OGH 4Ob11/03a

OGH4Ob11/03a21.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Günter M*****, vertreten durch Dr. Gudrun Petsch-Lindmayr, Rechtsanwältin in Kapfenberg, gegen die Antragsgegnerin Sylvia M*****, vertreten durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 30. Oktober 2002, GZ 3 R 156/02a-32, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 9. Juli 2002, GZ 5 F 79/01y-25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"1. Die eheliche Wohnung im Haus B*****, und sämtliches darin befindliches Inventar verbleiben im Alleineigentum der Antragsgegnerin.

2. Der PKW Opel Omega wird dem Antragsteller zugeteilt.

3. Der Antragsteller wird verpflichtet, aus dem Kredit zu Konto-Nr 804.104 bei der Raiffeisenbank B***** einen Betrag von 14.171,20 EUR allein zurückzuzahlen und die Antragsgegnerin im Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten.

4. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, aus den Krediten der Raiffeisenbank B***** zu Konto-Nr 804.104 einen Restbetrag von 35.617,30 EUR, zu Konto-Nr 802.959 einen Betrag von 14.229,50 EUR und zu Konto-Nr 802.652 einen Betrag von 4.593,30 EUR allein zurückzuzahlen und den Antragsteller im Fall seiner Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten.

5. Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit 8.345,56 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 1.399,26 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Antragsgegnerin ist schuldig, dem Antragsteller die mit 2.219,58 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 369,93 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile heirateten 1993; mit Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 6. 4. 2001, 5 C 100/00h-17, wurde die Ehe aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Die gemeinsamen Kinder wurden 1992 und 1993 geboren.

Die Ehewohnung der Streitteile befand sich in einem Einfamilienhaus, das die Antragsgegnerin 1996 von ihrem Vater geschenkt erhalten hatte. Zu Gunsten des Vaters ist ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt.

Das Haus war im Schenkungszeitpunkt sanierungsbedürftig. Bereits im Jänner 1996 begannen die Streitteile mit Sanierungsarbeiten, die eine Erneuerung der Heizung, der sanitären Anlagen, der Elektro- und Wasserinstallationen und der Böden umfassten. An der Außenfassade wurde ein Vollwärmeschutz angebracht, die Fußböden im Erdgeschoß, die letzte Geschoßdecke und Mansarden wurden isoliert und neue Fenster eingebaut. Das Dach wurde neu eingedeckt; auch die Abflussrohre und Dachrinnen wurden erneuert; der Rauchfang wurde abgetragen und neu aufgemauert. Einen Teil der Arbeiten führte der Antragsteller selbst aus; bei einem Teil der Arbeiten halfen ihm Bekannte, für den Rest setzte er Unternehmen ein. So hat der Antragsteller - er ist gelernter Tischler - sämtliche Holzdecken, Wandverkleidungen und die Küchenmöbel selbst geplant, angefertigt und montiert, die alten Wasserleitungen, WC-Anlagen, den Dämpferkessel, die Holzdecken und die alten Fenster entfernt und neue Fenster eingebaut.

Zur Finanzierung der Sanierungsarbeiten und der Einrichtung haben die Streitteile am 26. 4. 1996 bei der Raiffeisenbank B***** den Kredit zu Konto-Nr 802.652 in Höhe von 100.000 S (= 7.267,28 EUR) und den Kredit zu Konto-Nr 802.959 in Höhe von 300.000 S (= 21.801,85 EUR) aufgenommen. Im September 1996 haben sie das Haus bezogen. Am 29. 9. 1996 haben sie den Kredit zu Konto-Nr 804.104 in Höhe von 536.000 S (= 38.952,64 EUR) aufgenommen. Als Sicherheit diente die Lebensversicherung des Antragstellers. Das Land Steiermark gewährte den Streitteilen einen Althaussanierungskredit und eine Jungfamilienförderung von 300.000 S (= 21.801,85 EUR).

Während aufrechter Ehe hat der Antragsteller die Kreditraten allein zurückgezahlt und insgesamt 337.885 S (= 24.555,06 EUR) an die Bank gezahlt. Die Antragsgegnerin ist seit Jänner 1998 geringfügig beschäftigt und verdient 4.400 S (= 319,76 EUR) monatlich.

Im Mai 1999 wurden das Dach und der Kamin saniert. Dafür wurde ein Bausparguthaben von 71.312 S (= 5.182,45 EUR) verwendet. Das Bausparguthaben hat der Antragsteller im Zeitraum 1993 bis 1999 angespart.

