OGH 4Ob112/03d

OGH4Ob112/03d8.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Oberösterreich, *****, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Z***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert im Sicherungsverfahren 36.336,41 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 19. März 2003, GZ 2 R 18/03k‑25, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 9. Oktober 2002, GZ 30 Cg 197/00z‑19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2003:0040OB00112.03D.0708.000

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise abgeändert, sodass die Entscheidung - unter Einschluss des bestätigten Ausspruchs - insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist ab sofort schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Patienten gegen Entgelt an Dr. Thomas P***** zu vermitteln.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, unsachliche und das Standesansehen beeinträchtigende Werbung durch die Werbeaussage in der Öffentlichkeit in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien „Porzellan‑Krone 5.000 S all inclusive" oder zu einem diesem Schilling‑Betrag entsprechenden oder ähnlichen Euro‑Betrag zu treiben, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 250,36 EUR bestimmte halbe Pauschalgebühr binnen 14 Tagen zu ersetzen; im Übrigen werden die Verfahrenskosten gegeneinander aufgehoben."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 954,50 EUR bestimmten anteiligen Pauschalgebühren im Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen; im Übrigen werden die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klägerin ist als gesetzliche Interessenvertretung ihrer Mitglieder, zu denen die niedergelassenen Ärzte und Fachärzte für Zahn‑, Mund- und Kieferheilkunde gehören, zur Wahrung deren rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen berufen.

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die entgeltliche Weitergabe von Informationen über Preise zahnärztlicher Leistungen. Sie betreibt in L***** ein „Informationsbüro". Kunden, die dort nachfragen, welcher Zahnarzt welche Leistung zu einem möglichst günstigen Preis erbringt, erhalten gegen Zahlung eines Honorars von 350 S = 25,44 EUR ein Informationsprotokoll mit folgendem Inhalt:

"Der von uns ermittelte Tiefstpreis für: ... [Nennung der nachgefragten zahnärztlichen Leistung] beträgt Euro: ... [Preisangabe]. Erhältlich bei: ... [Name, Adresse und Telefonnummer eines Zahnarztes], Preisangebot gültig bis: ... [Datumsangabe]."

Um diese Informationsdienstleistung erbringen zu können, lädt die Beklagte die rund 120 im Großraum L***** niedergelassenen Zahnärzte und Dentisten - offenbar in regelmäßigen Zeitabständen - mittels Zuschrift ein, ihr aktuelles Honorar für bestimmte zahnärztliche Leistungen durch Rücksendung einer auszufüllenden „Honorarliste" mitzuteilen. Da der weit überwiegende Anteil der Angesprochen seine Honorare nicht bekannt gibt, verfügt die Beklagte regelmäßig nur über die Preisangaben von insgesamt drei bis fünf Zahnärzten und Dentisten. Sie kann daher im Rahmen ihrer Informationstätigkeit auch nur die Preise dieser drei bis fünf Zahnärzte nennen, unter denen sich Dr. Thomas P***** befindet. Die Beklagte erhält für die Nennung eines Zahnarztes gegenüber ihrem Kunden keine Vermittlungsprovisionen oder sonstigen Entgelte vom betreffenden Zahnarzt. Sie überprüft auch nicht, ob die Kunden die erteilte Information verwerten, indem sie sich tatsächlich vom genannten Zahnarzt behandeln lassen. Zahnärzte, die ihre Honorare der Beklagten bekannt geben, ziehen dann einen wirtschaftlichen Vorteil daraus, wenn der Kunde der Beklagten die ihm erteilte Information in dem Sinne verwertet, dass er sich vom ihm genannten Zahnarzt behandeln lässt. Erfahrungsgemäß suchen Patienten, die einmal bei einem bestimmten Zahnarzt waren, diesen für eine gewisse Zeit auch weiterhin auf und bleiben somit seine Patienten.

