OGH 9ObA89/03h

OGH9ObA89/03h27.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Johannes Denk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, vertreten durch Lansky und Prochaska, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Europäische Gemeinschaften, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 1010 Wien, Kärntnerring 5-7, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung von Handlungen (Streitwert S 1,000.000,-), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. September 2000, GZ 10 Ra 108/00a-16, womit der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. August 1999, GZ 34 Cga 16/99f-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat in Wien eine Vertretung eingerichtet. Ihr Aufgabenbereich liegt im Wesentlichen in der umfassenden Information der österreichischen Bevölkerung über europaspezifische Themen.

Der vorliegende Rechtsstreit betrifft ausschließlich als "örtliche Bedienstete" zu qualifizierende sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften, die in der Wiener Vertretung beschäftigt sind. Das Arbeitsverhältnis dieser Bediensteten beruht auf Verträgen, die einerseits vom Leiter der Vertretung und andererseits vom jeweiligen Bediensteten unterzeichnet wurden.

Am 12. 3. 1998 wählten die Bediensteten der Wiener Vertretung der beklagten Partei einen Betriebsrat. Der Dienstgeber wurde von diesem Vorgang und von der sofort erfolgten Konstituierung des Betriebsrats unverzüglich verständigt; die Wahl wurde von ihm nicht angefochten.

Im Februar 1999 fanden Wahlen zur iSd Art 9 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften gebildeten Personalvertretung statt, an denen auch die in der Wiener Vertretung beschäftigten örtlichen Bediensteten teilgenommen haben. Keiner der örtlichen Bediensteten wurde zum Personalvertreter gewählt.

Die Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrates werden von der EU-Vertretung als lokale Vertretung der örtlichen Bediensteten angesehen.

Der klagende Betriebsrat begehrt (nach Ausdehnung seines Klagebegehrens) die Beklagte schuldig zu erkennen, a) ihm Mitteilung zu machen, welche personenbezogenen Arbeitnehmerdaten sie automationsunterstützt aufzeichne und welche Verarbeitung und Übermittlung sie vorsehe sowie b) sämtliche bisher unzulässigerweise installierten Vorrichtungen zur Erfassung personenbezogener Arbeitnehmerdaten zu demontieren.

Die klagende Partei bringt zusammengefasst vor:

Rechtsgrundlage der Verträge der bei der Vertretung der Beklagten in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer seien die mit Ratsverordnung festgelegten Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der europäischen Gemeinschaften (idF: BSB). Nach Art 79 BSB seien die Verträge für die sogenannten örtlichen Bediensteten auf der Grundlage der Vorschriften und Gepflogenheiten, die am Ort der dienstlichen Verwendung der Bediensteten bestehen, zu gestalten. Außerdem komme die Regelung über die Sonderbedingungen für die Beschäftigung von in Österreich diensttuenden örtlichen Bediensteten zur Anwendung. Art 1 der letztgenannten Regelung sehe vor, dass "die gesetzlichen Bestimmungen der vorliegenden Regelung unbeschadet der zwingenden günstigeren österreichischen Gesetzgebung anwendbar" seien.

Die Wiener Vertretung der beklagten Partei erfülle den Betriebsbegriff des § 34 ArbVG und sei wie jede andere im Inland gelegene Arbeitsstätte vom räumlichen Geltungsbereich des ArbVG umfasst. Sie falle auch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG, nach der Behörden, Ämter und sonstige Verwaltungsstellen des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden von den Bestimmungen des II. Teils des ArbVG ausgenommen seien. Eine solche "Herausnahme" des Betriebs der beklagten Partei aus dem Geltungsbereich des ArbVG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die beklagte Partei für die örtlichen Bediensteten keine vergleichbaren Regelungen der Mitbestimmung getroffen habe. Art 9 des Statutes der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (idF: Statut), der gemäß Art 7 BSB auch für die örtlichen Bediensteten zur Anwendung komme, enthalte nur rudimentäre Ansätze einer Mitbestimmung in Gestalt von Informations-, Anhörungs- und Vorschlagsrechten, die die umfangreichen Regelungen des ArbVG nicht ersetzen könnten.

