Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch zu Punkt 1 des Urteilssatzes, der Raub sei ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen worden und die Tat habe nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen, sowie in der darauf beruhenden Unterstellung der Raubtat (auch) unter § 142 Abs 2 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch (unter Aufrechterhaltung der die Angeklagten S***** und L***** betreffenden Anordnungen und Weisungen nach §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 StGB) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Richard S*****, Hermann L***** und Martin B***** haben durch die zum Urteilsfaktum 1 beschriebenen Tathandlungen das Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB begangen. Gemäß § 142 Abs 1 StGB werden hiefür Richard S***** zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten und Martin B***** - dieser auch wegen der ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch weiterhin zur Last liegenden Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB - zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird der Vollzug der Freiheitsstrafen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Hinsichtlich des Angeklagten Hermann L***** werden die Akten zur Strafneubemessung an das Erstgericht zurückverwiesen. Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten Martin B***** enthält, wurden Richard S*****, Hermann L***** und Martin B***** des Verbrechens des versuchten minderschweren Raubes nach §§ 15, 142 (zu ergänzen: Abs 1 und) Abs 2 StGB (Punkt 1 des Urteilsatzes), Martin B***** darüber hinaus der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB (2) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt. Nach dem allein anfechtungsrelevanten Schuldspruchfaktum 1 haben Richard S*****, Hermann L***** und Martin B***** am 2. Februar 2002 in Graz als Mittäter einem unbekannten Schwarzafrikaner mit gegen ihn gerichteter Gewalt fremde bewegliche Sachen, und zwar Suchtgift (Heroin) in nicht bekannter Menge, mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei es jedoch auf Grund der Gegenwehr des Opfers nicht zur Tatvollendung kam, indem Richard S***** das Opfer "in den Schwitzkasten nahm" und die Herausgabe des Suchtgiftes forderte, während Hermann L***** und Martin B***** sich zur Einschüchterung des Opfers, bereit handgreiflich in das Tatgeschehen einzugreifen, unmittelbar vor ihm positionierten, wobei die Tat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde und für das Raubopfer nur unbedeutende Tatfolgen nach sich gezogen hat. Gegen die Unterstellung dieser Tat unter die privilegierende Bestimmung des § 142 Abs 2 StGB richtet sich die auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
Rechtliche Beurteilung
Der in der Subsumtionsrüge (Z 10) vertretenen Auffassung, die Tat der Angeklagten sei rechtsrichtig als Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB zu beurteilen, weil das konstatierte Festhalten des Tatopfers im "Schwitzkasten" für eine unbestimmte Dauer und in einer Weise, dass es sich nicht allein daraus befreien konnte (US 6, 8 f), die Annahme eines Raubes ohne Anwendung "erheblicher Gewalt" ausschließe, kommt Berechtigung zu. Der in § 142 Abs 2 StGB umschriebene sogenannte minderschwere Raub setzt voraus, dass die Tat ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde, nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich um keinen nach § 143 StGB qualifizierten schweren Raub handelt, wobei sämtliche dieser Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen.
Von der Anwendung "nicht erheblicher Gewalt" kann jedoch dann nicht gesprochen werden, wenn der Täter bei seinem Angriff beachtliche physische Kräfte in vehementer Weise einsetzt und demgemäß die Belastung des Opfers durch die räuberische Gewaltanwendung im Vergleich zu Durchschnittsfällen nicht mehr geringfügig bleibt, wobei unter Anlegung eines objektiv-individualisierenden (strengen) Maßstab es auch die jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalles (insbesondere der Zustand des Angegriffenen) zu berücksichtigen sind (vgl SSt 59/70; zuletzt 15 Os 20/03; Eder/Rieder in WK2 § 142 Rz 156).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die tataktuelle Gewaltanwendung - derart heftiges Würgen, dass sich das Opfer nicht allein aus dem Griff befreien konnte - entgegen der Auffassung des Erstgerichtes deutlich über jener Erheblichkeitsschwelle lag, welche § 142 Abs 2 StGB als Privilegierungskriterium normiert. Solcherart fehlt es aber an einer der für die Annahme minderschweren Raubes im Gesetz geforderten Voraussetzungen, weshalb die Angeklagten bei rechtsrichtiger Beurteilung der Urteilsannahmen zum Urteilsfaktum 1 das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB zu verantworten haben.
Mit Rücksicht darauf erübrigt sich eine Erörterung der zur Mängelrüge erhobenen Einwendungen (Z 5).
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hat, im Ausspruch zu Punkt 1, der Raub sei ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen worden und die Tat habe nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen, sowie in der darauf beruhenden Unterstellung der Raubtat unter § 142 Abs 2 StGB, demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO die Angeklagten Richard S*****, Hermann L***** und Martin B***** wegen der ihnen nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch weiterhin zur Last fallenden Tat des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig zu erkennen.
Die demnach erforderliche Strafneubemessung konnte nur hinsichtlich der Angeklagten S***** und B***** vorgenommen werden, weil Hermann L***** die Ladung zum Gerichtstag zufolge seiner - dem Obersten Gerichtshof nicht bekannt gewesenen - Anhaltung in Strafhaft (zum AZ 10 Hv 87/03b des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) nicht ordnungsgemäß zugestellt werden konnte.
Strafnormierend war § 142 Abs 1 StGB, wonach die Strafe innerhalb eines Rahmens von einem bis zu zehn Jahren auszumessen war. Dabei wurde beiden Angeklagten die Tatausführung in Gesellschaft, bei B***** das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend gewertet, während als mildernd das umfassende, zur Wahrheitsfindung entscheidend beitragende Geständnis und die bisherige ordentliche Lebensweise sowie der Umstand, dass die Tat nur versucht wurde, bei B***** zudem die untergeordnete Tatbeteiligung, als mildernd berücksichtigt wurde.
Bei Abwägung dieser Strafbemessungsgründe kommt zwar die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nicht in Betracht, doch war zu beachten, dass die Angeklagten die Tat unter dem Einfluss ihrer Suchtmittelgewöhnung ausschließlich zur unmittelbaren Beschaffung von Suchtgift begangen haben. Aus diesem Grund ist die Anordnung der schon in erster Instanz verfügten Bewährungshilfe und die Weisung, sich einer Entwöhnungstherapie zu unterziehen - welcher sich der Angeklagte B***** bereits mit bisher positivem Erfolg unterworfen hat - in Verbindung mit der Gewährung einer bedingten Strafnachsicht aus spezialpräventiver, damit aber auch aus generalpräventiver Sicht erfolgversprechender als der Vollzug einer unbedingten oder die Verhängung einer teilbedingten Freiheitsstrafe.
Der höhere Handlungsunwert bei S***** und die positiven Entwöhnungsbemühungen des Angeklagten B***** rechtfertigen eine gewisse Abstufung der Strafmaße, sodass die ausgesprochenen Freiheitsstrafen von zwanzig und achtzehn Monaten tat- und tätergerecht sind.
Dagegen musste die Straffestsetzung bei Hermann L***** unterbleiben, weil dieser nach der Aktenlage vom Gerichtstag keine Kenntnis hatte. Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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