Spruch:
Beiden Rekursen wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts in seinem von der Aufhebung betroffenen Teil wiederhergestellt wird.
Die Klägerin ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit 3.172,68 EUR (darin 528,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Klägerin ist schuldig, dem Zweitbeklagten die mit 3.172,68 EUR (darin 528,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bietet Telefondienstleistungen an; sie hat ihren Sitz in Malta und eine Betriebsstätte in Graz. Der Erstbeklagte betreibt im Internet eine Homepage, auf der er Werbung für Mehrwerttelefonnummern betreibt. Der Zweitbeklagte befasst sich mit Web-Hosting; er speichert die von einem Internetnutzer - wie etwa dem Erstbeklagten - eingegebene Information und hält sie auf einem Server zugänglich.
Die Klägerin begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Anbieten von Mehrwertdiensten zu unterlassen, Einschaltungen ohne Veröffentlichungen von Vertragsbestimmungen und/oder allgemeinen Geschäftsbedingungen durchzuführen und bei den beworbenen Diensten die Preise nicht so auszuzeichnen, das sie ein durchschnittlicher Nutzer einfach lesen und zuordnen kann, wobei eindeutig erkennbar ist, ob die Preise inklusive Umsatzsteuer sowie aller sonstigen Abgaben und Zuschläge sind (Bruttopreise) oder nicht und ob auch Versandkosten enthalten sind. Sie begehrt weiters, sie zu ermächtigen, den stattgebenden Teil des Urteilsspruchs auf Kosten der Beklagten in der „Neuen Kronen Zeitung" zu veröffentlichen. Der Erstbeklagte habe am 11. 2. 2002 unter der Domain www.sexhotphones.at eine Veröffentlichung vorgenommen, dabei aber weder ein Impressum noch allgemeine Geschäftsbedingungen angegeben. Der Erstbeklagte habe auf die Aufforderung der Klägerin hin, ein Impressum und allgemeine Geschäftsbedingungen anzugeben, erklärt, über keine allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verfügen. Die Beklagten verstießen damit einerseits gegen das E-Commerce-Gesetz, andererseits handelten sie deshalb sittenwidrig, weil potenzielle Kunden nicht erkennen könnten, wer ihr Vertragspartner sei und zu welchen Bedingungen er kontrahiere. Der Erstbeklagte hätte allgemeine Geschäftsbedingungen erstellen und sie dem Nutzer zugänglich machen müssen. Da auf der Homepage für Mehrwertdienste geworben werde, hätte der Erstbeklagte gemäß § 5 Abs 2 ECG auch die Preise für die Inanspruchnahme der Dienste bekannt geben müssen. Die Unterlassung bringe dem Erstbeklagten einen Wettbewerbsvorteil, weil potenziellen Kunden nicht klar sei, was die Dienstleistungen kosteten, und sie allenfalls annehmen könnten, dass die Dienste kostenlos seien. Der ihre Preise gesetzesgemäß auszeichnenden Klägerin entstünden dadurch Nachteile und Schäden. Der Zweitbeklagte hafte für das wettbewerbswidrige Verhalten des Erstbeklagten, weil er es trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgestellt habe.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Der Erstbeklagte wandte ein, dass das E-Commerce-Gesetz keine Impressumspflicht kenne; die in § 5 ECG vorgeschriebenen allgemeinen Informationen schienen auf der Homepage des Erstbeklagten auf. Allgemeine Geschäftsbedingungen könne der Erstbeklagte nicht angeben, weil er keine verwende. Der Zweitbeklagte wandte ein, dass es die Klägerin verabsäume, den - für die Gehilfenhaftung notwendigen - bewussten Tatbeitrag auch nur ansatzweise zu umschreiben. Nach Erhalt der Mitteilung, dass die unter der Domain www.sexhotphones.at betriebene Website kein Impressum und keine allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalte, habe er die Domain aus Vorsichtsgründen für drei Tage abgeschaltet, um insbesondere den Erstbeklagten mit den Vorwürfen der Klägerin zu konfrontieren. Der Erstbeklagte habe