OGH 7Ob167/03i

OGH7Ob167/03i5.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lirk und andere, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei D***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Horst Koch und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 31.094,32 (sA), über den Revisionsrekurs (richtig Rekurs) der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 1. April 2003, GZ 11 R 1/03a-87, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27. September 2002, GZ 2 Cg 181/97h-80, infolge Berufung der beklagten Partei aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung eines Rekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Im vorliegenden Verfahren (zur "Vorgeschichte" siehe 7 Ob 301/01t) ist allein noch strittig, ob bzw inwieweit die an sich unstrittige Klagsforderung zufolge einer außergerichtlichen Aufrechnungserklärung der Beklagten durch deren Gegenforderung (Schadenersatzforderung aus dem Geschäftsfall "Zweikreis-Tischkühler") kompensiert wurde. Vorauszuschicken ist, dass auf die Frage der neuerungsweise geltend gemachten Verjährung der Gegenforderung im ersten Rechtsgang nicht eingegangen werden konnte. Nach der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen hat die klagende Partei im fortgesetzten Verfahren (neuerlich) Verjährung der Gegenforderung eingewendet. Diesmal zulässigerweise: Bei einer - hier erfolgten - Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO ist im zweiten Rechtsgang neues Vorbringen (nur) insoweit unzulässig, als die aufhebende Instanz eine bestimmte Frage auf Grund des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden hat (SZ 55/165 = JBl 1983, 441 = RZ 1984/1; Kodek in Rechberger2 Rz 5 zu § 496 ZPO mwN). Hat der Oberste Gerichtshof als aufhebende Instanz Vorbringen in der Berufung als unzulässige Neuerung gewertet, so hat er die davon berührte Frage nicht abschließend erledigt, sondern eine inhaltliche Auseinandersetzung damit abgelehnt (vgl 4 Ob 88/01x). Die Vorinstanzen hatten sich daher im zweiten Rechtsgang mit der Frage der Verjährung der Gegenforderung auseinanderzusetzen.

Während nun das Erstgericht die Erklärung, mit der die beklagte Partei die Aufrechnung ihrer Gegenforderung zum Ausdruck gebracht hat, als "nicht ausreichend" (weil die Forderung der klagenden Partei nicht ausreichend bezeichnend) und die Gegenforderung als verjährt ansah (und daher eine Kompensation verneint hat), vertrat das Berufungsgericht die gegenteilige Meinung: Die Aufrechnungserklärung der Beklagten habe die Forderung der Klägerin hinreichend konkludent bezeichnet und sei, da die Verjährung während der Zeit der von der Klägerin vorgenommenen Nachbesserung bzw der Verhandlungen darüber von 3. 6. 1996 bis 15. 7. 1996 gehemmt gewesen sei, fristgerecht erfolgt.