1999 wurde der Kredit zu Konto-Nr 804.140 auf 688.000 S (= 49.998,91 EUR) aufgestockt. Einen Teilbetrag von 195.000 S (= 14.171,20 EUR) hat der Antragsteller für den Kauf eines Autos verwendet. Das Auto wurde zunächst von beiden Parteien und nach dem Auszug des Antragstellers aus der Ehewohnung im September 2000 bis November 2000 nur mehr von der Antragsgegnerin genutzt.

Bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft im September 2000 haftete der Kredit zu Konto-Nr 804.104 mit 685.104 S (= 49.788,50 EUR), der Kredit zu Konto-Nr 802.959 mit 195.802 S (= 14.229,50 EUR) und der Kredit zu Konto-Nr 802.652 mit 63.205 S (= 4.593,30 EUR) aus. Insgesamt betrugen die Kreditverbindlichkeiten demnach 944.111 S (= 68.611, 30 EUR).

Der Antragsteller begehrt, das eheliche Vermögen und die damit zusammenhängenden ehelichen Schulden wie folgt aufzuteilen:

1. Die eheliche Wohnung und sämtliches Inventar verbleibt im Alleineigentum der Antragsgegnerin.

2. Der PKW Opel Omega wird dem Antragsteller zugeteilt.

3. Was die ehelichen Schulden angeht, wird

a) der Antragsteller verpflichtet, aus dem Kredit zu Konto-Nr 804.104 bei der Raiffeisenbank B***** einen Betrag von 180.000 S (= 13.081,11 EUR) allein zurückzuzahlen und die Antragsgegnerin im Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten;

b) die Antragsgegnerin verpflichtet, aus den Krediten der Raiffeisenbank B***** zu Konto-Nr 804.104 einen Betrag von 526.348,95 S (= 38.251,27 EUR), zu Konto-Nr 802.959 einen Betrag von 195.282 S (= 14.191,70 EUR) und zu Konto-Nr 802.652 einen Betrag von 64.310,86 S (= 4.673,65 EUR) allein zurückzuzahlen und den Antragsteller im Fall seiner Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten.

Die Antragsgegnerin habe eine auch nur anteilige Übernahme der Kredite abgelehnt, obwohl sie Alleineigentümerin des Hauses sei und der Antragsgegner keine Ansprüche auf das Haus erhebe.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Antragsteller aufzutragen, den für den Autokauf aufgenommenen Kredit und den Kredit zu Konto-Nr 804.104 mit einem Restbetrag von rund 500.000 S (= 36.336,42 EUR) allein zurückzuzahlen und die Antragsgegnerin insoweit schad- und klaglos zu halten. Der Antragsgegnerin sei die Rückzahlung der beiden anderen Kredite aufzuerlegen. Der Antragsteller habe Kredite in Höhe von rund 770.000 S (= 55.958,08 EUR) aufgenommen, um seine Bauabsichten zu realisieren. Er habe von 1996 bis 2000 im Haus gewohnt und die Investitionen genutzt. Es sei daher gerechtfertigt, ihm die Rückzahlung von mindestens 2/3 der Kredite aufzuerlegen.

Das Erstgericht teilte die Ehewohnung und das Auto antragsgemäß zu; bei den Krediten verpflichtete es den Antragsteller, 14.171,20 EUR aus dem Kredit zu Konto-Nr 804.104 für den Autokauf und aus dem Kredit zu Konto-Nr 802.959 einen Betrag von 14.229,50 EUR allein zurückzuzahlen und die Antragsgegnerin im Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. Die Rückzahlung der übrigen Kredite trug es der Antragsgegnerin auf. Wer einen Gegenstand erhalte, müsse auch für die anteilsmäßig darauf entfallenden Schulden aufkommen. Somit sei der für den Autokauf aufgenommene Kredit vom Antragsteller zu tragen. Die Antragsgegnerin habe zwar den Nutzen aus der Renovierung des Hauses. Aufgrund ihres niedrigen Einkommens sei es ihr jedoch nicht zumutbar, die Kredite allein zurückzuzahlen. Um eine in wirtschaftlicher Hinsicht für beide Ehegatten möglichst ausgeglichene Regelung zu gewährleisten, sei dem Antragsteller die teilweise Rückzahlung der Kredite (im Ausmaß von 41,4 %) aufzuerlegen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Beiträge der Streitteile seien annähernd gleichwertig gewesen. Die Antragsgegnerin müsse grundsätzlich alle mit dem Haus zusammenhängenden Schulden übernehmen, weil es in ihrem Alleineigentum stehe. Zum Wohl der Kinder sei der Antragsteller jedoch zur Rückzahlung eines Teils der Kreditraten für das Haus zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 81 Abs 1 Satz 2 EheG sind bei der nachehelichen Aufteilung die Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder mit den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen. Schulden vermindern damit die aufzuteilenden Aktiven; ist kein aufzuteilendes Vermögen vorhanden, so kann dennoch beantragt werden, die Schulden aufzuteilen (Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 81 EheG Rz 5 mwN). In diesem Fall hat das Gericht auszusprechen, welcher Ehegatte im Innenverhältnis zu ihrer Zahlung verpflichtet ist (§ 92 EheG). Der dadurch belastete Ehegatte ist verpflichtet, den anderen Ehegatten schad- und klaglos zu halten, wenn dieser vom Gläubiger in Anspruch genommen wird (Stabentheiner aaO § 92 Rz 1 mwN).

