Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Richard P***** des Verbrechens (richtig: der Verbrechen) des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 12. Jänner 2002 in Hadersdorf am Kamp versucht, Reinhard R*****, Daniela L***** und Alexander F***** durch zahlreiche Stiche mit einem Messer gegen deren Körper zu töten. Die Geschworenen haben die anklagekonform jeweils auf versuchten Mord (an Reinhard R***** und Daniela L*****) lautenden Hauptfragen 1 und 2 stimmeneinhellig und die Hauptfrage 3 (versuchter Mord an Alexander F*****) mit 5 : 3 Stimmen bejaht. Die nur für den Fall der Verneinung der Hauptfragen gestellten Eventualfragen in Richtung der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 StGB) bzw der (vorsätzlichen) schweren Körperverletzung (§§ 83ff StGB) - je unter Berücksichtigung der bei den Zeugen R***** und L***** eingetretenen schweren Dauerfolgen iS des § 85 StGB - blieben folgerichtig unbeantwortet. Die Zusatzfrage auf Vorliegen von Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) wurde stimmeneinhellig verneint.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Schuldspruch aus Z 5, 6 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Der Verfahrensrüge (Z 5) zuwider wurden durch die Abweisung (S 133 und 161/III) der Anträge (S 83f und 159/III) auf Ladung des Zeugen Herbert Z***** Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt:
Der Zeuge wurde zum Beweis dafür geführt, dass der Angeklagte "unmittelbar nach der Tat selbst gute Bekannte nicht erkannt und roboterhafte Bewegungen vollführt habe". Aus diesen vom Zeugen gemachten Wahrnehmungen sollte - entgegen dem psychiatrischen, auf mehrere Untersuchungen gestützten Sachverständigengutachten - abgeleitet werden, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig gewesen wäre. Dabei legt der Beweisantrag nicht dar, inwiefern aus den - allenfalls (auch) vom Zeugen wahrgenommenen "roboterhaften Bewegungen" nach der Tat - unter Berücksichtigung der (von der ohnehin vernommenen) Zeugin E***** gleichlautend geschilderten Wahrnehmungen (S 73/III), die im Gutachten des Sachverständigen berücksichtigt wurden (S 145/III), eine relevante Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage zu erwarten wäre und verfehlt damit mangels Substantiierung die notwendige Ausrichtung an den Verfahrensvorschriften.
Entgegen der Fragestellungsrüge (Z 6) konnte in den an die Geschworenen gerichteten Hauptfragen 1 bis 3 nach versuchtem Mord (§§ 15, 75 StGB) die Anführung des Vorsatzes unterbleiben, weil die kraft Gesetzes subintellegierte innere Tatseite (§ 7 Abs 1 StGB) in die Fragestellung - sofern (wie beim Mord) bedingter Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) ausreicht - nicht aufgenommen werden muss (Mayerhofer StPO4 § 313 E 21ff; Ratz in WK § 281 Rz 12, § 345 Rz 33). Dass sowohl der Mord (§ 75 StGB) als auch (generell) der - den Hauptfragen zu Grunde liegende - Versuch eines Mordes (zumindest bedingt) vorsätzlich begangen wird (vgl S 215 iVm S 187ff und 201 je Band III), legt die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung ausdrücklich dar. Die behaupteten Bedenken im Sinn der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen sind nicht gegeben:
Dass der Angeklagte die Messerattacken ohne vorangegangene Streitigkeiten oder sonst ein Motiv gegen ihm völlig unbekannte Personen gerichtet hat, spricht ebenso wenig wie der von ihm behauptete Zweck seiner Sammlung von Unterlagen über Massenmörder (Vergleich der Anamnesen solcher Täter mit der eigenen Lebensgeschichte - vgl S 15/III) gegen den Tötungsvorsatz. Auch wenn die Angriffe des Beschwerdeführers nach Öffnen der Fahrertür überwiegend auf den hinter dem Lenkrad sitzenden Zeugen Reinhard R***** abzielten, dem er (ihn "durch das Fahrzeug ins Freie verfolgend") mehr als 30 Stich- und Schnittverletzungen am ganzen Körper, darunter mehrere tiefe Schnitte im Halsbereich, zufügte (vgl Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Re***** S 91/III), vermag er mit seiner daraus abgeleiteten Hypothese, in Bezug auf die Verletzung der weiteren Fahrzeuginsassen Daniela L***** sei von einem bloßen "Abirren der (auf den Zeugen R***** bezogenen) Angriffshandlung" auszugehen, erhebliche Zweifel am konstatierten (auch die Zeugin L***** betreffenden) Tötungsvorsatz nicht zu erwecken. Denn die vom Angeklagten unmittelbar nach der Festnahme über Befragen durch KontrInsp Friedrich G***** über den Grund seiner Taten abgegebenen Erklärung ("Ich wollte jemand ermorden"; vgl S 31/I, 79/III) und die Art der Verletzung dieser Zeugin (eine tiefgreifende lebensbedrohende Stich- und Schnittverletzung im Bereich der rechten Achselregion mit Beschädigung des Brustmuskels, vgl Gutachten Re***** S 105f/III iVm S 193/II) sind ungeeignet, erhebliche Bedenken daran hervorzurufen, dass der Angeklagte auch in Bezug auf diese Zeugin mit Tötungsvorsatz gehandelt hat. Dagegen spricht auch nicht der Umstand, dass Daniela L***** weitere Verletzungen nicht erlitten hat, ist er doch damit erklärbar, dass die Zeugin trotz ihrer schweren Verletzung aus dem Fahrzeug in eine nahegelegene Diskothek flüchten konnte, während der Angeklagte weiterhin auf Reinhard R***** einstach (idS auch Niederschrift der Geschworenen zur Hauptfrage 2).
