OGH 4Ob267/02x

OGH4Ob267/02x21.1.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, ***** vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Sonja F*****, vertreten durch Dr. Michael Pressl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 49.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Oktober 2002, GZ 4 R 182/02s-16, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 20. August 2002, GZ 91 Cg 55/02w-12, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 3.280,50 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 546,75 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Verlegerin, Medieninhaberin und Herausgeberin der „Gelben Seiten", die einen Bestandteil der Telefonbücher der Telekom Austria bilden. In den „Gelben Seiten" sind alle erfassbaren österreichischen Unternehmen verzeichnet. Die Eintragung innerhalb der jeweiligen Branche ist kostenfrei; für Anzeigen ist ein Entgelt zu entrichten.

Die Beklagte bietet die entgeltliche Eintragung von Firmendaten in dem von ihr geführten Firmenregister „FIREG" an. Dazu versendet sie an im Firmenbuch eingetragene Unternehmen Eintragungsofferte, die ursprünglich wie folgt gestaltet waren:

Die Rubrik "Eintragungsoffert zur Registrierung Ihrer Firmenbuchdaten" war, anders als die beiden folgenden Rubriken, die Kostenaufstellung, die Rubriken mit den Daten des angeschriebenen Unternehmens, nicht weiß unterlegt, sondern in der beigen Grundfarbe des Formblatts gehalten. An der rechten Seite war mit dem Schreiben ein bereits ausgefüllter Erlagschein verbunden, der zwar durch eine perforierte Linie mit dem Werbeschreiben verbunden, aber seitlich zurückgeklappt war. Über dem Erlagschein war vermerkt „Verwenden Sie bitte keine eigenen Vordrucke, andernfalls ist Ihre Firmenregister-Nummer unerlässlich!".

Mit Schreiben vom 2. 4. 2002 bot die Beklagte der Klägerin unwiderruflich den Abschluss eines gerichtlichen Unterlassungsvergleichs an:

„1. Meine Mandantschaft verpflichtet sich, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, an Dritte Erlagscheine und Rechnung zur Zahlung zu senden, ohne auf einem solchen Schreiben einen unmissverständlich und graphisch deutlich ausgeführten Hinweis anzubringen, dass es sich bei dem Schreiben nur um ein Angebot zur Eintragung in ein privates Verzeichnis (das 'FIREG - Firmenregister') handelt und dass eine Eintragung auf freiwilliger Basis erfolgt.

2. Meine Mandantschaft bezahlt die Kosten des prätorischen Vergleichs sowie die im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg 91 Cg 55/02w (inklusive Provisorialverfahren) angelaufenen Prozesskosten; dies vorbehaltlich, dass meine Mandantschaft zur Kostentragung rechtskräftig gerichtlich verurteilt wird; weiters werden die Kosten des Vergleichsabschlusses auf Basis eines Streitwertes von 2.000 EUR ermittelt.

3. Meine Mandantschaft ermächtigt Sie, den Punkt 1 dieses prätorischen Vergleichs (das Unterlassungsbegehren) in einer Ausgabe der Wiener Zeitung mit Fettdruck der Überschrift sowie Umrahmung und fett und gesperrt geschriebenen Prozessparteien (zu veröffentlichen); und zwar im Anzeigenteil der Wiener Zeitung in der Größe einer 1/16-Seite; weiters verpflichtet sich meine Mandantschaft, den von ihr angeschriebenen Kunden eine Ausfertigung des prätorischen Vergleichs zu übermitteln.

Meine Mandantschaft bleibt Ihrer Klientin mit dem gegenständlichen Anbot für eine Dauer von 3 Wochen im Wort; ich darf Sie höflich um Ihre Stellungnahme ersuchen...".

In der Tagsatzung von 18. 4. 2002 stellte die Beklagte klar, dass sie die Kosten der Veröffentlichung tragen werde und bot, wie vom Klagevertreter begehrt, alternativ zur Veröffentlichung in der „Wiener Zeitung" eine Veröffentlichung in der Zeitschrift „Der Verkehr" an. Am 29. 4. 2002 schickte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter folgendes E-Mail:

„...Ihr Vergleichsanbot vom 2. April würde formell heute auslaufen. Da es in der letzten Gerichtsverhandlung abgeändert wurde, bitte ich Sie, die Frist um eine Woche zu verlängern. Dies auch deshalb, weil es nach unseren Recherchen in der Wiener Zeitung keinen Anzeigenteil gibt. Wir würden daher vorschlagen, die Veröffentlichung im redaktionellen Teil vornehmen zu lassen (im amtlichen Teil wäre sie noch teurer). Um hier zu einem Ende zu kommen, würde ich vorschlagen, die Veröffentlichungskosten zu pauschalieren - unsere Mandantin könnte sich das Medium dann später aussuchen. Außer der Veröffentlichung gibt es meines Wissens keine divergenten Standpunkte mehr.

