Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der Sachbeschluss des Erstgerichtes wieder hergestellt.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Eigentümer des Hauses *****, in dem der Antragsgegner von der Voreigentümerin die Wohnung top 2 gemietet hat. Dessen Mietvertrag vom 3. 12. 1992 sieht einen Hauptmietzins von S 1.979,19 mit einer mangels Angabe der Eckdaten unbestimmten Wertsicherungsvereinbarung vor.
In einem sowohl gegen die Voreigentümerin des Hauses als auch gegen den Antragsteller geführten Verfahren, das mit einem Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13. 10. 1998 rechtskräftig beendet wurde, hat der Antragsgegner gegen den nunmehrigen Antragsteller die Feststellung erwirkt, dass Letzterer durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 1.979,19 zu den Zinsterminen 1. 2. 1993 bis 1. 11. 1996 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich S 240,79 überschritten habe. Das darüber hinaus reichende Begehren für die Perioden 1. 12. 1992 bis 31. 1. 1993 wurde abgewiesen.
In einem zweiten Verfahren, das mit einem die erstinstanzliche Entscheidung bestätigenden Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. 1. 2000 seinen Abschluss fand, wurde festgestellt, dass der Antragsteller (als dortiger Antragsgegner) durch seine Mietzinsvorschreibungen im Zeitraum vom 1. 12. 1996 bis 30. 11. 1998 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß zunächst um monatlich S 240,79, dann um monatlich S 1.661,60, noch später um monatlich S 1.646,11 und zuletzt um monatlich S 1.894,70 überschritten habe. Die unterschiedlichen Überschreitungsbeträge waren darauf zurückzuführen, dass eine gemäß § 18 MRG bewilligte Mietzinserhöhung auslief.
In beiden Verfahren waren die befassten Gerichte davon ausgegangen, dass die verfahrensgegenständliche Wohnung zum Zeitpunkt ihrer Anmietung durch den Antragsgegner weder über einen Wasseranschluss noch über ein WC im Inneren verfügte.
Der nunmehrige Antragsteller hat dem Antragsgegner auch während der Anhängigkeit der beiden Verfahren den Hauptmietzins auf Grundlage der Mietzinsvereinbarung vom 3. 12. 1992 vorgeschrieben und setzte diese Vorschreibungen auch nach Zustellung der zweiten rekursgerichtlichen Entscheidung am 24. 2. 2000 fort. Der nunmehrige Antragsgegner kam diesen Vorschreibungen nach, ließ aber dann dem Antragsteller durch seinen Vertreter nachstehendes Schreiben vom 13. 5. 2000 übermitteln:
"Laut nunmehr rechtskräftigem Sachbeschluss wurde wiederholt bestätigt, dass die Wohnung der Ausstattungskategorie D entspricht. Unser Mitglied wird daher ab Juni 2000 nur mehr einen Betrag von S 1.836,91 (HMZ öS 333,08 + BK öS 1.238,84 + 10 % USt) bezahlen. Wir ersuchen um dementsprechende Berichtigung der Vorschreibung. Um uns und Ihnen ein weiteres Verfahren zu ersparen, ersuchen wir bezüglich des noch offenen Zeitraumes von 12/98 bis 5/00 um Bezahlung des Überschreitungsbetrages von öS 33.346,72 mit beiliegendem Erlagschein an uns zur Weiterleitung an unser Mitglied."
Dies veranlasste den Antragsteller tatsächlich, dem Antragsgegnervertreter den geforderten Betrag von S 33.346,72 anzuweisen, und zwar am 2. 6. 2000.
Am 11. 8. 2000 stellte der Antragsteller bei der zuständigen Schlichtungsstelle den Antrag, es möge festgestellt werden, dass die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses ab 1. 12. 1998 in Höhe von S 1.979,79 wertgesichert auf den Verbraucherpreisindex 1986, Stand Dezember 1992, zulässig sei. Das Verfahren ist dann gemäß § 40 Abs 1 MRG (nach einer den Antrag abweisenden Entscheidung der Schlichtungsstelle) zu Gericht gelangt.
