OGH 14Os154/02

OGH14Os154/0211.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred S***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 16. September 2002, GZ 12 Hv 123/02b-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred S***** der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB (1.) und des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (2.) schuldig erkannt. Danach hat er in Turnau

1. am 16. April 2002 an einer eigenen Sache, nämlich an seinem Anwesen Göriach Nr. 8, durch schräges Aufstellen einer Grabkerze auf mit Sägespänen bedecktem Untergrund zwischen zwei mit brennbarem Stoff gefüllten Kanistern eine in der Nacht zum 18. April 2002 ausgebrochene Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib und Leben von Dritten, nämlich der Anrainer, und für das Eigentum Dritter, nämlich die angrenzenden Gebäude, in großem Ausmaß herbeigeführt und

2. am 18. April 2002 mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Mitarbeiter der G*****-AG durch die Abgabe einer Schadensmeldung, in der er wahrheitswidrig behauptete, die Ursache der zu Pkt 1. angeführten Feuersbrunst sei ihm unbekannt, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Handlung, nämlich zu (kulanzweisen) Versicherungszahlungen in nicht näher bekannter, jedoch 40.000 EUR übersteigender Höhe zu verleiten versucht, die das genannte Unternehmen in diesem Betrag am Vermögen schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt, weil ihren Ausführungen keine in der Hauptverhandlung formal einwandfrei gestellten und damit der Überprüfung durch das Erstgericht auf seine Eignung zugänglichen Beweisanträge zugrunde liegen (dazu näher Ratz in WK-StPO § 281 Abs 1 Z 4 Rz 327 ff) und erst in der Nichtigkeitsbeschwerde - demnach prozessual verspätet - nachgeschobenes Vorbringen unerheblich ist (aaO Rz 325).

So fehlt es dem Antrag des Verteidigers, "die vor Ort gefundenen Grabkerzendeckel sicherzustellen und unter Übermittlung dieser Kerzendeckel an die Erzeugerfirma anzufragen, welche Dimension die Grabkerzen haben und wie lange die Brenndauer dieser Grabkerzen ist" (S 143/II), mangels Bezeichnung des Erzeugers nicht nur an der bestimmten Benennung des Beweismittels, sondern auch an der Behauptung, welches entlastende Beweisergebnis der Antragsteller erwartet.

Dem im Anschluss an das ergänzende Vorbringen ("dass die verschiedenen Kerzenhöhen auch verschiedene Deckel aufweisen und dass sich aus der Dimension der Kerzendeckel ohne weiteres das Volumen der Grabkerzen ableiten lässt" - S 143 ff) gestellten Antrag auf "Anfrage an die Kerzenerzeugerfirma, ob bei einem Brand, wie im gegenständlichen Fall, die Kerzendeckel nicht völlig vernichtet worden wären" (S 143/II), mangelt es in gleicher Weise sowohl an der Benennung des Erzeugers, an den die Anfrage zu richten gewesen wäre, als auch an der Bezeichnung des erwarteten Beweisergebnisses. Im Übrigen ist ebenfalls nicht zu erkennen, inwiefern die Durchführung der Anfrage für das Verfahrensziel von Bedeutung sein sollte. Die Anträge, "dem Herrn Sachverständigen aufzutragen, einen Versuch zu unternehmen, ob die Kerzenhülle auch bei einer Kerzenhöhe von 10 cm nach Erlöschen der Kerze verbrannt werden kann" (S 143/II), sowie auf "Einholung einer Auskunft bei der Firma P***** in Spielberg, welche Firma die Grabkerzen erzeugt, und zwar anhand der sichergestellten Grabkerzen(deckel)" (S 145/II), enthalten überhaupt keine Beweisthemen.

