Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Faktum I./22 sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil - das auch rechtskräftige Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält - wurde der am 17. Jänner 1987 geborene Jugendliche Andreas C***** (zu I./1. - 5., 8., 9., 13. - 24., 28.) des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls, teilweise als Beitragstäter, nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Satz zweiter Fall, 15 und 12 dritter Fall StGB, sowie der Vergehen (zu II./1.) des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 3 erster Fall StGB, (zu II./1.) der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, sowie (zu III./2.) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er (zusammengefasst wiedergegeben)
I./ zwischen 1. September und 12. Dezember 2002 in Telfs und anderen Orten in 20 im Urteil näher aufgelisteten Fällen in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit Mittätern anderen fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 2.000 Euro übersteigenden Wert teilweise durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, darunter (soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant)
22./ am 30. November in Telfs mit Thomas St***** und Rene E***** der Dagmar M***** und der Ursula M***** Wertgegenstände durch Einbruch in Kellerabteile wegzunehmen versucht,
23./ am 12. Dezember 2002 in Telfs mit Rene E*****, Thomas St***** und Daniel K***** dem Mehmet D***** Münzgeld und eine Kellnerbrieftasche mit ca. 1.180.- Euro Bargeld sowie ein Mobiltelefon durch Einsteigen in ein Gebäude und Aufbrechen einer Lade, wobei C***** (zu ergänzen: dadurch zur Ausführung der Tat beitrug, dass er) als Aufpasser fungierte,
24./ am 12. Dezember 2002 in Telfs mit Rene E*****, Thomas St***** und Daniel K*****der Martina Sch***** ca. 1.200 Euro Bargeld durch Einsteigen in ein Gebäude, wobei C***** (dadurch zur Ausführung der Tat beitrug, dass er) als Aufpasser fungierte;
II./ am 30. September oder 1. Oktober 2002 in Pfaffenhofen gemeinsam mit Bernhard K***** den PKW Toyota, Kennzeichen IL-533 BD des Helmuth K***** ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen, wobei der durch die Tat verursachte Schaden am Fahrzeug zumindest 2.500 Euro betrug;
III./ am 9. September 2002 in Telfs im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern
1./ Matthias K***** durch Schläge und Tritte vorsätzlich schwer am Körper verletzt, sowie
2./ David D***** durch Schläge und Tritte vorsätzlich am Körper verletzt.
Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas C*****; ihr kommt nur teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider hat das Schöffengericht die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge mit zutreffender Begründung zu Recht abgelehnt. Denn bloße Schlussfolgerungen oder Meinungen von Zeugen (hier: der beantragten Zeugin Mag. G***** über die Dispositionsfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitraum) können grundsätzlich nicht Gegenstand einer - stets auf Tatsachenmitteilungen zu beschränkenden - Zeugenaussage sein (Mayerhofer StPO4 § 150 E 6b, 8; 15 Os 42/03, 11 Os 40/03). Soweit durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens das Gegenteil des von der Sachverständigen Dr. H***** in ihrem Gutachten Dargelegten bewiesen werden soll, vermag der §§ 125, 126 StPO unbeachtet lassende Antrag nicht darzutun, welche Mängel dem vorliegenden Gutachten anhaften sollen. Das bloße Verlangen einer Partei, neue Befunde und Gutachten abzufordern, um die vom beigezogenen Sachverständigen erbrachten Ergebnisse zu überprüfen, zielt aber auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung ab, weil nur eine Beweiswiederholung in der nicht (iS der §§ 125 f StPO) indizierten Erwartung eines für den Antragsteller günstigeren Ergebnisses begehrt wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351). Mit ihrem über den Antrag hinausgehenden Vorbringen verstößt die Beschwerde gegen das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot (Ratz aaO Rz 325; Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 40, 41).
Der Mängelrüge (Z 5) kommt, soweit sie den Schuldspruch zu I./23. und 24. kritisiert, keine Berechtigung zu. Denn die Feststellungen, dass der bei beiden Einbruchsdiebstählen am Tatort anwesende Beschwerdeführer Aufpasserdienste leistete, hat das Erstgericht zureichend begründet (US 26) und dabei auch die Aussage des Zeugen Daniel K***** in seine Überlegungen einbezogen (US 26 erster Abs), ist aber auf Grund der Aussage der Zeugen Thomas St*****, Erwägungen zum Vorleben des Angeklagten und der allgemeinen Lebenserfahrung zu anderen Ergebnissen gelangt. Im Hinblick auf das Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) waren die Tatrichter auch nicht verhalten, die grundsätzlich als glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen Thomas St***** einer detaillierten Analyse zu unterziehen, zumal sie mängelfrei, nämlich ohne Verstoß gegen die Grundsätze logischen Denkens und empirische Erfahrungen aus dem Vorleben des Beschwerdeführers Schlussfolgerungen auf seine Rolle bei den Taten ziehen durften.
Hingegen ist die Mängelrüge zum Schuldspruch I./22. im Recht. Denn das Schöffengericht hat - wie die Beschwerde richtig ausführt - ein den zu dieser Tat getroffenen Feststellungen entgegenstehendes Verfahrensergebnis unerörtert gelassen, dessen Würdigung eine andere Lösung der Beweisfrage ermöglicht hätte, indem es die - die Verantwortung des Beschwerdeführers stützende - Aussage des Zeugen Rene E*****, der Beschwerdeführer sei bei dieser Tat "nicht dabei" gewesen (S 513/IV), unbeachtet ließ.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Verweis auf einzelne Zeugenaussagen keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu den Fakten I./22. bis 24. zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erzeugen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie mit der Behauptung des Fehlens von die Nichtanwendung des § 4 Abs 2 Z 1 JGG rechtfertigenden Feststellungen die Urteilskonstatierungen vernachlässigt, denen zufolge der Beschwerdeführer altersgemäß entwickelt ist und eine verzögerte Reife bei ihm nicht vorliegt, wohl aber eine eingeschränkte Dispositionsfähigkeit (US 22). Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, war daher in seinem Schuldspruch zu I./22., demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285 e StPO). Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet, in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).
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