Mit den in ihrem Geschäftsbetrieb durch das entgeltliche Erteilen von (Preis‑)Informationen erzielten Einnahmen könnte die Beklagte nicht kostendeckend arbeiten und damit auch nicht wirtschaftlich überleben; sie ist daher auf andere Einnahmequellen angewiesen. Neben Zuschüssen ihrer Geschäftsführerin aus deren Privatvermögen verfügt die Beklagte auch über finanzielle Zuwendungen jener Zahnärzte, die ihr ihre Honorare bekanntgeben. So hat etwa Dr. Thomas P***** die Beklagte in den Jahren seit 1999 mit Zahlungen von „ein paar hunderttausend Schilling" unterstützt; die anderen Zahnärzte, die mit der Beklagten durch Bekanntgabe ihrer Honorarsätze zusammenarbeiten, unterstützen sie mit finanziellen Zuschüssen in geringerer nicht genau feststellbarer Höhe. Es handelt sich bei diesen Zahlungen um freiwillige Zuwendungen an die Beklagte, die insbesondere nicht davon abhängig sind, ob und wie oft einem Kunden der Beklagten ein bestimmter Zahnarzt mittels Informationsprotokoll genannt wird. Dr. Thomas P***** macht seine Zahlungen an die Beklagte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend; sie scheinen in der Buchhaltung der Beklagten als Betriebseinnahmen auf. Mit Hilfe dieser finanziellen Zuwendungen und der Zuschüsse der Geschäftsführerin ist es der Beklagten möglich, wirtschaftlich zu überleben und relativ umfangreiche und damit kostenintensive Werbemaßnahmen zu ergreifen. So hat die Beklagte mit Zeitungsinseraten, in Ferseh‑Werbespots, auf Plakaten und auf einer Straßenbahngarnitur der L*****‑Linien für zahnärztliche Leistungen mit dem Slogan „Porzellan‑Krone 5.000 S all inclusive" geworben.

Die Klägerin begehrt, die Beklagte zu verpflichten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

a) Patienten gegen Entgelt an Dr. Thomas P***** zu vermitteln;

b) unsachliche und das Standesansehen beeinträchtigende Werbung durch die Werbeaussage in der Öffentlichkeit in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien „Porzellan‑Krone 5.000 S all inclusive" oder zu einem diesem Schilling‑Betrag entsprechenden oder ähnlichen Euro‑Betrag zu tätigen.

