OGH 14Os4/03

OGH14Os4/0311.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zucker als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hermann B***** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 21. November 2002, GZ 7 Hv 102/02s-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann B***** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 6. September 2001 in Ranshofen in der Firma A***** im Bereich des Kaltquatro-Walzgerüstes, somit an einer fremden Sache, ohne Einwilligung der Eigentümer durch Entzünden einer Walzölpfütze mit einem brennenden Papier eine Feuersbrunst zu verursachen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus Z 4, 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Durch die Abweisung (Z 4) der in der Hauptverhandlung am 21. November 2002 neuerlich gestellten Anträge auf Beiziehung eines Sachverständigen zur Erstellung einer Zeit-Weg-Rechnung unter Heranziehung der Aussagen der Augenzeugen des Brandes, der Angeklagtenverantwortung sowie der beizuschaffenden Arbeits- bzw Maschinenaufzeichnungen, auf Gegenüberstellung der Maschinenaufzeichnungen mit den Zeitangaben auf dem Video sowie auf Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, dass Hermann B***** zu einem Zeitpunkt in die Grube hinunterstieg, als dort bereits ein Brand vorlag, und seine Verantwortung über den Geschehensablauf richtig ist, wurde der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt (vgl S 223 ff und 234 ff). Wie schon das Erstgericht zutreffend ausführte, hat der Brandsachverständige die begehrte Zeit-Weg-Berechnung im ergänzten Gutachten bereits berücksichtigt. Die beizuschaffenden Arbeits- und Maschinenaufzeichnungen erliegen im Akt und wurden vom Brandexperten auch mit den Videoaufzeichnungen abgeglichen (S 235). Die Durchführung eines Lokalaugenscheins war in Anbetracht der in der Hauptverhandlung abgespielten Videoaufzeichnungen mit exakter Zeiteinblendung, aus denen der Zugang zur Brandentstehungsstelle sichtbar ist, mangels einer im Beweisantrag dargestellten Notwendigkeit einer darüber hinausgehenden Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen nicht mehr notwendig. Auf die erst in der Beschwerde - demnach prozessual verspätet - vorgebrachten Argumente, insbesondere für die Durchführung eines Ortsaugenscheins, war nicht weiter einzugehen, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz und von den bis dahin vorgebrachten Gründen auszugehen ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 41).

Die in der Mängelrüge (Z 5) bloß behauptete Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zur subjektiven Tatseite unternimmt mit der wiederholten Forderung nach Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" nur den Versuch, die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht weiter bekämpfbare Beweiswürdigung der Tatrichter mit anderen, für den Angeklagten günstigeren Schlussfolgerungen (etwa zur Motivation des in der Vidoeaufzeichnung dokumentierten Verhaltens des Beschwerdeführers) in Frage zu stellen. Angesichts der von den Erkenntnisrichtern in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) ihrer Entscheidung zugrundegelegten Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Untersuchungsergebnisse nur auf eine vorsätzliche Brandlegung schließen lassen (S 222) und eine Brandentfachung durch einen Dritten mittels Einwerfen eines brennenden Papiers in die Bundwagengrube bloß eine theoretische Möglichkeit darstellt (S 221), wobei der Brand während des Aufenthaltes des Angeklagten B***** in der Bundwagengrube gelegt wurde, somit die Täterschaft eines anderen als des Angeklagten auszuschließen ist (S 219 iVm S 233), liegen auch die vorgebrachten sonstigen Begründungsmängel nicht vor. Entgegen der Strafbemessungsrüge (Z 11) wertete das Erstgericht die beiden in der Bundesrepublik Deutschland erfolgten gerichtlichen Verurteilungen nicht als erschwerend; vielmehr hielt es ausdrücklich fest, dass diese in Österreich bloß als Verwaltungsübertretungen zu ahnden wären (US 2). Es schloss aber angesichts dessen, dass sowohl die erwähnten Vorverurteilungen wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr als auch eine Brandstiftung als Gefährdungsdelikte die gleiche schädliche Neigung zum Ausdruck bringen, zutreffend einen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten aus (10 Os 9/86). Dem Beschwerdeführer ist zwar beizupflichten, dass im Hinblick auf den von der Staatsanwaltschaft erklärten Verfolgungsverzicht (S 3a) die überflüssigen, lediglich spekulativen Bemerkungen des Schöffengerichts über eine mögliche Täterschaft des Angeklagten auch bei den übrigen in der Anzeige (ON 2) genannten Brandstiftungen eklatant gegen die Unschuldsvermutung iSd Art 6 Abs 2 MRK verstoßen. Da aber das erkennende Gericht die Strafbemessungsgründe, insbesondere auch die Anwendung einer teilbedingten Strafnachsicht, ausschließlich auf vom Beweisverfahren gedeckte Verfahrensergebnisse stützte und die in der Nichtigkeitsbeschwerde gerügten Passagen über eine nach "Meinung" des Erstgerichtes mögliche Täterschaft des Angeklagten dem Urteil lediglich hintanstellte, ohne entscheidungsbezogene Schlüsse daraus zu ziehen (vgl US 8: "... darüber hinaus ...."), waren diese konventionsverletzenden Ausführungen für die Strafzumessung in keiner Weise maßgebend, sodass die Strafbemessungsrüge insgesamt versagt (vgl 13 Os 120/02). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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