OGH 11Os29/03

OGH11Os29/0329.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, im Verfahren zur Unterbringung des Dan A***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 26. November 2002, GZ 121 Hv 60/02h-103, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dan A***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in Wien zwischen Herbst 2000 und Anfang 2002 unter dem Einfluss eines Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistig seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, Taten beging, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind und die ihm - wäre er zu den Tatzeiten zurechnungsfähig gewesen - als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, Abs 2 StGB (Punkt A des Urteilstenors), des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB (B) und der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB (C) zuzurechnen gewesen wären.

Nach dem Inhalt des Erkenntnisses hat Dan A*****

(zu A) nachgenannte Personen mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie

in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1) am 31. August 2001 Charlotte K***** durch die Äußerung, "Ich schlage dir den Schädel ein", wobei er mit drohenden Armbewegungen einen 60 cm langen Bolzenschneider schwang;

2) am 2. September 2001 Henriette B***** durch die Äußerungen, "Ich bringe dich um; ich schneide dir den Kopf ab und wenn du noch einmal mit meiner Mutter sprichst oder ihr hilfst, dann bist du tot", wobei er mit hoch erhobenen Händen auf sie losging;

3) am 16. November 2001 Dr. Gustav D***** durch die gegenüber Alexandra S***** getätigten telefonischen Äußerungen, Dr. D***** werde den 93-jährigen Geburtstag seiner (nämlich des Betroffenen) Mutter nicht erleben, und durch die gegenüber Mag. Sebastian W***** getätigten telefonischen Äußerungen, er werde ihm (nämlich Dr. D*****) die Augen ausreißen, bzw die Eier abschneiden; außerdem gehöre er an der Pestsäule verbrannt bzw gleich niedergeschossen; er wisse auch wo die Wohnung von Dr. D***** sei;

4) am 14. Jänner 2002 Charlotte K***** durch die Äußerungen, "Du Drecksau, du elendige, ich zünde dich an, du wirst brennen, ich bring dich um. Ich hau dir den Schädel ein, du bist eine Mörderin, du hast drei Frauen umgebracht", wobei er zur Bekräftigung dieser Äußerungen eine Geste des Halsabschneidens bzw des Würgens vornahm, und sie in der Folge an der Schulter packte;

5) von Herbst 2000 bis Anfang des Jahres 2002 mindestens einmal pro Woche Charlotte K***** und Henriette B***** durch die Äußerungen, er werde sie umbringen, er schlage sie tot, er schlage ihnen den Schädel ein, er zünde sie an und schneide ihnen den Kopf ab, wobei er diese Äußerungen durch drohende Körperhaltungen und Handbewegungen unterstrich;

(zu B) am 14. Jänner 2002 dadurch versucht, Beamte mit Gewalt und durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme nach der unter Punkt A 4 genannten Straftat zu hindern, dass er zwei jeweils ca ein Meter lange Metallstangen ergriff und mit diesen auf die Polizeibeamten Hermann S*****, Reinhard H*****, Anton R***** und Rudolf P***** einzuschlagen versuchte, wobei er vorher äußerte, er mache nicht auf, sie sollen doch hereinkommen, er werde ihnen auf den "Schädel hauen";

(zu C) die zu Punkt B angeführten Beamten durch die dort angeführte Tathandlung vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht, wobei die Tat an einem Beamten während der Vollziehung seiner Aufgaben begangen werden sollte.

Dieses Urteil bekämpft der Betroffene mit einer auf die Gründe der Z 3, 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der indes keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Der zur Verfahrensrüge (Z 3) erhobene Beschwerdeeinwand, die Aussagen der Zeugen Alexandra S***** und Mag. Sebastian W***** seien infolge Nichtbeachtung des ihnen als Mitarbeiter in der Rechtsanwaltskanzlei Dris. D***** zustehenden Entschlagungsrechtes nach § 152 Abs 1 Z 4 StPO nichtig, geht fehl.