Das Berufungsgericht hat den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen seine Entscheidung mit der Begründung zugelassen, zur (nach deutschem Recht zu beurteilenden) Frage, inwieweit die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, bestimmt zu bezeichnen sei, bestehe keine höchstgerichtliche deutsche Judikatur und auch der deutschen Lehre könne dazu "keine gefestigte Ansicht" entnommen werden. Entgegen diesem Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, liegt ein erhebliche Rechtsfrage iSd § 519 Abs 2 ZPO iVm § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Einleitend ist zu bemerken, dass gemäß § 3 IPRG fremdes Recht wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden ist. Demnach kann der Rekurs iSd § 519 ZPO zwar auch bei Maßgeblichkeit eines fremden Rechtes zulässig sein, wenn durch eine Abweichung der inländischen Gerichte von gefestigter fremder Lehre und Rechtsprechung die Rechtssicherheit gefährdet wird (RIS-Justiz RS0042940 mwN uva). Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt allerdings nicht die Aufgabe zu, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechtes in seinem ursprünglichen Geltungsbereich zu gewährleisten (RIS-Justiz RS0042948 [T 1, T 10 und T 12 bis T 14], RS0042940 [T 2 und T 3]). Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wäre daher aus Gründen der Rechtssicherheit nur dann zulässig, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechtes in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hierbei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssten (RIS-Justiz RS0042948 [T 3, T 4 und T 7] und RS0042940 [T 1], vgl etwa 7 Ob 256/01z). Keinen Streitpunkt bildet, dass die Beklagte im Schreiben vom 2. 1. 1997 eine Erklärung der Aufrechnung (§ 388 BGB) abgegeben hat. Dass in einer solchen Aufrechnungserklärung die Forderung, die durch die Aufrechnung getilgt werden soll, bestimmt bzw zumindest bestimmbar bezeichnet sein muss, ist selbstverständlich (vgl Gursky in Staudinger (1999) § 388 Rn 12). Ob dies im konkreten Fall geschehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und stellt wegen dieser Einzelfallbezogenheit - von Fällen gravierender Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0021095; RS0042405, jeweils mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Von einer gravierenden Fehlbeurteilung, also einer Verkennung der Rechtslage, die aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann im vorliegenden Fall aber gar keine Rede sein. Zutreffend weist das Berufungsgericht auf die unbekämpft gebliebene Feststellung hin, dass die bisher zwischen den Streitteilen gepflogenen Geschäftsfälle ordnungsgemäß abgewickelt wurden, woraus zu schließen sei, dass daraus keine offenen Forderungen der Streitteile resultierten und dass die Klägerin im Übrigen niemals das Bestehen weiterer offener Forderungen mit Ausnahme der klagsgegenständlichen behauptet habe. Die Richtigkeit der Folgerung des Berufungsgerichts, da zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung keine andere Forderung offen gewesen sei, könne nur die klagsgegenständliche gemeint gewesen sein, liegt auf der Hand.

Im Rekurs wird auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen:

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach die "Bedingung", dass die klagsgegenständliche Forderung überhaupt bestehe, keine unzulässige Bedingung iSd § 388 zweiter Satz BGB sei, entspricht der ständigen deutschen Rechtsprechung und Lehre (Heinrichs in Pallandt62 § 388 Rn 3; Gursky aaO § 388 Rn 25).

Auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach die Beklagte keineswegs mit einer einredebehafteten Forderung iSd § 390 BGB aufgerechnet habe, steht mit der hA im Einklang. Die betreffende Bestimmung wird von der Rekurswerberin offenbar missverstanden: Dass die Forderung, mit der aufgerechnet wird, nicht "einredebehaftet" sein darf, bedeutet nicht, wie die Rekurswerberin offenbar meint, dass die Forderung vom Gegner unbestritten sein muss. Gemeint sind vielmehr die Einreden iSd § 390 BGB, also die Leistungsverweigerungsrechte (Gursky aaO § 390 Rz 3 mwN; Schlüter in MünchKomm BGB4 § 390 Rn 1 mwN; Heinrichs aaO § 390 Rn 1 und 2 mwN). Schließlich steht auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes betreffend die Hemmung der Verjährungsfrist während der Zeit des Versuches der Mangelbehebung durch die Klägerin im Einklang mit der deutschen höchstgerichtlichen Judikatur zu § 639 Abs 2 BGB aF (vgl Sprau in Pallandt61 § 639 BGB aF Rn 4 ff mwN; Soergel in MünchKomm BGB3 § 639 aF Rn 13 ff mwN). Die Richtigkeit der in diesem Zusammenhang geäußerten Rechtsmeinung, auf den vorliegenden Fall sei das am 1. 1. 2002 in Kraft getretene Schuldrechtsmodernisierungsgesetz noch nicht anwendbar, wird von der Rekurswerberin - zu Recht - gar nicht in Zweifel gezogen. Mangels der Voraussetzungen des § 519 Abs 2 ZPO iVm § 502 ZPO muss der Rekurs der Klägerin zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Rekursbeantwortung lediglich ausgeführt, dass das Rechtsmittel unberechtigt sei; auf seine Unzulässigkeit hat sie nicht hingewiesen. Ihre Rekursbeantwortung kann daher nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung notwendig angesehen werden und ist deshalb nicht zu honorieren (vgl RIS-Justiz RS0035962; RS0035979).

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