OGH 14Os71/03

OGH14Os71/033.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr. Peter S***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 6. Februar 2003, GZ 13 Hv 50/02z-46, nach Anhörung der Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch rechtskräftige Teilfreisprüche enthaltenden) Urteil wurde Dr. Peter S***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in den Jahren 1988 bis 1991 in Bruck an der Mur

vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-,

Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch unrichtige Legung der

Abgabenerklärungen für den genannten Zeitraum sowie durch

Nichtabführen der von ihm in Rechnung gestellten Umsatzsteuer und

Mindererklärung von Betriebseinnahmen Abgabenverkürzungen im Ausmaß

von 4,116.139 S (= 299.131,49 EUR) bewirkt, und zwar an Umsatzsteuer

von 879.773 S (= 63.935,60 EUR) und an Einkommenssteuer von 3,236.366

S (= 235.195,89 EUR).

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 9 lit a und b, 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider konnte die zeugenschaftliche Vernehmung des Masseverwalters im Konkurs des Angeklagten, Dr. Wolfgang K*****, des Buchhalters der ARGEs Bürogebäude P***** und P*****, Ing. Gerhard Sch*****, sowie des mittlerweiligen Stellvertreters des Angeklagten in seiner Funktion als Rechtsanwalt, Dr. Michael Z***** ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben.

Insofern diese Zeugen zum Beweis dafür beantragt wurden, "dass dem Angeklagten kein strafrechtlich relevantes Verhalten zuzurechnen sei, er die gegenständlichen Eingänge ordnungsgemäß verbucht habe, keine Anweisungen gegeben habe, die gemachten Eingänge rechtswidrig oder unsachgemäß zu verbuchen, Selbstanzeige erstattet habe, dem Finanzamt Bruck an der Mur von Anfang an der Sachverhalt an bekannt gewesen sei und diesem gegenüber offengelegt worden sei" (ON 39a iVm S 395), liegt eine unzulässige Erkundungsbeweisführung vor (Ratz WK-StPO § 281 Rz 330). Angesichts des Umstands, dass die Zeugen in keiner Weise mit Steuerangelegenheiten des Beschwerdeführers befasst waren, wäre er schon bei Antragstellung gehalten gewesen, konkret darzutun, warum deren Vernehmung das angestrebte entlastende Ergebnis bringen sollte. Der ergänzende schriftliche Beweisantrag vom 21. Jänner 2003 (ON 42) wurde in der Hauptverhandlung am 6. Februar 2003 nicht aufrechterhalten bzw vorgebracht (S 395), sodass dessen Inhalt nicht Gegenstand der Rüge sein kann.

Die Vernehmung der Zeugen Dr. K***** und Dr. Z***** zum Beweisthema, dass die Buchhaltungsunterlagen des Angeklagten ohne sein Zutun und Verschulden nicht mehr zur Verfügung stehen (S 395), konnte als unerheblich unterbleiben, weil das Erstgericht den bezeichneten Umstand ohnehin als erwiesen angenommen hat (US 11; aaO Rz 342). Soweit die Mängelrüge (Z 5) "Feststellungen" zur Frage vermisst, "warum" der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (ON 10) "kein Erfolg beschieden war" (inhaltlich Z 9 lit a), unterlässt sie es darzutun, warum entsprechende Konstatierungen zur Entlastung des Beschwerdeführers erforderlich gewesen sein sollten. Dass es sich bei den "zugeflossenen" Beträgen um an den Angeklagten geleistete Akontozahlungen handelte, ist - der Beschwerde zuwider - dem Urteil deutlich zu entnehmen (US 5, 6, 7, 8, 9). Warum die beiden Schreiben des Steuerberaters F***** an das Finanzamt Bruck an der Mur vom 27. September 1991 (S 141 f) und vom 10. April 1992 (S 145) sowie die Sachverhaltsdarstellung des Angeklagten zur Gewinnermittlung 1991 (S 147) angesichts der ihm für das Jahr 1988 angelasteten Steuerhinterziehung (US 5) von erörterungsbedürftiger Relevanz sind, legt die Beschwerde nicht sachbezogen dar, sondern wiederum nur aus Sicht der (als unglaubwürdig abgelehnten) Verantwortung des Angeklagten.

Letztlich liegt auch der behauptete Widerspruch nicht vor, weil den gerügten Urteilsannahmen (US 5, 7) unmissverständlich zu entnehmen ist, dass Dr. S***** dem Steuerberater F***** (somit im Ergebnis dem Finanzamt) verschwiegen hatte, dass es sich bei den als Darlehen ausgewiesenen Beträgen tatsächlich um Akontozahlungen gehandelt hatte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt eine prozessordnungsgemäße Darstellung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Mit der Behauptung nämlich, dem Angeklagten könne kein schuldhaftes Verhalten angelastet werden, weil er aufgrund einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt habe, setzt sie sich in Widerspruch zu den Urteilsfeststellungen, wonach ihm als in Steuerangelegenheiten bestens informiertem Rechtsanwalt bekannt war, dass sämtliche ihm zugekommenen Akontozahlungen für noch nicht abgerechnete oder auch künftig zu erbringende Leistungen steuer- und erklärungspflichtige Zuflüsse darstellten (US 4 f iVm 7 f, 9).

Die weitere Behauptung, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hätte das Erstgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Beschwerdeführer nach einer durchaus vertretbaren Rechtsansicht gehandelt habe, bekämpft nur nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Welche entscheidende Bedeutung die vermisste Feststellung haben sollte, der Angeklagte habe gegenüber der Finanzbehörde gefordert, ihn "bilanzieren" zu lassen, ist der Beschwerde nicht nachvollziehbar zu entnehmen.

Mit der Behauptung, sämtliche Zuflüsse an den Angeklagten seien dem Finanzamt bekannt gewesen, übergeht der Nichtigkeitswerber neuerlich die zitierte Urteilstatsache, der zufolge er diese Zuflüsse vorsätzlich steuermindernd anstelle von Akontozahlungen als Darlehen deklariert hatte.

Der Vorwurf hinwieder, wegen der Entsorgung der die vorliegende Steuerangelegenheit betreffenden Unterlagen des Angeklagten durch dessen mittlerweiligen Stellvertreter (Rechtsanwalt Dr. Michael Z*****) sei der Grundsatz des "fair trial" verletzt worden, führt keinen der bloß pauschal und undifferenziert angeführten Gründe "des § 281 Abs 1 Z 4/Z 9b/Z 3 StPO" deutlich und bestimmt aus. Soweit die Strafzumessungsrüge (Z 11) die Verhängung der Sanktion als Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB zum Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 3. März 1999, GZ 12 E Vr 643/96-15, wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 StGB, fordert, negiert sie die zwingenden Bestimmungen des § 21 Abs 3 und 4 FinStrG, welche in Finanzstrafsachen eine Bedachtnahme nur dann vorsehen, wenn (auch) die frühere Strafe wegen eines Finanzvergehens verhängt wurde (Dorazil/Harbich, FinStrG § 21 E 4 und 12). Mit der (ohnehin nur "aus prozessualen Gründen") vorgebrachten Kritik am Unterbleiben (teilweise) bedingter Nachsicht sowie an der Strafhöhe werden lediglich Berufungsgründe geltend gemacht (Ratz aaO Rz 728). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators, jedoch entgegen einer dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm 285a Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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