§ 53 ÄrzteG verbiete Ärzten und sonstigen physischen oder juristischen Personen, unsachliche, unwahre oder das Standesansehen beeinträchtigende Informationen in Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung zu geben und Vergütungen für die Zuweisung von Kranken zu versprechen oder zu geben. Die Beklagte betreibe mit der beanstandeten Ankündigung eine Ärzten verbotene Werbung. Sie vermittle die zu ihr kommenden Kunden ausschließlich an Dr. Thomas P*****, erhalte dafür von diesem ein Entgelt und fördere daher dessen Wettbewerb. Sie versuche, das ärztliche Werbeverbot durch Zwischenschaltung von Nichtärzten zum geschäftlichen Nachteil der rechtstreu handelnden Mitglieder der Klägerin zu umgehen. Die von Ärzten an die Beklagte geleisteten Zahlungen stünden in einem kausalen Zusammenhang mit der Vermittlung von Patienten, was sich auch daran zeige, dass sie von den Ärzten als Betriebsausgaben und von der Beklagten als Betriebseinnahmen verbucht würden. Im Übrigen hätten die Ärzte nach den eigenen Angaben der Beklagten einen bleibenden Vorteil aus der Vermittlung.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Schon im Vorprozess 5 Cg 207/99g des Landesgerichtes Linz sei zwischen den Streitteilen mit Rechtskraftwirkung geklärt worden, dass sie keine Vermittlungstätigkeit ausübe und der Klägerin ihr gegenüber kein Anspruch auf Unterlassung der Bewerbung zahnärztlicher Leistungen oder der Nennung von Preisen für fixe Zahnersätze zustehe. Im dortigen Sicherungsverfahren habe der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 16/99b klargestellt, dass zwischen der Beklagten und den Mitgliedern der Klägerin kein Wettbewerbsverhältnis bestehe, die Tätigkeit der Beklagten keine Förderung fremden Wettbewerbs sei und die beanstandete Werbung nicht gegen ärzterechtliche Vorschriften verstoße. Abgesehen davon seien die im Art 3 lit d und h der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit" enthaltenen Werbebeschränkungen als unzulässiger Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf freie Meinungsäußerung und auf Freiheit der Erwerbsausübung zu beurteilen. Das im ÄrzteG verankerte Werbeverbot gelte jedenfalls dann nicht für Dritte, wenn nicht direkt für einen bestimmten Arzt und dessen Leistungen geworben werde. Die Beklagte nehme in regelmäßigen Zeitabständen zu sämtlichen Zahnärzten im Großraum L***** Kontakt auf und behandle alle Zahnärzte gleich. Es entziehe sich ihrem Einfluss, ob und in welchem Ausmaß die Zahnärzte ihr Angebot in Anspruch nähmen. Der Umstand, dass sich relativ wenige Zahnärzte dieser Dienste bedienten, sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die Zahnärzte aufgefordert habe, nicht mit der Beklagten zu kooperieren. Die Kunden der Beklagten könnten frei entscheiden, was sie mit der ihnen erteilten Information anfingen. Die Beklagten nehme mit dem im Informationsprotokoll genannten Zahnarzt keinerlei Kontakt auf und vereinbare auch keine Termine. Die finanziellen Unterstützungen, die der Beklagten von Dr. Thomas P***** und anderen Zahnärzten fallweise zur Verfügung gestellt würden, seien kein Entgelt für die Vermittlung von Patienten und stünden in keinem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Zahl an Patienten, die den ihnen genannten Zahnarzt aufsuchen würden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach der Entscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 sei die von der Beklagten entfaltete Geschäftstätigkeit weder nach § 1 UWG wettbewerbswidrig, noch werde damit gegen Werbebeschränkungen des ÄrzteG verstoßen. Im Streitfall habe sich herausgestellt, dass die Beklagte ihren Kunden nur die Preise von drei bis fünf Zahnärzten nennen könne und von diesen Zahnärzten freiwillige finanzielle Zuwendungen erhalte. Diese Umstände führten zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, weil die Beklagte zum einen kaum beeinflussen könne, wie viele Zahnärzte zur Bekanntgabe ihrer Honorare bereit seien, und zum anderen gar nicht in der Lage sei, einem Arzt Patienten „zuzuweisen" iSd § 53 ÄrzteG. Die Informationserteilung an Kunden der Beklagten stehe in keinem synallagmatischen Austauschverhältnis mit den von ihr vereinnahmten Zuwendungen von Zahnärzten. Der Werbeslogan „Porzellan‑Krone 5.000 S all inclusive" sei nach der genannten Entscheidung unbedenklich, weil die Beklagte damit weder einen von ihr selbst geforderten noch einen von einem bestimmten Zahnarzt verlangten Preis angebe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil zu den wesentlichen Rechtsfragen bereits eine zwischen den Parteien ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege und der Abwägung, ob daran trotz der erweiterten Sachverhaltsgrundlage festzuhalten sei oder nicht, keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung beizumessen sei. Nach der Entscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 sei die Werbung durch öffentliche Nennung des Preises für eine privatärztliche Leistung nur dann unzulässig, wenn sie mit der namentlichen (oder sonst eine persönliche Zuordnung ermöglichenden) Bekanntgabe des konkreten Arztes verbunden sei, der diesen Preis verlange, also ein Bezug zwischen dem Preis und einem bestimmten Arzt hergestellt werden könne. Solches sei bei der hier zu beurteilenden Werbeaussage nicht der Fall, weil sie für die angesprochenen Publikumskreise keinerlei Rückschluss auf einen bestimmten Zahnarzt zulasse. Dass der darin genannte Preis dennoch nicht etwa frei erfunden sei, sondern dem jeweils aktuellen Honorar von zumindest einem der mit der Beklagten zusammenarbeitenden Zahnärzte entspreche, liege auf der Hand und müsse daher auch schon im früheren Verfahren mitbedacht worden sein. Es bestehe somit kein Anlass, von der Rechtsprechung des Höchstgerichts abzugehen. Auch habe sich die Klägerin in erster Instanz überhaupt nicht auf die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit" berufen.