Der Antragsgegner reagierte auf das Feststellungsbegehren des Antragstellers mit dem Zwischenantrag auf Feststellung, dass der Hauptmietzins für die verfahrensgegenständliche Wohnung zum Stichtag 1. 12. 1998 monatlich S 8,60 pro m2 Nutzfläche beträgt und nach den Bestimmungen des § 16 Abs 6 MRG für Wohnungen der Ausstattungskategorie D zu valorisieren sei.
Zum beiderseitigen Vorbringen ist nur zu sagen, dass die Frage der Präklusion einer weiteren Überprüfung der Mietzinsvereinbarung bzw deren Sanierung durch Ablauf der in § 16 Abs 8 MRG normierten 3-Jahres-Frist strittig ist.
Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren des Antragstellers ab, gab jedoch dem gegnerischen Zwischenfeststellungsantrag statt. Auf die Begründung dieser Entscheidung wird noch einzugehen sein. Das Rekursgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend ab, dass es feststellte, dass für die verfahrensgegenständliche Wohnung die Vorschreibung eines monatlichen Nettohauptmietzinses von S 1.979,79 (Euro 143,88) durch den Antragsteller ab 1. 6. 2000 zulässig sei. Gleichzeitig wies es den Zwischenfeststellungsantrag des Antragsgegners ab. Es ging dabei von folgenden rechtlichen Erwägungen aus:
Nach dem mit dem 3. WÄG eingeführten § 16 Abs 8 MRG müsse die (Teil-)Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung binnen 3 Jahren gerichtlich bzw bei der Gemeinde geltend gemacht werden. Nachdem vorerst die Geltung dieser Bestimmung für vor dem 1. 3. 1994 geschlossene ("alte") Mietzinsvereinbarungen strittig war, habe die Rechtsprechung in der Folge § 16 Abs 8 MRG auch auf "alte" Mietzinsvereinbarungen angewendet, allerdings mit der Maßgabe, dass der Lauf der 3-Jahresfrist erst mit 1. 3. 1994 begann und damit am 1.3.1997 endete. Wegen des durch die Wohnrechtsnovelle 1999 neu eingefügten und mit der Wohnrechtsnovelle 2000 wieder aufgehobenen § 44 MRG sei dann im Zeitraum zwischen 1. 9. 1999 und 30. 6. 2000 die Geltendmachung der Teilnichtigkeit "alter" Vereinbarungen ohne Rücksicht auf die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 wieder möglich gewesen. Damit sei die Überprüfung der Mietzinsvereinbarung vom 3. 12. 1992 nunmehr gemäß § 16 Abs 8 MRG präkludiert, zumal der Antragsgegner sein (Zwischen-)Feststellungsbegehren erst mit Schriftsatz vom 18. 10. 2000 erhoben habe.
Die Mietzinsüberprüfung gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG eröffne vielfältige Möglichkeiten der Antragstellung, um generell und umfassend zu klären, wie hoch der vom Mieter zu bezahlende Hauptmietzins ist. Damit bestehe auch keine Notwendigkeit, dem Mieter, der ohne Not mehrere Mietzinsüberprüfungsanträge stellt, bei der Präklusion entgegenzukommen. Es sei vielmehr von ihm zu fordern, die vermeintliche Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung innerhalb der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG umfassend feststellen zu lassen. Ein derart umfassendes Feststellungsbegehren habe der Antragsgegner jedoch niemals gestellt; die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sei vielmehr in beiden Vorverfahren nur Vorfrage gewesen. In keinem dieser Verfahren sei allgemein (nicht auf bestimmte Zinsperioden bezogen) über die zulässige Höhe des Mietzinses abgesprochen worden. Soweit das Erstgericht den Standpunkt vertrat, es sei einem Vermieter, der eine eingeschränkte Mietzinsüberprüfung über den eigentlichen Streitgegenstand hinaus (durch Rückzahlung auch nicht streitverfangener Beträge) akzeptierte, verwehrt, nach Ablauf der Präklusivfrist den Mietzins entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung zu begehren, sei auszuführen, dass der Antragsteller von der Vorschreibung des vereinbarten Mietzinses nie abgegangen sei und lediglich über Aufforderung des Antragsgegners, wieder bezogen auf einen bestimmten Zeitraum, nämlich 12/98 bis 5/00, eine Mietzinsrückzahlung geleistet habe. Die daraus abgeleitete konkludente Änderung des Mietvertrages vom 3. 12. 1992 liege - abgesehen davon, dass diese im streitigen Verfahren geltend zu machen wäre - nicht vor, weil der Antragsteller ungeachtet seiner Rückzahlung nach wie vor den Mietzins entsprechend dem Vertrag vom 3. 12. 1992 vorgeschrieben habe. Damit könne nicht unzweifelhaft angenommen werden, dass seitens des Antragstellers der Rechtsfolgewille bestanden habe, den Mietvertrag vom 3. 12. 1992 dahin abzuändern, dass nunmehr der Hauptmietzins der Kategorie D zwischen den Parteien als vereinbart gelten solle.