Auch in Bezug auf Alexander F*****, der auf Grund des Hilfeersuchens der Daniela L***** aus der Diskothek zum Tatort gelaufen war, vermag der Angeklagte aus den Akten erhebliche Bedenken gegen den ihm angelasteten Tötungsvorsatz nicht zu erwecken. Zum einen hat er in der Dunkelheit ohne Not auch sofort auf F***** eingestochen, obgleich ihn dieser vorerst nur als Tatzeuge betrachtet hat und lediglich über sein Mobiltelefon um Gendarmerieassistenz ersuchen wollte. Zum anderen schließt das behauptete Tatmotiv der Vornahme bloßer Befreiungsversuche durch Versetzen von Messerstichen gegen die linke Brustregion und den Rücken des festhaltenden Zeugen F***** die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nicht aus. Letztlich erweist sich auch die in Zweifel gezogene Annahme der Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit als unbedenklich. Die gegenteilige Behauptung stützt der Beschwerdeführer bloß auf die Aussage des Gendarmeriebeamten Inspektor Markus Sch*****, wonach er unmittelbar nach der Festnahme einen "komplett verwirrten Eindruck" gemacht habe (S 131f/III). Hiebei übergeht der Beschwerdeführer jedoch die weiteren Angaben dieses Zeugen, diesen Eindruck vornehmlich auf Grund der Erklärung des Angeklagten nach der Festnahme, er habe jemanden umbringen wollen, gewonnen zu haben, aber keinesfalls sagen zu können, ob der Angeklagte die Tat "bewusst gemacht hat oder nicht". Durch diese Zeugenaussage wird das mit drei weiteren psychiatrischen Untersuchungen (die durch Hofrat Dr. Schu***** - schon zwei Stunden nach der Tat - sowie im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Anhaltungen in den Justizanstalten Göllersdorf und Josefstadt durchgeführt worden sind, vgl S 79ff/I und ON 40) übereinstimmende Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Gerhard K*****, wonach beim Beschwerdeführer zwar eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, dissozialen, narzisstischen und Boarderline-Anteilen vorliege, seine Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zur Tatzeit aber nicht aufgehoben gewesen sei (vgl S 133ff/III iVm ON 36), nicht erschüttert.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Jahren und ordnete gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an. Unter einem widerrief es gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die mit Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 14. November 2000, AZ 13 EHv 131/00 und des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 10. September 2001, AZ 3 U 150/01 gewährten bedingten Strafnachsichten.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Begehung dreier Verbrechen derselben Art, dass der Angeklagte schon zweimal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt wurde und er bei der Tat heimtückisch (Frage nach Feuer und "Da ist ein Messerstecher unterwegs") vorging, als mildernd dass er die Taten unter dem Einfluss eines abnormen Geisteszustandes begangen hat und die Tathandlungen zugestand.
Die dagegen vom Angeklagten erhobene, im Wesentlichen eine andere Gewichtung der Strafzumessungsgründe und daraus folgend eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB begehrende Berufung des Angeklagten erweist sich als nicht zielführend.
Soweit die Nichtannahme der "reumütigen und schuldeinsichtigen" Verantwortung als mildernd moniert wird, verkennt die Berufung zum einen, dass das Geschworenengericht ohnedies das "Zugeständnis der Tathandlungen" in den Kreis seiner bezüglichen Erwägungen miteinbezogen hat, zum anderen, dass der Angeklagte zu den subjektiven Merkmalen der Tat keinerlei Schuldeinsicht gezeigt hat (vgl unter anderem S 37/I, 17, 18/III), sodass dieser Einwand ins Leere geht. Abgesehen von dem in den Milderungsgründen nicht genannten Versuch hat das Geschworenengericht die Strafzumessungstatsachen richtig erfasst und zutreffend gewichtet. Auch unter Berücksichtigung des Versuches und des abnormen Geisteszustandes des Angeklagten ist der Schuld- und Unrechtsgehalt der Taten im Zusammenhang mit seinem aggravierenden Gewaltpotential derart schwerwiegend, dass weder eine Strafreduktion, geschweige denn die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes in Erwägung gezogen werden kann.
Weiters treffen die Argumente des Geschworenengerichtes hinsichtlich des Widerrufs der bedingten Strafnachsichten die Sach- und Rechtslage und waren somit nicht korrekturbedürftig.
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