Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Sabinus J***** wurde mit dem angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang des Verbrechens nach § 28 Abs 2 und Abs 4 Z 2 SMG (Punkt A des Urteilssatzes) sowie des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG (B) schuldig erkannt.
Darnach hat er
(zu A) von Februar 1999 bis zum 26. Mai 1999 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer nicht mehr feststellbaren, jedoch großen Menge, nämlich Heroin und Kokain in Straßenqualität, in Verkehr gesetzt, und zwar
1) im Frühjahr 1999 zusammen mit dem gesondert verfolgten Williams Jones S***** insgesamt 20 bis 25 Gramm Heroin und geringe Mengen Kokain durch Verkauf in Teilmengen an die gesondert verfolgte Gerda K*****
2) durch Verkauf einer nicht mehr feststellbaren, jedenfalls aber großen Menge Heroin und Kokain an unbekannt gebliebene Endabnehmer, wobei er die Taten als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher strafbarer Handlungen beging, und
(zu B) am 19. April 1999 zusammen mit dem gesondert verfolgten Williams Jones S***** Suchgift in einer großen Menge, nämlich rund 101 Gramm Kokain und 39,3 Gramm Heroin mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Gründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch den Strafausspruch ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit Berufung und einen zugleich mit dem Urteil gefassten Widerrufsbeschluss mit Beschwerde anficht.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet:
In seiner Verfahrensrüge (Z 4) remonstriert der Beschwerdeführer zunächst gegen die Ablehnung seines Antrages, "der Zeugin K***** ein Photo des William S***** vorzulegen" und auf Durchführung einer Wahlkonfrontation dergestalt, "dass man den Angeklagten mit mehreren Schwarzafrikanern der Zeugin K***** gegenüberstellt und sie möge ihn wiedererkennen". Der Beschwerdeführer hatte diesen Antrag bereits im ersten Rechtsgang in der Hauptverhandlung vom 9. März 2000 gestellt (S 229/VII), den Antrag auf Wahlkonfrontation jedoch in derselben Hauptverhandlung wieder zurückgezogen (S 254/VII). In der der Urteilsfällung vorausgegangenen Hauptverhandlung vom 10. Dezember 2002 hatte der Angeklagte "sämtliche Anträge aufrechterhalten" (s Berichtigungsbeschluss ON) und keine weiteren Anträge gestellt. Damit ist er aber zur Geltendmachung der die Nichtdurchführung einer Wahlkonfrontation betreffenden Verfahrensrüge mangels eines darauf abzielenden Antrages von vornherein nicht legitimiert. Der Antrag auf Vorlage eines Lichtbildes wiederum enthält keine Beweisthemenangabe und verfiel schon aus diesem Grunde zu Recht der Ablehnung.
Der gegen die Abweisung des Antrages auf Vernehmung des Zeugen Peter M***** vorgebrachte Einwand, dessen Vernehmung wäre im ersten Rechtsgang deshalb ohne weiteres möglich gewesen, weil M***** zu diesem Zeitpunkt in der JA Josefstadt angehalten worden sei, geht schon deshalb fehl, weil damit die Begründung des Schöffensenates, die Vernehmung des beantragten Zeugen sei (nunmehr) nicht mehr durchführbar, weil M***** aus der Haft entlassen und sein Aufenthaltsort unbekannt sei, nicht entkräftet wird. Eine Ausschreibung des Zeugen zur Aufenthaltsermittlung wiederum, welche nach den Prozessgesetzen nur für die Ausforschung von Personen vorgesehen ist, gegen welche ein Strafverfahren geführt wird, wurde nicht beantragt.
Unberechtigt ist die Beschwerde auch, soweit sie moniert, das Erstgericht sei dem Antrag auf Ausforschung, Ladung und Vernehmung der in zwei Telephongesprächen als "Paul" und "Frank" genannten möglichen Suchtgiftabnehmern oder -tätern nicht nachgekommen, durch deren Aussage nachgewiesen werden sollte, dass der Beschwerdeführer an sie kein Suchtgift verkauft hat. Denn abgesehen davon, dass dieser Antrag vom Vorsitzenden (und nicht vom Schöffengericht) abgewiesen wurde (S 209/VIII), der Beschwerdeführer es aber unterlassen hat, die Entscheidung des Gerichtshofs zu begehren und damit diesbezüglich gar kein Zwischenerkenntnis als formelle Voraussetzung einer Anfechtung aus Z 4 vorliegt (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 6 ff), erweist sich mangels jeglicher weiterer Anhaltspunkte für die Identität dieser Personen deren Ausforschung als von vornherein aussichtslos, weswegen durch die Abweisung des darauf abzielenden Antrages die in der EMRK standardisierten Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt werden konnten.