Wenngleich es richtig sei, dass die im Statut geregelte Personalvertretung nicht nur für Beamte, sondern auch für die sonstigen Bediensteten zuständig sei, werde das ArbVG nicht durch die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Personalvertretung ersetzt, die derzeit nur aus Beamten bestehe und daher die Interessen der örtlichen Bediensteten nicht wahre. Die Europäischen Gemeinschaften stellten für ihre Arbeitsverhältnisse in Mitgliedstaaten lediglich Rahmenregelungen zur Verfügung, wobei deren Konkretisierung durch das nationale Recht erfolge. Das Gemeinschaftsrecht gehe daher von einem Nebeneinanderbestehen von europäischem und nationalem Recht aus. Der Anwendungsvorrang werde nur dann aktuell, wenn das nationale Recht dem Gemeinschaftsrecht entgegenstehe. Eine solche Unvereinbarkeit liege im Hinblick auf das ArbVG nicht vor, sodass dieses nicht verdrängt werde.

Die Wiener Vertretung der beklagten Partei sei daher von der im ArbVG normierten Betriebsratspflicht betroffen, der durch die am 12. 3. 1998 erfolgte Wahl entsprochen worden sei. Die Parteifähigkeit der klagenden Partei sei daher zu bejahen.

Ende Oktober 1998 habe die klagende Partei Kenntnis von einer Kontrolleinrichtung erlangt, durch die beim Zugang zum Büro, der unter Verwendung einer personalisierten Chipkarte und unter Angabe eines Codes erfolge, die personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer gespeichert werden. In weiterer Folge komme es "zur Verarbeitung und Übermittlung" der registrierten Daten durch die beklagte Partei. Diese verweigere die Erfüllung ihrer in diesem Zusammenhang durch § 91 Abs 2 ArbVG normierten Informationspflicht. Gemäß § 96a ArbVG sei die Einführung von Systemen zur automationsunterstützten Ermittlung, Verarbeitung und Übermittlung personenbezogener Daten der Arbeitnehmer, die über die Übermittlung allgemeiner Angaben zur Person und fachlichen Voraussetzungen hinausgehen, an eine Zustimmung des Betriebsrates gebunden, soweit die tatsächliche und vorgesehene Verwendung dieser Daten über die Erfüllung von Verpflichtungen hinausgehe, die sich aus Gesetz, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Arbeitsvertrag ergeben. Im vorliegenden Fall sei das installierte Kontrollsystem mangels Zustimmung der klagenden Partei unzulässig und daher zu demontieren.

Die Beklagte beantragte die Zurück- bzw. Abweisung der Klage und wendet im Wesentlichen folgendes ein:

Auf die als örtliche Bedienstete beschäftigten Arbeitnehmer gelangten die durch Verordnung erlassenen BSB zur Anwendung. Art 9 des ebenfalls als Verordnung zu qualifizierenden Statuts sehe die Einrichtung einer Personalvertretung vor, die aus Wahlen der am Dienstort Beschäftigten hervorgehe. Die Aufgaben der auch für die sonstigen Bediensteten zuständigen Personalvertretung seien in Art 9 Abs 3 des Statuts umrissen. Auch die Arbeitnehmer der österreichischen Vertretung der Beklagten hätten kürzlich an einer derartigen Personalvertretungswahl teilgenommen. Die Mitbestimmungsstruktur der Europäischen Gemeinschaften entspreche etwa jener des öffentlichen Dienstes in Österreich. Die Ausnahmebestimmung des § 33 Abs 2 Z 2 ArbVG gelte daher auch für die Kommission der Europäischen Gemeinschaften als europäische Behörde. Die Vertretung in Österreich sei Teil der integralen Struktur der Kommission und somit ebenfalls eine Behörde.

Überdies werde aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts das ArbVG durch die ihm vorgehenden Personalvertretungsregeln des Statuts verdrängt. Es könne nicht unterstellt werden, dass für denselben Vertretungsbereich zwei Repräsentationsorgane der Belegschaft zuständig sein sollten, da es dadurch zu die Effizienz der Belegschaftsvertretung gefährdenden Konfliktsfällen kommen könne. Es könne daher nur ein Organ die Interessen der Belegschaft vertreten. Dies sei aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes die durch das Statut normierte Personalvertretung.

