OGH 8ObA158/02x

OGH8ObA158/02x23.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Mutz und Robert Maggale als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rosa M*****, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager, Dr. Dieter Gallistl, Dr. Elfgund Frischenschlager, Mag. Angelika Heinzl-Handl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei V***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Fellner, Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 1.001,75 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. April 2002, GZ 12 Ra 67/02p-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Dezember 2001, GZ 14 Cga 16/01v-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 266,69 (darin enthalten EUR 44,45 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteiles zu verweisen. Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Die Auslegung des Punktes 2 der Richtlinien für die Gewährung von Altersbeihilfe an Vertreter, Obervertreter und Bezirksvertreter war zwischen den Parteien bereits im erstinstanzlichen Verfahren strittig. Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz ON 9 S 2 ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass ihr bereits mit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die Altersbeihilfe zustehe. Die Beklagte wurde durch die Auslegung des Berufungsgerichtes nicht mit einer von keiner der Parteien vorgebrachten Rechtsansicht überrascht. Eine Anleitungspflicht bestand nicht (vgl EvBl 1993/138; Stohanzl ZPO15 § 182/E 20).

Die Pensionszusage ist nach den §§ 914, 915 zweiter HalbsatzABGB auszulegen. Maßgeblich ist dabei nicht nur der Wortlaut der Formulierung, sondern wie die Erklärung nach der Übung des redlichen Verkehrs verstanden und wie sie gehandhabt wurde. Undeutliche Äußerungen gereichen dem zum Nachteil, der sich ihrer bediente (8 ObA 281/99b = DRdA 2001/20 mit Besprechung von Wöss).

Die Auslegung des Berufungsgerichtes steht im Einklang mit diesen Grundsätzen: Der Punkt 2 der Richtlinien knüpft die Gewährung der Altersbeihilfe ausdrücklich (bloß) an den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit oder die Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Punkt 2g, auf welchen sich die Beklagte beruft, betrifft nach dem insoweit klaren Wortlaut die Fälle, bei welchen das Dienstverhältnis vor Eintritt des Leistungsfalles beendet wurde (arg: "...bleibt die Anwartschaft... nur bestehen"). Im hier zu beurteilenden Sachverhalt trat hingegen die Erwerbsunfähigkeit (Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension rückwirkend ab 1. 2. 1985) vor Beendigung (einvernehmliche Auflösung) des Dienstverhältnisses (24. 12. 1985) ein. Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin keine Anwartschaft im Sinn des Punktes 2g der Richtlinien verlieren konnte, weil sie noch während des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses einen Rechtsanspruch auf Pensionsleistungen erworben hat. Die Auslegung des Begriffes der Erwerbsunfähigkeit durch das Berufungsgericht wird von der Revision zutreffend nicht mehr in Zweifel gezogen (vgl auch dazu 8 ObA 281/99b).

Die Frage der Verfallbarkeit erworbener Anwartschaften im Sinne des Punktes 2g stellt sich hier nicht, weil der Leistungsfall vor Beendigung des Dienstverhältnisses eintrat. Der Bezeichnung der zu gewährenden Pension als "Altersbeihilfe" kommt keine normative Bedeutung zu. Sie bezieht sich erkennbar auf den Regelfall der Gewährung einer Pension nach Vollendung des 65. Lebensjahrs. Diese Auslegung steht entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung auch im Einklang mit dem - hier nicht anzuwendenden (Art V Abs 3 der Übergangs- und Schlussbestimmungen) - am 1. 7. 1990 in Kraft getretenen BPG: Die Unverfallbarkeitsbestimmungen des BPG ebenso wie die Übergangs- und Schlussbestimmungen des Art V Abs 4 Z 2 BPG betreffen nach dem klaren Wortlaut nur den Verlust erworbener Anwartschaften infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Leistungsfalles, nicht aber den hier zu beurteilenden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eintritt des Leistungsfalls, bei welchem die Möglichkeiten des Arbeitgebers, einseitig von bereits angefallenen Leistungen abzugehen, eng begrenzt sind.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs 1 ASGG, §§ 50, 41 ZPO.

Stichworte