Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred W***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I) und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er im Bereich des Finanzamtes Linz
I. unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung nachgenannter Abgaben bewirkt, und zwar
1. in den Jahren 1993 und 1997 als Abgabepflichtiger Einkommensteuer in der Höhe von 74.560 S für 1992 und 2.114 S für 1996, indem er Einnahmen aus Pornofilmverkäufen im Ausland von 180.000 S und aus Verkäufen von Fotos in der Höhe von 34.000 S nicht erklärte,
2. in den Jahren 1996 bis 1998 als de-facto-Geschäftsführer und somit Verantwortlicher für abgabenrechtliche Belange der Firma W*****-OEG
a) Umsatzsteuer in der Höhe von 380.841 S (62.724 S für das Veranlagungsjahr 1995 und 318.117 S für das Jahr 1996),
b) Abzugssteuer für beschränkt Steuerpflichtige in der Höhe von 86.500 S im Jahr 1995, von 313.250 S für 1996 und von 210.000 S für 1997,
3. in den Jahren 1996 bis 1998 als de-facto-Geschäftsführer und somit Verantwortlicher für abgabenrechtliche Belange des Vereins zur U***** Abzugssteuer für beschränkt Steuerpflichtige in der Höhe von 73.750 S im Jahr 1996, von 221.250 S im Jahre 1997 und von 147.500 S für 1998;
II. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 21 UStG), Verkürzungen an Umsatzsteuer in folgendem Ausmaß bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar
1. als de-facto-Geschäftsführer der Firma W*****-OEG 408.188 S im Jahr 1997 und 257.996 S für den Zeitraum 01 bis 08/1998,
2. als de-facto-Geschäftsführer des Vereins zurU***** 112.990 S im Zeitraum 09-12/1996, 359.099 S im Jahr 1997 und 157.399 S im Zeitraum 01-08/1998.
Für diese Vergehen wurde Manfred W***** nach §§ 21, 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe von einer Million Schilling verurteilt, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 Abs 1 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu treten hätte. Gegen den Schuldspruch richtet sich eine vom Verteidiger ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde gestützt auf die Z 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Der Strafausspruch wird mit Berufung bekämpft. Zu diesen Rechtsmitteln hat der Angeklagte persönlich direkt beim Obersten Gerichtshof einen Schriftsatz "zur vollen Berufung in Verbindung mit Nichtigkeitsbeschwerde meines Anwaltes" eingebracht. Deren Ausführungen erhebt der Verteidiger in seiner Beschwerdeschrift zum ergänzenden Vorbringen. Dem Strafausspruch tritt auch die Staatsanwaltschaft mit einer Berufung entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Da das Gesetz nur eine Ausführung der Rechtsmittel vorsieht, war nur die formgerechte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Verteidiger der Entscheidung zugrunde zu legen, auf die vom Angeklagten selbst verfasste Ergänzung hiezu und seine weiteren Eingaben jedoch keine Rücksicht zu nehmen (Mayerhofer StPO4 § 285 E 36, 37, 39a, 40).
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - in keinem Punkt berechtigt. Einen Nichtigkeit (Z 3) begründenden Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der zeugenschaftlichen Vernehmung des Betriebsprüfers beim Finanzamt Linz, Harald A*****, weil dieser als Staatsbeamter nicht von dem ihm obliegenden Amtsgeheimnis "gemäß § 150 Abs 1 Z 2 StPO" (richtig: § 151 Abs 1 Z 2 StPO) entbunden worden ist. Damit übersieht er jedoch, dass dieser Finanzbeamte auf Grund seiner Tätigkeit als Betriebsprüfer im Rahmen der Steuerfahndung gemäß § 48a Abs 4 lit a BAO zur Offenbarung und Verwertung sonst der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht unterliegender Verhältnisse oder Umstände im gegenständlichen Finanzstrafverfahren befugt war. Der Zustimmung einer von seinen Fahndungsmaßnahmen oder von dem gegenständlichen Strafverfahren betroffenen Personen bedurfte es hiezu nicht.
Wie der Beschwerdeführer insoweit selbst zutreffend ausführt, begründet Nichtigkeit nach der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO nur das Unterlassen der Führung eines Hauptverhandlungsprotokolles überhaupt (§ 271 Abs 1 StPO), nicht aber auch ein vom Beschwerdeführer behaupteter Verstoß gegen die Bestimmungen über die Aufnahme des Vehandlungsverlaufes mittels technischer Einrichtungen (§ 271 Abs 5 StPO). Zudem ist die Anordnung der Verwendung eines Tonaufnahmegerätes zur Unterstützung der Protokollführung durch den Vorsitzenden dem auch vom Beschwerdeführer nicht mit einem Berichtigungsantrag bemängelten und demnach insoweit vollen Beweis machenden Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen (S 161ff/II), weshalb die Behauptung der Aufnahme einer bloß "gekürzten Aussage" des Angeklagten in dieses Protokoll versagt.
