Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
"Der Antrag, der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu verbieten, mit Verbrauchern im Sinne des KSchG Bauträgerverträge abzuschließen, in denen Zahlungsvereinbarungen enthalten sind, die zum Nachteil des Verbrauchers vom Ratenplan gemäß § 10 BTVG abweichen, ohne im Bauträgervertrag eine anderweitige gemäß BTVG taugliche Sicherung der abweichenden Zahlungen zu vereinbaren, wird abgewiesen."
Die klagende Partei hat ihre Kosten im Rechtsmittelverfahren selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin und die Beklagte sind Bauträger nach der Gewerbeordnung und dem Bauträgervertragsgesetz (BTVG) sowie Wohnungseigentumsorganisatoren nach dem WEG; sie schließen Bauträgerverträge mit Konsumenten ab.
Die Beklagte schloss ua mit Hans Peter H*****, Marion S*****, DI Stephan und Mag. Sabine W***** sowie Astrid G***** Bauträgerverträge ab und bot Dieter C***** einen Bauträgervertrag an, die jeweils unter Punkt III.1. nachstehende - auszugsweise wiedergegebene - Zahlungsplanvereinbarung enthalten: "Der Käufer ermächtigt den Treuhänder (...) einseitig unwiderruflich, nachfolgende Zahlungstranchen aus der dem Treuhänder (...) zu übergebenden einseitig unwiderruflichen Zahlungszusage bzw Bankgarantie abzurufen: a) 30% des Kaufpreises (...) bei Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung und Baubeginn, b) 10% des Kaufpreises (...) nach Fertigstellung des Rohbaues einschließlich Kellerdecke, c) 10% des Kaufpreises (...) nach Fertigstellung des Rohbaues ohne Dach, d) 8% des Kaufpreises (...) nach Fertigstellung des Daches samt Eindeckung (...)".
§ 10 BTVG lautet auszugsweise wie folgt: „Zahlung nach Ratenplan (1) Bei der Zahlung nach Ratenplan ist der vereinbarte Preis in Raten zu entrichten, die jeweils erst nach Abschluss der in Abs 2 festgelegten Bauabschnitte fällig werden. (2) Zu nachstehenden Terminen sind höchstens fällig: 1. bei Baubeginn auf Grund einer rechtskräftigen Baubewilligung 30 vom Hundert des Entgelts, wenn dem Erwerber Eigentum (Wohnungseigentum) zu übertragen ist, oder 20 vom Hundert, wenn das Baurecht einzuräumen ist; 2. vom Restbetrag: 40 vom Hundert nach Fertigstellung des Rohbaus und des Daches, 25 vom Hundert nach Fertigstellung der Rohinstallationen, 15 vom Hundert nach Fertigstellung der Fenster und deren Verglasung, 17 vom Hundert nach Bezugsfertigstellung und 3 vom Hundert nach Fertigstellung der gesamten Anlage oder bei vereinbarter vorzeitiger Übernahme des Gebäudes oder der Wohnung. (3) Eine Vereinbarung der Fälligkeit der ersten Rate vor Baubeginn (Abs 2 Z 1) ist unter der Voraussetzung zulässig, dass auf Grund des hohen Wertes der zu bebauenden Liegenschaft die grundbücherliche Sicherstellung des Erwerbers bereits eine ausreichende Sicherheit bietet."
Die von der Beklagten errichteten Häuser werden mit Stahlbetonkellern ausgeführt, wobei die Wand-, Decken- und Bodenoberflächen nicht Vertragsgegenstand sind. Der Keller besitzt einen erheblichen Wert, weshalb bei Rohbaufertigstellung eines Hauses mit Keller ein wesentlich höherer Prozentsatz der Gesamtherstellungskosten erreicht ist, als bei einem Haus ohne Keller. Die Sicherung des Erwerbers ist bei den von der Beklagten errichteten Häusern mit Keller, legt man die vereinbarten Ratenpläne zugrunde, durch den Wertzuwachs der Liegenschaft auf Grund des Baufortschritts nicht nur gegeben, der Bauträger tritt vielmehr besonders in der Rohbauphase - verglichen mit üblichem Zahlenmaterial bei gewerksweiser Aufteilung der Herstellungskosten - mit seiner Leistung in Vorlage.
