OGH 8ObA77/02k

OGH8ObA77/02k19.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Ing. Wilhelm Sturm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. Hermann W*****, vertreten durch Mondl & Partner, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Insolvenzverwaltung H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz, Mag. Dr. Wolfgang Fromherz und Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 7.223,24 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. September 2001, GZ 7 Ra 380/00d-43, womit aus Anlass der Berufungen beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24. Mai 2000, GZ 18 Cga 332/97t-32, sowie das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war seit 1. 2. 1990 Angestellter einer Baugesellschaft mbH, die am 6. 2. 1996 in Konkurs verfiel. Zur Masseverwalterin wurde die Beklagte bestellt. Das Dienstverhältnis des Klägers endete am 13. 2. 1996 durch vorzeitigen Austritt.

Am 16. 7. 1993 wurde vom Kläger und zwei weiteren Gesellschaftern eine Objektverwertung GesmbH gegründet und der Kläger ab 28. 8. 1993 als handelsrechtlicher Geschäftsführer eingetragen. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 30. 12. 1996 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen und die Gesellschaft ins Liquidationsstadium überführt. Mit Treuhandvertrag verpflichteten sich die drei Gesellschafter gegenüber der späteren Gemeinschuldnerin, ihre Gesellschafterrechte nach deren Anweisungen auszuüben, der Treugeber verpflichtete sich, den Treuhändern alle Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die sich aus ihrer Rolle als Gesellschafter bzw als Treuhänder ergeben.