Ich würde Sie auch bitten, uns die Höhe des Kostenersatzes mitzuteilen - auch diesen Betrag könnten wir gleich in den Vergleich aufnehmen.

..."

Am 13. 5. 2002 schrieb der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter wie

folgt:

„Ich beziehe mich auf meine E-Mail-Nachricht vom 29. 4. 2002 und möchte Ihrer Mandantin folgenden Vorschlag unterbreiten. Da die Veröffentlichung einer Vergleichsausfertigung in der Wiener Zeitung aufgrund der Größe der Einschaltung (1/16 Seite) nahezu unmöglich wäre, schlage ich vor, im laufenden Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg die Fällung eines Anerkenntnisurteils zu erwirken. Zu diesem Zweck ändert unsere Mandantin das Urteilsbegehren entsprechend Ihrem Vergleichsvorschlag ab, worauf Ihre Mandantin dieses Begehren anerkennt und auf unseren Antrag ein Anerkenntnisurteil gefällt wird. Ihrer Mandantin würden dadurch auch keine zusätzlichen Kosten entstehen, da sie - wie bereits vom Richter in der Verhandlung vom 18. 4. 2002 angedeutet - zur rechtskräftigen Kostentragung im fortgesetzten Verfahren verurteilt wird.

Für die Veröffentlichung würde unsere Mandantin pauschal 550 EUR als Kostenbeitrag verlangen, wobei die Veröffentlichung im redaktionellen Teil der Wiener Zeitung erfolgen würde (weil es in der Zeitung keinen Anzeigenteil gibt).

..."

Am 29. 5. 2002 antwortete der Beklagtenvertreter wie folgt:

„...

Meine Mandantschaft ist unpräjudiziell der Sach- und Rechtslage an einer einvernehmlichen Regelung interessiert; sie würde aber den Abschluss eines Vergleichs vorziehen, der durchaus in der Wiener Zeitung veröffentlicht werden kann. Auch mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Kostenbeitrag von 550 EUR ist meine Mandantschaft einverstanden, wenngleich die Veröffentlichung in angemessener Größe in der Zeitschrift 'Verkehr', wie von Ihnen gewünscht, lediglich 490 EUR ausmachen würde. Der Vergleich sollte nunmehr wie folgt lauten:

1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, an Dritte Erlagschein und Rechnung zur Zahlung zu senden, ohne auf einem solchen Schreiben einen unmissverständlichen und grafisch deutlich ausgeführten Hinweis anzubringen, dass es sich bei dem Schreiben nur um ein Anbot zur Eintragung in ein privates Verzeichnis, das 'FIREG - Firmenregister' handelt.

2. Die beklagte Partei verpflichtet sich, der klagenden Partei die tarifmäßigen Prozesskosten für das Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg 91 Cg 55/02w zu ersetzen.

3. Die beklagte Partei ermächtigt die klagende Partei, den gegenständlichen Vergleich auf Kosten der beklagten Partei in einer Ausgabe der Wiener Zeitung im Umfang von maximal 1/8-Seite zu veröffentlichen; die beklagte Partei leistet dazu einen Kostenbeitrag von 550 EUR; die darüber hinausgehenden Kosten gehen zulasten der klagenden Partei.

Soweit zum Vergleichstext: Meine Mandantschaft wird selbstverständlich die von ihr versandten Unterlagen abändern; und zwar wie folgt:

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung schließt ein - wenngleich vom Kläger

