Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss wie folgt abgeändert.
Der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichts wird mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Exekution zur Sicherstellung bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit des im fortgesetzten Titelverfahren ergehenden Urteils bewilligt wird.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der betreibende Gläubiger brachte am 29. Oktober 2002 beim Landesgericht Salzburg als Titelgericht zu AZ 11 Cga 262/01t den Antrag auf Bewilligung von Fahrnis- und Forderungsexekutionen zur Sicherstellung der Forderung auf Grund des Versäumungsurteils des Landesgerichts Salzburg vom 3. Juni 2002 von (restlichen) 101.159,96 EUR samt 10 % Zinsen seit 22. Oktober 2001 und der Kostenforderung von 4.180,45 EUR ein.
Das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht erklärte sich mit rechtskräftigem Beschluss vom 15. November 2002 für unzuständig und überwies den Exekutionsantrag gemäß § 44 Abs 1 JN an das Erstgericht als zuständiges Exekutionsgericht.
Das Erstgericht verfügte am 20. November 2002 die Beischaffung des Titelakts und bewilligte - erkennbar nach Einsichtnahme in diesen Akt - mit Beschluss vom 28. November 2002 die beantragten Exekutionen.
Das Rekursgericht hob über Rekurs der verpflichteten Partei den Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichts auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Exekutionsantrag nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens auf; es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs nicht nur zur Zulässigkeit der Sicherungsexekution bei Kumulierung von Berufung und Widerspruch, sondern auch im Zusammenhang mit den durch den Überweisungsbeschluss aufgetretenen Fragen zu den Voraussetzungen der Bewilligung durch das Exekutionsgericht fehle.
Die zweite Instanz führte in rechtlicher Hinsicht aus, das Erstgericht sei als Exekutionsgericht an den rechtskräftigen Überweisungsbeschluss des Titelgerichts gebunden gewesen. Seine Zuständigkeit sei somit gegeben, zumal um Bewilligung der Sicherstellungsexekution (neben dem Prozessgericht) stets auch beim Exekutionsgericht angesucht werden könne.
Ein Antrag auf Bewilligung der Sicherungsexekution müsse grundsätzlich auch bei einem nicht rechtskräftigen Versäumungsurteil ein Vorbringen enthalten, worauf die Zulässigkeit der Exekutionsführung gestützt werde, wobei neben § 371 Z 1 EO auch § 370 EO und § 371a EO in Frage kämen. Enthalte ein ursprünglich beim Titelgericht gestellter Exekutionsantrag aber keine dem § 370 EO entsprechenden Behauptungen und werde auch keine Sicherheitsleistung iSd § 371a EO angeboten, so könne erschließbar davon ausgegangen werden, der betreibende Gläubiger wolle von der erleichterten Sicherungsmöglichkeit nach § 371 Z 1 EO auf Grund eines gegen das Versäumungsurteil erhobenen Widerspruchs Gebrauch machen.
Gemäß § 371 Z 1 EO, der gemäß § 59 Abs 1 Z 4 ASGG auch in Arbeitsrechtssachen gelte, sei selbst ohne Bescheinigung einer Gefährdung die Vornahme von Exekutionshandlungen zur Sicherung von Geldforderungen auf Grund der nach den §§ 396, 442 ZPO gefällten Versäumungsurteile auf Antrag zu bewilligen, wenn gegen sie Widerspruch nach den §§ 397a, 398, 442a ZPO erhoben wurde. Mache der Beklagte von dem ihm zustehenden Recht der Reihung von Widerspruch gegen das Versäumungsurteil, Berufung und Wiedereinsetzungsantrag in der Weise Gebrauch, dass er den Widerspruch - als zulässige bedingte Prozesshandlung - an die letzte Stelle setze, müsse der Widerspruch prozessual als erhoben angesehen werden. In der Reihung liege keine eigentliche Bedingung, sondern eine conditio juris, weil erst bei Stattgebung des erstgereihten Rechtsbehelfs dem nachfolgenden die Rechtsgrundlage entzogen werde. Durch die Reihung werde gleichsam eine aufschiebende Bedingung für die nachfolgenden Rechtsbehelfe geschaffen, die damit aber vorerst rechtswirksam erhoben seien. Das Erstgericht hätte die beantragte Exekution zur Sicherstellung nach § 371 Z 1 EO aber dennoch nicht bewilligen dürfen, weil der betreibende Gläubiger mit dem Exekutionsantrag weder eine Ausfertigung des Versäumungsurteils noch eine Amtsbestätigung über die Erhebung des Widerspruchs vorgelegt habe. Das Exekutionsgericht entscheide immer auf Grund der vorgelegten Urkunden, wobei die Beischaffung des Titelakts nicht vorgesehen sei. Vielmehr sei gemäß § 54 Abs 3 EO mit einer Verbesserung des Exekutionsantrags vorzugehen. Der angefochtene Beschluss sei daher zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufzuheben. Da zwischenzeitig die Ausfertigung des Versäumungsurteils vorgelegt worden sei, bedürfe es nur mehr der Vorlage der Amtsbestätigung. Bei einer neuerlichen Bewilligung werde gemäß § 375 Abs 2 EO auch der Zeitraum anzugeben sein, für den die Sicherung gewährt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts ist zulässig und im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses berechtigt. Der Grundsatz der Unzulässigkeit der reformatio in peius gilt nicht im Rechtsmittelverfahren gegen einen zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss.