Der zum Urteilsfaktum A 1 unter dem Aspekt des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Einwand der Unvollständigkeit richtet sich im Kern gegen die vom Schöffengericht vorgenommene Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Zeugin Gerda K*****. Durch die Hervorhebung inhomogener Aussagepassagen und der Behauptung, das Erstgericht habe sich damit nicht auseinandergesetzt, versucht der Beschwerdeführer eine formell mangelhafte Begründung der Konstatierungen zur Täterschaft und zum Ausmaß der verfahrensverfangenen Suchtgiftmenge aufzuzeigen. Der Beschwerde zuwider hat das Schöffengericht jedoch die angeführten Widersprüche im Rahmen seiner beweiswürdigenden Erörterungen berücksichtigt, indem es die die Erstangaben relativierenden späteren Depositionen der Zeugin auf die von ihr behaupteten Erinnerungslücken zurückführte und auf ihre Aussage verwies, seinerseits jedenfalls nicht die Unwahrheit gesagt zu haben. Damit ist das Schöffengericht seiner Begründungspflicht in ausreichendem Umfang nachgekommen, ohne dass es - auch mit Blick auf das in § 270 Abs 2 Z 5 StPO normierte Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe - verhalten war, auf jede einzelne allenfalls divergierende Aussagepassage konkret einzugehen. Der relevierte Begründungsmangel liegt daher nicht vor.
Darüberhinaus ist der den Verfahrensergebnissen vom Schöffengericht jeweils zuerkannte Beweiswert, mithin auch die der Zeugin zugebilligte Glaubwürdigkeit, einer Anfechtung unter dem Gesichtspunkt der Mängelrüge entzogen, weshalb sich die diesbezügliche Kritik als im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung darstellt.
Dies gilt auch für die aus Z 5 zum Urteilsfaktum B und A 2 vorgebrachten Beschwerdeausführungen, weshalb insoweit die Mängelrüge gleichfalls unbegründet ist. Insbesondere ist die vom Schöffengericht - im Übrigen entgegen der Beschwerde nicht nur unter Hinweis auf die hohe Besuchsfrequenz des Angeklagten im Lokal "Willkommen", wobei es dahingestellt sein kann, ob sich der Beschwerdeführer 21 oder 38 Mal darin aufgehalten hat - sondern auch auf die Ergebnisse der Überwachung telephonischer Kontakte (vgl hiezu die Beilagenmappe betreffend den Angeklagten unter Bezeichnung Sabinus J***** „Young") abgelehnte Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe dieses Lokal nur zur Nahrungsaufnahme aufgesucht, als Resultat freier Beweiswürdigung nicht bekämpfbar.
Der Einwand, die Annahme der zum Faktum A 2 konstatierten Verkaufstätigkeit stütze sich zu Unrecht auf die in der Zeit vom 20. März 1999 bis 19. Mai 1999 erfolgten Geldüberweisungen im Gesamtbetrag von 95.000 S, weil sich das Schöffengericht mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, es handle sich hiebei um Erlöse aus einem Gebrauchtwarenhandel, nicht auseinandergesetzt habe, übergeht die diesbezüglichen Ausführungen des Erstgerichtes, welches diese Verantwortung verwarf (US 16).
Die Kritik an der (negativen) Beurteilung der bekundeten Bereitschaft des Angeklagten zur Überprüfung seiner Stimmidentität wiederum verkennt, dass den Tatrichtern im Rahmen der Beweiswürdigung auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse gestattet sind.
Schließlich konnte das Schöffengericht die Tatbegehung durch den Angeklagten als Mitglied einer Verbindung einer größeren Anzahl von Menschen im Sinn des § 28 Abs 4 Z 2 SMG denkrichtig aus dem - jedenfalls eine nachhaltige Einbindung des Angeklagten in eine einschlägige Tätigkeit einer Vielzahl von Personen indizierenden ‑ tatrelevanten Geschehen insgesamt folgern, weshalb von einem formellem Begründungsmangel auch in dieser Hinsicht keine Rede sein kann.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.
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