Der genannten Entscheidung sei auch darin zu folgen, dass ein Handeln der Beklagten „zu Zwecken des Wettbewerbs" (namentlich im Sinne einer Förderung des Wettbewerbs der mit ihr kooperierenden Zahnärzte) nicht vorliege. Daraus, dass nur drei bis fünf Zahnärzte ihre Preise der Beklagten bekanntgäben, sei für die Frage nach der Absicht einer Förderung fremden Wettbewerbs nichts zu gewinnen. Die Beklagte lege es ja nicht etwa von vornherein darauf an, nur einem ausgewählten Kreis von Zahnärzten die Möglichkeit zu bieten, den die Preisauskunft in Anspruch nehmenden Kunden genannt zu werden, sondern beziehe in ihre Preiserhebungen alle im Großraum L***** niedergelassenen Zahnärzte und Dentisten ein. Wie viele davon ihre Honorare bekanntgäben, liege nicht in der Ingerenz der Beklagten und könne damit auch keinen Einfluss auf die Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer Absicht der Beklagten zur Förderung des Wettbewerbs der von ihr gegenüber Kunden genannten Zahnärzte und/oder eines allgemeinen Bedarfs nach Beratung über die Preisgestaltung bei zahnärztlichen Leistungen haben. Die Tatsache, dass die Beklagte von den mit ihr zzusammenarbeitenden Zahnärzten wie auch immer zu beurteilende Geldzuwendungen erhalte, erlaube noch nicht den Schluss, ihre Handlungen verfolgten typischerweise keinen anderen Zweck, als fremden Wettbewerb (nämlich jenen der erwähnten Zahnärzte) zu fördern, und sie habe keine eigenen wirtschaftlichen Interessen an der von ihr betriebenen Werbung. Vielmehr führten sowohl die Geldzuwendungen als auch eine aufgrund der Werbemaßnahmen steigende Inanspruchnahme der entgeltlichen Preisinformation zu einem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil der Beklagten. Dass daraus auch die mit ihr zusammenarbeitenden Zahnärzte dann Gewinn zögen, falls sich die Kunden der Beklagten tatsächlich zu einer Behandlung bei dem ihnen jeweils genannten Zahnarzt entschlössen, sei nicht mehr als eine unvermeidliche Nebenwirkung bei der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Ziele und Interessen durch die Beklagte. Jedenfalls liege darin keine typischerweise auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtete Handlung, sodass es Sache der Klägerin gewesen wäre, eine Absicht der Beklagten nachzuweisen, zugunsten eines oder mehrerer Zahnärzte und zum Nachteil der übrigen Zahnärzte in den Wettbewerb auf dem Markt für festsitzende Zahnersätze einzugreifen. Dieser Beweis sei allerdings nicht erbracht, ja im Grunde nicht einmal angetreten worden, zumal die Klägerin eine solche Absicht der Beklagten gar nicht ausdrücklich behauptet, sondern sich auf das Vorbringen beschränkt habe, die Beklagte fördere den Wettbewerb des Dr. Thomas P*****.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Unterschiede im Sachverhalt gegenüber der Vorentscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 so wesentlich sind, dass sie eine neuerliche rechtliche Prüfung erfordern; das Rechtsmittel ist teilweise berechtigt.