a) Der betreibende Gläubiger hat in seinem Antrag auf Bewilligung der Sicherstellungsexekution als Exekutionstitel ein bestimmtes Versäumungsurteil angeführt, ohne weiteres Vorbringen zu den Voraussetzungen der Sicherstellungsexekution zu erstatten. Die Vorinstanzen sind in diesem Fall zutreffend davon ausgegangen, dass sich der betreibende Gläubiger hiebei auf § 371 Z 1 EO stützt, wonach auch ohne Gefahrenbescheinigung ua auf Grund eines Versäumungsurteils nach den §§ 396, 442 ZPO, gegen das Widerspruch nach den §§ 397a, 398, 442a ZPO erhoben wurde, die Bewilligung einer Sicherstellungsexekution zur Sicherung einer Geldforderung - wie hier - beantragt und bewilligt werden kann. Für die Annahme, der betreibende Gläubiger stütze sich auf § 370 EO oder auf § 371a EO, besteht kein Anhaltspunkt, weil weder Tatsachenbehauptungen zu einer Gefährdung des Anspruchs erstattet wurden noch der Erlag einer Sicherheitsleistung angeboten wurde.
Der Verpflichtete macht geltend, die Voraussetzungen für die Bewilligung der Sicherstellungsexekution seien hier deshalb nicht gegeben, weil er Widerspruch gegen das Versäumungsurteil nur in eventu für den Fall der "Ab- oder Zurückweisung" der ebenfalls von ihm eingebrachten Berufung erhoben habe.
Schon wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen steht es dem Beklagten frei, den Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil mit einer Berufung oder einem Wiedereinsetzungsantrag zu kumulieren (3 Ob 47/93 = SZ 66/109 = JBl 1994, 479 = RdW 1994, 108 mwN). Eine derartige zulässige Reihung liegt gerade hier vor. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der E SZ 38/93 ausgeführt hat, ist die beklagte Partei berechtigt, sowohl einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen als auch eine Berufung gegen das Versäumungsurteil einzubringen; sie kann auch den Antrag stellen, dass zunächst über den Wiedereinsetzungsantrag entschieden werde. Das hieße nichts anderes, als dass sie zuerst die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag wolle und ihrer Berufung bei Stattgebung dieses Antrags die Rechtsgrundlage entzogen sei. Es liege daher gar keine eigentliche Bedingung, sondern eine conditio juris vor, weil sich dieser Umstand, nämlich das Fehlen eines Berufungsinteresses der beklagten Partei bei Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrags, aus dem Gesetz ergebe.
Dasselbe hat für den hier vorliegenden Fall der zulässigen Kumulierung einer zuerst gereihten Berufung mit einem Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil zu gelten.
Die Frage, ob dem Kläger, wenn der Beklagte von dem ihm zustehenden Recht der Reihung von Berufung, Wiedereinsetzungsantrag und Widerspruch gegen das Versäumungsurteil in der Weise Gebrauch macht, dass er den Widerspruch - als zulässige bedingte Prozesshandlung - an die letzte Stelle setzt, Exekution zur Sicherstellung nach § 371 EO oder, solange die Bedingung nicht durch negative Erledigung der vorgereihten Rechtsmittel und Rechtsbehelfe eingetreten ist, nur bei Gefährdung des Anspruchs nach § 370 EO zur Verfügung steht, wurde in der Rsp des Obersten Gerichtshofs bisher nicht behandelt. In der E 3 Ob 47/93 wurde ohne weitere Stellungnahme nur auf die unterschiedlichen Lehrmeinungen hingewiesen.
Rechberger (Probleme bei der Bekämpfung des Versäumungsurteils nach § 396 ZPO in JBl 1981, 179 [186]), Rechberger/Simotta (Exekutionsverfahren2 Rz 854), Schimik (Die Exekution zur Sicherstellung, 120 ff), Zechner (Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung § 371 EO Rz 2) und Sailer (in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 371 EO Rz 7), vertreten die Ansicht, die Exekution zur Sicherstellung sei auch wegen eines Eventualwiderspruchs gegen ein Versäumungsurteil zu bewilligen, solle doch nicht deren Umgehung durch die Häufung von Rechtsmitteln bzw. Rechtsbehelfen ermöglicht werden. Dagegen lehren Berger (in RZ 1980, 1 [4]), Holzhammer [ZVR4 413], Deixler-Hübner (in Burgstaller/Deixler-Hübner/Dolinar, PraktZPR5 389) und Feil (EO4 § 371 Rz 7), im Fall der Erhebung von Widerspruch und Berufung dürfe die Sicherstellung nur nach § 370 oder § 371a EO bewilligt werden. Klicka (in Angst, EO § 371 Rz 2), meint, nach der den Gesetzesmaterialien anlässlich der Einführung des Widerspruchs vorschwebenden Ansicht sei § 371 Z 1 EO wohl nicht teleologisch zu reduzieren, rein logisch überzeuge aber das Argument, ein zusätzlicher Rechtsbehelf des Beklagten - der Widerspruch - könne dem Kläger nicht mehr Rechte verschaffen; er bezieht darüber hinaus zu dieser Frage jedoch nicht Stellung.
