Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich eine Wohnhausanlage befindet. Diese Wohnhausanlage wird in der Nacht beleuchtet, wobei das Licht auch die benachbarte Liegenschaft des Klägers erreicht.
Der Kläger begehrte nun von der beklagten Partei, die von ihrem Grundstück ausgehende Beleuchtungseinwirkung durch bestimmte Beleuchtungskörper auf sein Grundstück so weit zu unterlassen, als die Lichtquelle das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, dass der schräg gegenüber seinem Wohnhaus installierte Beleuchtungskörper eine derart intensive Lichtquelle sei, dass seine Wohnräume trotz dunkler Vorhänge zur Nachtzeit hell erleuchtet seien, weshalb er nicht ungestört einschlafen bzw schlafen könne und bei ihm psychische und physische Störungen eingetreten seien. Eine derartige Außenbeleuchtung sei keineswegs ortsüblich. Die beklagte Partei habe trotz seines Ersuchens den Beleuchtungskörper weder mit einer weniger intensiven Lichtquelle versehen noch (gegenüber seinem Grundstück) abgedunkelt.
Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, die Lichteinwirkung auf das Grundstück des Klägers übersteige nicht das ortsübliche Ausmaß. Die Beleuchtung sei erforderlich, um eine ausreichende Ausleuchtung der Zugangswege sicherzustellen und dadurch die Sicherheit der Bewohner der Wohnanlage zu gewährleisten. Die ortsübliche Benutzung des Grundstücks des Klägers werde nicht wesentlich beeinträchtigt, auch wenn es unvermeidlich sei, dass durch die Lichtquelle Lichtkegel in bewohnte Räume gelangen. Dass die Wohnräume des Klägers trotz dunkler Vorhänge hell erleuchtet seien, sei unmöglich.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren als unbestimmt ab. Es reiche nicht aus, auf einen Zustand abzustellen, der ein "nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliches Maß überschreitet". Vielmehr wäre das erlaubte Maß im Klagebegehren in irgendeiner Form näher zu bezeichnen. Da schon aus dem Urteilsspruch nicht klar wäre, welches Maß an Lichteinwirkung der beklagten Partei erlaubt wäre, wäre dies noch weniger in einem allfälligen Zwangsvollstreckungsverfahren möglich.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Formulierung eines Begehrens auf Unterlassung von Lichteinwirkung keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege. Allerdings könne die im Zusammenhang mit § 364 Abs 2 ABGB zu Lärm- und Geruchseinwirkungen ergangene Judikatur auf Lichtimmissionen übertragen werden. Bei Geräuschimmissionen werde ein Verbot an den Lärmverursacher, einen bestimmten Geräuschpegel (gemessen nach dB) nicht zu überschreiten, von Rechtsprechung und Lehre anerkannt und teilweise auch gefordert. In jüngeren Entscheidungen habe der Oberste Gerichtshof auch das Begehren, in einem bestimmten Haus störenden Lärm, durch den die Nachtruhe der Kläger gestört wird, zu unterlassen, für ausreichend bestimmt erachtet, ohne dass zusätzliche Messeinheiten anzugeben wären. Weiters sei die Ansicht vertreten worden, dass eine Klage auf Unterlassung von Lärm- und Geruchsimmissionen hinreichend bestimmt sei, wenn die Quelle des Lärms bzw der Geruchseinwirkungen deutlich bezeichnet sei. Nach ständiger Rechtsprechung müsse bei einer Unterlassungsklage die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO ohne Umsetzungsschwierigkeiten exekutiv erfasst werden könne. Nach Ansicht des Berufungsgerichts wäre der Kläger daher im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen, einen bestimmten Pegel (gemessen in Lux) anzugeben, den die beanstandete Lichtquelle auf seiner Liegenschaft nicht überschreiten dürfe. Auch wenn der Kläger die Störungsquelle angegeben habe, sei objektiv doch nicht nachvollziehbar, wann die Grenze zwischen einer sich noch innerhalb der Ortsüblichkeit haltenden und einer darüber hinausgehenden Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks überschritten sei. Nur wenn auch ohne Angabe einer Messeinheit beurteilt werden könne, dass beanstandete Immissionen das ortsübliche und zumutbare Ausmaß jedenfalls überschreiten, bedürfe es somit keiner präzisen Anführung von Messeinheiten zur deutlichen Kennzeichnung der Unterlassungspflicht. Im vorliegenden Fall erscheine daher eine präzise Anführung von Maßeinheiten zur deutlichen Kennzeichnung der Unterlassungspflicht der beklagten Partei erforderlich, weil auch in einer städtischen, wenngleich verkehrsarmen und ruhigen Wohngegend mit Wohnhausanlagen auch in der Nacht nicht mit "absoluter Finsternis" zu rechnen sei, sondern (geringfügige) Lichteinwirkungen auf Wohnhäuser (auch durch Straßenlaternen) durchaus üblich und von jedem Liegenschaftseigentümer zu erwarten und zu dulden seien. Da der angestrebte Erfolg der von der beklagten Partei verlangten Maßnahmen nicht mit der Angabe einer maximalen Lichteinwirkung (in Lux) fixiert wurde, sei das Klagebegehren zu Recht abgewiesen worden.