Spruch:
Paul S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Im vorliegenden Strafverfahren des Bezirksgerichtes Imst sollte Paul S***** als Zeuge vernommen werden. Die Richterin verfügte, ihm die Zeugenladung zur Hauptverhandlung vom 5. Dezember 2002 an die Adresse ***** zuzustellen (S 2). Da beim Zustellversuch am 27. November 2002 eine Zustellung des Rückscheinbriefes nicht möglich war, wurde dieser am selben Tag beim Postamt Imst hinterlegt und an der Abgabestelle eine Verständigung darüber zurückgelassen (ON 16). Die Ladung wurde nicht behoben und am 18. Dezember 2002 dem Bezirksgericht Imst retourniert.
Zur Hauptverhandlung ist der Zeuge Paul S***** nicht gekommen. Die Richterin beschloss daher, ihn zur nächsten, für den 6. Februar 2003 anberaumten Hauptverhandlung vorführen zu lassen (S 39). An diesem Tag wurde auch ein Vorführbefehl gegen den Zeugen erlassen und dem Gendarmerieposten Imst übermittelt (ON 11). Ein Gendarmeriebeamter nahm mit dem Zeugen telefonischen Kontakt auf und informierte ihn über die Vorführung. Paul S***** erklärte, er sei derzeit in Ehrwald und "habe kein Interesse der Vorführung noch heute zu entsprechen" (ersichtlich gemeint: noch heute zur Hauptverhandlung zu kommen). Als diese Erhebungen der Richterin mitgeteilt wurden, ordnete sie mündlich die sofortige Festnahme des Zeugen und seine Vorführung zur Hauptverhandlung an (ON 14). Diese Zwangsmaßnahme wurde schließlich von Gendarmeriebeamten vollzogen und Paul S***** dem Bezirksgericht Imst vorgeführt.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diesen Vorführbefehl gerichtete Grundrechtsbeschwerde des Paul S***** ist nicht im Recht.
Gemäß § 242 Abs 1 und 3 StPO, welche Bestimmung gemäß § 458 Abs 5 StPO auch im bezirksgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, kann das Gericht die ungesäumte Vorführung eines Zeugen verfügen, wenn dieser ungeachtet der an ihn ergangenen Vorladung nicht zur Hauptverhandlung erschienen ist. Wird die Verhandlung vertagt, so kann, um sein Erscheinen zur neuangeordneten Sitzung zu sichern, ein Vorführbefehl wider ihn erlassen werden.
Die Ladung als Zeuge zur Hauptverhandlung kann an jede Abgabestelle zugestellt werden. Gemäß § 4 ZustG ist dies nicht nur die Wohnung des Empfängers sondern auch seine sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, die Geschäftsräume, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers. Die Betriebsstätte ist dann eine Abgabestelle, wenn sich der Empfänger dort regelmäßig aufhält (Mayerhofer, Nebenstrafrecht4 § 4 ZustG E 7). Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen und der Adressat hievon schriftlich zu verständigen (§ 17 ZustG).
Nach den vom Obersten Gerichtshof veranlassten Erhebungen ist die Adresse, unter welcher die Ladung an Paul S***** zugestellt wurde, die Betriebsstätte der Firma E***** [S 125].
Paul S***** ist gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Firma (S 133) und häufig als Lenker der Firmenfahrzeuge beschäftigt (S 127). Im Hinterlegungszeitraum hielt er sich nach eigenen Angaben "des öfteren" im Betrieb auf (S 113).
Bei der Zustelladresse handelt es sich demgemäß um die Betriebsstätte und den Arbeitsplatz des Empfängers Paul S*****. Die Ladung wurde daher am 27. November 2002 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt (§ 17 Abs 3 dritter Satz ZustG), zumal der Empfänger im Hinterlegungszeitraum dort regelmäßig aufhältig war (vgl Mayerhofer aaO § 16 E 2, § 17 E 1), sodass infolge seines Nichterscheines zur Hauptverhandlung die Vorführung zur nächsten Verhandlung gesetzmäßig erfolgt ist.
Daraus folgt, dass Paul S***** durch den Vorführbefehl des Bezirksgerichtes Imst in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde. Seine Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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