Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl Sp***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 13. Februar 2002 in Lauterach als gemäß § 57a Abs 2 KFG ermächtigter Gewerbetreibender mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht, nur verkehrs- und betriebssichere Fahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, nämlich die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs 1 KFG vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er über den Zustand des ihm von Sabine N***** vorgeführten PKW Opel Kadett, Kennzeichen B-283AT, ein Gutachten erstellte, in dem er das Fahrzeug aufgrund von Mängelfreiheit als verkehrs- und betriebssicher beurteilte (§ 57a Abs 4 KFG), obwohl die Verkehrs- und Betriebssicherheit des PKW wegen schwerwiegender Mängel nicht gegeben war.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine unzureichende Begründung der Feststellungen, dass die Windschutzscheibe des vom Angeklagten untersuchten PKW bereits am 13. Februar 2002 einen schweren Mangel, nämlich einen (sichtbehindernden) Riss im Sichtbereich des Fahrers aufgewiesen habe. Ihr zuwider hat das Schöffengericht seine Annahme denkmöglich auf die Aussage der Zeugin Sabine N***** gestützt (US 9 f) und die gegenteilige Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig verworfen (US 10 f). Dabei war es nicht verhalten, jedes Detail der Aussage der Zeugin (wie das Anwachsen des Risses bis zur Folgeüberprüfung am 22. Mai 2002, S 141) einer besonderen Erörterung zu unterziehen, spielt es doch für die Beurteilung der jedenfalls im Sichtbereich des Fahrers (s S 201 f) befindlichen Beschädigung der Scheibe als sichtbehindernd und somit als schwerer Mangel (Position 231 des Mängelkatalogs, S 155 ff) keine Rolle, ob der Riss nur 20 cm (S 141: "20 - 30 cm") oder aber bereits knapp unter 30 cm (laut Feststellungen "ca 30 cm") lang war. Entgegen den weiteren Ausführungen durfte das Erstgericht ohne Verstoß gegen die Grundsätze der Logik und empirische Erfahrungen aus dem Zustand des PKW bei der rund drei Monate später durchgeführten Folgeuntersuchung Rückschlüsse auf den Tatzeitpunkt ziehen. Die Beschwerde übersieht in diesem Zusammenhang, dass nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 148; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449). Dabei haben die Tatrichter den Umstand, dass sich Rostschäden bei einem PKW auch in relativ kurzer Zeit entscheidend verstärken können, nicht unberücksichtigt gelassen (US 11). Der Umfang der Korrosion der Bremsleitungen betrifft schon in Hinblick auf die mängelfrei begründeten, die Verkehrs- und Betriebssicherheit ausschließenden weiteren Schäden keinen für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz entscheidenden Umstand. Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite hat das Schöffengericht zulässiger Weise auf die - aus der Verantwortung des Angeklagten abgeleitete - äußerst genaue Überprüfung und die objektiv vorliegenden schweren Mängel in ihrer Gesamtheit gegründet (US 13). Mit der Behauptung, aus dem guten äußeren Eindruck des Fahrzeugs, seinen Bremsleistungen und dem Umstand, dass der Angeklagte eine in Hinblick auf die bloß mäßige Entlohnung nur oberflächlichere Überprüfung vorgenommen hätte, wären andere Schlüsse zu ziehen gewesen bzw die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse "unzulässig", bekämpft die Beschwerde in prozessual unstatthafter Weise die Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung.
Der Beschwerde zuwider wurde das (ein anderes Fahrzeug betreffende) Gutachten des Angeklagten vom 4. Jänner 2002 (S 131) in der Hauptverhandlung - wie dem ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmen ist (S 221 unten) - verlesen und durfte daher im Urteil berücksichtigt werden.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit der Wiederholung der Argumente der Mängelrüge keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken. Dass das Fahrzeug am 3. Februar 2002 "in genau dem gleichen Zustand" gewesen wäre, wie bei der Folgeüberprüfung am 22. Mai 2002, ist dem Ersturteil nicht zu entnehmen (s wiederum US 11). Weshalb erhebliche Bedenken gegen die Konstatierungen der Wissentlichkeit zum Befugnismissbrauch und des Schädigungsvorsatzes bestehen sollten, vermag die Beschwerde mit dem substanzlosen bloßen Verweis auf die "Aktenlage" nicht darzutun. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet Feststellungsmängel zur Sichtbehinderung des Sprungs der Windschutzscheibe, zur Übermäßigkeit der Korrosion oder Bruchgefahr der Bremsleitungen, sowie zu den Bremswerten des PKW bei den Überprüfungen. Dabei vernachlässigt sie jedoch die - für die rechtliche Beurteilung ausreichenden - Konstatierungen zur Länge und Position des Risses der Windschutzscheibe und zur Intensität der Korrosion der Bremsleitungen (US 6) in Zusammenhang mit jenen zur dem Mängelkatalog entsprechenden Qualifikation der Schäden. Feststellungen über die Bremswerte bedurfte es schon deshalb nicht, weil ein Nichtfunktionieren der Bremsen weder in Rede steht, noch Voraussetzung für die getroffene Mängelqualifikation ist.
Soweit die Rechtsrüge die Beamteneigenschaft des Angeklagten mit dem bloßen Verweis auf eine (von Bertel vertretene) Lehrmeinung und ohne inhaltliche Argumentation bestreitet, ist sie nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 590). Zu einem amtwegigen Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO besteht in diesem Zusammenhang mangels Vorliegens eines Rechtsfehlers kein Anlass (vgl SSt 49/65; Mayerhofer StGB5 § 74 E 8 und § 302 E 98; zuletzt implizit 15 Os 14/02).
Mit ihrer Bestreitung der Wissentlichkeit beim Befugnismissbrauch, der Behauptung einer "schlampigen, also mangelhaften bzw nicht gründlich genug durchgeführten" Begutachtung, daher einer "allenfalls fahrlässigen" Vorgehensweise des Angeklagten, sowie der Behauptung, es läge kein Schädigungsvorsatz vor, geht die Nichtigkeitsbeschwerde prozessordnungswidrig nicht von den Urteilsfeststellungen erster Instanz (US 6 f, 14) aus. Schließlich orientiert sich die Behauptung, die Tatrichter wären rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Angeklagte zu einer "besonderen Überprüfung gem §§ 56 f KFG" verpflichtet gewesen wäre, erneut nicht an den abweichenden erstgerichtlichen Feststellungen (US 5 f, 13 f).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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