Nach Ansicht der Klägerin habe sich nunmehr herausgestellt, dass die Beklagte keine eigenen wirtschaftlichen Interessen an der Werbung habe; sie entfalte ihre Tätigkeit mit Wissen und Willen jener wenigen Zahnärzte, die ihr erhebliche Geldmittel zur Verfügung stellten, und deren Wettbewerb sie durch Weitergabe der Adressen dieser Zahnärzte fördere. Es liege ein Fall eines typisch auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichteten Verhaltens vor, bei dem die entsprechende Absicht weder behauptet noch bescheinigt werden müsse. Die Beklagte verstoße dadurch gegen § 53 Abs 3 ÄrzteG, dass sie in der beanstandeten Ankündigung den von einem bestimmten Arzt für die beworbene Leistung geforderten Preis nenne. Dazu ist zu erwägen:

Zu Zwecken des Wettbewerbs handelt auch, wer den Wettbewerb eines anderen fördernwill; in solchen Fällen muss aber grundsätzlich der Kläger die Wettbewerbsabsicht des beklagten Störers beweisen (SZ 61/134 = ÖBl 1989,77 - Heizöl‑Ausschreibung; SZ 65/133; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 23 Rz 18), es sei denn, es liegt eine typisch auf fremden Wettbewerb gerichtete Handlung vor (SZ 69/59 = ÖBl 1996, 241 - Forstpflanzen; 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 mwN). Die subjektiven Voraussetzungen der Wettbewerbshandlung sind dabei nieder anzusetzen (Koppensteiner aaO Rz 20).

Ein Handeln zu Wettbewerbszwecken setzt nicht voraus, dass die auf Wettbewerb gerichtete Absicht die einzige oder wesentliche Zielsetzung für die Handlung ist. Sie darf nur gegenüber dem eigentlichen Beweggrund nicht völlig in den Hintergrund treten. Ob die (mitspielende) Wettbewerbsabsicht neben anderen Zielen der Handlung noch Gewicht hat, ist als Wertung eine - auch noch in dritter Instanz zu überprüfende - Rechtsfrage, die auf Grund der zu den konkurrierenden Motiven und Zwecken des Handelnden getroffenen Tatsachenfeststellungen zu beurteilen ist (SZ 65/133; SZ 68/177 - Treuegeschenk: = ÖBl 1996, 134 ‑ Leserverblödung mwN). War die Förderung fremden Wettbewerbs nur eine unbeabsichtigte Nebenwirkung bei der Verfolgung des eigenen wirtschaftlichen Interesses, so reicht dies für die Annahme der Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, nicht aus (SZ 68/177 = ÖBl 1996, 134 Leserverblödung mwN). Ob das zutrifft, ist gleichfalls wie die Frage der Wettbewerbsabsicht im Allgemeinen als Wertung eine Rechtsfrage, welche auf Grund der zu den verschiedenen Beweggründen und Zwecken des Handelns getroffenen Feststellungen sowie der offenkundigen Tatsachen zu beurteilen ist (ÖBl 1998, 335 - Notruftelefonsystem II).

Der erkennende Senat hat in der (in einem Rechtsstreit zwischen den Parteien dieses Verfahrens) ergangenen Entscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 ausgesprochen, dass die Beratung über die Preisgestaltung bei zahnärztlichen Leistungen als Tätigkeit, an der offenbar ein allgemeiner Bedarf bestehe, nicht typischerweise mit der Absicht verbunden sei, den Wettbewerb einer bestimmten Gruppe von Zahnärzten zu fördern. Wenn die Beklagte eine solche Tätigkeit ausübe, werde sie daher ganz offenkundig im eigenen Interesse tätig; ihre Werbemaßnahmen seien darauf ausgerichtet, den eigenen und nicht fremden Wettbewerb zu fördern. Dass ihre - entgeltliche - Beratungstätigkeit auch dem jeweiligen Zahnarzt nütze, den ein Kunde der Beklagten auf Grund der Beratung möglicherweise aufsuche, bedeute noch nicht, dass die Beklagte in der Absicht handle, den Wettbewerb dieses Zahnarztes zu fördern.