Der erkennende Senat hat dazu erwogen:
Nach den Gesetzesmaterialien (744 BlgNR 14. GP 55 f) ist die Sicherstellungsexekution nach § 371 Z 1 EO auch dann zu bewilligen, wenn der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil mit einem Wiedereinsetzungsantrag oder einer Berufung kumuliert wird. Die Häufung von Rechtsmitteln bzw. Rechtsbehelfen soll nicht dazu führen, die Möglichkeit der Sicherstellungsexekution zu umgehen. Das dagegen gebrauchte Argument, ein zusätzlicher Rechtsbehelf des Beklagten - der Widerspruch - könne dem Kläger nicht mehr Rechte verschaffen, als diesem bei Erhebung der Berufung durch den Säumigen zustünden (so Berger aaO 4), ist dagegen nicht überzeugend, weil sonst durch die Verbindung der beiden Rechtsbehelfe die Sicherstellungsexekution allzu leicht ausgeschlossen werden könnte (Sailer aaO). Eine teleologische Reduktion der Bestimmung des § 371 Z 1 EO, der den Fall einer Kumulierung des Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil mit einer Berufung (oder einem Wiedereinsetzungsantrag) nicht als Ausnahme anführt, ist auch deshalb nicht angebracht, weil eine bewilligte Exekution zur Sicherstellung analog § 39 Abs 1 Z 1 EO einzustellen ist, wenn dem Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt und das Versäumungsurteil aufgehoben wurde (3 Ob 47/93), die gleiche Lage ist bei Aufhebung des Versäumungsurteils infolge Berufung gegeben.
Schließlich ist das Argument Sailers (aaO) nicht von der Hand zu weisen, wegen der unterschiedlichen Fristen für Widerspruch und Berufung könnte letztere auch erst gestellt werden, wenn bereits ein Antrag auf Exekution zur Sicherstellung auf Grund eines bereits zuvor erhobenen Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil bewilligt worden sei und sich nun die Frage stelle, ob die Sicherungsexekution nach Einbringung der Berufung wieder eingestellt werden müsste.
Zusammengefasst kann nach Auffassung des erkennenden Senats keine Rede davon sein, dass die Rechte des Verpflichteten durch die Bewilligung der Sicherstellungsexekution bei Kumulierung von Widerspruch und Berufung gegen das Versäumungsurteil bei einer Abwägung mit den Rechten des Betreibenden in unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden, hat er es doch in der Hand, die seinem Rechtsstandpunkt am ehesten entsprechenden Rechtsmittel bzw Rechtsbehelfe zu wählen. Daher steht der Bewilligung der Sicherstellungsexekution nach § 371 Z 1 EO auch dann kein Hindernis entgegen, wenn der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil mit einer dagegen erhobenen Berufung (mit oder ohne Reihung) kumuliert wird. Insoweit ist die Rechtsmeinung des Rekursgerichts zu billigen.
Es bedarf jedoch nicht einer Aufhebung des erstinstanzlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses, weil das Erstgericht ohnehin nach Beischaffung des Titelakts das Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Sicherstellungsexekution geprüft hatte. Dass das Erstgericht hier bei dieser Prüfung wie ein Titelgericht vorgegangen ist und nicht gemäß § 375 Abs 1 EO vom betreibenden Gläubiger entsprechende Amtsbestätigungen abverlangt hat, ist in diesem konkreten Fall durchaus sachgerecht, weil der Exekutionsantrag vom Titelgericht, das gemäß § 375 Abs 1 EO sehr wohl zur Bewilligung der Sicherstellungsexekution zuständig gewesen wäre, dennoch gemäß § 44 JN dem Vollzugsgericht überwiesen worden war.
Es war somit der erstinstanzliche Exekutionsbewilligungsbeschluss wiederherzustellen, wobei aber gemäß § 375 Abs 2 EO der Zeitraum zu bestimmen ist, für dessen Dauer die Sicherung gewährt wird.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50 ZPO. Dem Verpflichteten waren für seinen Rekurs keine Kosten zuzusprechen, weil ihm im Ergebnis mit der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses kein Erfolg beschieden war.
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