OGH 15Os44/03

OGH15Os44/0310.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hietler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Srdjan A***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. November 2002, GZ 024 Hv 98/02h-39, sowie dessen Beschwerde gegen den Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Srdjan A***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 8. Jänner 2001 in Wien außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Zsanna Igoreva B***** mit Gewalt, durch Entziehung der persönlichen Freiheit und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Duldung des Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Oralverkehrs genötigt hat, indem er auf sie einschlug und eintrat, sie gegen eine Wand drückte, sich zu ihr äußerte, falls sie nochmals ein Messer nehmen würde, bringe er sie um, die Eingangstüre des Lokales versperrte und ihr durch Gesten neuerlich Schläge androhte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 3) moniert, Zladjana D***** sei anlässlich ihrer Vernehmung als Zeugin in der Hauptverhandlung nicht über ihr Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs 1 Z 2 StPO aufgeklärt worden. Ihr Gatte Rajko D***** sei über dieses Recht belehrt worden, weil das Erstgericht eine Gefahr gesehen hatte, er könnte sich durch seine Aussage selbst belasten. Dieselbe Gefahr gelte auch bei seiner Ehegattin.

Der Beschwerdeführer übersieht bei seiner Argumentation jedoch, dass die angeführten Zeugen über völlig divergierende Beweisthemen befragt wurden. Während bei der Vernehmung des Zeugen Rajko D***** der vom Angeklagten erhobene Vorwurf aktuell war, er sei an der Tat allenfalls beteiligt gewesen, wurde Zladjana D***** lediglich über ihre Wahrnehmungen anlässlich eines Telefongespräches mit Zsanna B***** nach dem Vorfall befragt. Eine Beteiligung ihres Gatten an der Tat kam dabei nicht zur Sprache, weil sie im fraglichen Zeitpunkt nicht am Tatort anwesend war. Ein Zeuge ist aber nur dann entsprechend zu belehren, wenn von vornherein die im § 152 Abs 1 Z 2 StPO angeführte Gefahr besteht oder sobald der Grund für eine Zeugnisbefreiung bekannt wird (§ 152 Abs 5 StPO). Da eine solche Gefahr für die Zeugin Zladjana D***** nicht bestand, war eine entsprechende Aufklärung nicht geboten.

Auch die Mängelrüge (Z 5) versagt. Eine Unvollständigkeit und eine offenbar unzureichende Begründung bewirken den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nur dann, wenn sie eine entscheidende Tatsache betreffen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399 f). Die Fragen, ob die Zeugin B***** in anderen Fällen gegen Entgelt zu einem Geschlechtsverkehr bereit war, ob im Lokal, in welchem die Tat stattfand, auch Gogo-Tänzerinnen beschäftigt waren und welche Wahrnehmungen der Zeuge D***** nach der Tat machte, betreffen keine solchen wesentlichen Umstände. Wer die Tür des Lokals vor der Tat versperrt hat, ist deswegen nicht relevant, weil die Begehung durch Einschränkung der persönlichen Freiheit nur ein Nötigungsmittel war, wobei die anderen dem Angeklagten angelasteten (Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben) nicht bekämpft werden. Zudem stellen die zu dieser Frage erhobenen Einwände lediglich eine unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung dar, weil sie einzelne Teile von Aussagen herausgreifen, deren Inhalt in ihrer Gesamtheit aber außer Acht lassen.

Entgegen der Beschwerde hat das Schöffengericht keine Scheingründe verwendet, wenn es anführt, es bestünden "keinerlei Zweifel" an der Darstellung der Zeugin B*****, weil es die zu diesem Schluss führenden Beweismittel genau bezeichnet (US 7). Auch die "Lebenserfahrung" wurde nicht substanzlos als Begründung verwendet, sondern mit entsprechenden Tatsachen untermauert (US 6). Ein formeller Begründungsmangel liegt daher nicht vor. Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie nicht den gesamten festgestellten Sachverhalt mit dem zur Anwendung gebrachten materiellen Recht vergleicht (Ratz aaO Rz 581). Der Beschwerdeführer bemängelt einerseits, dass die Tatrichter zur subjektiven Tatseite nur die verba legalia angeführt hätten, und moniert andererseits fehlende Feststellungen darüber, ob der Täter das Nötigungsmittel eingesetzt hat, obwohl er wusste, oder es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass damit ein erwarteter oder begonnener ernstgemeinter Widerstand des Opfers überwunden wird. Er übergeht aber die gerade hiezu getroffenen Konstatierungen, wonach der Angeklagte mit der Zeugin geschlechtlich verkehren wollte, was diese jedoch ablehnte. Er "versuchte seinen Willen dadurch durchzusetzen, indem er sie schlug, auf sie eintrat sowie gegen eine Wand drückte" (US 4 f).

Die weiteren Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund wiederholen nur die vom Erstgericht abgelehnte Verantwortung des Angeklagten, ohne damit einen Fehler in der rechtlichen Beurteilung aufzuzeigen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO).

Daraus folgt, dass zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig ist (§ 285i StPO).

Stichworte