Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Bescheid vom 20. 7. 1973 erteilte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft der beklagten Partei unter bestimmten Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkraft der Donau in einem bestimmten Bereich sowie zur Errichtung und zum Betrieb eines Donaukraftwerks. In Ansehung der Fischerei wurde insbesondere bestimmt, dass die Fischwässer weitestgehend im gleichen Umfang wie bisher zu erhalten seien; andernfalls seien im Stauraum entsprechende Besatzmaßnahmen vorzusehen, um die den neuen hydrologischen Verhältnissen entsprechenden Fischarten zu erhalten bzw zu vermehren (Punkt 133). Weiters wurde festgelegt, dass das Kraftwerksunternehmen "eine möglichst vollständige Erhaltung der fischereilich besonders wichtigen Altarme und Ausstände, ihre am unteren Ende für den Fischzug offene Verbindung mit dem Hauptgerinne, eine fischereilich günstige Gestaltung aller Zubringereinmündungen, eine fischereifreundliche Ausgestaltung aller regulierten Gewässerstrecken und neu geschaffenen Gräben und eine möglichst raue Gestaltung von Ufersicherungen in Fließstrecken sowie die Anlage von Laichplätzen anzustreben" habe (Punkt 134). Schließlich seien die Baumaßnahmen "unter größtmöglicher Bedachtnahme auf die Schonung des Fischbestandes" durchzuführen (Punkt 136).
Der amtliche Sachverständige für Fischerei führte am 15. 3. 1995 zu diesem Bewilligungsbescheid aus, die Auflage zur weitestgehenden Erhaltung der Fischwässer sei nur bedingt als erfüllt zu bezeichnen, weil zwar auflagegemäße Vorkehrungen getroffen worden seien, diese aber keinen entsprechenden Erfolg gezeitigt hätten. Es sei durch den in den Jahren 1979 bis 1986 "durchgeführten Umstellungsbesatz" nicht gelungen, einen den neuen hydrologischen Verhältnissen angepassten Fischbestand aufzubauen. In mehreren Bereichen des Rückstauraums sei es zu einer verstärkten Verlandung von Altwässerbereichen und somit zur Verringerung der für die Fischerei nutzbaren Gewässerfläche gekommen.
Der von der beklagten Partei durchgeführte Umstellungsbesatz war 1986 beendet.
Mit Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 29. 3. 1996 wurde unter anderem ausgeführt, dass die im generellen Bewilligungsbescheid vom 20. 7. 1973 angeführten Bedingungen und Auflagen für den Bereich der Fischerei (Punkte 133, 134 und 136) als Dauervorschreibungen bzw bis zu ihrer Erfüllung weiterhin aufrecht blieben.
Der Kläger hatte mehrere Fischereireviere in dem vom Bau des Donaukraftwerks berührten Bereich verpachtet. Nach dem Bau des Kraftwerks verringerten sich die von ihm erzielten und erzielbaren Pachtentgelte, weil sich die Qualität der Reviere verschlechtert hatte und die Pächter nur zur Zahlung eines geringeren Betrags bereit waren.
Der Kläger begehrte als Ersatz für die durch das Donaukraftwerk der beklagten Partei verursachten Schäden an seinen Fischereirevieren 152.998,93 EUR und hilfsweise die Feststellung, dass die beklagte Partei ihm und seinen Rechtsnachfolgern für sämtliche Schäden an den Fischereirevieren, die durch die Errichtung des Donaukraftwerks entstanden seien, hafte.
Die beklagte Partei wendete insbesondere Verjährung des Klagsanspruchs ein.
Das Erstgericht wies das Haupt- und auch das Eventualbegehren wegen Verjährung ab. Der Kläger habe den in seinem Vermögen eingetretenen Schaden seinen eigenen Angaben nach bereits erkennen können, als die Pachteinnahmen nach der Kraftwerkserrichtung infolge reduzierter Gewässerqualität zurückgegangen seien. Dass er nur geringere Pachtentgelte erziele, habe dem Kläger unmittelbar nach jeder Fischereisaison klar sein müssen. Die für die Zeit vor dem 19. 4. 1998 geltend gemachten Ansprüche seien demnach jedenfalls verjährt, weil die Klage erst am 19. 4. 2001 beim Erstgericht eingelangt sei. Bei den danach eingetretenen Schäden handle es sich um vorhersehbare weitere Teilschäden auf Grund des Kraftwerksbaus, sodass die Verjährungsfrist bereits mit Eintritt des Primärschadens zu laufen begonnen habe, also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger erstmals nur geringere Pachtzinse erzielen konnte. Ab diesem Zeitpunkt hätte der Kläger binnen drei Jahren mit Feststellungsklage vorgehen müssen. Für den Feststellungsanspruch beginne die Verjährungsfrist ebenfalls mit dem Eintritt des Erstschadens zu laufen, sodass auch das Eventualbegehren des Klägers an der eingetretenen Verjährung scheitere.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil, das in der Abweisung von 94.994,01 EUR in Rechtskraft erwachsen war, im Umfang der Abweisung des Teilbegehrens von 58.002,02 EUR und im Ausspruch über das Eventualbegehren auf; es verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Kläger habe insgesamt 1,754.426 S begehrt, und zwar für die in der Zeit von 1973 bis 1977 entstandenen Schäden 689.986 S und "für die Zukunft" 1,064.440 S. In seiner Berufung habe er auf Grund einer dem Neuerungsverbot widersprechenden neuen Berechnung 50.143,26 EUR für die Zeit von 1973 bis 1977 und 7.856,68 EUR für den Zeitraum vom 1. 5. 1998 bis 28. 3. 