Grundsätzlich sei damit der Sachantrag des Antragstellers berechtigt. Da ein Wertsicherungsbegehren eine entsprechende Vereinbarung voraussetze, die Wertsicherung im gegenständlichen Mietvertrag aber mangels Anführung der Eckdaten unbestimmt sei, habe ihm allerdings insoweit nicht entsprochen werden können, als der Antragsteller die Feststellung einer Wertsicherung auf Basis des Verbraucherpreisindex 1986, Stand Dezember 1992, begehrte.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf die ziierte höchstgerichtliche Judikatur nicht zulässig sei.
Der Antragsgegner hat den rekursgerichtlichen Sachbeschluss mit ao Revisionsrekurs angefochten. Er meint iSd noch darzustellenden Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 3. 12. 1992, die ja eindeutig dem § 16 Abs 2 Z 4 MRG in der damals geltenden Fassung widersprochen habe, keineswegs präkludiert sei. Die Rückzahlung eingehobener Hauptmietzinse, über die gar keine Entscheidung des Gerichts vorgelegen sei, könne nur als Anerkenntnis der Unwirksamkeit der ursprünglichen Mietzinsvereinbarung gewertet werden. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung entweder so abzuändern, dass der Sachbeschluss der ersten Instanz wieder hergestellt wird oder sie aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eine der beiden Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Dem Antragsteller wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in seiner Revisionsrekursbeantwortung mit dem Hinweis auf die Rechtsausführungen des Rekursgerichtes die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels bzw die Bestätigung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den noch darzulegenden Gründen zulässig und iS seines Abänderungsantrags auch berechtigt.
Schon das Erstgericht hat unter Berufung auf Vonkilch (Mietzinsüberprüfung für bestimmte Zinstermine und Lauf der Präklusivfrist nach § 16 Abs 8 MRG, WoBl 2000, 138 ff, eine Besprechung der Entscheidung 5 Ob 170/99g) den Standpunkt vertreten, dass es einem Vermieter, der das Ergebnis einer eingeschränkten Mietzinsüberprüfung über den eigentlichen Streitgegenstand hinaus akzeptierte, verwehrt sei, sich nach Ablauf der Präklusionsfrist wieder an der ursprünglichen Mietzinsvereinbarung zu orientieren. Ein solcher Fall liege hier vor, weil der Vertreter des Antragsgegners in seinem Schreiben vom 13. 5. 2000 ausführlich darlegte, dass er seinen über den Überprüfungszeitraum hinausreichenden Rückzahlungsanspruch auf die Einstufung der verfahrensgegenständlichen Wohnung in die Ausstattungskategorie D gründe. Wenn nun der Antragsteller den geforderten Betrag ohne Weiteres zurückzahlte, habe diese Handlungsweise vom Antragsgegner nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs nicht anders aufgefasst werden können, als dass ein Vertragspartner nunmehr die Vorschreibung des Mietzinses auf Basis der Ausstattungskategorie D anerkennt. Dies umso mehr, als es dem Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt infolge der damaligen Geltung des § 44 MRG noch ohne Weiteres möglich gewesen wäre, ein umfassendes Feststellungsbegehren zu erheben. Es sei somit von einer konkludenten Änderung der Mietzinsvereinbarung auszugehen.
Der erkennende Senat teilt diese Rechtsansicht.