Im vorliegenden Fall steht - ergänzend zum Sachverhalt im genannten Vorverfahren - fest, dass die Beklagte Preiserhebungen für bestimmte zahnärztliche Leistungen bei allen im Großraum L***** niedergelassenen rund 120 Zahnärzten und Dentisten durchführt, von denen regelmäßig nur insgesamt drei bis fünf die Fragebögen der Beklagten ausgefüllt zurückschicken. Die Beklagte finanziert ihre Tätigkeit mit Hilfe von (nicht kostendeckenden) Einnahmen für erteilte Informationen, Zuschüssen der Geschäftsführerin der Beklagten aus ihrem Privatvermögen und finanziellen Zuwendungen jener Zahnärzte, die der Beklagten ihre Honorare bekanntgeben. Bei letzteren handelt es sich um freiwillige Zuwendungen, die in ihrer Höhe nicht davon abhängen, wie oft der betreffende Zahnarzt gegenüber einem Kunden der Beklagten im Rahmen von Preisinformationen genannt wird. Dr. Thomas P***** hat in den letzten Jahren seit 1999 die Beklagte auf diese Weise mit "ein paar hundertausend Schilling" unterstützt, welche Beträge er auch in seiner Steuererklärung ausweist und die bei der Beklagten als Betriebseinnahme gebucht werden; die Zuwendungen anderer Ärzte an die Beklagte sind von geringerer Höhe.

Dieser Sachverhalt weicht entscheidend von jenem ab, der der Entscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 zugrunde lag. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte verfolge mit ihrer Beratungstätigkeit in erster Linie eigene wirtschaftliche Interessen, die Förderung des Wettbewerbs der ihren Kunden jeweils empfohlenen Zahnärzte sei dabei nur eine unvermeidliche Nebenwirkung, ein auf Förderung fremden Wettbewerbs gerichtetes Verhalten sei nicht erwiesen, trägt dem geänderten Sachverhalt nicht ausreichend Rechnung. Sie berücksichtigt insbesondere das ins Auge springende Ungleichgewicht zwischen der Anzahl der potentiell zur Teilnahme am Preisinformationssystem der Beklagten in Frage kommenden Personen (rund 120) und jenen 3 bis 5 Ärzten nicht, die tatsächlich der Beklagten ihre Honoraransätze zur Weiterverbreitung mitteilen: Beteiligen sich nämlich nur etwa 2,5% bis rund 4% der angeschriebenen Personen an der Preisbörse der Beklagten und ermöglicht gerade diese Hand voll Teilnehmer durch ihre freiwilligen Zahlungen an die Beklagte deren wirtschaftliches Überleben, liegen hinreichende Tatumstände vor, die auf eine überwiegende Absicht der Beklagten schließen lassen, mit ihrer Tätigkeit den Wettbewerb der - wenigen - an ihrem Informationssystem teilnehmenden Personen zu fördern; ein allfälliges eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagten tritt demgegenüber völlig in den Hintergrund.

In diesem Sinne vertritt etwa der BGH (bei vergleichbarer Rechtslage) die Auffassung, verbraucherschützende Organisationen und Stiftungen handelten bei der Veröffentlichung von Preisvergleichen zwar grundsätzlich nicht in Wettbewerbsabsicht, es könnten aber im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die eine andere Beurteilung der verfolgten Absicht rechtfertigen, etwa wenn Anzeichen darauf hindeuteten, dass mit unsachlichen Mitteln oder Methoden - wie etwa der fehlerhaften Anlage eines Preisvergleichs - versucht werde, Einfluss auf den Wettbewerb, insbesondere die Preispolitik, zu nehmen (BGH GRUR 1981, 658 - Preisvergleich; vgl auch Baumbach/Hefermehl, dUWG22 EinlUWG Rz 244; Schünemann in Jacobs/Lindacher/Teplitzky, UWG Großkommentar Einl D 223).

