Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 55,52 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Kaufvertrag vom 18. 7. 1996 (Beilage A) erwarb die Beklagte von der Herbert T***** Gesellschaft mbH (vormals Leopold S***** GesmbH, in der Folge C***** GesmbH) einen Liegenschaftsanteil am Objekt K***** in ***** zu einem Kaufpreis von S 479.000, wobei ihr die Zusage der Wohnungseigentumsbegründung am Geschäftslokal top Nr 5 und 6 in diesem Haus erteilt wurde.
Vertragsverfasser und Mehrheitsgesellschafter der Verkäufergesellschaft war der Rechtsanwalt Dr. Leopold S*****.
Unter Punkt III des Vertrages wurde vereinbart:
"Der Kaufpreis ist binnen 14 Tagen ab dem Datum der Unterfertigung dieses Vertrages zur Zahlung fällig. Die Bezahlung des Kaufpreises erfolgt durch Anweisung auf das Treuhandkonto Nr 430-103-182/00 bei der Giro Kreditbank Aktiengesellschaft der Sparkassen, lautend auf Herbert T***** Gesellschaft mbH wobei der Vertragsverfasser zum Treuhänder bestellt wird.
Verkäuferin und Käuferin erteilen dem Treuhänder den Auftrag, den Kaufpreis zwecks Lastenfreistellung des Vertragsgegenstandes zu verwenden und einen etwa verbleibenden Restbetrag, nach erfolgter Intabulierung schlichten Miteigentums der Käuferin an der Liegenschaft (nämlich des Eigentums am Liegenschaftsanteil) an die Verkäuferin gemäß deren Weisungen auszubezahlen."
Zuvor, nämlich am 18. 6. 1996, war von der Beklagten ein Kaufanbot über den selben Kaufgegenstand unterfertigt worden, in welchem ebenfalls die Bestellung von Dr. S***** als Vertragserrichter und Treuhänder vereinbart wurde, ein Gesamtkaufpreis von S 479.000 sowie die Fälligkeit des Gesamtkaufpreises nach grundbücherlicher Anmerkung der Zusage des Wohnungseigentums nach § 24a (Abs 2) WEG 1975.
Bei Unterfertigung des Kaufvertrags am 18. 7. 1996 wurde die Abänderung der Fälligkeitsvereinbarung nicht besprochen. Die Beklagte unterfertigte diesen Kaufvertrag.
Mit Schreiben vom 21. 8. 1996 forderte Dr. S***** unter Hinweis auf die im Kaufvertrag vereinbarte Fälligkeit die Beklagte auf, den Kaufpreis auf sein Treuhandkonto zu überweisen.
Die Beklagte verweigerte jedoch in der Folge unter Hinweis auf die Bestimmung des § 23 Abs 1a WEG und anderer ihr zweifelhaft bzw gesetzwidrig erscheinender Vertragspunkte, insbesondere auch im Hinblick auf ihre fehlende Absicherung die Zahlung des Kaufpreises. Bedenklich erschien der Beklagten vor allem die Identität des Geschäftsführers der Verkäuferin mit dem Vertragserrichter und Treuhänder, dass Dr. S***** nicht Mitglied in der freiwilligen Treuhandkommission der Anwaltskammer war, ihre fehlende grundbücherliche Absicherung und die hohe Belastung der Liegenschaft.
Am 29. 7. 1997 teilte Dr. S***** der Beklagten mit, dass nunmehr ihr schlichtes Miteigentum einverleibt sei. Die Beklagte verweigert weiterhin Zahlung unter Hinweis auf § 23 Abs 1a WEG.
Daneben bestand noch Uneinigkeit zwischen den Parteien darüber, ob und welches WC zu dem von der Beklagten erworbenen Objekt gehörte.
Am 26. 11. 1998 teilte Dr. S***** der Beklagten mit, dass nunmehr die Einverleibung ihres Wohnungseigentumsrechts erfolgt sei und übermittelte eine Kopie des Grundbuchsauszugs. Daraufhin bezahlte die Beklagte S 413.679,80.
Soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, begehrt die Klägerin von der Beklagten Verzugszinsen im Ausmaß von 4 % aus S 413.679,80 in Höhe von EUR 2.842,64, weil die Beklagte nicht vereinbarungsgemäß am 1. 8. 1996, sondern erst am 11. 12. 1998 den Kaufpreis bezahlt habe. Die Beklagte sei nicht zur Zurückhaltung des Kaufpreises berechtigt gewesen, sondern hätte die im Kaufvertrag vereinbarte Fälligkeit einhalten müssen. Ihre Berufung auf § 23 Abs 1a WEG sei unberechtigt, weil nicht Zahlung an den Wohnungseigentumsorganisator, sondern an den Treuhänder vereinbart worden sei.
