OGH 15Os7/03

OGH15Os7/0313.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Februar 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hietler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mustapha J***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. November 2002, GZ 8 Hv 183/02d-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mustapha J***** wurde des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen: vierter Fall) und Abs 3 erster Fall SMG schuldig erkannt, weil er in Graz ab nicht näher bekannten Zeitpunkten, zumindest ab Jänner bis 2. Juli 2002 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Verkehr gesetzt sowie dadurch anderen überlassen hat ("wodurch er auch Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglichte und er selbst Volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährigen war"), indem er insgesamt zwischen 208 bis 248 Gramm Heroin gewinnbringend zu einem durchschnittlichen Grammpreis von 40 Euro an die abgesondert verfolgten Elisabeth H*****, Michael G*****, (den am 14. November 1984 geborenen) Stefan S*****, (den am 29. August 1984 geborenen) Patrick Sch***** und (die am 5. Dezember 1984 geborene) Gunda He***** sowie 350 bis 400 Gramm Kokain zu einem durchschnittlichen Grammpreis von 80 Euro an Gunda He***** und Stefan S***** verkaufte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuldspruch vom Angeklagten aus Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als nicht zielführend.

Die Verfahrensrüge (Z 4) behauptet die Verletzung von Verteidigungsrechten durch Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 6. November 2002 gestellten Antrages auf Beischaffung des Asylaktes 0206.338 des Bundesasylamtes Graz, der zum Beweis dafür dienen sollte, "dass der Beschuldigte erst Anfang März 2002 ins Bundesgebiet eingereist ist und erst am 8. März 2002 den Antrag beim Bundesasylamt gestellt hat".

Wenn der Beschwerde auch beizupflichten ist, dass die Protokollierung der mündlich verkündeten Begründung des Zwischenerkenntnisses (vgl S 285 verso/287) nicht erkennen lässt, von welchen Erwägungen das Gericht bei der Abweisung des Antrages ausgegangen ist, so liegt allein darin keine Nichtigkeit, wenn dem Antrag nach der - auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung bezogenen - Ansicht des Obersten Gerichtshofes keine Berechtigung zukommt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318).

Mangels Darlegung, welche Umstände tatsächlicher Art den behaupteten Einreisezeitpunkt im Asylakt belegen würden, gebricht es dem Beweisantrag an der erforderlichen Konkretisierung, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz aaO Rz 327). Inwieweit der Umstand, dass der Angeklagte am 8. März 2002 einen Antrag beim Bundesasylamt gestellt hat, für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist, lässt das Beweisbegehren gleichfalls offen. Die in der Beschwerde dazu nachgetragenen Erwägungen haben dabei außer Betracht zu bleiben, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets von der Verfahrenslage zum Zeitpunkt der Entscheidung darüber und den dazu vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40).

Die Abweisung des Beweisbegehrens konnte somit keine Verletzung von Verteidigungsrechten bewirken.

Was die Behauptung der Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung anlangt, wird nicht deutlich und bestimmt dargelegt, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz aaO § 281 Rz 480).

Der Tatsachenrüge (Z 5a) ist zunächst zu erwidern, dass dieser unter die formellen Nichtigkeitsgründe eingereihte Anfechtungstatbestand in seiner prozessualen Reichweite keineswegs einer Schuldberufung gleichkommt (Mayerhofer aaO § 281 Z 5a E 1), wobei eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen weder durch Berufung auf den Zweifelsgrundsatz noch mit der Behauptung dargetan wird, die Schlussfolgerungen des Erstgerichtes seien nicht überzeugend (Mayerhofer aaO E 4, 10 und 17). Insgesamt versucht die Beschwerde durch aus dem Zusammenhang gelöste Darstellungen einzelner Details und in isolierter Betrachtungsweise jeweils für den Angeklagten günstigere Schlüsse abzuleiten, als sie vom Schöffengericht in freier Würdigung der Beweisergebnisse gezogen worden sind.

Umstände aus den Akten, welche die aufgezeigten erheblichen Bedenken erzeugen könnten, werden jedoch nicht dargetan.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Stichworte