Das ArbVG sei daher auf die hier betroffenen Bediensteten nicht anwendbar. Dementsprechend sei die in Österreich erfolgte Betriebsratswahl nichtig. Die Nichtigkeit könne zu jedem Zeitpunkt geltend gemacht werden; einer Anfechtungsklage habe es nicht bedurft. Die klagende Partei sei daher weder partei- noch prozessfähig noch klagelegitimiert.

Das Klagebegehren sei auch materiell nicht berechtigt, weil die beklagte Partei dem Kläger bereits sämtliche gewünschte Informationen über das streitgegenständliche Türschließungs- und Sicherungssystem erteilt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Beschluss vom 9. 8. 1999 zurück.

Es vertrat folgende Rechtsauffassung:

Statut und BSB seien als Verordnungen zu qualifizieren. Gemäß Art 1 BSB seien diese auf die durch Vertrag eingestellten Bediensteten und somit auch auf die bei der Vertretung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden. Allerdings beträfen die in Art 79 bis 81 enthaltenen spezifischen Regelungen für die örtlichen Bediensteten und die Rahmenregelung über die Sonderbedingungen für die Beschäftigung von in Österreich diensttuenden örtlichen Bediensteten ausschließlich individualrechtliche Belange der Arbeitsverhältnisse. Der Verweis in den BSB und der zitierten Rahmenregelung auf die Anwendbarkeit zwingender günstigerer österreichischer Regelungen beziehe sich daher ebenfalls nur auf individualrechtliche Normen.

Die Personalvertretung nach Art 9 des Statuts erfülle im Wesentlichen den gleichen Zweck wie der im österreichischen Recht vorgesehene Betriebsrat. Aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrecht folge daher, dass das ArbVG nicht anzuwenden sei. Das ArbVG stehe dem Statut insofern entgegen, als es für dieselben Beschäftigten eine eigene betriebliche Interessenvertretung mit eigenen Kompetenzen vorsehe. Eine Nebeneinanderbestehen der beiden Normensystem komme nicht in Betracht, da es dadurch zu Konflikten zwischen den beiden Interessenvertretungen und damit zu einer Beeinträchtigung der Effizienz der Personalvertretung kommen könne. Dass Art 9 keine so umfangreiche Regelung wie das ArbVG vorsehe, spiele keine Rolle. Eine mögliche Verbesserungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertige nämlich nicht deren Nichtanwendung. Vielmehr obliege es dem zuständigen Rechtsetzungsorgan, eine bessere Regelung zu schaffen.

Die Wahl eines Betriebsrates in Bereichen, auf die das ArbVG nicht zur Anwendung gelange, sei absolut nichtig. Es sei daher im zu beurteilenden Fall von der Rechtsunwirksamkeit der Betriebsratswahl auszugehen. Dementsprechend fehle es dem Kläger aber an der Partei- und Prozessfähigkeit.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem von der klagenden Partei gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs nicht Folge.

Es wies darauf hin, dass eine Immunität (Art IX EGJN) der Europäischen Gemeinschaften gegenüber privatrechtlichen Klagen vor Gerichten der Mitgliedstaaten nicht vorgesehen, sondern vielmehr in Art 183 [richtig: Art 240 (ex-Art 183)] EGV das Gegenteil normiert sei. Dieser sehe vor, dass Streitsachen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist, der Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte nicht entzogen seien, soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofes aufgrund des Vertrages bestehe.

Sowohl das Statut als auch die BSB seien Verordnungen im Sinn des Art 189 [richtig: Art 249 (ex-Art 189)] EGV und damit in allen Mitgliedstaaten unmittelbar verbindlich; als Gemeinschaftsrecht gingen sie (sowie die in Verordnungsform dazu erlassenen ergänzenden Vorschriften) im Sinn des Prinzips des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes dem nationalen Recht vor, wenn dieses ihrer uneingeschränkten Verwirklichung entgegenstehen könnte.