Richtig ist, dass die beiden mit der Überprüfung der verfahrensgegenständlichen Mietzinsvereinbarung befassten Vorverfahren zu keiner Unterbrechung des Laufs der in § 16 Abs 8 MRG normierten, analog auch für "Altverträge" anwendbaren Präklusionsfrist geführt haben. Die Unterbrechung hätte nämlich zur Voraussetzung gehabt, dass die Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung Verfahrensgegenstand und nicht bloß Vorfrage der Überprüfung konkreter Mietzinsvorschreibungen war (WoBl 2000/79; WoBl 2002/60; WoBl 2002/61; WoBl 2002/62; WoBl 2002/116), was auf die beiden Vorverfahren nicht zutrifft. ISd bereits erwähnten Ausführungen von Vonkilch ist jedoch im konkreten Fall von einem konkludenten Anerkenntnis des Antragstellers auszugehen, dass der für die verfahrensgegenständliche Wohnung zu zahlende Hauptmietzins dem Kategorie D-Zins entspricht. Ein (wenn auch nicht mit der Feststellungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung) erzieltes Ergebnis der beiden Mietzinsüberprüfungsverfahren bestand nämlich darin, dass die vom Antragsgegner gemietete Wohnung im maßgeblichen Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses weder über eine Wasserentnahmestelle noch über ein Klosett im Inneren verfügte und somit die Vereinbarung eines den Kategorie-D-Zins übersteigenden Hauptmietzinses gar nicht zulässig gewesen wäre. Darauf hat der Antragsgegner hingewiesen, als er die Rückzahlung des zu viel gezahlten Hauptmietzinses nicht nur für die gerichtlich überprüften Zeiträume, sondern darüber hinaus bis zum damals aktuellen Zinszahlungstermin forderte. Die gänzliche Erfüllung dieser Forderung konnte, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, aus der Sicht des Antragsgegners nur als schlüssiges Anerkenntnis des damals (nach § 44 MRG idF der WRN 1999) noch aufrechten Anfechtungsanspruchs des Antragsgegners gewertet werden, sodass iSd § 1497 ABGB die mit der Aufhebung des § 44 MRG durch die WRN 2000 für "Altverträge" wieder aktualisierte Präklusionsfrist frühestens im Juni 2000 beginnen konnte, falls nicht überhaupt von einer neuen Präklusionsfrist für die Anfechtung der mit diesem Zeitpunkt abgeänderten Mietzinsvereinbarung auszugehen ist.
Dass für ein solches Anerkenntnis nur die Änderung der Mietzinsvorschreibungen in Frage käme, wie der Antragsteller aus dem zitierten Aufsatz von Vonkilch herauszulesen glaubt, trifft nicht zu. Die scheinbar exklusive Beschäftigung dieses Autors mit diesem speziellen Fall hat lediglich mit dessen Häufigkeit zu tun. Vonkilch hat vielmehr ganz allgemein auf die nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (konkret nach § 863 Abs 2 und § 914 ABGB) zu prüfende Maßgeblichkeit von Handlungsweisen des Vermieters nach der gerichtlichen Feststellung der Unzulässigkeit einzelner Mietzinsvorschreibungen hingewiesen. Er hat, was gerade im konkreten Fall Beachtung erfordert, auch erwähnt, dass ein bewusstes Spiel mit Zweideutigkeiten (hier das mit der Beseitigung des § 44 MRG durch die WRN 2000 zusammenfallende Festhalten an den überhöhten Mietzinsvorschreibungen trotz gänzlicher Erfüllung der Rückzahlungsforderung) nicht schutzwürdig wäre.
Zu prüfen bleibt damit nur das auch vom Rekursgericht für die Sanierung der strittigen Mietzinsvereinbarung ins Treffen geführte Argument, dass dem Außerstreitrichter in einem Msch-Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG die Feststellung und Würdigung eines Anerkenntnisses der Unwirksamkeit einer angefochtenen Mietzinsvereinbarung bzw der Rechtswirksamkeit einer Neuerungsvereinbarung verwehrt sei. Das ist jedoch zu verneinen. Es geht dabei um eine Vorfrage für die Beurteilung des zulässigen Hauptmietzinses, die vom Außerstreitrichter zu lösen ist (vgl MietSlg 39.503; MietSlg 41.370;
MietSlg 41/23; 5 Ob 90/91; 5 Ob 2/92 = EWr I/37/12; MietSlg 44/11; 5
Ob 157/92 = EWr I/37/27; MietSlg 50.473).
Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
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