OGH 15Os83/03

OGH15Os83/032.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christoph Josef F***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 21. Februar 2003, GZ 12 Hv 202/02y-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christoph Josef F***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 10. Oktober 2002 in Feldkirchen dadurch, dass er Ingeborg H***** gegen ihren Willen und Widerstand die Hose und Unterhose abstreifte, ihr mit Gewalt die Oberschenkel auseinanderdrückte und sie mit den Fingern penetrierte sowie ihre Scheide leckte, außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB eine Person mit Gewalt zur Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt, weil das Beweisthema des Antrages auf Vernehmung der Zeugen Robert Pippan und Martin Lorber keine entscheidende Tatsache betrifft. Ob nämlich das spätere Tatopfer bereits im Lokal mit anderen Personen Zärtlichkeiten ausgetauscht hat und ob die Zeugin H***** von sich aus den Angeklagten ersuchte, sie in seinem Fahrzeug mitzunehmen, ist für die Schuldfrage nicht relevant.

Die Einholung eines "psychiatrischen und psychologischen Gutachtens" und die Vernehmung der Lebensgefährtin des Angeklagten, Marlene K*****, zum Beweis dafür, "dass der einfachst strukturierte Angeklagte auf Grund seiner bisherigen Erfahrungen mit Frauen, der bis jetzt lediglich mit seiner Lebensgefährtin intime Kontakte hatte, in seinem alkoholisierten Zustand nicht erkennen konnte, dass Ingeborg H***** mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden war bzw er angenommen hat, dass sie ihm gegenüber ihr Einverständnis zu den sexuellen Handlungen signalisiert hat, sodass dem Angeklagten die ihm zur Last gelegte Nötigung nicht bewusst war" (S 243), war nicht geboten, weil es sich beim angeführten Beweisthema um keine durch eine Zeugenaussage oder mit Hilfe eines Experten zu klärende Tatfrage, sondern um eine ausschließlich vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage handelt (Mayerhofer StPO4 § 118 E 25 ff). Die Mängelrüge (Z 5) versucht lediglich, die Aussage der Zeugin H***** als zweifelhaft, widersprüchlich und damit als ungeeignet hinzustellen, darauf den Schuldspruch zu stützen.

Sie übergeht aber, dass sich die Tatrichter mit dem Zustand der Zeugin im Tatzeitpunkt (Alkoholisierung) und den daraus resultierenden Erinnerungslücken und Unsicherheiten in ihren Angaben auseinandergesetzt haben, ihrer Aussage jedoch insbesondere auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnen persönlichen Eindruckes letztlich gefolgt sind (US 8 f).

Ein Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag auf Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Vielmehr versucht sie aus einzelnen Details der Angaben der Zeugin H***** abzuleiten, dass deren Aussage insgesamt unzuverlässig und damit nicht geeignet sei, die leugnende Verantwortung des Angeklagten zu widerlegen.

Damit unternimmt der Beschwerdeführer aber nur den Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes unzulässig nach Art einer Schuldberufung anzufechten, was insbesondere im Hinweis auf den "Zweifelsgrundsatz" seinen Ausdruck findet.

Das Rechtsmittel übergeht hiebei aber insbesondere den Umstand, dass die Tatrichter ihren Schuldspruch auch auf die teilweise geständige Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie (US 8) sowie die - entgegen dem Vorbringen ohnedies - festgestellten Verletzungen des Tatopfers im Genitalbereich (US 11) gestützt haben. Das Verhalten der Zeugin unmittelbar nach der Tat und das in der Beschwerde aufgezeigte mögliche Motiv für eine falsche Beschuldigung, das im Übrigen vom Erstgericht ohnedies erwogen wurde (US 8), vermag keine Bedenken gegen entscheidende Tatsachen zu erzeugen. Die Angaben einer "neuen" Zeugin können im Hinblick auf das Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren keine Berücksichtigung finden. Die Rechts- (Z 9 lit a) und die Subsumtionsrüge (Z 10) sind nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Gegenstand derartiger Rügen ist nämlich ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechtes mit dem festgestellten Sachverhalt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581). Die Rechtsrüge, welche mangelnde Feststellungen zur Gegenwehr des Tatopfers kritisiert, übergeht jene Konstatierungen, wonach sich Ingeborg H***** gegen den Angriff des Angeklagten gewehrt hat, ihn wegzudrücken versuchte und immer äußerte, sie wolle das nicht (US 5), der Angeklagte habe nicht unerhebliche Kraft eingesetzt, um den Widerstand der Ingeborg H***** zu überwinden (US 6). Soweit der Beschwerdeführer auf die Missachtung von "Beweisregeln" und der "Regelungen über die Beweislast" verweist, vergleicht er nicht den festgestellten Sachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz.

Die Subsumtionsrüge, welche eine Beurteilung der Tat nach "§ 88 StGB" anstrebt, geht entgegen dem Urteilsinhalt von einer "wechselseitigen Zustimmung der handelnden Personen" aus.

Die Strafzumessungsrüge ( Z 11) macht geltend, das Imstichlassen der Ingeborg H***** sei zu Unrecht als erschwerend gewertet worden. Damit zeigt sie aber keinen rechtlichen Fehler in der Strafbemessung auf, sondern macht lediglich einen Berufungsgrund geltend (Mayrhofer aaO § 281 Z 11 E 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO - teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO). Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

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