In der Mängelrüge (Z 5) kritisiert der Rechtsmittelwerber die Beurteilung der Depositionen der Zeugen Michael K***** und Friedrich R***** durch das Erstgericht und sucht durch isoliertes Hervorheben von Passagen aus den Angaben der Zeugen Ingrid W*****, Mag. Helmut P***** sowie Harald A***** zu für seinen Standpunkt günstigeren Schlussfolgerungen als das Erstgericht zu gelangen. Damit erschöpft sich sein Vorbringen jedoch in einer nach Art einer Schuldberufung vorgebrachten Kritik an der Beweiswürdigung der Tatrichter, welche diese Aussagen ohnedies einer umfassenden und mängelfreien Erörterung unterzogen haben (US 9ff).
Schließlich hat das Schöffengericht auch den seinerzeit gegen Ingrid W***** erlassenen Haftungsbescheid (vom 28. Juli 1999, vgl Beilage 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 22. Mai 2001, ON 61 sowie S 211 II) in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen, ohne dieser in einem frühreren Verfahrensstadium erfolgten Inanspruchnahme der Genannten die ihr vom Angeklagten beigemessene Bedeutung zuzuerkennen (US 17f).
Damit gehen die betreffenden Beschwerdeeinwände auch unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge (Z 5a) ins Leere, weil sie nach dem Gesagten auch nicht geeignet sind, sich aus den Akten ergebende Bedenken erheblicher Art gegen das den Schuldsprüchen zugrunde gelegte entscheidende Tatsachensubstrat zu erwecken. Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) versagt.
Entgegen der Beschwerde waren die der Verurteilung zugrunde liegenden Einkünfte aus Filmverkäufen im Ausland nicht bereits im Jahre 1992 bekannt, weil in der Niederschrift vom 1. Juli 1992 nur von Einkünften betreffend die Jahre 1990 und 1991 die Rede ist. Die Verurteilung zum Faktum I 1 erfolgte jedoch wegen Verkürzung von Abgaben in den Jahren 1992 und 1996.
Soweit der Beschwerdeführer eine inländische Steuerpflicht für den Verkauf und Ankauf von Pornofilmen in der Schweiz und in Italien bestreitet, ist ihm zu erwidern, dass er das Vorhandensein von in diesen Staaten gelegener Betriebsstätten niemals behauptet hat und hiefür auch aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte zu ersehen sind. Feststellungen, wonach der betreffende Filmverkauf über ausländische Betriebsstätten des Beschwerdeführers erfolgt wäre, waren demnach nicht indiziert. Damit unterlag der Angeklagte aber für die Geschäfte mit diesen Filmen sehr wohl der inländischen Steuerpflicht, weil die inhaltsgleichen Absätze 1 der jeweiligen Artikel 7 der Doppelbesteuerungsübereinkommen mit der Schweiz und mit Italien statuieren, dass Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat (gemeint: in dem sich die Betriebsstätte befindet) besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit in einem anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Da der Nichtigkeitswerber aber über keine ausländischen Betriebsstätten verfügte, waren seine Geschäfte mit den Pornofilmen ausschließlich in Österreich zu versteuern. Wenn es der Beschwerdeführer als "befremdlich" bezeichnet, dass das Erstgericht seiner Verantwortung, die betreffenden Geschäfte im Inland nicht für steuerpflichtig angesehen zu haben, für unglaubwürdig erachtet, bleibt er nicht auf dem Boden der Urteilskonstatierungen, sondern kritisiert lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter.
Gleichfalls zu Unrecht stellt er eine Steuerpflicht der in den von ihm im Rahmen einer Gesellschaft und eines Vereines betriebenen Lokalen beschäftigten ausländischen "Tänzerinnen" im Inland mit der Begründung in Abrede, dass eine diesbezügliche Abzugssteuerverpflichtung nur für Einkünfte aus einer in Österreich ausgeübten selbständigen Tätigkeit bestünde, wogegen die erwähnten Personen als Beschäftigte in den tatgegenständlichen Lokalen eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt hätten.