Der Antrag des Verteidigers auf "Anfrage an die Grabkerzenhersteller über die Firma P*****, die solche Produkte vertreibt und direkt vom Erzeuger bezieht, zum Beweis dafür, dass es eine 10 cm lange Grabkerze nicht gibt und diese nicht im Erzeugungsprogramm steht, und dass eine weit geringer dimensionierte Grabkerze, welche im Erzeugungsprogramm steht, nicht für eine 30-Stunden-Brenndauer ausreicht" (S 149/II), benennt wiederum kein konkretes Beweismittel. Schließlich wird im Antrag auch nicht angeführt, warum es eine derartige Kerze nicht geben sollte, wo doch der Brandsachverständige mit einer solchen Brennversuche unternommen hat. Inwiefern die (übrigens ohne Adresse) genannte Firma P***** in der Lage gewesen wäre, die vom Verteidiger gewünschte Auskunft zu geben, bleibt im Dunkeln, zumal der Hersteller der bei der Tat verwendeten Kerze nicht bekannt ist.

Die Mängelrüge (Z 5) macht zunächst eine (vermeintliche) Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Entscheidungsgründe dahin geltend, dass sich das Schöffengericht mit der verneinenden Antwort des Brandexperten Ing. Hubert Kraxner auf die Frage des Verteidigers, ob unter der Annahme, dass die Kerze bei der vom Angeklagten angegebenen Höhe bereits am Montag angezündet worden wäre, diese dann noch in der Lage gewesen wäre, den Brandausbruch am 18. April 2002 herbeizuführen (S 141/II), nicht auseinandergesetzt habe. Dieser Einwand versagt schon deshalb, weil die Tatrichter nach einer ausführlichen und kritischen Gesamtschau aller aufgenommenen objektiven und subjektiven Beweise - einschließlich der wechselnden Verantwortung des Angeklagten - in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) von einer Brandlegung durch den Angeklagten nicht schon am 15. April 2002 (Montag), sondern erst am 16. April 2002 (Dienstag) ausgegangen sind (US 6, 9, 10).

Mit seinen weiteren Ausführungen macht der Beschwerdeführer keinen der in § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannten Begründungsmängel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen deutlich und bestimmt (§ 285 Z 2 StPO) geltend. Er versucht vielmehr unter isolierter Betrachtung einzelner Ergebnisse des Beweisverfahrens zu anderen, für ihn günstigeren Schlussfolgerungen zu gelangen, bekämpft damit aber bloß unzulässigerweise nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Ausführung dieses formellen Nichtigkeitsgrundes:

So zeigt der Rechtsmittelwerber in seiner Kritik an den (nach seiner Meinung) teilweise auch in sich widersprüchlichen Ausführungen des Brandsachverständigen, dieser habe "Einen Versuch, ob sich die Hülle so (aus dem Zusammenhang erkennbar gemeint: allein durch die Kerzenflamme) entzündet, nämlich bei schräggestellter Kerze, .... nicht gemacht", und er habe "so wie auch im Gutachten bereits angeführt, diesen Versuch wegen Überschreitung der Zeitdauer abgebrochen" (S 141/II), konkret keinen erörterungsbedürftigen Widerspruch zur Urteilsfeststellung (US 10 oben) auf (Z 5 zweiter Fall), aber auch keine (einen entscheidenden Umstand berührende) Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall). Im Übrigen wäre der Urteilshinweis (US 10), dem zufolge laut den Angaben des Brandsachverständigen "insgesamt der Brennversuch mit der schräg aufgestellten Kerze ergeben hatte, dass sich die brennbare Außenhülle entzündet" (US 10) - insbesondere im Lichte des Gedrängtheitsgebotes nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO - noch als im Einklang mit den Ausführungen des Brandexperten stehend anzusehen, wonach er bei seinem Versuch zur Feststellung, ob sich die Hülle der Kerze überhaupt entzündet, die Hülle von außen mit einem Feuerzeug (und nicht mit der Kerzenflamme) angezündet hat (S 141).

Mit dem Vorwurf, schon im Vorverfahren sei eine chemische Untersuchung des Inhalts der am Tatort sichergestellten Kanister unterlassen worden, wird wiederum keiner der in § 281 Abs 1 StPO taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe geltend gemacht. Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen einer dazu gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Änderung - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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