OGH 6Ob313/02a

OGH6Ob313/02a23.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Josef K*****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) Dr. Susanne R*****, vertreten durch Dr. Michael Rami, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27. September 2002, GZ 1 R 166/02t-10, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 14. August 2002, GZ 18 Cg 127/02v-3, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.000,98 EUR (darin 166,83 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der ordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts - mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

In der hier wesentlichen Unterscheidung zwischen (konkludenter) Tatsachenbehauptung und (zulässigem) Werturteil vertritt der Senat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Frage, ob Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, ebenso wie Sinn und Bedeutungsinhalt der betreffenden Äußerung nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung nach dem Verständnis des angesprochenen Leserkreises richten (MR 2002, 213 - Dalai Lama II uva). Für die Beurteilung ist die im Einzelfall gewählte konkrete Formulierung in ihrem Gesamtzusammenhang und der durch sie vermittelte Gesamteindruck auf die angesprochenen Leser maßgeblich. Sie hängt damit so sehr von den Verhältnissen des konkreten Falles ab, dass sie im Allgemeinen keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung anderer Fälle erwarten lässt.

Das Rekursgericht hat - von der allgemein bekannten Tatsache ausgehend, dass der Kläger mit seinen Enthüllungen die Einleitung zahlreicher Strafverfahren gegen Spitzenfunktionäre der FPÖ bewirkt hat und eine Mehrzahl dieser Verfahren eingestellt wurde - die Äußerung der Beklagten als subjektive Wertung eines wahren Tatsachenkerns im Rahmen der kritisierenden Würdigung der durch das Buch des Klägers ("Ich gestehe") ausgelösten Ereignisse beurteilt und eine Überschreitung der im Rahmen des politischen Meinungsstreits zulässigen Kritik verneint. Seine Entscheidung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach die Grenzen zulässiger Kritik bei Personen, die die politische Bühne betreten haben, weiter gesteckt sind als bei Privatpersonen (MR 2001, 89). Dass der Kläger die politische Bühne betreten hat, ist angesichts der in seinem Buch enthaltenen kritischen Ausführungen zu Informationsflüssen zwischen Polizei und politischen Parteien nicht weiter zweifelhaft. Mag auch der Kläger konkrete, namentlich genannte Spitzenfunktionäre der FPÖ belastende Aussagen erst bei der Wirtschaftspolizei getätigt haben, so ändert dies nichts daran, dass schon die Ausführungen in seinem Buch über die Weitergabe von Polizeidaten Vorwürfe enthalten die gegen eine politische Partei und einzelne ihrer, teils namentlich genannten, teils anhand der Schilderung identifizierbaren Repräsentanten gerichtet sind. Die Auffassung des Rekursgerichts, wonach die Beklagte in Ausübung ihres durch Art 10 MRK garantierten Rechts auf freie Meinungsäußerung die Grenzen zulässiger Kritik im Rahmen des politischen Meinungsstreits nicht überschritten hat, begegnet daher keinen Bedenken. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO). Der Revisionsrekurs wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO, § 402 EO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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