OGH 2Nc18/03z

OGH2Nc18/03z23.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko und Dr. Tittel als weitere Richter in der beim Landesgericht Linz zu 3 Cg 62/03b anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Manfred J*****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch BKQ Klaus und Quendler, RechtsanwaltsgesmbH, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen EUR 124.555,67 sA und Feststellung (Streitinteresse EUR 7.267) über den Delegierungsantrag der klagenden Partei gemäß § 31 Abs 2 JN, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichtes Linz das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestimmt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit der am 29. 1. 2003 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten und gegen die S***** mit Sitz in Klagenfurt sowie A***** mit Sitz in Wien eingebrachten Klage die Verurteilung beider beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 124.555,67 sA an Schadenersatz für erlittene Gesundheitsschädigung aus der Infektion mit dem Hepatitis-C Virus im Zusammenhang mit Plasmaspenden im Jahre 1973 in Linz sowie die Feststellung, dass ihm die beklagten Parteien für alle künftigen Schäden ebenfalls solidarisch haften.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies die Klage gegen die erstbeklagte Partei wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Die klagende Partei beantragte in der Folge die Überweisung an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Linz; diese erfolgte mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4. 4. 2003 (ON 3).

Mit einem am 28. 4. 2003 beim Landesgericht Linz eingelangten Schriftsatz (ON 4) beantragte die klagende Partei nunmehr die (Rück-)Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der Begründung, diese sei deshalb zweckmäßig, weil beide in Anspruch genommenen beklagten Parteien solidarisch hafteten, bereits mehrere gleichgelagerte Verfahren gegen dieselben beklagten Parteien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängig seien und durch eine Verbindung aller dieser Verfahren bzw deren "Konzentration" bei einer einzigen Gerichtsabteilung ein weitaus geringerer Verfahrensaufwand erzielt werden könnte. Da im Sprengel des Landesgerichtes Linz keine kammerübergreifenden Bestellungen von Verfahrenshelfern vorgenommen würden, könne sein Vertreter vor dem Überweisungsgericht nicht als Verfahrenshelfer bestellt werden, weshalb es in diesem wie auch in allen sonstigen beim Landesgericht Linz anhängigen gleichartigen Verfahren zur Bestellung verschiedener Rechtsanwälte käme, die sich "mit der Hepatitis-C-Problematik überhaupt erst vertraut machen müssen". Die erstbeklagte Partei hat sich gegen die beantragte Delegierung ausgesprochen (ON 6).

Das Landesgericht Linz hat diese für zweckmäßig erachtet. Durch die gemeinsame Führung der Verfahren entstehe ein geringerer Kostenaufwand für einzuholende Sachverständigengutachten. Zwar hätten 10 Personen, wie der Kläger ihren Wohnsitz im Sprengel des Überweisungsgerichtes, doch 22 Zeugen ihren Wohnsitz außerhalb des Sprengels, davon 9 in Wien (ON 7).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine Delegierung dann, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann (2 Nc 8/03d; Ballon in Fasching I2 Rz 7 zu § 31 JN). Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn durch Verbindung von Prozessen eine mehrfache Beweisaufnahme zu denselben Beweisthemen vermieden werden kann. Wenngleich eine Delegierung grundsätzlich nur einen Ausnahmefall darstellen soll, und speziell dann, wenn eine der Parteien der Delegierung widersprochen hat, diese zumeist abzulehnen ist (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 31), so liegen doch die Voraussetzungen hier vor:

Das gegenständliche Verfahren ist gerichtsbekannt nur eines von zahlreichen gleichgelagerten vor dem Landesgericht für ZRS Wien geführten Verfahren, in denen die Kläger Schädigung anlässlich von Plasmaspenden behaupten. Es wäre eine nicht absehbare Vermehrung an Zeit- und Kostenaufwand, wenn alle diese Verfahren nunmehr zufolge der unterschiedlichen Zuständigkeitsorte für die aus dem grundsätzlich selben Haftungsgrund in Anspruch genommenen beklagten Parteien getrennt, mit teuren und zeitaufwändigen Beweisverfahren (insbesondere Sachverständigengutachten) bei unterschiedlichen Gerichtsständen fortgeführt werden müssten. Es ist daher zweckmäßig, die weitgehend gleichgelagerten Beweisaufnahmen bei einem Gerichtshof zu konzentrieren. Zwar haben immerhin zehn Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes Linz, aber weitaus mehr außerhalb desselben, davon fast gleich viele im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien. Auch dieser Aspekt spricht nicht gegen die Delegierung unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie (2 Nc 8/03d).

Es war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Stichworte