Mit seiner am 17. 11. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zuletzt die Zahlung von ATS 99.394 sA als Massefoderung, eventualiter die Feststellung, "dass nicht zugesprochene Teilbeträge Konkursforderungen seien". Der "Verlust" des Klägers ergebe sich aus der Gegenüberstellung der vom Kläger an die Objektverwertung GesmbH geleisteten Zahlungen zu den Einnahmen der Gesellschaft, wonach sich ein Saldo zu Lasten des Klägers von ATS 71.644,00 errechne. Hiezu kämen die nach dem Rechtsanwaltstarif abgerechneten Leistungen des Klägers, für die ein Teilbetrag von ATS 27.750,00 (einschließlich USt) begehrt werde. Bei der Verwertung einer Liegenschaft in Ungarn seien Schwierigkeiten aufgetreten. Der Kläger habe daher über dienstlichen Auftrag der Gemeinschuldnerin vom 9. 7. 1993 die Objektverwertung GesmbH gegründet und die "Treuhandlösung" entwickelt. Er habe dafür von der Gemeinschuldnerin eine Prämie erhalten. Die Gesellschaft mbH habe bis zur Aufnahme einer späteren operativen Tätigkeit gleichsam "kostengünstig geparkt" werden sollen. Lediglich zur Verschleierung einer Verbindung zur Gemeinschuldnerin habe der Kläger zum Schein zwei Freunde als Gesellschafter bzw Treuhänder "eingesetzt". Der Kläger habe zunächst am 12. 9. 1993 allein das Stammkapital von ATS 250.000 aufgebracht, sich dieses aber am 17. 9. 1993 als "Gesellschafterdarlehen" wieder zurückgezahlt. Nach Konkurseröffnung habe der Kläger von der Beklagten den Auftrag zur Liquidierung der Gesellschaft mbH erhalten. Schließlich habe er mit Schreiben vom 28. 2. 1997 den Treuhandvertrag vorzeitig aus wichtigem Grund gelöst. Um die Mitgesellschafter nicht zu belasten, habe der Kläger das Gesellschaftskapital am 2. 12. 1996 samt den Zinsen für die "Gesellschafterdarlehen" wieder eingezahlt. Da die Gesellschaft verschiedene Kosten habe tragen müssen, sei nach der Liquidation nicht mehr das gesamte ursprüngliche Stammkapital vorhanden gewesen. Der dem Kläger somit entstehende Ausfall hinsichtlich seiner Rückforderungsansprüche stelle einen Schaden dar, der ihm vom Dienstgeber zu ersetzen sei. Da einerseits die Beklagte in den Dienstvertrag mit dem Kläger eingetreten und andererseits der Schaden für den Kläger erst nach der Eröffnung des Konkurses entstanden sei, handle es sich um eine Masseforderung. Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, es habe kein Zusammenhang zwischen der Objektverwertung GesmbH und dem Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Gemeinschuldnerin bestanden. Der Gründung der Gesellschaft mbH sei auch kein dienstlicher Auftrag vorausgegangen, vielmehr habe der Kläger selbst das Geschäft vorgeschlagen und noch eine weitere Gesellschaft gegründet. Der Kläger habe zwar den zurückzuzahlenden Betrag an Stammkapital zuzüglich Zinsen von ATS 283.958,33 am 2. 12. 1996 eingezahlt, jedoch das Geld daraufhin wieder rechtswidrig abgehoben. Insoweit habe die Beklagte den Kläger und seine Mitgesellschafter klagsweise in Anspruch genommen. Der Kläger habe im Konkurs eine Forderung von insgesamt ATS 70.717 als Konkursforderung angemeldet. Die Forderung sei vom Masseverwalter bestritten worden. Die nun geltend gemachte Forderung sei mit der im Konkurs angemeldeten nicht ident, weshalb das Eventualbegehren unzulässig sei. Eine Masseforderung liege nicht vor. Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Leistungsbegehren zur Gänze ab und stellte fest, dass die im Konkurs der Gemeinschuldnerin am 28. 3. 1996 angemeldete Forderung von ATS 70.717 im Ausmaß von ATS 17.197,65 eine Konkursforderung des Klägers darstelle. Das darüber hinausgehende Eventualmehrbegehren wies es ab. Der Kläger sei für die Gemeinschuldnerin als "Sonderbeauftragter" im Angestelltenverhältnis tätig gewesen. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe den Kläger beauftragt, ein in Ungarn betriebenes Bauprojekt "wieder in Schwung zu bringen". Für diese Tätigkeit sollte der Kläger keine weitere Bezahlung erhalten, weil diese dem Aufgabenkreis eines "Sonderbeauftragten" entsprach. Infolge verschiedener sich bei der Projektabwicklung ergebender Schwierigkeiten habe der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin im Sommer 1993 die Idee gehabt, für finanzielle Transaktionen eine "österreichische Dependance" zu gründen, für deren juristische Ausformung der Kläger Vorschläge erarbeiten sollte. Es sei daraufhin vom Kläger die Objektverwertung GesmbH als "Briefkastenfirma" gegründet worden. Die Gesellschaft sollte "praktisch nichts kosten", weshalb der Kläger zunächst das Gesellschaftskapital aufgebracht und es in der Folge der Gesellschaft wieder entzogen habe. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin sei davon ausgegangen, dass die Gesellschaft, wenn sie keine operative Tätigkeit entwickelt, höchstens ATS 50.000 "kostet". Der Kläger habe auch die Treuhandkonstruktion, um die Beziehung zur Gemeinschuldnerin zu verschleiern, vorgeschlagen. Sitz der Gesellschaft sei wie auch für eine weitere von ihm als "Abschreibungsgesellschaft" konzipierte Gesellschaft die Wohnung des Klägers gewesen. Weder der Gesellschaftsvertrag noch der Treuhandvertrag habe die wahre Absicht der beiden weiteren Gesellschafter widergespiegelt. Diese haben ihre Gesellschafterstellung als "Pro-forma-Sache" angesehen, ohne die wahren wirtschaftlichen Hintergründe zu kennen. Auch der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin sei davon ausgegangen, dass diese beiden Gesellschafter eine rein formelle Funktion haben. Es sei von allen Beteiligten beabsichtigt gewesen, dass der Kläger Alleingesellschafter sei. Der Kläger habe als tatsächlicher Allein-Gesellschafter auch alleiniger Treuhänder der Gemeinschuldnerin sein sollen. Eine aliquote Abgeltung von in der Privatwohnung des Klägers entstehenden Aufwendungen wie Miete, Kommunikationsmedienkosten und Büroinfrastruktur sei zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nicht vereinbart worden. Die vom Kläger in seiner Forderungsanmeldung als "KöSt II" angemeldete Forderung von ATS 3.750 sei die Körperschaftssteuer für das zweite Quartal 1996 und demnach erst nach Konkurseröffnung fällig geworden.

Am 28. 3. 1996 haben der Kläger und die beiden weiteren Gesellschafer im Konkurs der Gemeinschuldnerin folgende Forderung angemeldet:

Bankverbindlichkeiten

ATS 38.217,--

Verbindlichkeiten gegenüber MAB

ATS 3.750,--

KöSt "II/1996"

ATS 3.750,--

Kosten der Gesellschaftsauflösung

ATS 25.000,--

ATS 70.717,--.