Mit den Art 46, 73 und 83 BSB werde für alle sonstigen Bediensteten mit Ausnahme der örtlichen Bediensteten auf Art 91 des Statuts verwiesen. Danach sei für alle Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und ihren Beamten der Europäische Gerichtshof zuständig. Demgegenüber sehe Art 81 BSB vor, dass Streitigkeiten zwischen dem Organ und den in einem Mitgliedstaat tätigen örtlichen Bediensteten dem Gericht zu unterbreiten seien, das nach den Vorschriften des Ortes zuständig sei, in dem der Bedienstete seine Tätigkeit ausübe.

Gemäß Art 79 BSB seien die Beschäftigungsbedingungen für die örtlichen Bediensteten von jedem Organ auf der Grundlage der Vorschriften und Gepflogenheiten festzulegen, die am Ort der dienstlichen Verwendung der Bediensteten bestehen. Auf dieser Basis habe der Generaldirektor für außenpolitische Beziehungen eine Regelung erlassen, durch welche die Sonderbedingungen für die Beschäftigung von in Österreich diensttuenden örtlichen Bediensteten festgelegt werden. Diese Regelung gebe wiederum die Grundlage für die mit den in Österreich diensttuenden örtlichen Bediensteten abgeschlossenen Verträge ab. Sie beanspruche gemäß Art 1 jedenfalls keine Geltung gegenüber günstigeren österreichischen Rechtsvorschriften. Schon daraus erhelle, dass auf die vertraglichen Beziehungen zwischen den in Österreich diensttuenden örtlichen Bediensteten und den Europäischen Gemeinschaften nationales, also österreichisches Recht zur Anwendung gelange.

Für den Geltungsbereich der Normen des ArbVG über die Betriebsverfassung sei das Territorialitätsprinzip maßgebend. Daraus folge, dass davon - vorbehaltlich § 3 Abs 2 ArbVG - jede im Inland gelegene Arbeitsstätte erfasst werde und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen von der Betriebsratspflicht betroffen sei.

Dass der von der Beklagten in Österreich unterhaltenen Organisationsstruktur die Eigenschaft eines Betriebes im Sinn des § 34 Abs 1 ArbVG zukomme, sei im Verfahren unbestritten geblieben, sodass eine gesonderte Auseinandersetzung mit dieser Frage entbehrlich erscheine. Dies gelte um so mehr, als feststehe, dass die Beklagte die durchgeführte Betriebsratswahl nicht nach § 59 Abs 2 ArbVG angefochten habe. Auf dieser Grundlage könne aber im Sinn der Rechtsprechung die Frage, ob ein Betrieb vorliege, im vorliegenden Verfahren gar nicht mehr geprüft werden, da davon zufolge Nichtanfechtung der Wahl durch die Beklagte auszugehen sei. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 40 Abs 1 ArbVG sei unbestritten geblieben.

Gemäß § 33 Abs 1 ArbVG seien die Bestimmungen der Betriebsverfassung auf Betriebe aller Art mit Ausnahme der in § 33 Abs 2 ArbVG taxativ aufgezählten anzuwenden. Von den in § 33 Abs 2 ArbVG aufgelisteten Ausnahmen könnte für den gegenständlichen Fall überhaupt nur die in Z 2 genannte von Relevanz sein, die Behörden, Ämter und sonstige Verwaltungsstellen des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und Gemeinden aus dem Anwendungsbereich der Betriebsverfassung ausnehme. Dieser Ausnahmetatbestand sei im Zweifel eng auszulegen. Dass die von der Beklagten in Österreich unterhaltene Organisationsstruktur nicht als eine solche des Bundes, der Länder, Gemeindeverbände oder Gemeinden angesehen werden könne, liege auf der Hand. Es ergebe sich somit, dass der Betrieb der Beklagten in Österreich grundsätzlich von den Normen des ArbVG über die Betriebsverfassung erfasst werde.

Statut und BSB sowie die dazu in Verordnungsform erlassenen ergänzenden Vorschriften gingen im Sinn des Prinzips des Anwendungsvorranges des - unmittelbar anwendbaren - Gemeinschaftsrechts dem nationalen Recht dann vor, wenn dieses mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes unvereinbar ist. Danach habe das staatliche Gericht jene staatlichen Rechtsvorschriften "auszuschalten", also unangewendet zu lassen, die ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen darstellten. Dies sei der Fall, soweit zwischen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes einerseits und des nationales Rechtes andererseits ein Widerspruch bestehe. Ein solcher unauflösbarer Widerspruch liege zwischen den Normen des Europäischen Personalvertretungsrechtes und den Normen des Österreichischen Personalvertretungsrechtes vor. Die Personalvertretung nach Art 9 des Statutes habe nämlich als internes Gremium selbst mangels Rechts- und Parteifähigkeit kein eigenes Klagerecht und diene nur der Unterstützung der Organe. Hingegen seien nach § 53 Abs 1 ASGG die Organe der Arbeitnehmerschaft, mit Ausnahme der Betriebs-, Betriebshaupt-, Betriebsräte-, Betriebsgruppen- und der Jugendversammlung, parteifähig. Das Personalvertretungsrecht der Europäischen Gemeinschaften sei daher in einem entscheidenden Punkt gänzlich anders aufgebaut als jenes des österreichischen Rechtes. Die vom Rekurswerber gewünschte "sozialverträgliche Mischung aus staatlichem und Gemeinschaftsrecht" sei geradezu denkunmöglich.

Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes habe daher zur Folge, dass § 53 Abs 1 ASGG, soweit er die Parteifähigkeit von Organen der Arbeitnehmerschaft normiere, im Bereich der Europäischen Gemeinschaften nicht anwendbar sei. Er schließe auch ein Nebeneinander von Personalvertretungen nach Art 9 des Statutes und parteifähigen Organen der Arbeitnehmerschaft im Sinne des § 53 Abs 1 ASGG innerhalb der Europäischen Gemeinschaften aus.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, das Verfahren zur inhaltlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof die Ausführungen der zweiten Instanz, mit denen sie die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs bzw die Zuständigkeit der inländischen Gerichte bejaht hat, billigt. Dazu kann auf die Ausführung in dem in dieser Sache ergangenen Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 14. 3. 2001, 9 ObA 309/00g (= DRdA 2002, 135 [Schwarz]) verwiesen werden.

Die Parteifähigkeit der klagenden Partei hängt von der Anwendbarkeit des ArbVG ab. In diesem Zusammenhang ist zwischen den Parteien die Bedeutung und die Reichweite der Bestimmung des Art 79 der BSB strittig, wonach die Beschäftigungsbedingungen für die örtlichen Bediensteten, insbesondere die Einzelheiten für ihre Einstellung und ihre Entlassung, die Urlaubsregelung und die Bezüge, von jedem Organ auf der Grundlage der Vorschriften und Gepflogenheiten festgelegt werden, die am Ort der dienstlichen Verwendung des Bediensteten bestehen. Im Gegensatz zur beklagten Partei erblickt die klagende Partei darin einen umfassenden Verweis auf das jeweilige nationale Recht, der - im Hinblick auf den engen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsvertragsrecht und der Betriebsverfassung - im Falle Österreichs auch den Verweis auf die Bestimmungen des II. Teils des ArbVG umfasse. Demgegenüber steht die beklagte Partei auf dem Standpunkt, dass die Personalvertretungsregel den nationalen Mitbestimmungsregeln des ArbVG vorgehe und diese verdränge, sodass die klagende Partei - mangels Anwendbarkeit des ArbVG - nicht parteifähig sei.

Da der EuGH über diese Frage der Auslegung der betroffenen gemeinschaftsrechtlichen Norm noch nicht entschieden hat, hat ihm der Oberste Gerichtshof mit dem bereits genannten Beschluss vom 14. 3. 2001, 9 ObA 309/00g (= DRdA 2002, 135 [Schwarz]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"1. Ist Art 79 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (Art 3 der Verordnung [EWG, Euratom, EGKS] Nr 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968), wonach die Beschäftigungsbedingungen für die örtlichen Bediensteten, insbesondere a) die Einzelheiten für ihre Einstellung und ihre Entlassung, b) die Urlaubsregelung und c) die Bezüge, von jedem Organ auf der Grundlage der Vorschriften und Gepflogenheiten festgelegt werden, die am Ort der dienstlichen Verwendung des Bediensteten bestehen, im Sinne eines Verweises auf das jeweilige nationale Arbeitsrecht aufzufassen, der im Falle Österreichs auch die Anwendung des im II. Teil des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes normierten Betriebsverfassungsrechtes normiert?

2. Sind die in Art 9 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (Art 2 der Verordnung [EWG, Euratom, EGKS] Nr 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968) und die in Anhang II dieses Statuts enthaltenen Regelungen über die auch für die örtlichen Bediensteten der Gemeinschaften zuständige Personalvertretung dahin auszulegen, dass sie das kollektive Dienstrecht und die Mitspracherechte der örtlichen Bediensteten abschließend regeln und daher die Anwendung der im II. Teil des österreichischen Arbeitsverfassungsgesetzes geregelten Betriebsverfassung auf die in der Wiener Vertretung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften tätigen örtlichen Bediensteten ausschließen?"

Mit Urteil vom 10. 7. 2003, C-165/01, hat der EuGH in Beantwortung dieser Fragen folgendes ausgeführt:

"Für die Beantwortung dieser Fragen ist, erstens, von Belang, dass nach Artikel 9 Absatz 1 des Statuts bei jedem Gemeinschaftsorgan eine Personalvertretung zu bilden ist. Nach Artikel 9 Abs 3 Unterabsatz 1 nimmt diese Personalvertretung die Interessen des Personals gegenüber dem betreffenden Organ wahr, indem sie für eine ständige Verbindung zwischen dem Organ und dem Personal sorgt, und trägt zum reibungslosen Arbeiten der Dienststellen des Organs dadurch bei, dass sie dem Personal die Möglichkeit gibt, seine Meinung zu äußern und zur Geltung zu bringen.

Für die Wahrnehmung dieser Aufgabe, die Interessen des Personals zu vertreten, verfügt die Personalvertretung nach Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 2, 3 und 4 des Statuts über das Recht, bei den zuständigen Stellen des betreffenden Organs zu intervenieren und von diesen über alle Fragen von allgemeiner Bedeutung im Zusammenhang mit der Auslegung und Anwendung des Statuts gehört zu werden, ferner über das Recht, Anregungen jeglicher Art zur Organisation und Arbeitsweise der Dienststellen dieses Organs oder zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Personals und seiner allgemeinen Lebensbedingungen zu geben, sowie über das Recht, sich an der Verwaltung und an der Kontrolle der von diesem Organ im Interesse des Personals geschaffenen sozialen Einrichtungen zu beteiligen. Außerdem sind nach Anhang II Abschnitt 2 des Statuts die von der Personalvertretung benannten Personen Mitglieder des oder der bei jedem Organ bestehenden Paritätischen Ausschusses oder Ausschüssen; nach Artikel 9 Absatz 4 des Statuts können diese Ausschüsse zu allen Fragen allgemeiner Art gehört werden, bei denen es die Anstellungsbehörde oder die Personalvertretung selbst für zweckmäßig erachtet, sie ihnen zu unterbreiten.

Ferner haben die Artikel 7 BSB die von den Gemeinschaften durch Vertrag eingestellten Bediensteten einschließlich der örtlichen Bediensteten, sofern sie bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer ihres Vertrages oder der tatsächlichen Dauer ihrer Beschäftigung erfüllen, das Recht, an der Wahl zur Personalvertretung des Organs, das sie eingestellt hat, teilzunehmen; sie können wie die Beamten dieses Organs in diese Vertretung gewählt werden.

Weiter müssen nach Artikel 1 Absatz 4 des Anhangs II des Statuts die Personalvertretung jedes Organs, oder, falls sie in örtliche Sektionen unterteilt ist, ihre örtlichen Sektionen so zusammengesetzt sein, dass die Vertretung aller in Artikel 7 Absatz 1 BSB genannten Bediensteten einschließlich der örtlichen Bediensteten, die durch einen Vertrag auf mehr als ein Jahr oder auf unbestimmte Dauer eingestellt sind, gewährleistet ist. Aus Randnummer 10 dieses Urteils ergibt sich, dass die Kommission diese Verpflichtung in die Regelung über die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Personalvertretung, die sie gemäß Artikel 9 Absatz 2 und Anhang II des Statuts erlassen hat, ausdrücklich übernommen hat.