Im Streitfall wäre das Preisinformationssystem der Beklagten seiner Idee nach zwar grundsätzlich geeignet, Verbrauchern einen repräsentativen Marktüberblick über die Kosten von zahnärztlichen Leistungen im Raum Linz zu verschaffen; in seiner konkreten Ausgestaltung kann es jedoch infolge der verschwindend geringen Rücklaufquote der ausgesandten Umfragebögen das angestrebte Ziel nicht erreichen. Dass die Beklagte - wie sie behauptet - an den Ursachen hiefür möglicherweise kein Verschulden trifft, ist für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung ihrer Tätigkeit ohne Bedeutung. Es liegt damit ein Sachverhalt vor, aus dem die Absicht der Beklagten zu erschließen ist, den Wettbewerb der an ihrem Auskunftssystem beteiligten Ärzte zu fördern.

Es wäre unter den vorliegenden Umständen an der Beklagten gelegen, den Nachweis zu führen, dass der wesentliche Beweggrund ihres unternehmerischen Handelns gerade nicht mit der Vermittlung von Patienten an die von ihr genannten Ärzte in Zusammenhang steht und dass sie nicht beabsichtige, mittels unsachlicher Methoden gezielt zugunsten einzelner Ärzte in den Wettbewerb einzugreifen; einen solchen Beweis hat sie jedoch nicht erbracht. Ihre Wettbewerbsabsicht ist demnach nach dem nunmehr vorliegenden Sachverhalt zu bejahen.

Die von Wettbewerbsabsicht getragene Tätigkeit der Beklagten verstößt, soweit sie die Vermittlung von Patienten an Dr. P***** betrifft, gegen § 53 ÄrzteG. Diese Bestimmung verbietet Vergütungen für die Zuweisung von Kranken, nicht aber auch die unentgeltliche Vermittlung von Patienten an Ärzte. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt demnach nur vor, wenn der Arzt oder ein Dritter (§ 53 Abs 3 ÄrzteG) sich oder einem anderen für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen, geben, nehmen oder zusichern lässt. Beurteilt man die Vermittlungstätigkeit der Beklagten nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt, so weist sie ausschließlich den wenigen Ärzten, die ihren Betrieb durch finanzielle Leistungen ermöglichen, Patienten zu. Die ihr von den Ärzten zufließenden materiellen Mittel stehen (zumindest mittelbar) mit ihrer zuweisenden Tätigkeit in Zusammenhang, sind daher unzulässige Vergütungen iSd § 53 Abs 2 ÄrzteG. Das auf § 1 UWG gestützte Unterlassungsbegehren erweist sich insofern als berechtigt.

Weshalb die Beklagte hingegen durch ihre öffentliche Werbetätigkeit, in der sie keine Namen von Ärzten nennt, gegen § 53 Abs 2 ÄrzteG verstoßen soll, ist nicht nachvollziehbar. Wie der erkennende Senat in der Entscheidung 4 Ob 16/99b = RdM 2000, 147 ausgesprochen hat, erfasst Art 3 lit d erster Fall der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" nur die Werbung durch "Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit". Gegen die Richtlinie wird daher nur verstoßen, wenn der von einem bestimmten Arzt verlangte Preis, sei es durch den Arzt selbst oder durch einen Dritten (§ 53 Abs 3 ÄrzteG), genannt und dessen Leistung damit in die Nähe einer austauschbaren Massenleistung gerückt wird (s RdM 1996, 57). Die Beklagte wirbt für ihre Beratungstätigkeit mit einem Preis von 5.500 S "all inclusive" für eine Porzellan‑Krone. Sie gibt damit weder einen von ihr selbst verlangten Preis noch einen von einem bestimmten Zahnarzt verlangten Preis an. Da das durch die Ankündigung angesprochene Publikum ohne Zusatzinformationen - wie etwa Inanspruchnahme der Beratungstätigkeit der Beklagten - keinen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Preis und einem bestimmten Zahnarzt herstellen kann, liegt kein Verstoß gegen die Werbebeschränkung des § 53 Abs 1 ÄrzteG vor. Das Unterlassungsbegehren erweist sich insoweit als unberechtigt.

Der Revision ist teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung ist in § 43 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO begründet. Die teilweise Abweisung des Klagebegehrens bewirkt einen im Zweifel gleichteilig zu bemessenden Prozesserfolg.

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