Dem ist jedoch zu erwidern, dass jene natürlichen Personen, die - wie die in den betreffenden Lokalen beschäftigten Frauen - im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Österreich gemäß § 1 Abs 3 Einkommensteuergesetz beschränkt steuerpflichtig sind, wobei sich diese eingeschränkte Steuerpflicht auf die im § 98 leg cit aufgezählten Einkünfte erstreckt. Nach § 98 Abs 1 Z 4 Einkommensteuergesetz unterliegen einer solchen beschränkten Einkommensteuerpflicht Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit im Inland, soweit sie nicht wirtschaftlich bereits nach der Z 3 dieser Bestimmung (als gewerbliche Tätigkeit) erfasst wurden. Nach § 99 Abs 1 Einkommensteuergesetz wird die Einkommensteuer solcher beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben, und zwar nach der Z 1 dieser Bestimmung unter anderem für die (wie hier) Mitwirkenden an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütung für die genannten Tätigkeiten geleistet wurden. Die Lohnsteuer hiezu wird mit 20 % des vollen Betrages der Bezüge berechnet (§ 70 Abs 2 Z 2 Einkommensteuergesetz).
Aus den angeführten Bestimmungen folgt somit, dass die betreffenden Tätigkeiten der Frauen als Arbeitnehmerinnen im Inland im dargestellten Umfang lohn- und abzugssteuerpflichtig waren. Die Einkünfte der Frauen waren aber auch ungeachtet des Umstandes, dass sie die polnische, rumänische, ungarische oder tschechische Staatsangehörigkeit besaßen, im Inland zu versteuern. Die Doppelbesteuerungsabkommen mit diesen Ländern sehen in ihrem jeweiligen, im Wesentlichen wortgleichen Artikel 15 vor, dass Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit erzielt, nur in diesem Staat besteuert werden dürfen, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Ist dies der Fall, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden (Abs 1 dieser Bestimmung). Zudem ordnet Abs 2 des jeweiligen Artikel 15 dieser Doppelbesteuerungsabkommen an, dass ungeachtet des Absatz 1 Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Vertragsstaat besteuert werden, wenn
a) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in einem anderen Staat ansässig ist,
b) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat und
c) der Empfänger sich in dem anderen Staat nicht länger als 183 Tage während des Kalender- oder Steuerjahres (nach dem Abkommen mit Polen nicht länger als ein Jahr) aufhält.
Da die betreffenden Frauen ausschließlich bei einem inländischen Arbeitgeber beschäftigt waren und ihre Bezüge auch nicht von einem ausländischen Arbeitgeber geleistet wurden, waren die Voraussetzungen für eine inländische Besteuerung ihrer Einkünfte auch nach den hier aktuellen Doppelbesteuerungsabkommen gewährleistet. Die abgabenrechtliche Haftung des Beschwerdeführers ergibt sich hinwieder aus den Bestimmungen der §§ 100 und 101 Einkommensteuergesetz. Weitere steuerrechtliche Erwägungen des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt, die Frauen seien selbständig tätig gewesen und hätten daher Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit bezogen, orientieren sich nicht an den Urteilsannahmen und sind daher bloß spekulativer Natur.
Abgesehen davon, dass es bei der Gleichwertigkeit aller Begehungsweisen des § 11 FinStrG bedeutungslos ist, ob der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter oder als Beitragstäter die vorliegenden Steuerverkürzungen bewirkt hat, war die Tätigkeit der Ingrid W***** und der gegenständlichen Gesellschafts- oder Vereinsorgane nur "vorgeschoben" (US 5). Da diese demnach lediglich im Auftrag des Beschwerdeführers handelten, der in Wahrheit auch in wirtschaftlicher Hinsicht faktisch dominierte und alle steuerrechtlichen Maßnahmen veranlasste, wurde dieser auch zu Recht als Verantwortlicher für das gegenständliche Tatgeschehen herangezogen. Der Steuerausfall wurde jedenfalls durch sein Tatverhalten herbeigeführt, dem eine andere Qualität als etwa die nur unterstützende Tätigkeit eines interessierten Kleinaktionärs zukommt. Soweit sich der Beschwerdeführer auch im vorliegenden Zusammenhang auf den bereits erwähnten Haftungsbescheid hinsichtlich der Ingrid W***** vom 28. Juli 1999 beruft, wendet er sich bloß neuerlich in unzulässiger Weise gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Da der Angeklagte bekanntgab, dass er wegen psychischer Probleme in Behandlung sei, und er deswegen den Gerichtstag nicht besuchen konnte, sowie überdies auch der Verteidiger nicht anwesend war, wurde vom Obersten Gerichtshof die Entscheidung auf die Nichtigkeitsbeschwerde eingeschränkt und ausgesprochen, dass über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zu erkennen haben wird (Mayerhofer StPO4 § 296 E 2a).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a StPO.
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