Die Klägerin begehrt, der Beklagten zur Sicherung des geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils zu verbieten, mit Verbrauchern im Sinne des KSchG Bauträgerverträge abzuschließen, in denen Zahlungsvereinbarungen enthalten sind, die zum Nachteil des Verbrauchers vom Ratenplan gemäß § 10 BTVG abweichen, ohne im Bauträgervertrag eine anderweitige gemäß BTVG taugliche Sicherung der abweichenden Zahlungen zu vereinbaren. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit mit Verbrauchern Bauträgerverträge abgeschlossen, die in ihrem Zahlungsplan gegen § 10 Abs 1 und 2 Z 2 BTVG verstießen; diese Bestimmungen könnten zum Nachteil des Verbrauchers nicht abbedungen werden. Die Beklagte teile nämlich den gesetzlich vorgesehenen Bauabschnitt "Fertigstellung des Rohbaues und des Daches" in insgesamt drei Zahlungsabschnitte auf, was den Konsumenten zum Nachteil gereiche. Die Beklagte biete dem Erwerber auch keine andere Sicherung seiner vom Ratenplan gemäß § 10 BTVG abweichenden Zahlungen an. Das Vorgehen der Beklagten sei daher sittenwidrig iSd § 1 UWG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Der Käufer erwerbe von der Beklagten eine belagsfertige Einheit mit Stahlbetonkeller in Dichtbetonbauweise. Dieser Keller übersteige in jedem Fall wertmäßig bei weitem einen Anteil von 10% des Gesamtkaufpreises; auch übersteige der Wert des herzustellenden Rohbaues ohne Dach abzüglich des Werts des Kellers 10% des Gesamtkaufpreises. Der gemeinsame Wert von Keller und Rohbau ohne Dach sei jedenfalls höher als die Summe der dafür zu entrichtenden Kaufpreisanteile. Dies bedeute, dass der Käufer nach dem vereinbarten Zahlungsplan niemals mit den von ihm zu leistenden Teilzahlungen auf den Kaufpreis in Vorlage trete, sondern die Beklagte immer nur jene Beträge erhalte, die wertmäßig auf der zu bebauenden Liegenschaft sichergestellt seien. Das BTVG unterscheide nicht, ob eine Einheit mit oder ohne Keller errichtet werde. Nach interner Kalkulation der Beklagten betrage der Anteil des Kellers an den Gesamtbaukosten und am Wert des Gebäudes 27%. Die Beklagte finanziere demnach durch die Errichtung des Kellers 27% der Gesamtbaukosten vor, erhalte aber für diese Bauphase nach Fertigstellung des Kellers nur 10% des Gesamtkaufpreises (= 14,3% der Gesamtbaukosten). Bei teleologischer Interpretation des § 10 BTVG ergebe sich, dass die Beklagte nicht gegen zwingende Bestimmungen dieses Gesetzes verstoße, sofern der Wert der verbauten Leistungen den Wert der weitergeleiteten Kaufgelder übersteige, was auf ihre Häusern zutreffe. Auch erlitten die Käufer keinen Zinsennachteil, weil das BTVG nicht anordne, wann ein Käufer an den Treuhänder zu zahlen habe, sondern nur vorschreibe, wann und unter welchen Umständen Zahlungen vom Treuhänder an die Verkäuferseite weitergeleitet werden dürften. Die Beklagte handle nicht vorwerfbar gesetzwidrig.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Unstrittig weiche die Beklagte mit ihren Bauträgerverträgen von der in § 10 BTVG festgeschriebenen Zahlung nach Ratenplan ab. Der von der Klägerin erhobene Vorwurf, der Verbraucher habe im Falle einer etwaigen Insolvenz des Bauträgers ein erhöhtes Risiko zu tragen, sei zwar im Bescheinigungsverfahren nicht erwiesen worden, weil der von der Beklagten errichtete Keller einen erheblichen Wert aufweise und der Erwerber auf Grund des durch den errichteten Keller bewirkten Wertzuwachs der Liegenschaft ausreichend gesichert