Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die am 21. 6. 1980 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Erstgerichts vom 23. 11. 1999 aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Bereits am 10. 5. 1998 ist die Antragstellerin aus der Ehewohnung ausgezogen, sodass die Ehegemeinschaft damit aufgehoben war.
Die Parteien sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft mit dem darauf während der Ehe errichteten Wohnhaus. Im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft hatte diese Liegenschaft einen Wert von 2,1 Mio ATS. Der Wert der in die Aufteilung einzubeziehenden Fahrnisse betrug ATS 12.300.
Die Antragstellerin führte seit Beginn der Ehe den Haushalt und betreute die Kinder. Sie verrichtete auch kleinere Gelegenheitsarbeiten. Nunmehr arbeitet sie als Schweißerin und verdient monatlich ATS 12.000 14-mal jährlich. Sie ist für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig. Der Antragsgegner arbeitete während aufrechter Ehe als Bauhilfsarbeiter und ist auch nunmehr als solcher unselbständig erwerbstätig.
Zum Stichtag 10. 5. 1998 lasteten auf der Liegenschaft Pfandrechte für verschiedene Kreditverbindlichkeiten im Gesamtbetrag von ATS 894.815,33.
Mit Bescheid der AUVA vom 8. 4. 1998 wurde die vom Antragsgegner zuletzt mit einem monatlichen Betrag von ATS 3.627,60 bezogene Unfallrente mit einer Einmalzahlung von ATS 660.223,20 abgefunden. Von diesem Betrag zahlte die AUVA ATS 67.000 zur Tilgung zweier exekutiv betriebener Forderungen, sowie am 27. 4. 1998 ATS 128.171,30 auf ein Konto des Antragsgegners, am 28. 4. 1998 ATS 62.434,33 auf ein gemeinsames Konto der Parteien und am 16. 5. 1998 ATS 402.617,57 zur Abdeckung eines auf beide Parteien lautenden Bausparkredits.
Mit ihrem am 16. 3. 2000 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Weise, dass dem Antragsgegner das Hälfteeigentum der Antragstellerin an der Liegenschaft ebenso ins alleinige Eigentum übertragen werde wie sämtliche in seiner Gewahrsame befindlichen Fahrnisse; im Gegenzug solle der Antragsgegner sämtliche offenen Schulden allein zurückzahlen und der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung in der zuletzt begehrten Höhe von ATS 700.000 leisten.
Der Antragsgegner trat dem Aufteilungsvorschlag im Grundsätzlichen nicht entgegen, sprach sich jedoch gegen die Auferlegung einer Ausgleichszahlung aus, weil er bereit sei, sämtliche Schulden zu übernehmen. Für die Errichtung des Hauses habe er den überwiegenden Beitrag geleistet und auch eine Abfertigung von ATS 130.000 in das Haus investiert. Mit dem Pensionsabfindungsbetrag der AUVA seien gemeinsame Kredite abgedeckt worden.
Das Erstgericht übertrug die der Antragstellerin gehörende Liegenschaftshälfte in das Alleineigentum des Antragsgegners (Punkt 1.), ebenso die Fahrnisse (Punkt 2.), verpflichtete den Antragsgegner, "für die Übergabe" der Liegenschaftshälfte sowie die darauf befindlichen Fahrnisse eine Ausgleichszahlung in der Höhe von ATS 700.000 binnen zwei Monaten ab Rechtskraft des Beschlusses zu leisten (Punkt 3.) und verpflichtete den Antragsgegner weiters zur alleinigen Rückzahlung der noch offenen Darlehens- bzw Kreditbeträge sowie dazu, die Antragstellerin bei Inanspruchnahme durch die Kreditgeber schad- und klaglos zu halten, "wobei die Antragstellerin Ausfallsbürgin" werde (Punkt 4.). Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt kam das Erstgericht rechtlich zum Schluss, dass eine Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 der Billigkeit entspreche. Bei der Ermittlung des Schuldenstandes sei entgegen den Einwendungen des Antragsgegners der Abfindungsbetrag laut Bescheid vom 8. 4. 1998 zur Gänze zu berücksichtigen. Dies entspreche der Billigkeit.