätsverhältnisses vom Erstgericht explizit getroffen (US 8). Damit bringt der Beschwerdeführer mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung des Nichtigkeitsgrundes auch insoweit das Rechtsmittel nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten das Oberlandesgericht Graz zuständig ist (§ 285i StPO). Die Kostentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte