Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 650,52 EUR (darin 81,92 EUR Umsatzsteuer und 159 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 1982 Alleineigentümerin einer Liegenschaft mit einem Miethaus. Der Vormieter verzichtete per 1. März 1997 zugunsten des Beklagten auf seine Hauptmietrechte an einer Wohnung; die Hausverwalterin nahm dies zur Kenntnis. Der Beklagte bezahlt den ihm vorgeschriebenen Mietzins.
Der Beklagte begann Ende August/Anfang September 2000 mit Umbauarbeiten in der Wohnung. Er erstattete weder der Klägerin noch der Hausverwaltung Anzeige noch holte er deren Zustimmung ein. Die Klägerin erhielt hievon jedoch durch die Lärmentwicklung und den vor und in dem Haus liegenden Schutt Kenntnis. Die von der Klägerin verständigte Hausverwalterin besichtigte am 8. September 2000 die Wohnung.
Der Beklagte entfernte zwei jeweils zweiteilige, bis zur Decke reichende Türen zur ehemaligen Küche und zum Kabinett, entfernte den Türstock, nahm eine Abmauerung vor und baute eine einflügelige, rund 2 m hohe Tür ein, in einem Fall weiters eine Glasoberlichte.
Durch die Entfernung der Glastür zur ehemaligen Küche ist deren Belichtung nicht mehr gegeben; dieser Raum ist nur mehr als Abstellraum, Bad oder WC baubehördlich genehmigungsfähig. Das Entfernen der doppelflügeligen Türe zum Kabinett entspricht dem Plan der Wohnungszusammenlegung; es handelt sich um eine konsensmäßige Herstellung dieses ursprünglichen Plans. Die Arbeiten erfolgten sach- und fachgerecht und entsprachen dem Stand der Technik. Es ergaben sich weder statische Probleme noch eine Substanzgefährdung durch Einsturz von Mauern; die Sicherheit von Personen oder Sachen war nicht gefährdet.
Der Beklagte verkleinerte ein Kabinett, indem er eine Rigipswand aufstellte. Die Verkleinerung des Kabinetts zum Einbau eines Badezimmers wäre zwar genehmigungsfähig, die Nutzfläche des Kabinetts verringert sich aber derart, dass es nicht mehr vernünftig und sinnvoll genutzt werden kann.
In dem durch Abteilung errichteten Baderaum wurde auf dem bestehenden Holzfußboden ein 11 cm starker Zementestrich auf einer PAE-Folie aufgebracht. Die Stahlzarge der neuen Badezimmertür hat entgegen der betreffenden Ö-NORM eine Durchgangshöhe von weniger als 2 m. Der Fußbodenaufbau entspricht nicht dem Stand der Technik, weil die erforderliche Trittschalldämmung fehlt und die Zementdichtschlemme unter den Fliesen im Bereich der Wandanschlüsse durch Bewegungen des Fußbodens abreißt, sodass die Bodenisolierung samt möglichem Hochzug nicht mehr dicht ist.
Die vom Beklagten hergestellte Feuchtigkeitsisolierung unter der Duschtasse entspricht nicht dem Stand der Technik, weil der Kläger die Dichtfolie, einen mit einem Pinsel aufgetragenen flüssigen Kunststoff, nicht bei den Wänden auftrug.
Für die Entlüftung durchbohrte der Beklagte eine Wand und setzte den Fertigbauteil ein; die Lüftung endet nun frei in der Küche, was durch die im Badezimmer entstehende Feuchtigkeit auf lange Sicht zu Substanzschäden führen kann und der Wiener Bauordnung nicht entspricht.
Die Abflussleitungen wurden im Estrich starr einbetoniert; durch Bewegungen des Estrichs kann es daher zum Abreißen der Leitungen kommen. Weiters weisen sie unmittelbar neben der neuen Tür unsachgemäß einen Bogen von 90 Grad auf, wodurch ein Abflussgebrechen "vorprogrammiert" ist; dadurch droht eine Substanzgefährdung des Hauses durch Feuchtigkeitsschäden. Dass die Leitungen mit einem zu geringen Gefälle verlegt wurden, konnte das Erstgericht nicht feststellen.