Zur Begründung sei ausgeführt worden, die Gemeinschuldnerin sei auf Grund des 1993 geschlossenen Treuhandvertrages verpflichtet gewesen, den Gesellschaftern alle Schäden zu ersetzen, die durch die Rolle als Gesellschafter der Objektverwertung GesmbH entstehen. Da diese Gesellschaft nunmehr ihren Gesellschaftszweck nicht mehr verfolgen könne, sei sie aufzulösen. Dementsprechend würden alle Passiva sowie die Kosten der Gesellschaftsauflösung einen Verlust (= Schaden) für die Gesellschafter bedeuten.

ATS 38.217 stellten den Negativsaldo des Gesellschaftskontos zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung dar. Der Grund der Forderung von ATS

3.750 gegenüber der MAB lasse sich nicht feststellen. Die Forderung von ATS 25.000 als "Kosten der Geschäftsauflösung" stellten eine Schätzung des Klägers für Ediktskosten udgl dar. Es handle sich aber hier schon nach dem Wortsinn um keine vor Konkurseröffnung entstandene Forderung. Die angemeldeten Forderungen seien vom Masseverwalter bestritten worden.

Der Kläger habe am 2. 12. 1996 auf Grund Aufforderung der Beklagten den Betrag von ATS 283.958,33 (Gesellschaftskapital ATS 250.000, Zinsen für das Gesellschafterdarlehen ATS 33.958,33) auf das Konto der Objektverwertung GesmbH eingezahlt. Das Konto sei anschließend dadurch auf Null gestellt worden, dass der Kläger das Guthaben von ATS 212.002,05 behoben und auf ein auf seinen Namen lautendes Konto überwiesen habe. Der Kläger habe daher per 2. 12. 1996 auf seine Aufwendungen für die Objektverwertung GesmbH insgesamt ATS 71.956,28 nicht erhalten.

Zur rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, im Vordergrund stehe die Abgrenzungsfrage zwischen Masseforderung und Konkursforderung. Der Kläger sei als einer der drei Konkursgläubiger nur im Ausmaß seiner Beteiligung an der Objektverwertung GmbH, somit mit 45 % forderungsberechtigt. Daran ändere auch nichts, dass der Kläger letztendlich als Alleingesellschafter anzusehen sei, weil die Differenz von 55 % vom Kläger nicht im Konkurs angemeldet worden sei. Masseforderungen könnten nur jene Zahlungen des Klägers für die Objektverwertung GesmbH sein, denen der Masseverwalter ausdrücklich oder schlüssig zugestimmt habe. Eine ausdrückliche Übernahme der Ersatzverpflichtung der Gemeinschuldnerin durch die Masseverwalterin sei nicht erfolgt, vielmehr habe deren Geschäftsführer den Kläger am 1. 3. 1996 angewiesen, "nichts zu tun" bzw sich "ruhig zu verhalten". Auch sei kein schlüssiger Eintritt erfolgt, weil der Kläger die Masseverwalterin erst am 23. 12. 1996 davon informiert habe, dass die Zinsen für das "jedenfalls zu verzinsende Darlehen an Gesellschafter ... logischerweise vom Treugeber zu ersetzende Refinanzierungskosten" seien. Es sei auch nicht hervorgekommen, dass die Masseverwalterin diese Darlehenszinsen nachträglich als Masseforderung anerkannt habe. Die Beklagte sei auch nicht in den Dienstvertrag mit dem Kläger eingetreten, weil der Kläger der Beklagten sieben Tage nach Konkurseröffnung seinen berechtigten vorzeitigen Austritt erklärt und damit das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet habe. Auch ergebe sich aus der Vertrauenstheorie, dass die Beklagte nicht gebilligt habe, der Kläger dürfe gegen Rückersatz durch sie die nach Konkurseröffnung entstandenen Schulden der Gesellschaft begleichen. Dies gelte sowohl für die Körperschaftssteuer und Bankspesen ab 25. 3. 1997 als auch Notar- und Steuerberatungskosten ab 28. 9. 1997, welche alle nach dem Liquidationsbeschluss vom 30. 12. 1996 angefallen seien. Ein Treuhandverhältnis sei zwischen dem Kläger und den beiden weiteren Gesellschaftern einerseits und der Gemeinschuldnerin andererseits nicht begründet worden, weil die Gemeinschuldnerin dem Kläger kein Gesellschaftskapital zur Verfügung gestellt, sondern nur den Ersatz der vom Kläger bevorschussten Errichtungskosten zugesagt habe. Es liege daher tatsächlich ein Auftragsvertrag vor. Gesellschafts- und Treuhandvertrag seien hinsichtlich der beiden Mitgesellschafter des Klägers als bloßes Scheingeschäft zu beurteilen. Unter Berücksichtigung des Vertragszwecks sei davon auszugehen, dass dem Kläger von der Gemeinschuldnerin der Ersatz der Mindest-Körperschaftssteuer sowie der zwangsläufig anfallenden Zinsen für das Gesellschafterdarlehen als Folge der besprochenen Wiederentnahme des Gesellschaftskapitals und sonstiger mit dem "Parken" der Objektverwertung GesmbH verbundener Kosten zugesagt worden sei. Der vorliegende Prozess sei grundsätzlich als "hilfsweiser Prüfungsprozess" zu werten. Damit ergebe sich die Frage, ob der Kläger im Konkurs überhaupt Forderungen angemeldet habe, die im hiesigen Verfahren unter diesem Blickwinkel geprüft werden könnten. Dies treffe nur für die erste Position der Forderungsanmeldung (Bankverbindlichkeiten ATS 38.217) zu. Hinsichtlich der Position "Verbindlichkeiten gegenüber MAB" habe nicht einmal der Kläger einen Zusammenhang mit der Objektverwertung GesmbH herstellen können. Die Körperschaftssteuer für das zweite Quartal des Jahres 1996 sei schon deshalb keine Konkursforderung, weil sie erst nach Konkurseröffnung angefallen sei. Dies treffe auch für die Kosten der Gesellschaftsauflösung zu, weil es sich dabei bloß um eine Schätzung erst nach Konkurseröffnung entstehender Kosten handle. Der Kläger habe nicht rasch die Konsequenzen aus einem geschäftlichen Misserfolg gezogen, sondern versucht, den Schaden durch Herbeiargumentieren einer voll zu bezahlenden Masseforderung zu "mindern". Er habe daher seine Aufwendungen für die Objektverwertung GesmbH ab der Konkurseröffnung selbst zu tragen. Eine Entlohnung des Klägers komme nur in seiner Funktion als Angestellter der Gemeinschuldnerin in Frage, nicht jedoch nach den Ansätzen des Rechtsanwaltstarifs.

