OGH 3Ob267/02i

OGH3Ob267/02i18.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei A***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Tassilo Mayer, Rechtsanwalt in Wien, und der beigetretenen betreibenden Gläubigerin E***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Grogger, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing. Willy S*****, wegen 31.053,62 EUR und 51.407,96 EUR, je sA, infolge Revisionsrekurses der Buchberechtigten 1. Christa C***** und 2. Dr. Walter C*****, beide vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 9. September 2002, GZ 18 R 201/02s-28, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 10. Mai 2002, GZ 6 E 84/01y-22, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft, auf der im 4. Rang nach drei Pfandrechten zugunsten der beiden Revisionsrekurswerber (im Folgenden nur Buchberechtigte) ein Fruchtgenussrecht, somit eine Dienstbarkeit einverleibt ist. Im 5. Rang folgt ein weiteres Pfandrecht. Die 2. Buchberechtigte hatte die Liegenschaft mit einem darauf errichteten Haus dem Verpflichteten verkauft, wobei sich die 2. Buchberechtigte für sich und ihren Ehegatten, den 1. Buchberechtigten auf Lebensdauer des länger Lebenden das Fruchtgenußrecht am Vertragsgegenstand vorbehielt.

Die Buchberechtigten beantragten, in das Versteigerungsedikt gemäß § 170 EO folgenden Satz aufzunehmen: "Der Ersteher hat die nur nach dem MRG kündbaren Mietrechte und die Fruchtgenussrechte von ... und ... [Buchberechtigte] ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen."

Die betreibenden Parteien und der Verpflichtete sprachen sich gegen die Aufnahme dieses Zusatzes in das Versteigerungsedikt aus.

Der Erstrichter wies den Antrag der Buchberechtigten ab. Denn gemäß § 150 EO seien derartige Lasten nur dann ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, wenn ihnen der Vorrang vor dem im besten Rang befindlichen betreibenden Gläubiger oder Pfandgläubiger zukomme; dies sei hier aus im Einzelnen dargestellten Gründen nicht der Fall. Auch die Aufnahme eines Zusatzes in die Versteigerungsbedingungen, dass ein Mietrecht ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sei, sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Antrag der Buchberechtigten zurückgewiesen werde; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, fehle doch Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Änderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen iSd § 146 Abs 1 EO idF EO-Nov 2000.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, die zulässigen Änderungen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen seien in § 146 Abs 1 EO taxativ aufgezählt; andere Änderungen könnten daher weder bewilligt noch von Amts wegen angeordnet werden. Die von den Buchberechtigten begehrte Änderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen sei in der taxativen Aufzählung nicht vorgesehen, sodass der Antrag schon deshalb zurückzuweisen gewesen wäre. Die Buchberechtigten beantragten jedoch hier entgegen § 146 Abs 1 Z 4 EO in den Versteigerungsbedingungen festzulegen, dass eine Übernahme der Lasten ohne Anrechnung auf das Meistbot zu erfolgen habe. Die behaupteten Mietrechte stellten darüber hinaus keine Reallast dar. Eine zulässige Änderung iSd § 146 Abs 1 Z 4 EO liege nicht vor. Ob das Versteigerungsedikt bekämpft werden könnte, wenn nicht ausgesprochen werde, dass bestimmte Lasten ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind, müsse hier nicht geklärt werden. Gemäß § 146 Abs 2 EO seien die Änderungen der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen längstens binnen 14 Tagen nach Bekanntgabe des Schätzwerts zu beantragen. Dies gelte auch dann, wenn der Antragsteller gegen den Schätzwert gemäß § 144 EO Einwendungen erhebe. Verspätete Anträge seien zurückzuweisen. Hier sei der Antrag verspätet, weil die Zustellung des Beschlusses über die Bekanntgabe des Schätzwertes an die Buchberechtigten am 15. November 2001 erfolgt und der Antrag auf Abänderung der Versteigerungsbedingungen erst am 27. März 2002 verfasst worden sei. Der erstinstanzliche Beschluss sei daher mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Antrag der Buchberechtigten zurückgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs der Buchberechtigten ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Auf das vorliegende Zwangsversteigerungsverfahren sind die Vorschriften der EO idF EO-Nov 2000 BGBl I 2000/59 (im Folgenden EO nF) anzuwenden, weil der Exekutionsantrag nach dem 30. September 2000 bei Gericht einlangte (Art III Abs 1 EO-Nov 2000).

§ 150 EO nF regelt, welche Lasten vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot und welche in Anrechnung zu übernehmen sind. Auf Antrag kann vom Gericht mit Zustimmung des/der Berechtigten von § 150 EO nF Abweichendes festgelegt werden: Gemäß § 146 Abs 1 Z 4 EO nF ist bei voraussichtlichem Erzielen eines höheren Erlöses festzulegen, dass Dienstbarkeiten ... , denen der Vorrang vor dem Befriedigungsrecht des betreibenden Gläubigers oder einem eingetragenen Pfandrecht eines Gläubigers zukommt, vom Ersteher nicht oder nur unter Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sind. Die Bestimmung übernimmt damit die bis zur EO-Nov 2000 in § 150 EO aF vorgesehene Möglichkeit, auf Antrag eines Beteiligten und mit Zustimmung der Berechtigten abweichende Regelungen in Ansehung der ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmenden Dienstbarkeiten ... zu treffen. Solche Belastungen müssen zufolge § 150 Abs 1 EO nF dem betreibenden Gläubiger vorgehen (Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 146 Rz 19).

Der erkennende Senat hat nun bereits in seiner Entscheidung 3 Ob 318/01p (= EvBl 2002/148) ausgesprochen, nach dem Konzept der Neuregelung durch die EO-Nov 2000 seien nunmehr (abweichend von der früheren Rechtslage, welche die Vorlage von Versteigerungsbedingungen durch den betreibenden Gläubiger vorsah) der Zwangsversteigerung ohne weiters die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zugrunde zu legen, wenn nicht eine der in § 146 Abs 1 Z 1 bis 5 EO nF genannten Änderungen bewilligt oder angeordnet werde. Wie sich aus der Formulierung des Abs 1 ergebe, liege eine taxative Aufzählung der zulässigen Änderungen vor. Voraussetzung von Änderungen sei jeweils, dass dadurch voraussichtlich ein höherer Erlös zu erzielen sein werde (§ 146 Abs 1 erster Satz EO nF). Im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten ... seien nur dann ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, wenn sie - anders als hier - allen einverleibten Pfandrechten im Rang vorangingen. Davon kann bei vorliegenden Sachstand keine Rede sein. An der dargelegten Rechtsauffassung ist festzuhalten; dass § 146 EO nF eine taxative Aufzählung enthält, wird auch in der Literatur (Angst in Angst, EO, § 146 Rz 3; Neumayr aaO § 146 Rz 4) gebilligt.

Demnach ist das Rechtsmittel zurückzuweisen, ohne dass es auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Anträge der Buchberechtigten noch ankäme.

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