sei; dennoch sei der Beklagten der Verstoß gegen § 10 BTVG zuzurechnen, weil diese Bestimmung nicht unterscheide, ob ein Haus unterkellert sei oder nicht. Das BTVG habe für den Fall der Errichtung eines Kellers keine Ausnahmeregelung geschaffen, sondern eine solche in § 10 Abs 3 BTVG nur in Fällen zugelassen, wo auf Grund des hohen Wertes der zu bebauenden Liegenschaft die grundbücherliche Sicherstellung des Erwerbers bereits eine ausreichende Sicherheit biete. Dass diese Ausnahmevoraussetzung vorliege, sei von der Beklagten nicht behauptet worden. Die Beklagte handle infolge Verletzung des § 10 BTVG wettbewerbswidrig (§ 1 UWG), weil sie sich schuldhaft über diese Bestimmung hinwegsetze, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Die Beklagte habe durch die von ihr gewählte Vertragsgestaltung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern den Vorteil, einen prozentuellen Anteil des Kaufpreises bereits früher verlangen zu können als ihre Mitbewerber.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt zulässig sei. Der Gesetzgeber habe mit dem Ziel der ausreichenden Sicherung des Erwerbers in § 10 Abs 2 BTVG die Fälligkeit der Zahlungen nach Ratenplan angeordnet und durch die Formulierung "zu nachstehenden Terminen sind höchstens fällig" unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass allenfalls zu Gunsten des Erwerbers spätere Fälligkeitstermine, keinesfalls aber frühere Fälligkeitstermine für die einzelnen Bauabschnitte zulässig seien. Die von der Beklagten vertraglich vereinbarten Zahlungspläne stünden im Widerspruch zu § 10 Abs 2 Z 2 BTVG, wonach 40 vom Hundert erst nach Fertigstellung des Rohbaues und des Daches zu zahlen seien, und seien für den Erwerber nachteilig. Hätte der Gesetzgeber im Einzelfall eine Wertrelation zwischen Kaufpreis, Rate und Bauleistung herstellen wollen, so hätte er dies durch eine dem § 10 Abs 3 BTVG entsprechende Regelung deutlich machen müssen; während nämlich dort eine individuelle Prüfung des hohen Werts der zu bebauenden Liegenschaft durch einen Sachverständigen auf der Hand liege, sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Fertigstellung der in § 10 Abs 2 Z 2 BTVG festgelegten Bauabschnitte nicht schwierig festzustellen sei und allfällige Zweifelsfragen mit Hilfe der allgemeinen Verkehrsauffassung in der Baubranche zu beantworten sein würden. Auch solle die Baufortschrittskontrolle primär keine Qualitätskontrolle sein, vielmehr stehe der Aspekt der Sicherung des Erwerbers durch den Wertzuwachs der Liegenschaft auf Grund der Bauarbeiten im Vordergrund. Unter diesen Voraussetzungen sei ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten, der sich einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe, zu bejahen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung abgewichen ist; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung bildet eine Gesetzesverletzung dann einen Verstoß gegen § 1 UWG, wenn sie subjektiv vorwerfbar und geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Ist bei unterschiedlicher Auslegung der - nach der Behauptung des Klägers - verletzten Vorschrift die Auffassung des Beklagten über ihre Bedeutung durch das Gesetz so weit gedeckt, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann, dann liegt keine sittenwidrige Wettbewerbshandlung vor (ÖBl 1994, 17 - Contact mwN; ÖBl 2001, 260 - Senior aktuell; ÖBl 2001, 261 - Hausdruckerei; wbl 2002/326 - K-Hitradio; 4 Ob 7/03p uva).