Die Beklagte bestritt dieses Begehren und beantragte dessen Abweisung. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrages sei noch kein Wohnungseigentum begründet gewesen. Demnach verbiete es § 23 Abs 1a WEG dem Wohnungseigentumsorganisator, vereinbarte Leistungen vom Wohnungseigentumsbewerber entgegenzunehmen, bevor nicht eine bücherliche Anmerkung des Wohnungseigentums erfolgt sei. Die zwischen den Streitteilen in Punkt III des Kaufvertrages getroffene Zahlungsvereinbarung widerspreche diesem gesetzlichen Verbot. Die Klägerin könne sich daher nicht auf die vertraglich vereinbarte Fälligkeit berufen. Überdies sei der bestellte Treuhänder Dr. S***** zugleich Geschäftsführer der Wohnungseigentumsorganisatorin gewesen. Damit sei die Einräumung einer Verfügungsmacht an den Treuhänder einer tatsächlichen Verfügungsmacht der Wohnungseigentumsorganisatorin gleichzuhalten.
Das Erstgericht wies das noch verfahrensgegenständliche Begehren auf Zahlung der Verzugszinsen ab. Weil Dr. S***** die Doppelstellung als Treuhänder und zugleich als Geschäftsführer der Wohnungseigentumsorganisatorin eingenommen habe, käme eine Zahlung an ihn einer Zahlung an die Wohnungseigentumsorganisatorin gleich. Selbst wenn auf eine Treuhandkonto bezahlt würde, würde dem Verbot des § 23 Abs 1a WEG nicht entsprochen. Im Ergebnis bestünde nämlich kein Unterschied zwischen der Verfügungsmacht des Treuhänders und der des Wohnungseigentumsorganisators. Durch die in Punkt III des Kaufvertrages getroffene Fälligkeitsvereinbarung sei entgegen der Bestimmung des § 23 Abs 1a WEG eine sofortige Zahlung des Kaufpreises an den Wohnungseigentumsorganisator vereinbart worden. Die Vereinbarung sei daher ungültig. Eine Fälligkeit sei erst nach grundbücherlicher Anmerkung gem § 24a WEG zugunsten der Beklagten eingetreten. Weil eine solche Anmerkung nicht erfolgt sei, habe die Beklagte bis zur Einverleibung des Wohnungseigentumsrechts die Zahlung zurück halten dürfen.
Einer dagegen erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht (insofern) nicht Folge.
Wegen der Doppelstellung des Dr. Leopold S***** einerseits als Treuhänder zur Abwicklung des Kaufvertrags, andererseits als Geschäftsführer der Wohnungseigentumsorganisatorin sei die im Kaufvertrag (Punkt III) vereinbarte Zahlungspflicht der Beklagten an ihn zwar nicht nichtig, jedoch nicht einforderbar gewesen, weil mit Erfüllung dieser Vereinbarung im Ergebnis eine von § 23 Abs 1a WEG verpönte Einräumung der Verfügungsmacht des Wohnungseigentumsorganisators erfolgt wäre.
Dem stehe auch nicht die Entscheidung 5 Ob 88/98x entgegen, weil in dieser die Zahlung in die Verfügungmacht eines durch ein spezielles Rechtsgeschäft (Treuhandgeschäft) gebundenen Dritten für zulässig angesehen wurde, dessen Verfügungsmacht nicht mit jener der Wohnungseigentumsorganisatorin gleichzuhalten war. Durch Bestellung eines anderen Treuhänders hätte es die Klägerin in der Hand gehabt, eine wirksame Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu begründen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage bestehe, ob die Bestellung des Geschäftsführers des Wohnungseigentumsorganisators als Treuhänder ausreiche, um das Verbot des § 23 Abs 1a WEG zu beseitigen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens hinsichtlich eines weiteren Betrags von EUR 2.842,64 sA, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklage beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht bezeichneten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.
§ 37 Abs 1 WEG 2002 gilt zufolge § 56 Abs 11 WEG nur für Zahlungen, die nach dem 30. 6. 2002 geleistet wurden. Es kann daher im vorliegenden Fall eine Auseinandersetzung mit der Frage unterbleiben, ob nach neuer Rechtslage vor bewirkter Anmerkung der Zusage der Wohnungseigentumsbegründung die Vereinbarung von Zahlungen an einen Treuhänder zulässig ist (vgl Pittl in WoBl 2002, 151; Stabentheiner/Schernthaner WEG 2002, 164; Kletecka WEG 2002, 216).
Im Geltungsbereich des WEG 1975 normierte § 23 Abs 1a WEG ein Verbot des Wohnungseigentumsorganisators, vor Erwirkung der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum die mit dem Wohnungseigentumsbewerber vereinbarten Leistungen zu übernehmen.
