OGH 12Os51/03

OGH12Os51/0331.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Juli 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Habl, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Dokalik als Schriftführer, in der Strafsache gegen Günther W***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1; 15 StGB und weiterer Straftaten über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. März 2003, GZ 022 Hv 171/02d-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Günther W***** wurde des Verbrechens des teilweise vollendeten, teilweise versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1; 15 StGB (I.) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II.) und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (III.) schuldig erkannt. Danach hat er

zu I: fremde bewegliche Sachen teilweise durch Einbruch mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,

1.) weggenommen, und zwar am 12. Februar 2002 der Monika K***** eine braune Ledergeldbörse mit 30 EUR Bargeld;

2.) wegzunehmen versucht, und zwar

a: am 13. Februar 2002 Verfügungsberechtigten des Restaurants "F*****" verschiedene im Urteil genannte Gegenstände und Waren;

b: am 13. September 2002 Verfügungsberechtigten der "Handy"geschäfte in Wien ***** durch Einbruch in deren Geschäftslokal dadurch, dass er mit einem spitzen Gegenstand versuchte, das Fenster bzw Scherengitter aufzubrechen;

zu II: verschiedene im Urteil angeführte Urkunden der Monika K*****, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes oder eines Rechtsverhältnisses gebraucht werden;

zu III: am 13. Februar 2002 dadurch, dass er den Polizeibeamten Bezirksinspektor Gerald G*****, welcher im Begriffe war, ihn festzunehmen, einen Stoß gegen die Brust versetzte, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Schuldsprüche gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 4. März 2003 gestellten Antrags auf Vernehmung der Lebensgefährtin des Angeklagten, Silvia D*****, die ihn "unmittelbar nach der Festnahme gesehen hat", und dessen Ärztin Dr. Lidia L***** zum Beweis dafür, dass (zusammengefasst wiedergegeben) beim Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt am 13. Februar 2002 "zumindest eine Minderung der Zurechnungsfähigkeit" vorgelegen sei, wobei sich die psychiatrische Sachverständige ein "Gesamtbild" über den geistigen Zustand des Angeklagten machen sollte (S 363 f), Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Die vom Erstgericht beigezogene psychiatrische Sachverständige Dr. Sigrun R***** hat in ihrem (zunächst schriftlichen) über den Geisteszustand des Angeklagten erstatteten Gutachten (ON 39), das in der Hauptverhandlung vom 4. März 2003 vorgetragen und ergänzt wurde (S 361 f), dargelegt, dass weder eine Geisteskrankheit im eigentlichen Sinn noch Kriterien einer höhergradigen psychischen bzw geistigen Abnormität seiner Persönlichkeit vorliegen; vielmehr bestehen - trotz Minderung der Hemmfähigkeit - keine Hinweise auf eine volle Berauschung oder eine daraus resultierende tiefgreifende Bewusstseinsstörung zu den Tatzeiten. Anhaltspunkte dafür, dass durch die Vernehmung der begehrten Zeugen zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden könnten, sind dem für die Relevanzprüfung allein maßgeblichen Vorbringen in den Beweisanträgen nicht zu entnehmen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41). Überdies hat die Sachverständige zu den angestrebten Beweisaufnahmen - vom Beschwerdeführer unbekämpft - eindeutig dahingehend Stellung genommen, dass die thematisierten Verwirrtheitszustände und Erinnerungslücken selbst im Fall ihrer Erwiesenheit keine Änderung des Gutachtenresultats bewirken würden (S 365 f).

Im Hinblick auf diese Ausführungen der Sachverständigen geht die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe die (verlesene [S 369]) schriftliche Bestätigung der behandelnden Ärztin Dr. Lidia L***** über einen "Vorfall im Frühjahr 2002" mit Stillschweigen übergangen, obwohl sie für die Frage der Zurechnungsfähigkeit maßgeblich sei, schon deshalb ins Leere, weil der Inhalt der relevierten Urkunde keine entscheidende Tatsache betrifft. Überdies wurde das Vorliegen von (aus psychiatrischer Sicht unbeachtlichen - S 365) Verwirrtheitszuständen des Beschwerdeführers ohnehin angenommen (US 7).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) moniert pauschal den "substanzlosen Gebrauch der verba legalia" zu allen Schuldspruchfakten, womit sie einerseits nicht ausreichend substantiiert, andererseits insoferne nicht den formalrechtlichen Erfordernissen entsprechend ausgeführt ist, als sie hiebei den für eine prozessordnungsgemäße Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes voraussetzenden Hinweis vermissen lässt, welche - nach der Aktenlage indizierten - Konstatierungen nach Ansicht des Beschwerdeführers über die Urteilsfeststellungen hinaus (US 7 unten, 8, 9, 10, 11) vom Schöffengericht noch zu treffen und in weiterer Folge auch den Rechtsausführungen zugrunde zu legen gewesen wären (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9a E 5c, Ratz WK-StPO § 281 Rz 584).

Soweit die Beschwerde - sachlich aus der Z 5 - eine mangelnde Begründung des jeweiligen inneren Vorhabens behauptet, übergeht sie die diesbezüglichen erstgerichtlichen Erwägungen (US 15). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet, teils als nicht prozessordnungskonform ausgeführt bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die außerdem ergriffene Berufung des Angeklagten (§ 285i StPO). Die Verpflichtung zum Kostenersatz beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Stichworte