OGH 12Os122/02

OGH12Os122/0218.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Holzweber, Dr. Zehetner und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weiser als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gabriele M***** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 26. September 2002, GZ 39a S Hv 110/02a-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, gemäß § 290 Abs 1 StPO auch in Ansehung des Angeklagten Christian M***** in den Schuldsprüchen A/I/1.a und b im Ausspruch, dass die Taten jeweils durch Erstattung falscher Versicherungsmeldungen, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Beweismittel begangen wurden, demgemäß auch in der rechtlichen Beurteilung des Betruges jeweils (auch) nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie im Strafausspruch hinsichtlich beider Angeklagten aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf die Kassation des Strafausspruchs verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen der Angeklagten Gabriele M***** auch die Kosten des Verfahrens über ihre Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.

Text

Gründe:

Gabriele M***** wurde des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (A/I/1.a und b) sowie des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (C/I/1. und 2.) schuldig erkannt.

Danach hat sie mit dem jeweils rechtskräftig mitverurteilten Christian M*****

"A) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Einbringung einer falschen Versicherungsmeldung, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung eines falschen Beweismittels, zu einer Handlung, nämlich zur Auszahlung des geltend gemachten Schadens, die diese bei Christian M***** um einen 40.000 EUR und bei Gabriele M***** um einen 2.000 EUR übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte,

I)

verleitet, und zwar

1. Christian M***** und Gabriele M***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB)

a) am 29. 08. 1998 in Schönau die ***** Versicherung, indem sie angaben, in ihrem Einfamilienhaus sei ein Einbruchsdiebstahl verübt worden und Bargeld und diverse Gegenstände gestohlen worden, um einen Betrag von EUR 9.668,82,

b) am 22. 04. 2000 in Leobersdorf die ***** Versicherung, indem sie angaben, der PKW Marke Opel Omega des Christian M***** sei von einem unbekannten Täter durch Kratzer schwer beschädigt worden, sowie es seien daraus diverse Gegenstände gestohlen worden, um einen Betrag von EUR 17.674,03.

C)

Zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, nämlich

I) ....

1. am 02. 09. 1998 in Günselsdorf, indem sie gegenüber Beamten des dortigen Gendarmeriepostens fälschlich angab, in ihr Einfamilienhaus sei am 29. 08. 1998 durch unbekannte Täter ein Einbruchsdiebstahl erfolgt,

2. am 22. 04. 2000 in Leobersdorf, indem sie gegenüber Beamten des dortigen Gendarmeriepostens fälschlich angab, der PKW Opel Omega des Christian M***** sei von unbekannten Tätern durch Zerkratzen schwer beschädigt worden und seien daraus durch Einbruch diverse Wertgegenstände gestohlen worden."

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 (richtig:) Z 4 und Z 9 lit b StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Beschwerde zuwider bedeutete die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf "Beischaffung der Gendarmerieakte hinsichtlich beider Wegweisungen des Christian M***** im November 2000 bzw April 2001 zum Beweis dafür, dass Christian M***** immer wieder, so wie von der Zweitangeklagten angegeben, gegen sie tätlich geworden ist und sie mit begründeter Angst die ihr zur Last gelegte Tat in dem Ausmaß, wie von ihr angegeben, getätigt hat" (303), keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Denn er verfehlt, indem er (bloß) auf den besonderen Milderungsumstand der Tatverübung aus Furcht (§ 34 Z 4 StGB) abstellt, schon insoweit sinnfällig die Kriterien entscheidungswesentlicher Relevanz. Die Ergänzung des in erster Instanz formulierten Beweisthemas, wonach (ferner) bewiesen werden sollte, "dass die Berufungswerberin damals in einer einem entschuldigenden Notstand gemäß § 10 StGB entsprechenden Situation sich befand" - wie vorliegend - (erst) in der Nichtigkeitsbeschwerde ist unbeachtlich, weil für die Prüfung eines Zwischenerkenntnisses durch den Obersten Gerichtshof nur jene Ausführungen maßgebend sein können, die dem erkennenden Gericht als Grundlage hiefür vorlagen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40, 41). Hinzu kommt, dass die antragsgegenständlichen Vorfälle vom November 2000 bzw April 2001 in keinem wie immer gearteten zeitlichen Zusammenhang mit den Tathandlungen aus August 1998 bzw April 2000 standen und das aus der Sicht des § 10 StGB wesentliche bedrohungsspezifische Imminenzkriterium zwangsläufig nicht berührten.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b), die unter Hinweis auf die Verfahrensergebnisse die Schuldunfähigkeit der Beschwerdeführerin darzulegen sucht, hält nicht am gegenteiligen Urteilssachverhalt fest und verfehlt damit eine prozessordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten war daher schon als offenbar unbegründet in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO).

Aus Anlass der unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, dass allenfalls den Schuldsprüchen zu A/I/1.a und b eine auch den rechtskräftig mitverurteilten Christian M***** benachteiligende, nicht geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO insoweit anhaftet, als das betrügerische Verhalten jeweils auch der Qualifikationsbestimmung des § 147 Abs 1 Z 1 StGB unterzogen wurde:

Als falsches Beweismittel nach § 147 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB kann eine echte, inhaltlich unrichtige Urkunde nur dann beurteilt werden, wenn ihr ein eigener Beweiswert zukommt. Dieses Erfordernis ist bei einer unrichtigen Schadensmeldung, die nur die unwahren Sachverhaltsbehauptungen eines Anspruchstellers gegenüber einem Versicherungsunternehmen umfasst, nicht erfüllt (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 147 Rz 36).

Da das Erstgericht erforderliche Feststellungen zum Inhalt der "falschen Versicherungsmeldungen" nicht traf, kommt eine sofortige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht in Betracht.

Somit war insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

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