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Zu folgen ist dem Berufungsgericht in seiner Auffassung, dass die in der höchstgerichtlichen Judikatur zu Lärmimmissionen entwickelten Grundsätze - anders wohl als bei Geruchsimmissionen, bei denen die Anführung einer Messeinheit kaum in Betracht kommt - auch auf die von einer benachbarten Liegenschaft ausgehenden Lichteinwirkungen zu übertragen sind. Zu den Geräuschimmissionen hat der erkennende Senat wiederholt ausgesprochen (1 Ob 594/94 = SZ 67/138, 1 Ob 262/97d = SZ 70/201), es sei nicht stets erforderlich, ein auf Unterlassung von Immissionen gerichtetes Begehren durch Angabe einer exakten Messeinheit zu präzisieren, um - insbesondere für ein späteres Exekutionsverfahren - zulässige von unzulässigen Immissionen abzugrenzen. Insbesondere ist auch nicht am Wortlaut des vom Kläger formulierten Urteilsbegehrens zu haften, sondern dieses auch nach dem sonstigen Inhalt des gesamten Klagevorbringens zu verstehen. Soweit etwa in SZ 67/138 darauf abgestellt wurde, dass eine Störung der nächtlichen Ruhe immer dann eintritt, wenn die objektiv gegebene Erhöhung des Grundgeräuschpegels zu einer derartigen subjektiven Lästigkeit für normal empfindende Menschen führt, dass dadurch ihr Ruhe- und Schlafbedürfnis wesentlich gestört wird, ist dieser Gedanke auch auf Lichteinwirkungen zu übertragen. Bei richtigem Verständnis seines Vorbringens begehrt der Kläger daher - in gewisser Konkretisierung und Präzisierung der allgemeinen Regelung des § 364 Abs 2 ABGB - die Unterlassung von Lichteinwirkungen, die eine solche Intensität erreichen, dass dadurch in deutlicher Verschlechterung der bisher bestandenen Verhältnisse die Schlafqualität normal empfindender Personen, die sich in den Wohnräumen des Klägers aufhalten, wesentlich gestört wird. Erscheint es nun nach der zitierten Judikatur zulässig, die Unterlassung von Schalleinwirkungen zu begehren, soweit sie die nächtliche Ruhe des Nachbarn stören, so muss Gleiches auch für die Einwirkung durch die auf einem Nachbargrundstück installierten Beleuchtungskörper gelten.
Auch wenn es in anderen Fällen zweckmäßig oder sogar geboten sein sollte, das höchstzulässige Ausmaß der beanstandeten Immissionen in den entsprechenden Maßeinheiten präzise anzugeben (SZ 50/99, RdU 1997/42), kann dies doch nicht generalisiert werden. Gerade bei Lichteinwirkungen zur Nachtzeit in Schlafräumen kann - ebenso wie bei dem die Nachtruhe beeinträchtigenden Lärm - vielfach auch ohne exakte Messungen beurteilt werden, ob die beanstandeten Immissionen das nach § 364 Abs 2 ABGB zulässige Ausmaß überschreiten. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass der Kläger ein Sachverständigengutachten zur Frage der Lichtstärke der sonst in seinem Wohngebiet üblichen nächtlichen Beleuchtung einholen müsste, um überhaupt eine erfolgversprechende Klage einbringen zu können. Dies wäre insbesondere in Fällen, in denen die Überschreitung der ortsüblichen Intensität evident ist, eine überschießende Anforderung. Sollte sich etwa die Behauptung des Klägers als zutreffend erweisen, seine Schlafräume seien in der Nacht trotz dunkler Vorhänge "hell erleuchtet", könnte sein Begehren auch ohne Messungen der sonst üblichen Lichtstärke der nächtlichen Beleuchtung ohne weiteres dahin beurteilt werden, dass der Kläger durch die beklagte Partei in einer gesetzlich unzulässigen Weise gestört wird.
Soweit von der zweiten Instanz argumentiert wird, die Unterlassungspflicht müsse so deutlich beschrieben sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO ohne Umsetzungsschwierigkeiten exekutiv erfasst werden könne, ist zu betonen, dass im Exekutionsverfahren jedenfalls dann keine Schwierigkeiten zu erwarten sind, wenn die beklagte Partei keine Veränderungen an ihrer Lichtquelle vornimmt. Ebenso werden sich regelmäßig keine Probleme ergeben, wenn die Intensität der Beleuchtung auf ein Maß, das ganz eindeutig die Ortsüblichkeit nicht mehr überschreitet, herabgesetzt wird. Es dient auch der Erleichterung der Rechtsverfolgung und der Hintanhaltung häufig unnötigen Kostenaufwands, in Fällen wie dem vorliegenden die Angabe einer durch Maßeinheiten präzisierten, noch zulässigen Lichtstärke nicht zu verlangen. Sollte im streitigen Verfahren zu den Fragen nach der ortsüblichen Lichtintensität und der Lichteinwirkung vom beanstandeten Beleuchtungskörper der beklagten Partei ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, so steht es dem Kläger ohnehin frei, sein Klagebegehren entsprechend zu modifizieren; ebenso kann im Urteil gegebenenfalls der Grad jener Lichtstärke, die in den Räumlichkeiten des Klägers nicht überschritten werden darf, auch spruchmäßig präziser ausgedrückt werden. Dass gelegentlich auch noch im Exekutionsverfahren Streit darüber bestehen kann, ob der Nachbar seine Immissionen nun auf ein zulässiges Ausmaß herabgesetzt hat, ist demgegenüber in Kauf zu nehmen, zumal es in den Grenzfällen ohnehin regelmäßig eines Sachverständigengutachtens bedürfen wird, um zu klären, mit welcher Intensität die (allenfalls veränderte) Störungsquelle nunmehr auf das Nachbargrundstück einwirkt.
Da sich somit die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, das Klagebegehren sei nicht ausreichend bestimmt, als unzutreffend erweist, wird das Erstgericht das Klagebegehren im fortzusetzenden Verfahren meritorisch zu erledigen haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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