Zutreffend stellt die Beklagte nicht in Abrede, mit ihrer Vertragsgestaltung gegen § 10 Abs 1 und Abs 2 BTVG verstoßen zu haben. Nach Auffassung der Beklagten müsse diese Bestimmung aber angesichts einer denkbaren Vielzahl unterschiedlicher Ausstattungen von Reihenhäusern und Wohnungen teleologisch dahin ausgelegt werden, dass vom gesetzlich vorgeschriebenen Zahlungsplan abweichende Zahlungen dann zulässig seien, wenn die Sicherung des Erwerbers infolge der durch den konkreten Baufortschritt bewirkten Werterhöhung der Liegenschaft gewährleistet sei. Im Streitfall übersteige das Ausmaß der Werterhöhung nach Errrichtung des Kellers jenen Betrag, der der für diesen Bauabschnitt gesetzlich vorgesehenen Teilzahlungsstufe entspreche, weshalb der Klägerin ein Verstoß gegen § 10 BTVG nicht vorzuwerfen sei.
Der Gesetzesauslegung der Beklagten könnte nur dann gefolgt werden, wenn es in der Absicht des Gesetzgebers gelegen wäre, die Fallgruppe "Wohnhäuser mit Keller aus Dichtbeton" nicht der Bestimmung des § 10 Abs 2 BTVG zu unterwerfen, oder wenn sich diese Gruppe von den "eigentlich gemeinten" Fallgruppen so weit unterschiede, dass eine Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Solches wäre nämlich erst die Voraussetzung dafür, das Fehlen einer Ausnahmebestimmung annehmen zu dürfen, welche Lücke sodann mittels teleologischer Reduktion zu schließen wäre (vgl dazu F.Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 7 Rz 7; EvBl 1988/21). Diese Frage muss aber im Streitfall nicht beantwortet werden.
Der Beurteilung, ob ein Verhalten lauter oder unlauter iSd § 1 UWG ist, ist logisch vorgeordnet, ob überhaupt ein wettbewerblicher Tatbestand gegeben ist. Der Wettbewerber wird nämlich nicht schlechthin gegen sittenwidriges Verhalten geschützt, das ihn in seiner Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt oder bedroht; er genießt Rechtsschutz nach § 1 UWG nur gegen unlautere Wettbewerbshandlungen seiner Mitbewerber (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht23 EinldUWG Rz 214; ÖBl 1983, 127 - Immobilienmakler-Abgabeprovision). Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt in jedem Verhalten, das objektiv geeignet ist, relative Wettbewerbspositionen zu beeinflussen, also den Absatz oder Bezug eines Unternehmens zum Nachteil eines Mitbewerbers zu fördern, und darüber hinaus subjektiv von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen wird (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 23 Rz 16; Baumbach/Hefermehl aaO Rz 215; ÖBl 1983, 127 - Immobilienmakler-Abgabeprovision; ÖBl 1987, 23 - Recyclingpapier).
Im Streitfall ist nicht zu erkennen, in welcher Weise die Mitbewerber der Beklagten dadurch in ihrer Marktposition nachteilig betroffen wären, falls die Beklagte mit ihren Kunden, die sie bereits für sich gewonnen hat, Ratenpläne vereinbart, die gegen § 10 Abs 2 BTVG verstoßen. Ebenso wie im ähnlich gelagerten Fall der Entscheidung ÖBl 1983, 127 - Immobilienmakler-Abgabeprovision muss davon ausgegangen werden, dass das Verhalten der Beklagten, sollte es potentiellen Kundenkreisen bekannt werden, eher geeignet ist, den Absatz der Mitbewerber dadurch zu fördern, dass sich Interessenten von der Beklagten abwenden. Die bloße Erzielung von Einnahmen zu gesetzwidrig früheren Terminen reicht zur Annahme einer Förderung des eigenen Wettbewerbs auf Kosten der Mitbewerber noch nicht aus. Dass aber die Beklagte die auf diese Weise erzielten Mehreinnahmen dazu genützt hätte, ihre Position im Wettbewerb zu Lasten ihrer Mitbewerber zu stärken, hat die Klägerin nicht behauptet. Die Vorinstanzen haben deshalb unzutreffend das Verhalten der Beklagten als Wettbewerbshandlung beurteilt.
Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Ein Kostenzuspruch an die Beklagte kam nicht in Betracht, weil diese im Sicherungsverfahren keine Kosten verzeichnet hat.
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