Nach alledem hat der Gemeinschaftsgesetzgeber durch den Erlass der Verordnung Nr. 259/68 dafür Sorge getragen, dass sich die örtlichen Bediensteten an der Vertretung der Interesse des Personals des Organs, das sie eingestellt hat, nach denselben Modalitäten der Vertretung des Personals beteiligen können wie die Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die sonstigen Bediensteten, die den BSB unterliegen.

Damit ist, zweitens, zu prüfen, ob Artikel 79 BSB erlaubt oder gar vorschreibt, dass die örtlichen Bediensteten eines Organs weiter das Recht haben, sich an der Vertretung ihrer Interessen entsprechend dem nationalen Recht des Mitgliedstaats ihrer dienstlichen Verwendung zu beteiligen.

Zu diesem Zweck ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Verwendung des Wortes "insbesondere" in Artikel 79 BSB die Modalitäten der Vertretung der örtlichen Bediensteten und der Vertretung ihrer Interesse zu den "Beschäftigungsbedingungen" im Sinne dieser Vorschrift zählen. Bei dieser Prüfung muss der letztere Ausdruck in seinem Kontext gesehen sowie im Geist dieser Vorschrift und nach der Systematik der BSB ausgelegt werden.

Dabei ergibt sich zunächst, dass Artikel 79 der BSB vorbehaltlich der anderen Vorschriften des Titels IV der BSB, die das für die örtlichen Bediensteten geltende System der sozialen Sicherheit und das Verfahren für Rechtsstreitigkeiten zwischen diesen und ihrem Organ betreffen, bestimmt, dass die Beschäftigungsbedingungen für die örtlichen Bediensteten von jedem Organ auf die Grundlage der Vorschriften und Gepflogenheiten festgelegt werden, die am Ort ihrer dienstlichen Verwendung bestehen.

Wie der Gerichtshof in Randnummer 23 des Urteils vom 9. November 2000 in der Rechtssache C-126/99 (Vitari, Slg. 2000, I-9425) ausgeführt hat, folgt daraus, dass das nationale Recht des Staates der dienstlichen Verwendung des örtlichen Bediensteten nicht ohne weiteres auf das Arbeitsverhältnis zwischen einem Gemeinschaftsorgan und einem örtlichen Bediensteten anwendbar ist.

Weiter ist von Belang, dass die BSB in mehrere Titel unterteilt sind, von denen der erste, wie sich aus seiner Überschrift ergibt, die allgemeinen Vorschriften enthält, die für alle in Artikel 1 BSB genannten Kategorien von Bediensteten gelten, während die weiteren Titel die besonderen Regeln enthalten, die für die einzelnen Kategorien von Bediensteten gelten.

Dabei sind die Voraussetzungen, unter denen die durch Vertrag eingestellten Bediensteten das aktive und passive Wahlrecht für die Personalvertretung besitzen, in Artikel 7 BSB niedergelegt, der zum Titel I der BSB gehört und daher für alle diesen Beschäftigungsbedingungen unterliegenden Bediensteten gilt.

Hingegen legen die Titel II und III der BSB, die für die Bediensteten auf Zeit bzw. die Hilfskräfte gelten, im Einzelnen die Regeln fest, die für diese u. a. hinsichtlich der Bedingungen der Einstellung und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, der Arbeitsbedingungen einschließlich des Urlaubs sowie der Bezüge gelten, während Artikel 79 BSB, der zu Titel IV der BSB betreffend die örtlichen Bediensteten gehört, hinsichtlich derselben Aspekt der Beschäftigungsbedingungen der örtlichen Bediensteten auf die Vorschriften und Gepflogenheiten verweist, die am Ort der dienstlichen Verwendung des örtlichen Bediensteten bestehen.

Hieraus folgt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber, der in Titel IV der BSB, der die örtlichen Bediensteten betrifft, für deren Beschäftigungsbedingungen auf die Vorschriften und Gepflogenheiten verweist, die am Ort ihrer dienstlichen Verwendung bestehen, damit nur diejenigen Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses zwischen diesen Bediensteten und ihrem Organ meint, die für die anderen Kategorien von Bediensteten in den Titeln II und III geregelt sind.