daraufhin unverzüglich die allgemeinen Informationen gemäß § 5 ECG eingefügt; allgemeine Geschäftsbedingungen habe er nicht einfügen können, weil er keine verwende. Erst danach habe der Zweitbeklagte die Domain freigeschaltet. Nach dem E-Commerce-Gesetz bestehe keine Impressumspflicht. Das Fehlen eines Impressums begründe nur eine Verwaltungsübertretung; es sei im Übrigen nicht geeignet, die Wettbewerbslage zu Gunsten desjenigen zu beeinflussen, der kein Impressum angebe. Eine Pflicht, allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, bestehe nach dem E-Commerce-Gesetz nicht. Auf eine Verletzung der Preisauszeichnungspflicht habe die Klägerin den Zweitbeklagten nicht hingewiesen. In § 5 Abs 2 ECG sei eine derartige Verpflichtung auch nicht normiert.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 5 Abs 2 ECG normiere keine Preisauszeichnungspflicht; einen Verstoß gegen eine anderen Norm, die den Erstbeklagten zur Preisauszeichnung verpflichtete, habe die Klägerin nicht behauptet. § 11 ECG könne mit guten Gründen dahin ausgelegt werden, dass der Anbieter die für den Abschluss von Verträgen geltenden Bedingungen nicht ständig veröffentlicht zu halten habe. Eine Verpflichtung zur Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen bestehe nicht. Der Zweitbeklagte haftete als Hostprovider nur dann für (hier nicht vorliegende) rechtswidrige gespeicherte Information, wenn er von einer rechtswidrigen Information Kenntnis gehabt hätte und den Zugang dennoch nicht unverzüglich gesperrt hätte. Wettbewerbsrechtlich haftete der Zweitbeklagte nur, wenn er einen Verstoß des Erstbeklagten bewusst gefördert hätte.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des sich auf die Preisauszeichnungen beziehenden Unterlassungsbegehrens und das dazugehörige Veröffentlichungsbegehren mit Teilurteil, hob im Übrigen das Urteil einschließlich Kostenentscheidung auf, trug dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien. Die allgemeinen Informationspflichten des § 5 ECG sollten schon bestehende gesetzliche Informationspflichten ergänzen. Eine Verpflichtung zur Preisauszeichnung bestehe bei den Diensten der Informationsgesellschaft nicht. § 11 ECG verpflichte die Diensteanbieter, die jeweiligen Vertragsbestimmungen und die von ihnen verwendeten allgemeinen Geschäftsbedingungen im elektronischen Rechtsverkehr so verfügbar zu halten, dass der Nutzer sie speichern und wiedergeben könne. Die Bestimmung gelte vor allem für Verträge, die über eine Website abgeschlossen werden. Allerdings müssten der Vertragstext und die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht unbedingt online zur Verfügung stehen. Dem Erstgericht sei daher nur insofern beizupflichten, als der Anbieter diese Daten nicht ständig für die Allgemeinheit veröffentlicht zu halten habe. Er habe dies aber jedenfalls vor dem Eingehen einer vertragsrechtlichen Bindung - das darauf gerichtete Unterlassungsbegehren finde in dem allgemein und weit gefassten Unterlassungsbegehren Platz - zu tun. Das Erstgericht habe, ausgehend von seiner unrichtigen Rechtsansicht, dazu kein Beweisverfahren durchgeführt. Insoweit sei das Verfahren zu ergänzen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurse der Beklagten sind zulässig und berechtigt.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist der berufungsgerichtliche Beschluss, mit dem das klageabweisende Urteil über das Begehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr beim Anbieter von Mehrwertdiensten zu unterlassen, Einschaltungen ohne Veröffentlichungen von Vertragsbestimmungen und/oder allgemeinen Geschäftsbedingungen durchzuführen, aufgehoben und dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufgetragen wurde. Die Klägerin hat ihren Anspruch insoweit auf § 11 ECG gestützt.