Dieses befristete Verbot, Zahlungen in die eigene Verfügungsmacht vom zahlungspflichtigen Wohnungseigentumsbewerber zu übernehmen, bewirkt zunächst keine Sanktion, die über die Rückforderungsmöglichkeit geleisteter Zahlungen hinaus geht, damit keine Nichtigkeitssanktion (WoBl 2000/161 mit Zustimmung Pittl). § 23 Abs 1a WEG bezweckt das Aufrechtbleiben der Gesamtvereinbarung ohne unzulässige Vorauszahlung. Die entgegen dem Gesetz vom Wohnungseigentumsbewerber erbrachten Zahlungen sollen an diesen oder den Treuhänder zurückfließen. Dem Gesetzeszweck wird bereits entsprochen, wenn die Rückforderungsmöglichkeit geleisteter Zahlungen durch den Erwerber besteht (vgl Pittl aaO).
Das befristete Verbot, Zahlungen in die eigene Verfügungsmacht vom Zahlungspflichtigen zu übernehmen, schließt aber nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung die Vereinbarung der Zahlung in die Verfügungsmacht eines durch ein spezielles Rechtsgeschäft gebundenen Dritten, etwa in die Verfügungsmacht eines Treuhänders, begrifflich nicht aus (WoBl 1998/241 mit Zustimmung Call). Damit wurde bei vereinbarter Zahlung an den Treuhänder auch die Fälligkeit der Leistung vor Erwirkung der Anmerkung bejaht (vgl insofern zustimmend Böhm/Graf, Das Verbot der Übernahme von Zahlungen vor Eintragung der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum in immolex 1999, 80 f). Voraussetzung dafür, dass eine vereinbarte Zahlung an den Treuhänder vor Wohnunseigentumsanmerkung nicht am Verbot des § 23 Abs 1a WEG scheitert, ist jedoch, dass die vereinbarten Zahlungen in die "ausschließliche Verfügungmacht des Treuhänders" erfolgen, wie bereits in WoBl 1998/241 ausgesprochen wurde.
Den Vorinstanzen ist darin zuzustimmen, dass eine die Verfügungsmacht des Wohnungseigentumsorganisators ausschließende Verfügungsmacht des Treuhänders dann nicht bewirkt werden kann, wenn, wie hier, Personenidentität zwischen dem Treuhänder und dem Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Wohnungseigentumsorganisatorin besteht.
Damit erstreckt sich das Verbot, Zahlungen in die eigene Verfügungsmacht vom Zahlungspflichtigen zu übernehmen auch auf den Geschäftsführer der Wohnungseigentumsorganisatorin, der zugleich Treuhänder sein sollte.
Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall grundsätzlich von dem Sachverhalt, der in WoBl 1998/241 zu beurteilen war, weil dort Zahlung in die ausschließliche Verfügungsmacht eines durch ein spezielles Rechtsgeschäft gebundenen Dritten vereinbart war. Dass dieser nach dem Treuhandvertrag zur sofortigen Weiterleitung des Kaufpreises berechtigt gewesen wäre, stand nicht fest.
Weil hier nach dem oben Gesagten in Wahrheit nicht von einem echten Treuhandverhältnis ausgegangen werden kann, weil kein "Dritter" bestellt wurde, der die "ausschließliche Verfügungsmacht" über den Kaufpreis erhalten sollte, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem von der Beklagten hervorgehobenen Umstand, dass bereits der Inhalt der Treuhandvereinbarung dem Verbot des § 23 Abs 1a WEG zuwiderlief, weil der "Treuhänder" zur Auszahlung des Kaufpreises an den Wohnungseigentumsorganisator berechtigt war, bevor die Zusage der Wohnungseigentumsbegründung bewirkt war. Der Inhalt von Treuhandvereinbarungen, mit dem das Verbot des § 23 Abs 1a WEG konterkariert werden soll, könnte als Umgehungsgeschäft des § 23 Abs 1a WEG auch keinen Bestand haben.
Darauf muss im vorliegenden Fall aber nicht mehr eingegangen werden, steht doch hier wegen der beschriebenen Personenidentität fest, dass keine die Verfügungsmacht des Wohnungseigentumsorganisators ausschließende Verfügungsmacht eines Treuhänders bewirkt werden sollte.
Im Weiteren trägt das Argument, die Beklagte hätte doch selbst die Anmerkung nach § 24a Abs 2 WEG bewirken können schon deshalb nicht, weil im konkreten Zusammenhang keine diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten bestand.
Es sind mangels Verzugs keine Verzugszinsen aufgelaufen, weshalb der Revision der Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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