Soweit rechnerisch nachvollziehbar, stellte das Erstgericht daher den der 45 %-igen Gesellschaftsbeteiligung des Klägers entsprechenden Anteil der ersten Position der Forderungsanmeldung (Bankverbindlichkeiten ATS 38.217), welche es als Ergebnis der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der Objektverwertung GesmbH erkannte, als Konkursforderung fest.

Das Gericht zweiter Instanz hob aus Anlass der Berufungen beider Parteien das angefochtene Urteil sowie das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Ohne auf das Leistungsbegehren einzugehen, führte es nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs zur rechtlichen Beurteilung aus, Gegenstand des Prüfungsprozesses könne nur der Teilnahmeanspruch des Gläubigers sein, wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung war. Im Prüfungsprozess sei nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung zulässig, die in der Anmeldung ausreichend substanziiert und konkretisiert worden sei. Nur auf diese Weise könne die Identität der im Prüfungsprozess geltend gemachten mit der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung festgestellt werden. Zur Beurteilung der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens seien daher die als Konkursforderung angemeldeten Beträge von insgesamt ATS

70.717 der klagsweise geltend gemachten Forderung von ATS 99.394 gegenüberzustellen. Betrachte man die vom Kläger gemeinsam mit seinen beiden Mitgesellschaftern erstattete Forderungsanmeldung, zeige sich, dass diese unter Hinweis auf den Treuhandvertrag als anspruchsbegründende Tatsache alle Passiva sowie die Kosten der notwendigen Gesellschaftsauflösung als Schaden der Gesellschafter geltend gemacht haben, ohne eine nähere Konkretisierung vorzunehmen. Im nunmehrigen Feststellungsbegehren scheine der Kläger allein im Wesentlichen den Ersatz des von allen drei Gesellschaftern einbezahlten Stammkapitals zuzüglich eines Aufwandersatzes für die Tätigkeit als Treuhänder zu verlangen, wobei die ziffernmäßig angegebenen Beträge in keiner Weise mit den in der Forderungsanmeldung im Konkurs aufgelisteten Positionen übereinstimmten. Die Identität der im Konkurs angemeldeten mit den im Prüfungsprozess geltend gemachten Beträgen sei daher zu verneinen. Ein Mangel in der Substanziierung und Konkretisierung einer angemeldeten Konkursforderung könne auch nicht durch ergänzendes Vorbringen im Prüfungsprozess, sondern nur durch eine neuerliche, den Erfordernissen des § 103 KO entsprechende Forderungsanmeldung behoben werden. Der Geltendmachung einer im Konkursverfahren nicht angemeldeten bzw nicht ausreichend substanziierten Forderung stehe das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen, das über den Anspruch trotzdem abgeführte Verfahren sei nichtig.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist auch bei Zurückweisung eines Eventualbegehrens in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (5 Ob 170/01p); es kommt ihm auch Berechtigung zu.

Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung 8 Ob 10/93 = ÖBA

1996, 487 = RdW 1996, 411 = ecolex 1996, 98 dargestellt hat, kann

eine nicht anzumeldende Masseforderung jederzeit durch Leistungsklage geltend gemacht werden (§ 124 Abs 3 KO). Wird der Zuspruch einer solchen Forderung als Masseforderung begehrt, kann sie allerdings nicht als Konkursforderung festgestellt werden, weil damit ein aliud zugesprochen würde (SZ 36/63; SZ 44/165; JBl 1987, 332; EvBl 1992/118). Es ist daher neben dem auf Zahlung aus der Masse gerichteten Leistungsbegehren ein Eventualbegehren auf Feststellung als Konkursforderung möglich, das bedingt für den Fall gestellt wird, dass das unbedingt gestellte Hauptbegehren nicht erfolgreich ist (1 Ob 564/84; 8 Ob 527/85; RZ 1993/2 ua). Es handelt sich dabei um eine Eventualklagehäufung, bei der ein Klageanspruch erstrangig und ein anderer Klageanspruch nur für den Fall der Erfolglosigkeit des erstrangigen Anspruchs gestellt wird; dabei kann es sich um gleiche, aber auch um in Widerspruch stehende oder einander sogar ausschließende Klagegründe handeln (Fasching ZPR2 Rz 1133; 8 Ob 10/93).

Liegt eine derartige Klagenhäufung vor, muss das Gericht immer zuerst über das Hauptbegehren verhandeln. Dieses muss bereits zur Abweisung spruchreif sein, bevor in die Verhandlung über das Eventualbegehren eingegangen werden darf. Eine Entscheidung über das Eventualbegehren vor Entscheidung über das Hauptbegehren ist unzulässig (Fasching aaO Rz 1134; 9 ObA 39/98w ua).

Während das Erstgericht prozessual richtig zuerst über das Haupt- und dann über das Eventualbegehren abgesprochen hat, hat das Berufungsgericht das Hauptbegehren weder im Spruch noch in den Gründen behandelt. Dies wird vom Berufungswerber zutreffend gerügt. Sämtliche Ausführungen in der Begründung der zweitinstanzlichen Entscheidung beziehen sich lediglich auf die eventualiter begehrte Feststellung als Konkursforderung, ohne das Leistungsbegehren und die auch insoweit in der Berufung erhobene umfangreiche Tatsachen-, Mängel- und Rechtsrüge auch nur zu berühren. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die vom Berufungsgericht angenommene Rechtswegunzulässigkeit sich lediglich auf das Feststellungsbegehren beziehen, keinesfalls jedoch die Leistungsklage umfassen kann, ist doch für diese - wie bereits dargestellt - die Anmeldung im Konkurs nicht Voraussetzung.

Während die Beklagte in ihrer Berufung naturgemäß nur die teilweise Stattgebung des Eventualbegehrens bekämpfte, hat der Kläger eingangs seiner Berufung ausdrücklich ausgeführt, das Urteil des Erstgerichts "in seinem gesamten Umfang" anzufechten und sodann den Berufungsantrag gestellt, das angefochtene Urteil in dem Sinne abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde. Es ist somit weder durch Rechtsmittelerklärung noch durch Rechtsmittelantrag eine Einschränkung des Entscheidungsgegenstandes des Berufungsgerichts dahin erfolgt, dass die Abweisung des Leistungsbegehrens nicht bekämpft werde.

Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Rechtsmittelverfahren vorerst die Berufung des Klägers in Ansehung des Hauptbegehrens zu erledigen und nur im Falle einer zumindest teilweisen Bestätigung des Ersturteils auf das Eventualbegehren einzugehen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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