OGH 14Os76/03

OGH14Os76/035.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2003 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Habl, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Allmayer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas H***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 28. Jänner 2003, GZ 416 Hv 1/02a-103, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Winkler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Thomas H***** (auch im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 2. September 2001 in Wien seine Gattin Martina H***** durch Abgabe eines gezielten Schusses aus einer Pistole aus kurzer Distanz vorsätzlich getötet hatte.

Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage A nach Mord stimmeneinhellig und ließen demnach die Eventualfragen I, II und III in Richtung absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge (I), Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (II) und fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen (III) unbeantwortet. Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Behauptung der Fragenrüge (Z 6), durch Aufnahme der Worte "durch Abgabe eines gezielten Schusses aus einer Pistole" in die Schuldfragen nach Mord, absichtlicher schwerer Körperverletzung und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang seien diese undeutlich geworden, wird nicht klar, warum solcherart keine entscheidende Tatsache angesprochen worden sein soll (vgl Schindler, WK-StPO § 312 Rz 34), weil nicht bloß ungezielte, sondern auch gezielte Pistolenschüsse zum Tod eines Menschen führen können. Das Vorbringen, "auf die Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung, welche nach der Niederschrift der Geschworenen diesen offensichtlich glaubwürdig erschienen" seien, hätten zu einer Eventualfrage nach Totschlag (§ 76 StGB) Anlass geben müssen, verzichtet auf die Bezeichnung vom Angeklagten behaupteter konkreter Tatumstände, welche eine bei ihm im Tatzeitpunkt vorliegende heftige Gemütsbewegung indiziert hätten, die in Relation zu dem sie herbeiführenden Anlass als objekt sittlich verständlich und nicht übersteigert beurteilt werden könnte (vgl Fabrizy StGB8 § 76 Rz 2; Moos in WK2 § 76 Rz 30 ff) und übersieht, dass der - übrigens inhaltlich unrichtig wiedergebene - Inhalt der im § 331 Abs 3 StPO bezeichneten Niederschrift nur über eine Anfechtung aus Z 10 erster Fall zur Urteilsnichtigkeit führen könnte (vgl § 332 Abs 4 zweiter Fall (= Teilsatz) StPO; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 67 ff, 71). Indem die Beschwerde aus Z 8 nur die angeblich unterlassene Rückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der (jeweiligen) strafbaren Handlung auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt kritisiert, bringt sie den nominell geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht prozessförmig zur Darstellung, weil dieser nur auf die Einhaltung der Kriterien des § 321 Abs 2 StPO, nicht aber den Inhalt der im § 323 Abs 2 StPO angeordneten Besprechung abhebt (WK-StPO § 345 Rz 53 f).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren.

Dabei wertete es als erschwerend keinen Umstand; als mildernd berücksichtigte es den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und sein "Verhalten nach der Tat (Bemühen um Verhinderung der [Todes-]folge durch Verständigung der Rettung)". Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes an.

Demzuwider hat das Geschworenengericht die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig herangezogen. Ein wesentlicher Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung ist - entgegen der Beschwerde - in seiner Einlassung nicht zu erblicken (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB). Dass der Angeklagte sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können (§ 34 Abs 1 Z 16 StGB), fällt im Blick auf seine Mord leugnende Verantwortung und auf das ihm ohnehin entsprechend zugute gehaltene nachträgliche Bemühen, den Todeseintritt des Opfers abzuwenden, nur unerheblich ins Gewicht. Die psychische Beeinträchtigung des Angeklagten zur Tatzeit erreicht nicht die Bedeutung eines besonderen Milderungsumstandes iS des § 34 StGB und fand im Rahmen der allgemeinen Schuldkriterien des § 32 StGB ausreichend Berücksichtigung.

In Relation zur Tat- und Persönlichkeitsschuld des Angeklagten ist die vom Geschworenengericht gefundene Freiheitsstrafe nicht überhöht ausgemessen.

Der Oberste Gerichtshof sah sich daher zu einer Änderung der Sanktion nicht bestimmt.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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