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem nur gegen die Festsetzung der ATS 272.500 übersteigenden Ausgleichszahlung erhobenen Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss in seinem Punkt 3. dahin ab, dass es dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von ATS 400.000 auferlegte und das Mehrbegehren abwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes ATS 260.000 übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. In die Aufteilungsmasse falle unter anderem auch eine während der Ehe angefallene Abfertigung. Umfasst vom Aufteilungsanspruch seien somit jene Wertanlagen, die bis zum Stichtag der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eheliche Ersparnisse angespart worden seien. Diese Voraussetzung fehle grundsätzlich bei jedem Abfertigungsanspruch, der erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft angefallen sei. Im konkreten Fall sei die Lebensgemeinschaft der Streitteile am 10. 5. 1998 aufgehoben worden. Nur die Zahlung der AUVA vom 16. 5. 1998 im Betrag von ATS 402.617,57 sei nach der Heimtrennung erfolgt, sodass der Abfindungsbetrag in diesem Umfang nach der zitierten Rechtsprechung nicht in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei. Mit diesem Betrag erhöhten sich daher die zum Zeitpunkt der Heimtrennung offenen und aufzuteilenden Kredite auf insgesamt ATS 1,297.433,10. Ausgehend vom unstrittig gebliebenen Aufteilungsverhältnis sei unter Berücksichtigung des Verkehrswerts der aufzuteilenden Liegenschaft ein Ausgleichsbetrag von gerundet ATS 400.000 zugunsten der Antragstellerin zu ermitteln. Dieser Beitrag entspreche auch der Billigkeit, weil der der Aufteilung unterzogene Teil des Pensionsabfindungsbetrags von ca ATS 260.000 erst ca zwei Wochen vor der Heimtrennung angefallen sei und nicht mit den Beiträgen der Antragstellerin in dieser Zeit korrespondiere.
Rechtliche Beurteilung
Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Antragstellerin kommt keine Berechtigung zu.
Im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist nur mehr strittig, ob und bejahendenfalls, in welchem Umfang die dem Antragsgegner zugekommene Pensionsabfindung im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist es Voraussetzung für die Zugehörigkeit einer Sache zum Aufteilungsvermögen, dass sie zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder zu den ehelichen Ersparnissen gehörte (RIS-Justiz RS0057331). Während der Ehe erworbene Anwartschaftsrechte sind bei einem erst in Zukunft entstehenden Anspruch noch kein Vermögensbestandteil des Berechtigten, steht doch im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft noch nicht fest, ob ein aus der Anwartschaft resultierender Geldbetrag dem Antragsteller überhaupt anfallen werde. Diese Rechtsansicht wurde vom Obersten Gerichtshof wiederholt, insbesondere im Zusammenhang mit Abfertigungsansprüchen, vertreten und daraus abgeleitet, dass ein Abfertigungsanspruch, der erst nach dem relevanten Beurteilungszeitpunkt angefallen ist, nicht in die Aufteilungsmasse falle (SZ 56/42; 3 Ob 1/99i; 2 Ob 271/99p ua).
Wie der Oberste Gerichtshof im Zwischenverfahren erhoben hat, wurde der Bescheid vom 8. 4. 1998 über die Zuerkennung des Abfindungsbetrags gemäß § 184 ASVG (Beil ./1) am 16. 4. 1998 abgefertigt und dem Antragsgegner am 21. 4. 1998 zugestellt. Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht ist dem Antragsgegner die Pensionsabfindung spätestens mit dem letztgenannten Zeitpunkt angefallen. Damit hat sich das Anwartschaftsrecht in ein vermögenswertes Forderungsrecht gewandelt, dessen Bestand ungeachtet der dem Versicherten eingeräumten Klagemöglichkeit als unwiderruflich anerkannt anzusehen ist (§ 71 Abs 2 ASGG). Der Anspruch ist damit Bestandteil des Vermögens des Berechtigten geworden, ohne dass es auf den, oft von Zufälligkeiten abhängigen, Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung ankäme.
