Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Finanzamts wird teilweise Folge gegeben und bei beiden Angeklagten der Ausspruch über die bedingte Nachsicht der Strafen aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet, demgemäß auch der Beschluss gemäß § 26 Abs 2 FinStrG ersatzlos aufgehoben. Im Übrigen wird der Berufung des Finanzamts ebenso wie jener des Angeklagten Reinhard H***** nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthält - wurde Reinhard H***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG, Christian B***** der Finanzvergehen nach §§ 33 Abs 1 und Abs 2 lit a, 11 FinStrG schuldig erkannt.
Danach haben in Salzburg
1./ Reinhard H***** vorsätzlich
a./ unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuererklärung für 1996 Umsatzsteuer in der Höhe von 211.000 S verkürzt, sowie b./ unter Verletzung der Pflicht zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen, nämlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für Jänner bis Juli 1997 und Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für August und September 1997 eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Jänner bis September 1997 in Höhe von 4,703.903 S wissentlich bewirkt; weiters
2./ Christian B***** durch Ausstellung fingierter Rechnungen zu den unter 1./a. (USt 1996 in der Höhe von 211.000 S) und 1./b. (USt-Vorauszahlungen Jänner bis Juli 1997 im Ausmaß von 3,858.583 S) bezeichneten Vergehen des Reinhard H***** im Verkürzungsausmaß von 4,069.583 S wissentlich beigetragen.
Während der Schuldspruch des Christian B***** in Rechtskraft erwachsen ist, richtet sich gegen den Schuldspruch des Reinhard H***** dessen auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; diese schlägt fehl.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung der Anträge 1) auf "Unterbrechung des Verfahrens in Hinblick darauf, dass man genaue Feststellungen treffen muss hinsichtlich der verwerteten Fahrzeuge, was verwertet ist", sowie 2) "in welcher Form Abgabenschulden überhaupt bestehen, also dass man das Berufungsverfahren abwartet, welches offensichtlich in der letzten Phase ist". Eine Unterbrechung "könnte auch ergeben, dass man unter die Gerichtszuständigkeit einer Million kommt, wenn die UVAs von 1 bis 6/97 entsprechend angerechnet werden" (S 234 f/II). Das Schöffengericht durfte diese - der Sache nach auf Aufnahme entsprechender Beweise zielenden - Begehren schon deshalb ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abweisen, weil zum einen bei Antragstellung nicht dargetan wurde, inwieweit die erwarteten Verfahrensergebnisse für die Schuld- und Subsumtionsfrage von Bedeutung seien (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 332 f), zum anderen schon nach der Formulierung ("könnte ergeben"), die nicht erkennen lässt, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, ein bloßer Erkundungsbeweis (Ratz, aaO Rz 330 f) angestrebt wird. Der Beschwerde zuwider sind lediglich Strafzumessungsgründe betreffende Anträge aus Z 4 unbeachtlich (Ratz, aaO Rz 322).
Die Mängelrüge (Z 5) verkennt mit der Behauptung der Aktenwidrigkeit von Feststellungen das Wesen dieses Nichtigkeitsgrunds. Aktenwidrigkeit kann nur vorliegen, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Ratz, aaO Rz 467).
Die - dem Vorbringen nach unvollständig wiedergegebene - Verantwortung des Angeklagten haben die Tatrichter den Urteilskonstatierungen nicht zugrunde gelegt, sondern dieser mit den Grundsätzen der Logik nicht zuwiderlaufender Begründung insgesamt den Glauben versagt (US 13 ff, insb 16), wobei sie - aus der Sicht einer ebenfalls geltend gemachten Unvollständigkeit - in Hinblick auf das Gebot der gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) auch nicht verhalten waren, jedes Detail der Aussage einer Erörterung zu unterziehen (Ratz, aaO Rz 428).
Beweisergebnisse dahingehend, dass den Rechnungen das jeweilige Lieferdatum zu entnehmen gewesen sei, betrafen infolge der Annahme des Schöffengerichts über das Vorliegen bloßer Scheinrechnungen keinen entscheidenden Umstand und bedurften daher keiner Erörterung. Der Umstand, dass am 18. September 1997 Unterlagen des Beschwerdeführers beschlagnahmt worden waren, bedurfte als für sich allein die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für August und September 1997 noch nicht exkulpierend ebenfalls keiner beweiswürdigenden Erörterung.
Das Schöffengericht hat sich schließlich mit die Angaben des Zweitangeklagten Christian B***** eingehend auseinandergesetzt (US 13 ff) und dabei - der Beschwerde zuwider - auch die für den Beschwerdeführer günstigen Aussageteile weder unrichtig wiedergegeben noch verschwiegen, sondern mängelfrei begründet verworfen (US 16). Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Verweis auf die Verantwortung des Beschwerdeführers zur subjektiven Tatseite keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erzeugen.
Weshalb ein allfälliger Rechtsirrtum bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft der Autosalon B***** GmbH hier - trotz des Vorliegens bloßer Scheingeschäfte - von Bedeutung sei, wird in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht dargetan, sodass es diesem Vorbringen an einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung mangelt. Der Einwand, es sei abgabenrechtlich ohne Bedeutung, ob der als Vorsteuerabzug geltend gemachten Rechnung ein Scheingeschäft zugrunde liege oder nicht, ist nicht berechtigt.