abgelehntes - Angebot des Beklagten, sich in einem vollstreckbaren

Vergleich zu der vom Kläger begehrten Unterlassung zu verpflichten,

die Wiederholungsgefahr regelmäßig aus (4 Ob 311/78 = SZ 51/87 -

Umsatzbonus II; 4 Ob 13/94 = ÖBl 1994, 227 - Ritter/Knight uva). Ob

der Beklagte gleichzeitig auch den Rechtsstandpunkt des Klägers als richtig bezeichnet oder aber weiterhin daran festhält, durch die beanstandete Handlung keinen Gesetzesverstoß begangen zu haben, macht dabei in der Regel keinen Unterschied, sofern er nur einen den ganzen Unterlassungsanspruch umfassenden, an keinerlei Bedingungen geknüpften Vergleich anbietet und nach den Umständen des Falles keine Bedenken gegen die Ernstlichkeit seines Willens bestehen, von gleichartigen Handlungen künftig tatsächlich Abstand zu nehmen (4 Ob 329/84 = ÖBl 1985, 16 - Linzer Tort; 4 Ob 24/95 = ÖBl 1996, 80 - Städtische Bestattung ua).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte der Klägerin einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich angeboten, mit dessen Inhalt die Klägerin letztlich einverstanden war, wenn sie auch ursprünglich ein Anerkenntnisurteil vorgezogen hätte. Gescheitert ist der Vergleichsabschluss daran, dass die Klägerin auch das abgeänderte Eintragungsoffert der Beklagten als wettbewerbswidrig ansah und der Vergleichsabschluss die Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen damit nur in den Impugnationsstreit verlagert hätte. Anders als in den der oben zitierten Rechtsprechung zugrunde liegenden Fällen war es daher nicht die Klägerin, sondern die Beklagte, die das Zustandekommen des Vergleichs verhindert hat, weil sie Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vergleichsabschlusses äußerte, sollte die Klägerin auch das abgeänderte Eintragungsoffert als wettbewerbswidrig erachten. Zu prüfen bleibt, ob das Verhalten der Beklagten dennoch dahin beurteilt werden kann, dass sie ernstlich gewillt sei, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen.

Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Eintragungsoffert in seiner nunmehrigen Gestaltung nicht zur Irreführung geeignet ist. Das Rekursgericht hat dazu die Auffassung vertreten, dass nach wie vor leicht der Eindruck erweckt werden könnte, „es handle sich um eine Eintragung in das gerichtliche Firmenbuch und es seien im Zusammenhang damit oder im Zusammenhang mit einer gesetzlich gebotenen Veröffentlichung der Firmenbucheintragung Kosten entstanden".

Diese Auffassung erscheint zu streng:

Die erste Seite des Werbeschreibens trägt die Überschrift „FIREG - Firmenregister Firmendateneintragung"; rechts unterhalb wird - allerdings in etwas kleinerem Druck - offengelegt, dass es sich um ein "Eintragungsoffert zur Registrierung Ihrer Firmenbuchdaten" handelt. Wer dies überlesen und - trotz der Überschrift - annehmen sollte, dass es sich um eine Vorschreibung des Firmenbuchgerichts handle, dem muss jedenfalls durch die in der Fußzeile angegebene Postanschrift „Firmenregister Forsthofer Sonja..." und die auf dem Zahlschein oberhalb der Rubrik für die Unterschrift abgedruckte Bezeichnung des Empfängers („Firmenregister Forsthofer Sonja...") bewusst werden, dass er keine amtliche Vorschreibung, sondern eine private Werbung vor sich hat.

Anders als in dem der Entscheidung 4 Ob 1/02d (= ecolex 2002/176 - Internet-Branchenverzeichnis) zugrundeliegenden Fall wird hier auch kein Begriff verwendet, der - wie Korrekturabzug (4 Ob 1/02d) - darauf schließen ließe, dass es nur um die Ausführung eines bereits gegebenen Auftrags oder einer ohnehin bestehenden Verpflichtung gehe. Der Zahlschein ist auch nicht auf den ersten Blick sichtbar, weil er zwar durch eine perforierte Linie mit dem Werbeschreiben verbunden, aber seitlich zurückgeklappt ist. Dass mit der „Kostenaufstellung" ein Zahlschein verbunden ist, merkt der Adressat daher erst, wenn er sich näher mit dem Werbeschreiben befasst. Dann ist es aber - wegen der deutlichen Bezeichnung des Firmenregisters und seiner Inhaberin - ausgeschlossen, dass er das Schreiben für eine amtliche Vorschreibung hält.

Das Eintragungsoffert ist demnach in seiner geänderten Fassung nicht im Sinne des § 28a UWG zur Irreführung geeignet. Daraus folgt, dass die Beklagte nicht nur einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich angeboten hat, mit dessen Inhalt die Klägerin einverstanden war, sondern dass sie ihren Willen, sich künftig wettbewerbskonform zu verhalten, auch durch die Änderung des Eintragungsofferts dokumentiert, und nicht, wie die Klägerin behauptet, widerlegt hat. Dass die Beklagte aufgrund der Beanstandung ihres geänderten Eintragungsofferts durch die Klägerin Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Vergleichsabschlusses geäußert hat und es damit nicht mehr zum Abschluss des angebotenen Vergleichs gekommen ist, spricht nicht gegen die Ernsthaftigkeit ihres Willens, künftig Verstöße gegen § 28a UWG zu unterlassen. Die Beklagte hat damit nur ihr berechtigtes Interesse an der Klärung der für sie wesentlichen Frage, ob das geänderte Eintragungsoffert dem Gesetz entspricht, verfolgt; Zweifel an der durch das Vergleichsangebot dokumentierten Ernstlichkeit ihres Willens, die davon erfassten Wettbewerbsverstöße künftig zu erlassen, werden dadurch nicht erweckt. Der Beklagten ist es damit gelungen, den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu bescheinigen. Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

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