Bei Pensionsabfindungen ist allerdings die besondere Rechtsnatur dieser Ansprüche zu beachten. Wie Marhold ("Die Problematik des Versorgungsausgleichs im österreichischen Familien-, Sozial- und Kollisionsrecht" in Zacher, Der Versorgungsausgleich im internationalen Vergleich und in der zwischenstaatlichen Praxis, 459 ff) zutreffend ausführt, kennt das österreichische Recht weder im Familien- noch im Sozialversicherungsrecht eine dem Versorgungsausgleich nach deutschem Recht vergleichbare Regel, nach der im Scheidungszeitpunkt die in der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften unter den geschiedenen Ehegatten aufzuteilen wären. Der Ehegatte, der während der Dauer der Ehe Versicherungsmonate in der Unfall- und Pensionsversicherung erworben hat, bleibt auch nach Ehescheidung ungeschmälert im Besitz seiner Anwartschaften gegenüber dem Unfall- oder Pensionsversicherungsträger (aaO 461). Von einer Ersparnis kann nur bei Wertanlagen gesprochen werden, die ihrer Art nach üblicherweise für die Verwertung bestimmt sind. Die Anerkennung von Versorgungsanwartschaften als eheliche Ersparnis stünde mit dem Unterhaltsrecht im Widerspruch, weil dem Unterhaltspflichtigen im Rahmen des Aufteilungsverfahrens die Hälfte seiner Versicherungsanwartschaften und damit die Grundlage zur Tilgung der (künftigen) Unterhaltspflichten entzogen würde (aaO 470 f). Diese Überlegungen treffen auch auf eine Pensionsabfindung zu, die je nach ihrer Höhe und den besonderen Umständen des Einzelfalls als Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage auch durch mehrere Jahre hindurch herangezogen werden kann (RIS-Justiz RS0009667). Ob und in welchem Umfang dies im konkreten Fall angesichts der damit vorgenommenen Tilgung offenkundig auf gemeinsame Lebensplanung zurückzuführender Schulden der Fall sein könnte, muss hier nicht näher erörtert werden.
Der Oberste Gerichtshof hat in seinen Erkenntnissen 6 Ob 22/98y und 6 Ob 85/02x darüber hinaus noch ein gewichtiges Argument gegen die bedingungslose Einbeziehung von Unterhaltsabfindungen in die Aufteilungsmasse formuliert: Pensionsabfindungen seien Gehaltsvorschüssen vergleichbar, die schon aus dem Grund nicht als eheliche Ersparnis angesehen werden könnten, weil ihnen die Rückzahlungsverpflichtung gegenüberstehe, sodass wirtschaftlich und rechtlich betrachtet nichts in die Aufteilungsmasse fallen könne. Der Rückzahlungsverpflichtung beim Gehaltsvorschuss entspreche die Pensionsreduktion im Fall der Inanspruchnahme einer Pensionsvorauszahlung. Im hier zu beurteilenden Fall basierte die bescheidmäßig zuerkannte Abfindung auf einem monatlichen Pensionsanspruch von zuletzt ATS 3.627,60, auf den der Antragsgegner in Hinkunft wird verzichten müssen. Wollte man nun tatsächlich die Abfindung in die Aufteilungsmasse einbeziehen, so würde der Antragsgegner um beträchtliche Teile des Äquivalents für seinen späteren Konsumverzicht gebracht werden und würde die Antragstellerin in Wahrheit im Umweg über die Abfindung an zukünftigen Pensionseinkünften in größerem Umfang partizipieren, als allfälligen Unterhaltsansprüchen entspräche. Eine derartige Teilhabe an den während der Ehe erworbenen und nun realisierten Pensionsanwartschaften ist aber - wie bereits erörtert - der österreichischen Rechtsordnung fremd.
Eine andere Betrachtungsweise könnte nur dann angebracht sein, wenn die Pensionsabfindung beträchtliche Zeit vor Aufhebung der Ehegemeinschaft erlangt worden wäre. Hätte der durch die auf die Abfindung folgende Pensionsreduktion bewirkte Konsumverzicht beide Ehegatten durch einen nicht unerheblichen Zeitraum betroffen, könnte es der Billigkeit entsprechen, den anderen Ehegatten am Abfindungsbetrag angemessen teilhaben zu lassen. In diesem Sinne ist auch das Erkenntnis 2 Ob 18/00m zu sehen, in dem sich der Ehemann rund 13 Jahre vor der Scheidung das sogenannte "Pensionskapitalsdrittel" hatte auszahlen lassen, um damit Vermögenswerte anzuschaffen, damit er gemeinsam mit der Ehegattin "etwas zum Dazubuttern habe".
Derartige Überlegungen können aber hier, wo es bis zur Aufhebung der Ehegemeinschaft noch zu keinem Konsumverzicht gekommen ist, nicht Platz greifen, sodass auch Billigkeitserwägungen die Einbeziehung des Abfindungsbetrags in die Aufteilungsmasse nicht rechtfertigen können.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG iVm §§ 50, 40 ZPO.
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