Der Vorsteuerabzug nach § 12 Abs 1 Z 1 UStG setzt die Übereinstimmung zwischen der in der Rechnung bezeichneten und der tatsächlich gelieferten oder zu liefern beabsichtigten Ware (hinsichtlich des zuletzt genannten Umstandes vgl § 19 Abs 2 Z 1 letzter Satz UStG) voraus. Demgemäß bedarf es stets einer Rechnung, in der auch die Art und der Umfang der Leistung richtig und identifizierbar bezeichnet wird (§ 11 Abs 1 Z 3 und 14 UStG). Eine für die Gewährung des Vorsteuerabzuges ausreichende Leistungsbezeichnung ist dann nicht gegeben, wenn die Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung unrichtig sind. Derartige, den Vorsteuerabzug ausschließende unrichtige Angaben liegen unter anderem vor, wenn eine in der Rechnung angeführte Leistung tatsächlich nicht erbracht wird und auch nicht erbracht werden soll (Gefälligkeitsrechnung) oder wenn in der Rechnung nicht die tatsächliche Leistung angeführt ist (etwa im Falle der Lieferung geringwertiger Waren oder sonstige Lieferung eines aliud). Die Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist somit dann nicht erfüllt, wenn die in der Rechnung gewählte Bezeichnung des Liefergegenstandes eine solche Vorstellung von diesem hervorruft, die mit den tatsächlich gelieferten Gegenstand nicht im Einklang steht. In allen diesen Fällen des Auseinanderklaffens zwischen ausgewiesener Ware und wirtschaftlicher Realität ist ein Vorsteuerabzug unzulässig (11 Os 97/02 mwN).
Warum - als fehlend bemängelte - Feststellungen über eine vom Angeklagten abgegebene berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 1997 erforderlich gewesen wären, wird von der Beschwerde nicht dargetan. Ebenso wird mit der bloßen Behauptung, den Angeklagten treffe für die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für August und September 1997 aufgrund der Beschlagnahme seiner Unterlagen kein Verschulden, die Rechtsrüge nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, zumal nicht einmal behauptet wird, der Angeklagte sei daran gehindert gewesen, allenfalls für die Erstellung der Voranmeldungen erforderliche Unterlagen im Wege der Einsichtnahme und Ablichtung bei der Behörde zu beschaffen.
Soweit die Rechtsrüge letztlich die subjektive Tatseite in Abrede stellt, orientiert sie sich nicht an den Urteilsfeststellungen erster Instanz (US 24) und ist daher auch in diesem Umfang nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Reinhard H***** war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über beide Angeklagte jeweils eine Geldstrafe von 80.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten. Bei beiden wurde gemäß § 26 Abs 1 FinStrG iVm § 43a Abs 1 StGB ein Teil der Strafe von jeweils 60.000 Euro unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Als erschwerend wertete das Erstgericht bei H***** keinen Umstand, als mildernd seinen ordentlichen Lebenswandel, das teilweise lange Zurückliegen und die teilweise Schadensgutmachung, bei B***** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das volle reumütige Geständnis, das auch wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen habe, das lange Zurückliegen und die teilweise Schadengutmachung.
Gegen die Strafaussprüche richten sich die Berufungen einerseits des Angeklagten Reinhard H*****, andererseits des Finanzamts Salzburg-Stadt. Während der Angeklagte H***** eine Reduktion der Strafe und deren gänzliche bedingte Nachsicht anstrebt, begehrt die Finanzstrafbehörde erster Instanz hinsichtlich beider Angeklagter die Erhöhung der Strafen, die Ausschaltung der bedingten Nachsicht und die zusätzliche Verhängung von Freiheitsstrafen nach §§ 33 Abs 5, 15 FinStrG.
Nur die Berufung des Finanzamts ist teilweise im Recht. Während für eine Veränderung der Geldstrafen der Höhe nach beiden Rechtsmitteln keine tauglichen Sachargumente zu entnehmen sind, sodass die - wenngleich in dieser Beziehung moderat, aber noch im Bereich des Sachgerechten und mit zutreffender Begründung bei beiden Angeklagten in gleicher Höhe ausgemessenen - Sanktionen keiner Erhöhung oder Reduktion bedürfen, war die Gewährung bedingter Nachsicht hinsichtlich eines Teils der Strafen aus den vom Finanzamt richtig aufgezeigten Gründen der Spezial- und Generalprävention im konkreten Fall nicht gerechtfertigt, zumal sich der Erstangeklagten im Wesentlichen schulduneinsichtig gezeigt hat und der Zweitangeklagte sogar einschlägig vorbelastet ist (vgl Jerabek in WK2 § 71 Rz 8), sodass der Ausspruch über die bedingte Nachsicht aus dem Urteil auszuschalten war. Der Berufung des Finanzamts zuwider bedarf es jedoch bei beiden Angeklagten neben den nunmehr deutlich spürbaren Geldstrafen nicht zusätzlich der Verhängung von Freiheitsstrafen, um sie oder Dritte von zukünftigen Finanzvergehen abzuhalten.
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