OGH 15Os59/03

OGH15Os59/0312.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christoph M***** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Jugendschöffengericht vom 28. Jänner 2003, GZ 10 Hv 220/02b-64, sowie über dessen Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Lässig, des Angeklagten, seines gesetzlichen Vertreters und seines Verteidigers Dr. Proksch, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der (implizierten) Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines Mitangeklagten enthält - wurde Christoph M***** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 26. September 2002 in Leoben dem Reda Lotfy Ayad G***** dadurch, dass er ihm zunächst Schläge angedroht, ihn danach zu Boden geschlagen und ihm sodann weitere Schläge versetzt hatte, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und mit Gewalt gegen seine Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Rose mit dem Vorsatz abzunötigen oder wegzunehmen versucht hat, sich oder Nina L***** durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht. Die Subsumtionsrüge strebt eine Beurteilung der Tat als (minderschweren) Raub nach § 142 Abs 2 StGB an. Dieser Fall des Raubes setzt voraus, dass die ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangene Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und es sich dabei um keinen schweren Raub (§ 143 StGB) handelt, wobei diese Voraussetzungen kumulativ gegeben sein müssen (Leukauf/Steininger Komm3 § 142 RN 27 ff).

Im vorliegenden Fall scheitert eine Unterstellung der Tat unter § 142 Abs 2 StGB bereits an der Intensität der angewendeten Gewalt. Erhebliche Gewalt ist gegeben, wenn der Täter beachtliche physische Kraft in vehementer Weise einsetzt, wobei die Belastung des Opfers im Vergleich zu Durchschnittsfällen nicht als geringfügig einzustufen ist; ob dies zutrifft, ist nach einem objektiv-individualisierenden (strengen) Maßstab unter Berücksichtigung aller konkreten Fallgegebenheiten zu beurteilen. Da die genannte Gesetzesstelle sowohl auf das Mittel der Tat als auch auf die Tatfolgen abstellt, hängt die Beurteilung einer Gewaltanwendung als unerheblich nicht davon ab, ob damit Verletzungsfolgen einhergehen (Leukauf/Steininger aaO RN 28 und 29).

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen bedrohte der Angeklagte sein Opfer zunächst mit den Worten: "Du scheiß Kanak, gib ihr (gemeint Nina L*****) eine Rose, sonst brennst auf der Birn". Danach versetzte er ihm einen Schlag gegen Kopf oder Körper und forderte ihn erneut auf, eine Rose herauszugeben. Nach dessen Weigerung schlug er ihn mit Schlägen gegen Kopf und Gesicht nieder und fixierte ihn am Boden, indem er sich mit seinen Knien auf dessen Oberarme kniete. Danach schlug er weiter auf das Gesicht des Rosenverkäufers ein (US 7).

Dieser brutal geführte Angriff stellt eine erhebliche Gewaltanwendung dar (vgl Mayerhofer StGB5 § 142 E 39d, 40a) und schließt damit - ganz unabhängig von den Tatfolgen - eine Privilegierung nach § 142 Abs 2 StGB von vornherein aus.

Im Übrigen geht die Subsumtionsrüge, soweit sie bezweifeln will, dass das Opfer durch den Raubversuch neben anderen Verletzungen auch Prellungen und eine Platzwunde erlitten habe, nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (US 7).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Jugendschöffengericht verhängte über Christoph M***** unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG nach § 142 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Mit gleichzeitig verkündetem Beschluss widerrief es gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO einen Strafrest von drei Monaten und zwanzig Tagen aus einer dem Angeklagten vom Landesgericht Leoben am 21. Juni 2002 gewährten bedingten Entlassung (AZ 31 BE 100/02f). Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht als erschwerend fünf einschlägige Vorverurteilungen, den äußerst raschen Rückfall sowie das brutale Vorgehen gegen das Opfer aus fremdenfeindlichen Gründen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis zu einer Körperverletzung bzw das Tatsachengeständnis zum Raub.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf ein "angemessenes Ausmaß".

Entgegen dem Rechtsmittel liegt ein rascher Rückfall tatsächlich vor. Christoph M***** wurde erst am 30. August 2002 nach (teilweiser) Verbüßung von mehreren Freiheitsstrafen bedingt entlassen und hat dessen ungeachtet bereits am 26. September 2002 die gegenständliche Raubtat begangen. Das brutale Vorgehen auch aus fremdenfeindlichen Gründen wurde zutreffend als erschwerend gewertet, weil insbesondere die Schläge gegen den Kopf eines am Boden Liegenden besonders verletzungsträchtig sind und die rassistische Tendenz bereits im Wortlaut der ausgesprochenen Drohung ihren Ausdruck fand. Richtig ist hingegen, dass von den Tatrichtern die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist, nicht als mildernd gewertet wurde. Demgegenüber haben sie aber auch übersehen, dass die Verletzung des Opfers als erschwerend zu werten gewesen wäre.

Auch unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Strafzumessungsgründe ist die ausgesprochene Freiheitsstrafe schuldangemessen und es besteht somit kein Anlass für eine Herabsetzung.

Der Widerruf des Strafrestes aus einer bedingten Entlassung erfolgte zu Recht, weil es im Hinblick auf den im äußerst raschen Rückfall zum Ausdruck kommenden Hang zur Kriminalität zusätzlich auch des Vollzuges dieser Freiheitsstrafe bedarf, um den Angeklagten in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Es war somit auch der implizierten Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

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