Schließlich darf Artikel 79 BSB - soll das reibungslose Arbeiten der Dienststellen eines Gemeinschaftsorgans nicht gefährdet werden - nicht so ausgelegt werden, dass hinsichtlich einer bestimmten Frage für dieselbe Kategorie von Beschäftigten dieses Organs in verschiedenen Rahmen und nach unterschiedlichen Regeln divergierende oder gar widersprüchliche Maßnahmen erlassen werden können.

Genau dies könnte aber eintreten, wenn zum einen das gesamte Personal eines Gemeinschaftsorgans in der bei diesem bestehenden Personalvertretung und zum anderen eine bestimmte Kategorie von Bediensteten in einem Gremium, das nach dem nationalen Recht des Staates ihrer dienstlichen Verwendung gebildet würde, Rechte ausübten, die ihnen das Statut bzw. das erwähnte nationale Recht hinsichtlich der Vertretung des Personals und der Vertretung von dessen Interesse verleihen.

Nach alledem gehören die Modalitäten der Vertretung der örtlichen Bediensteten eines Gemeinschaftsorgans und der Vertretung ihrer Interessen nicht zu den "Beschäftigungsbedingungen" im Sinne des Artikels 79 BSB; diese Modalitäten sind vielmehr in Artikel 9 und Anhang II des Statuts in Verbindung mit Artikel 7 BSB abschließend geregelt.

Folglich schließt die Verweisung in Artikel 79 BSB auf die Vorschriften und Gepflogenheiten, die am Ort der dienstlichen Verwendung der örtlichen Bediensteten bestehen, nicht das an diesem Ort geltende nationale Recht der Mitsprache der Arbeitnehmer in dem sie beschäftigenden Unternehmen ein, wie es der II. Teil des ArbVG enthält.

Entgegen dem Vorbringen des Betriebsrats sowie der österreichischen und der schwedischen Regierung ergibt sich nichts anderes daraus, dass die Beteiligung des Personals der Gemeinschaftsorgane an seiner Vertretung und an der Vertretung seiner Interessen im Statut und in den BSB nur fragmentarisch und rudimentär geregelt wäre.

Zum einen soll nämlich, wie der Generalanwalt in den Nummern 96 und 97 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Regelung der Vertretung des Personals und der Vertretung seiner Interessen in den einschlägigen Vorschriften des Statuts und der BSB den Bedürfnissen der verschiedenen Organe sowie ihres Personals gerecht werden, damit jedes Organ durch Erfüllung seiner jeweiligen Aufgaben zur Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union beitragen kann.

Vor dem Gerichtshof ist nicht geltend gemacht worden, dass die Modalitäten dieser Regelung, wie sie sich aus der Verordnung Nr 259/68 ergeben, gegen eine höherrangige Vorschrift des Gemeinschaftsrechts verstießen und keine ausreichende Vertretung der Interessen des Personals der Gemeinschaftsorgane gewährleisteten, die den Bedürfnissen dieser Organe und der Erfüllung ihrer Aufgaben entspräche.

Zum anderen entsprechen die Modalitäten der Arbeitnehmermitsprache in einem Unternehmen, wie sie auf der Ebene der Staaten festgelegt sind, in denen örtliche Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften eingesetzt werden können, nicht zwangsläufig der Regelung des II. Teils des ArbVG; sie können sogar innerhalb ein und desselben Staates je nach den Umständen variieren, so dass ihre Anwendung auf diese örtlichen Bediensteten diesen nicht immer eine umfassendere Beteiligung an der Vertretung ihrer Interessen garantieren kann, als sie sich aus dem Statut und den BSB ergibt.

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Artikel 9 und Anhang II des Statuts sowie Artikel 79 BSB dahin auszulegen sind, dass sie der Anwendung des österreichischen Rechts über die Betriebsverfassung im II. Teil des ArbVG auf die in der Vertretung der Kommission in Wien beschäftigten örtlichen Bediensteten entgegenstehen."

Diese Klarstellung des EuGH bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die daher zu Recht das ArbVG als nicht anwendbar erachteten und demgemäß die Parteifähigkeit der klagenden Partei verneinten.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Dessen ungeachtet hat die beklagte Partei die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen. Mit der vorliegenden Entscheidung steht nämlich fest, dass die klagende Partei mangels Parteifähigkeit nicht zum Kostenersatz verpflichtet werden kann.

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