Der Beschwerdeführer übersieht, dass die für Rechtsanwälte und die ihnen gleichgestellten Hilfskräfte (§ 152 Abs 2 StPO) geltende Zeugnisbefreiung nur jene Tatsachen betrifft, die ihnen in dieser ihrer beruflichen Eigenschaft durch Mitteilungen von Mandanten oder von Dritten bekannt geworden sind (Foregger/Fabrizy StPO8 § 152 Rz 14). Gegenstand der Aussagen der genannten Zeugen waren jedoch vorliegendenfalls deren Wahrnehmungen über die telephonischen, an Dr. D***** adressierten Äußerungen des Betroffenen, der weder Klient des Rechtsanwaltes war noch ihn mit seiner Vertretung beauftragen wollte, mithin kein Wissen, das dem Zeugnisschutz unterlag. Soweit sich die Aussage der Zeugin Alexandra S***** auf das Mandatsverhältnis zwischen ihrem Arbeitgeber und Helene W*****, der Mutter des Nichtigkeitswerbers bezog, vermochte sie auf die Entscheidung unzweifelhaft schon deshalb keinen für den Betroffenen nachteiligen Einfluss zu üben, weil dieser den Inhalt dieses Auftragsverhältnisses im Rahmen seiner Verantwortung selbst offengelegt hat (S 61/II).

Durch die in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 4 StPO kritisierte Ablehnung von Beweisanträgen (S 225, 243 f/II) wurden Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

So ist der Beschwerdeführer, der die Vernehmung der Oberärztin Dr. R***** ohne Bezeichnung eines Beweisthemas und damit formell mangelhaft begehrte, wegen Fehlens eines den Prozessgesetzen entsprechenden Antrages nicht legitimiert, das Unterbleiben der Vernehmung als Verfahrensfehler zu rügen (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 18).

Auch der Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen mit Lehrbefugnis gemäß § 126 Abs 2 StPO wurde zu Recht abgewiesen, wurden doch die relevierten, allenfalls zu Bedenken Anlass gebenden Widersprüchlichkeiten im Gutachten Dris. R***** durch eine nochmalige Vernehmung der Sachverständigen in der Hauptverhandlung beseitigt (S 229 ff/II).

Mit seinem im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) unternommenen Versuch, die ihn belastenden Urteilskonstatierungen durch eigenständige Bewertung von Verfahrensergebnissen - hier der Aussagen der Zeugen S***** und Mag. W***** sowie seiner eigenen Verantwortung - in Zweifel zu ziehen, greift der Beschwerdeführer lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung an, ohne damit einen formellen Begründungsmangel aufzeigen zu können.

Der Beschwerde zuwider hat sich das Schöffengericht auch mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, der die ihm angelasteten Taten leugnet, auseinandergesetzt, diese jedoch als unglaubwürdig verworfen, weshalb der damit geltend gemachte Begründungsmangel (Z 5) ebenfalls nicht gegeben ist.

Mit seiner die Ernstlichkeit der zu den Urteilsfakten A 5 und A 3 festgestellten Todesdrohung bestreitenden Subsumtionsrüge (Z 10) lässt der Betroffene die ausdrücklichen Konstatierungen (US 5) unbeachtet, wonach an der Ernsthaftigkeit der Drohungen kein Zweifel besteht.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich das Vorliegen einer Prognosetat mit schweren Folgen bestreitet (Z 11), weil nach den Annahmen des Schöffensenates nur zu den festgestellten Taten analoge Verhaltensweisen zu erwarten sind, erstere aber keineswegs als solche mit schweren Folgen zu beurteilen seien, orientiert er sich nicht am Urteilssachverhalt in seiner Gesamtheit und übergeht insbesondere die Feststellungen zu den konkreten Tatauswirkungen. Denn die dem Betroffenen zur Last gelegten gefährlichen Drohungen mit dem Tode haben nicht nur zu einer weitreichenden Beunruhigung und zu Besorgnissen bei den Opfern geführt, sondern wiesen auch, wie der massive Polizeieinsatz zeigt, einen hohen gesellschaftlichen Störwert auf.

Mangels Festhaltens am Urteilssachverhalt wurden daher weder die Subsumtions- noch die Strafzumessungsrüge zur gesetzesgemäßen Darstellung gebracht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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