Spruch:
Die Ablehnung ist nicht zulässig.
Text
Gründe:
Der US-amerikanische Staatsbürger S*****W***** wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer Freiheitsstrafe von 845 Jahren verurteilt. Er floh vor Verkündung des Urteils nach Österreich, wurde hier am 24. Oktober 2000 verhaftet und am 27. Oktober 2000 in Auslieferungshaft genommen. Mit Note der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika vom 18. Dezember 2000 wurde seine Auslieferung zur Strafvollstreckung beantragt.
Das Oberlandesgericht Wien erklärte die Auslieferung des Genannten an die Vereinigten Staaten von Amerika mit Beschluss vom 11. September 2001, AZ 22 Ns 2/01, für unzulässig. Auf Grund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes stellte der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 9. April 2002, GZ 14 Os 8/02-12, fest, dass dieser Beschluss das Gesetz verletzt, hob ihn auf und trug dem Oberlandesgericht auf, nach dem Gesetz über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden.
Mit Beschluss vom 8. Mai 2002, AZ 22 Ns 8/02, erklärte das Oberlandesgericht Wien die Auslieferung des S***** W***** zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe hinsichtlich eines Anklagepunktes für unzulässig, im Übrigen hingegen für zulässig. Die dagegen vom Genannten erhobene Beschwerde wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 6. August 2002 im Hinblick auf § 33 Abs 5 ARHG zurück. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, G 151, 152/02-15, auf Grund eines Antrages des S***** W***** den zweiten Satz in § 33 Abs 5 ARHG ("Gegen den Beschluß, der zu begründen ist, ist kein Rechtsmittel zulässig.") als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobene Bestimmung in dem beim Oberlandesgericht Wien zu 22 Ns 8/02 geführten Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.
In der vorliegenden Auslieferungssache hat der Oberste Gerichtshof über einen Antrag des S***** W***** auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde" gegen den erwähnten Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 8. Mai 2002 und die mit dem Antrag verbundene Beschwerde zu entscheiden.
Zuständig ist nach der Geschäftsverteilung des Obersten Gerichtshofes der 14. Senat (= B.1. der Geschäftsverteilungsübersicht 2003, Präs. 1060-3/03). Diesem gehören von den in der Ablehnungserklärung Genannten nur mehr die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Ratz und Dr. Philipp an.
Rechtliche Beurteilung
Voraussetzung der Zulässigkeit einer Ablehnungserklärung ist, dass die betreffenden Richter in der Sache des Ablehnungswerbers zu einer richterlichen Entscheidung konkret berufen sind (14 Ns 19/01 uva). Dies trifft auf die "seinerzeit mit der Entscheidung vom 9. April 2002 befasst gewesenen Senatsmitglieder", die dem Senat nicht mehr angehören, nämlich Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes in Ruhe Dr. Massauer und Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, nicht zu.
Im Übrigen ist die Ablehnung unbegründet.
Der Einwand, nach einer "in der österreichischen Strafjustiz - offenbar in Anlehnung an § 68 Abs 2 bis 4 StPO geübten - Praxis, dass sich Richter, die an der ersten, aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt haben, nach Aufhebung einer Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens für befangen erklären", müssten die mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 9. April 2002 befassten Senatsmitglieder auch von der Behandlung der vorliegenden Beschwerde "von sich aus Abstand nehmen und ihre Befangenheit erklären", geht nicht von der gegebenen Verfahrenskonstellation aus, in der (in Verbindung mit einem Wiedereinsetzungsantrag) über eine Beschwerde zu erkennen ist, sondern von einer Fallgestaltung, in der nach Kassation einer früheren Entscheidung neuerlich in erster Instanz zu entscheiden ist. Damit wird kein Grund für die Ablehnung von Richtern des übergeordneten Gerichtes aufgezeigt.
Das Vorbringen, die genannte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erwecke den Anschein, als hätte der befasste Senat dem (nach Ansicht des Einschreiters) bereits rechtskräftig für unzulässig erklärten Auslieferungsersuchen "aus Gründen der politischen Opportunität" mit einer "völlig unhaltbaren Begründung zum Vollzug verholfen", ist bloß auf Polemik ausgerichtet und mangels sachlicher Argumente einer Erwiderung nicht zugänglich.
Der übrigen, teils auf unrichtiger Wiedergabe des erwähnten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes beruhenden Argumentation liegt die Auffassung zugrunde, Richter eines übergeordneten Gerichtes könnten mit Erfolg abgelehnt werden, wenn die von ihnen in einer früheren (kassatorischen) Entscheidung vertretene Rechtsansicht aus Sicht des Ablehnungswerbers unzutreffend sei.
Folgte man dieser Auffassung, stünde es letztlich im Belieben einer Partei, das vorgesehene Höchstgericht an der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben zu hindern.
Mit der wiedergegebenen Behauptung wird nach ständiger Rechtsprechung kein Umstand geltend gemacht, der bei objektiver Beurteilung an der Unbefangenheit der Richter zweifeln lässt (vgl 11 Ns 4/99, 12 Ns 20/90).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)