Die Schulden sind, ebenso wie die Aktiven, nach Billigkeit aufzuteilen (§ 83 Abs 1 EheG). Für die Aufteilung der Schulden folgt daraus, dass die Zahlungslast in der Regel dem Ehegatten aufzuerlegen ist, der die mit der Schuld in Zusammenhang stehenden Vermögensgegenstände erhält (5 Ob 534/80 = EFSlg 36.484; 7 Ob 634/86 = EFSlg 51.815; s auch Stabentheiner aaO § 92 EheG Rz 1 mwN).

Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Ehewohnung antragsgemäß der Antragsgegnerin zugewiesen. Damit hat die Antragsgegnerin im Verhältnis zwischen den Ehegatten auch die für die Sanierung der Ehewohnung aufgenommenen Kredite zu tilgen, weil sie es ist, die den Vorteil daraus zieht. Die von den Vorinstanzen angestellten „besonderen Billigkeitsüberlegungen", die eine Zuweisung eines Teiles der Schulden an den Antragsteller rechtfertigen sollen, überzeugen nicht:

Zwar ist es richtig, dass das vom Erstgericht festgestellte Einkommen der Antragsgegnerin wesentlich niedriger ist als das des Antragstellers. Der Antragstellerin ist derzeit nur halbtags beschäftigt; mit zunehmendem Alter der Kinder wird es ihr möglich sein, eine Ganztagsbeschäftigung anzunehmen. Richtig ist auch, dass bei der Aufteilung auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen ist. So sind Ehewohnung und Hausrat in der Regel jenem Ehegatten zu überlassen, in dessen Haushalt die gemeinsamen, nicht selbsterhaltungsfähigen Kinder leben (8 Ob 695, 696/89 = EFSlg 66.526 ua). Die Berücksichtigung des Kindeswohls kann aber nicht dazu führen, nicht nur die Ehewohnung dem die Kinder betreuenden Ehegatten zuzuweisen, sondern darüber hinaus dem anderen Ehegatten Lasten aufzubürden, die im Verhältnis zwischen den Ehegatten in keiner Weise gerechtfertigt sind. So hat der Antragsteller nicht nur selbst an der Sanierung des Hauses wesentlich mitgearbeitet, er hat auch während aufrechter Ehe die Kreditrückzahlungen geleistet. Er hat damit Leistungen erbracht, die über eine Abgeltung der Nutzung des Hauses durch ihn hinausgehen und der Antragsgegnerin zugute kommen, ist sie doch nunmehr Eigentümerin eines generalsanierten Hauses. Dass sie das Haus wegen des zu Gunsten ihres Vaters einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbots derzeit weder belasten noch veräußern kann, bedeutet nicht, dass die beantragte Aufteilung der Kreditverbindlichkeiten, die ohnehin nur im Innenverhältnis wirkt (§§ 92, 98 EheG), unmöglich wäre. Es wird Sache der Antragsgegnerin sein, mit ihrem Vater gemeinsam eine Lösung zu finden, sollte es ihr tatsächlich nicht gelingen, die Kreditrückzahlungen aufzubringen.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Der Antragsteller ist mit seinem maßvollen Antrag - er hat keinerlei Abgeltung seines Beitrags zur Haussanierung verlangt - nahezu zur Gänze durchgedrungen. Die Entscheidung weicht - von den geringfügigen Unterschieden zwischen den vom Antragsteller angegebenen Kreditbeträgen und den festgestellten Kreditverbindlichkeiten abgesehen - nur insoweit vom Antrag ab, als der vom Antragsteller zurückzuzahlende Kredit nicht nach den nach Meinung des Antragstellers noch aushaftenden 180.000 S (= 13.081,11 EUR), sondern nach dem ursprünglichen Kreditbetrag von 195.000 S (= 14.171,20 EUR) bemessen wurde. Es ist dies aber eine Differenz, die nicht ins Gewicht fällt. Der Einheitssatz beträgt gemäß § 23 Abs 3 RATG bei dem hier jeweils maßgebenden Streitwert 50 %.

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