Die Klägerin beabsichtigte, infolge einer Generalsanierung des Hauses und eines Dachbodenausbaus einen Personenlift einzubauen. Dieser Lifteinbau ist links neben dem vom Beklagten benützten WC geplant, das derzeit nur vom Gang aus zu betreten ist und danach in den Wohnungsverband des Beklagten integriert würde. Der Beklagte, der keine Umbaukosten zu tragen hätte, verweigert die Zustimmung, weil er mit der Klägerin eine Einigung erzielen möchte, dass sie das von ihm errichtete Badezimmer nachträglich genehmigt.
Die Klägerin kündigte dem Beklagten diese von ihm gemietete Wohnung auf, weil er vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch mache (§ 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG). Er habe, ohne die Klägerin vorher zu informieren oder deren Zustimmung einzuholen, ein Badezimmer ohne Beiziehung von konzessionierten Unternehmen eingebaut. Weiters habe er zweiteilige, bis zur Decke reichende Flügeltüren herausgenommen, den Türstock entfernt, Abmauerungen durchgeführt und kleinere Türen eingebaut. Beides habe eine Gefährdung der Substanz des Hauses bewirkt (Gefahr von Feuchtigkeitsschäden wegen fehlender Isolierung bzw statisch nicht korrekter Umbau, wodurch Einsturz der Mauer drohe). Er habe dadurch auch ein unleidliches Verhalten zu verantworten (§ 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG); darüber hinaus habe er die Zustimmung zu gemäß § 8 MRG zu duldenden Arbeiten des Hauseigentümers grundlos verweigert, so zum Umbau eines von ihm benützten WC, der für den Einbau eines Personenaufzugs notwendig sei.
Der Beklagte erhob gegen die Aufkündigung vom 2. Oktober 2001 Einwendungen; neben der Bestreitung der Aktiv- und Passivlegitimation brachte er vor, der Einbau eines Duschraums sei, wenn auch ohne Rechnung, durch eine Fachfirma erfolgt; er sei bewilligungsfähig und einwandfrei nach den technischen Vorschriften erfolgt. Eine Gefährdung der Substanz des Hauses sei weder zu erwarten noch eingetreten. Auch durch den Einbau kleinerer Türen mit Metallzargen anstelle der alten Türen sei keine Substanzgefährdung zu erwarten. Der Einbau des Lifts in den Zwischenraum zwischen zwei Gang-WCs könne auch ohne Zustimmung des Beklagten erfolgen. Diese Einbauten seien auch Gegenstand von Verhandlungen im außerstreitigen Verfahren gewesen, in denen der Beklagte um die nachträgliche Bewilligung des Duschraums ansuche. Zu einem Abtausch von Bewilligungen sei der Beklagte nach wie vor bereit.
Das Erstgericht erklärte die gerichtliche Aufkündigung für wirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung der von ihm gemieteten Wohnung. Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG sei durch den nicht sach- und fachgerechten Badezimmereinbau, insbesondere Einbetonierung der Leitungen, fehlende Trittschalldämmung und mangelnde Isolierung, verwirklicht.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass die Aufkündigung als rechtsunwirksam aufgehoben und das Räumungsbegehren abgewiesen wurde; in rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, zur Herstellung des Kündigungsgrunds des erheblich nachteiligen Gebrauchs sei erforderlich, dass wirtschaftliche Interessen des Vermieters verletzt werden. Die Klägerin habe wegen der in der am 1. Oktober 2001 eingebrachten Aufkündigung angeführten Umbauarbeiten bereits am 31. Oktober 2000 bei der Schlichtungsstelle einen Antrag gemäß § 9 MRG auf Entfernung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands eingebracht. Die Umbauarbeiten seien unter den gegebenen Umständen keine derart schwerwiegende Vertragswidrigkeit, die den Vermieter zur Aufkündigung des Mietvertrags mehr als elf Monate nach Einbringen eines Wiederherstellungsantrags nach § 9 MRG berechtige. Die in der Aufkündigung als weiterer Grund genannte Weigerung des Beklagten, seine Zustimmung zum Umbau eines von ihm benützten WCs zu erteilen, sei mangels vertraglicher Verpflichtung des Beklagten kein Kündigungsgrund. Der Klägerin stehe es frei, gemäß § 8 MRG die Duldung des Beklagten zu erwirken.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die Aufkündigung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs des Bestandgegenstands gemäß § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG. Der erhebliche Nachteil kann in jeder erheblichen Verletzung ideeller oder wirtschaftlicher Interessen des Vermieters liegen. Es genügt unter anderem bereits die drohende Schädigung der Substanz des Mietgegenstands (RIS-Justiz RS0102020, RS0020981; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht, § 30 MRG Rz 26 mwN; Schuster in Schwimann 2 § 30 MRG Rz 15 mwN; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 30 MRG Rz 17).
Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen liegt aufgrund des vom beklagten Mieter ohne Zustimmung der klagenden Vermieterin im Mietgegenstand vorgenommenen, nicht sach- und fachgerechten Badezimmereinbaus eine Schädigung der Substanz vor. Der Beklagte hat ohne Zustimmung der Klägerin beim Badezimmereinbau die Leitungen starr in den Estrich einbetoniert, sodass es bei Bewegungen des Estrichs zum Abreißen dieser Leitungen und somit zum Eindringen von Wasser in die Bausubstanz des Hauses kommen kann. Des Weiteren wurde der Fußbodenaufbau ohne Trittschalldämmung errichtet, wodurch die Zementdichtschlemme unter den Fliesen im Bereich der Wandanschlüsse durch Bewegungen des Fußbodens abreißt und so die Bodenisolierung samt möglichem Hochzug nicht mehr dicht ist; infolgedessen kann es zu Feuchtigkeitseintritten im Boden und in den Wänden und somit zu Substanzschädigungen kommen. Darüber hinaus wurde die Isolierung der Duschtasse und an den Wänden der Dusche vom Beklagten nicht ordnungsgemäß hergestellt, wodurch ebenfalls Wasser in die Wände und den Boden eindringen kann und somit die Substanz des Hauses bedroht ist.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen erkannt hat, stellt gerade ein Badezimmereinbau ohne entsprechende Isolierung einen erheblich nachteiligen Gebrauch dar (RIS-Justiz RS0070359; s auch Hausmann aaO; Schuster aaO).
Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Vermieterin sei zu der am 1. Oktober 2001 bei Gericht eingebrachten Aufkündigung des Mietvertrags nicht berechtigt, weil sie wegen dieser Umbauarbeiten bereits am 31. Oktober 2000 bei der Schlichtungsstelle einen Antrag gemäß § 9 MRG auf Entfernung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands eingebracht habe, ist nicht zu billigen.
Kündigungsgründe sind nach stRsp durch den Vermieter ohne unnötigen Aufschub geltend zu machen, da sie sonst nicht mehr als wichtig angesehen werden könnten. Ansonsten wird ein konkludenter Verzicht (§ 863 ABGB) auf den schon verwirklichten Kündigungsgrund angenommen (s hiezu eingehend Hausmann aaO Rz 9 ff). Der Umstand, dass hier die Vermieterin nicht sogleich eine Aufkündigung einbrachte, sondern mit Antrag bei der Schlichtungsstelle die Beseitigung der vorgenommenen Veränderungen begehrte, kann in keiner Weise als Tolerierung der vom Mieter vorgenommenen baulichen Maßnahmen und als Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrunds des erheblich nachteiligen Gebrauchs angesehen werden. Im Gegenteil gab die Vermieterin damit klar zum Ausdruck, mit den vom Beklagten eigenmächtig vorgenommenen baulichen Veränderungen nicht einverstanden zu sein. Der Fall, dass der Mieter sogleich Maßnahmen zur Beseitigung der Substanzgefährdung vornimmt, liegt hier nicht vor. Da der Beklagte im Gegenteil bis jetzt den Standpunkt einnimmt, er sei zur Durchführung der baulichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Einbau des Badezimmers berechtigt, kann keine Rede davon sein, die klagende Vermieterin hätte kein wichtiges Interesse an der Aufkündigung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs des Mietgegenstands.
Es ist daher das Ersturteil wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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