Nach dieser Bestimmung hat ein Diensteanbieter die Vertragsbestimmungen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Nutzer so zur Verfügung zu stellen, damit er sie speichern und wiedergeben kann. Diese Verpflichtung kann nicht zum Nachteil des Verbrauchers abbedungen werden.
§ 11 ECG ist Teil des vierten Abschnitts des E-Commerce-Gesetzes, der mit „Abschluss von Verträgen" überschrieben ist. Adressat dieser Bestimmungen ist der Diensteanbieter. Ihn treffen Informationspflichten, wenn die Website zum Abschluss von Verträgen auf elektronischem Weg führen soll und der Nutzer daher eine bindende Vertragserklärung auf elektronischem Weg abgeben kann (Blume/Hammerl, E-Commerce-Gesetz ECG 87ff; Brenn, E-Commerce-Gesetz 229ff; Burgstaller/Minichmayr, E-Commerce-Gesetz 77ff; Laga/Sehrschön, E-Commerce Gesetz 42ff; Zankl, E-Commerce-Gesetz 115ff). Dient eine Website nur der Werbung, ohne dass Verträge auf elektronischem Weg abgeschlossen werden können, so ist für die Anwendung der §§ 9ff ECG und damit auch des § 11 ECG kein Raum (s Zankl aaO 116, wonach § 9 ECG nur Verträge betrifft und selbst einseitige Rechtsgeschäfte, wie zB die Auslobung, nicht erfasst).
Nach dem von der Klägerin behaupteten und vom Erstgericht auch festgestellten Sachverhalt betreibt der Erstbeklagte im Internet eine Homepage, auf der er „Werbung für Mehrwerttelefonnummern betreibt". Dass auf elektronischem Weg Verträge über die vom Erstbeklagten angebotenen Dienste abgeschlossen werden könnten, hat die Klägerin in erster Instanz nicht vorgebracht. Ein derartiger Vertragsabschluss wäre bei den Dienstleistungen, die der Erstbeklagte nach dem Wortlaut seiner Domain (www.sexhotphones.at ) offenbar anbietet, auch ungewöhnlich. Der Vertrag kommt regelmäßig dadurch zustande, dass die jeweilige Mehrwertnummer gewählt wird. Ob ein Vertrag über die vom Erstbeklagten angebotenen Dienstleistungen auch dadurch zustande kommen kann, dass eine auf der Homepage gebotene Möglichkeit, „einen Highspeedzugang zu speichern bzw diesen downzuloaden und daraufhin ein Programm zu starten, wobei ... die Kosten direkt von der Telefonrechnung abgebucht werden", genützt wird, kann offen bleiben. Die Klägerin hat - wie bereits erwähnt - in erster Instanz nichts Derartiges behauptet; ihr Vorbringen in der Rekursbeantwortung ist eine unzulässige Neuerung.
Nach dem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt verwendet der Erstbeklagte seine Website nur zur Werbung für seine Dienstleistungen. In einem solchen Fall ist - wie oben dargelegt - § 11 ECG nicht anwendbar. Den Erstbeklagten trifft daher die in dieser Bestimmung normierte Verpflichtung nicht, Vertragsbestimmungen und (allfällige) allgemeine Geschäftsbedingungen auf der Website zugänglich zu machen. Damit ist sowohl dem behaupteten Verstoß gegen § 1 UWG als auch der von der Klägerin geltend gemachten Haftung des Zweitbeklagten als Hostprovider die Grundlage entzogen.
Den Rekursen war Folge zu geben und in der Sache selbst zu erkennen, dass das klageabweisende Urteil des Erstgerichts in seinem von der Aufhebung betroffenen Teil wiederhergestellt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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