2002, insgesamt also 58.002,92 EUR, begehrt. Diese Summe liege unter dem "für die Zukunft" geltend gemachten Schadensbetrag von 1,064.440 S. Der Kläger habe sein Feststellungsbegehren in ein Eventualbegehren gekleidet, obwohl zukünftige Ansprüche als Hauptbegehren mit Feststellungsklage geltend zu machen seien. Sollte im fortgesetzten Verfahren über das Eventualbegehren abzusprechen sein, müsse eine Klarstellung dahin erfolgen, auf welche Zeitspanne sich das Feststellungsbegehren beziehen sollte. Auf die zivilrechtlichen Normen des § 26 Abs 2 und 3 WRG seien die Verjährungsbestimmungen des ABGB anzuwenden. Die Verjährung beginne zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen, doch müsse ein Geschädigter zur Wahrung seiner Rechte aus vorhersehbaren Folgewirkungen Feststellungsklage erheben. Dies gelte aber nur für dem Grunde nach bekannte (Teil-)Schäden aus Folgen eines bestimmten abgeschlossenen Verhaltens, nicht aber für Schäden infolge fortgesetzten oder wiederholten Verhaltens, bei dem jede einzelne Handlung oder Unterlassung für sich selbst Schadensursache sei und weshalb mit jeder weiteren Schadenszufügung eine neue Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt, in dem diese Schadenszufügung dem Geschädigten zur Kenntnis gelange, in Gang gesetzt werde. Es liege eine dauernde (fortgesetzte) Schädigung des Fischbestands durch den Kraftwerksbau vor, weshalb die Ansprüche des Klägers erst drei Jahre nach Kenntnis des Schadens verjährten. Die aus den Jahren 1973 bis 1977 resultierenden Schadenersatzansprüche seien jedenfalls verjährt, weil der Kläger erst Ende 1997 - etwa 20 Jahre nach dem Schadenseintritt - einen Gutachter mit der Schadensermittlung beauftragt habe. Die in den letzten drei Jahren vor Klagseinbringung entstandenen Ersatzansprüche seien infolge fortgesetzter Schädigung allerdings nicht verjährt. Es sei daher die Berechtigung dieser Ansprüche materiell zu prüfen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Dem Vorbringen des Klägers ist eindeutig zu entnehmen, dass er - gestützt auf § 26 Abs 2 WRG - von der beklagten Partei als Betreiberin des Kraftwerks den Ersatz des Schadens begehrt, der durch die Errichtung und den Weiterbetrieb dieses Kraftwerks an seinem Fischereirecht hervorgerufen wurde. Wurden der beklagten Partei im Zuge der Kraftwerkserrichtung - wie festgestellt - Auflagen erteilt, die letztlich nicht erfüllt wurden, dann ist nicht einzusehen, warum der dem Kläger entstandene Schaden nicht aus der Unterlassung der Erfüllung von Auflagen abgeleitet werden könnte.
Den zweitinstanzlichen Ausführungen zur Verjährungsfrage ist beizupflichten:
Gewiss muss ein Geschädigter bei Eintritt eines (Primär-)Schadens als Folge eines bestimmten abgeschlossenen Verhaltens zur Wahrung seiner Rechte aus vorhersehbaren Folgewirkungen Feststellungsklage erheben, denn die Verjährung solcher Folgeschäden beginnt bereits mit dem Eintritt des Erstschadens zu laufen (SZ 69/55; JBl 1996, 315). Bei fortgesetztem (wiederholtem) Verhalten handelt es sich aber um ein Dauerdelikt, bei dem mit jeder Schadenszufügung eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt, in dem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt, in Gang gesetzt wird (1 Ob 2/96; JBl 1996, 315; EvBl 1968/57; vgl JBl 1967, 32; Klang in Klang VI2 635; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht Rz 14 zu § 137; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 15/14).
Im vorliegenden Fall hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft der beklagten Partei bereits 1973 Auflagen erteilt und diese als "Dauervorschreibung" mit Bescheid aus dem Jahre 1996 ausdrücklich aufrecht erhalten. Diese Auflagen wurden nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht erfüllt. Die Nichterfüllung der der beklagten Partei obliegenden Verpflichtungen (hier: Auflagen) ist als fortgesetztes Verhalten ein Dauerdelikt, sodass mit jeder Schadenszufügung eine gesonderte Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt, in dem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt, in Gang gesetzt wird. Der Anspruch auf Ersatz des Schadens, der aus dem Entgang eines Teils des sonst erzielbaren Pachtzinses für die letzten drei Jahre vor Klagseinbringung resultiert, ist somit nicht verjährt. Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts, auf die verwiesen wird (insbesondere S 18 bis 20 des Berufungsurteils), sind demnach frei von Rechtsirrtum.
Die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft erteilten Auflagen dienen und dienten dem Schutz des Eigentums, also auch dem Schutz des Eigentümers eines Fischereireviers (hier: Kläger). Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Kläger aus der mangelnden Erfüllung der der beklagten Partei erteilten Auflagen keine Schadenersatzansprüche ableiten könnte. Davon völlig unabhängig ist die Frage, ob ihm ein subjektives Recht zusteht, auf die Erfüllung dieser Auflagen zu dringen (vgl 1 Ob 2/96).
Ob der Kläger vor der Novellierung des WRG im Jahre 1990 ein Entschädigungsverfahren beim Landeshauptmann für Niederösterreich hätte einleiten können, ist unerheblich; diese Unterlassung schadet schon deshalb nicht, weil ohnehin nur die in den letzten drei Jahren vor Klagseinbringung entstandenen, somit nicht verjährten Ersatzansprüche noch streitverfangen sind.
Dem Rekurs ist somit ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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