OGH 14Os124/02

OGH14Os124/0212.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. November 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günther S***** wegen des Vergehens nach § 14a SGG und einer anderen strafbaren Handlung, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Mai 1999, GZ 4 b E Vr 4.973/96-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, und des Verteidigers Mag. Duensing für Dr. Karl B*****, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 4 b E Vr 4.973/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verletzt der Widerrufsbeschluss vom 21. Mai 1999 (ON 44) das Gesetz in der Bestimmung des § 495 Abs 3 StPO.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Beschluss aufgehoben und dem Landesgericht für Strafsachen Wien die neuerliche Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 19. Mai 1999 auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter Beachtung der verletzten Verfahrensvorschrift aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Juli 1996, GZ 4 b E Vr 4.973/96-31, wurde Günther S***** wegen der Vergehen nach § 14a SGG und nach § 16 Abs 1 SGG zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt; gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe verbüßte Günther S***** bis zum 30. August 1996 (ON 39).

Mit Urteil des Landesgerichtes Traunstein vom 18. Jänner 1999, 2 KLs 150 Js 13634/98, wurde Günther S***** der in Mai 1998 begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig erkannt und hiefür zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 42). Der Genannte befindet sich in diesem Verfahren seit 1. Mai 1998 in Haft. Über Antrag der Staatsanwaltschaft Wien vom 19. Mai 1999 (ON 43) hat daraufhin das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 21. Mai 1999, GZ 4 b E Vr 4.973/96-44, die teilbedingte Strafnachsicht widerrufen, ohne vor der Entscheidung eine Strafregisterauskunft einzuholen und auch nur den Versuch zu unternehmen, den Verurteilten zum Widerrufsantrag zu hören.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorgangsweise des Landesgerichtes für Strafsachen Wien entspricht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - nicht dem Gesetz, wäre es doch gemäß § 495 Abs 3 StPO verpflichtet gewesen, vor der Entscheidung über den Widerrufsantrag eine neue Strafregisterauskunft beizuschaffen und den Verurteilten zu hören, was im Hinblick auf dessen Strafhaft auch ohne unverhältnismäßigen Aufwand durchführbar gewesen wäre. Die Gesetzesverletzung hat sich zum Nachteil des Günther S***** ausgewirkt, weil nicht auszuschließen ist, dass bei der nach dem Gesetz vor der Entscheidung gebotenen Anhörung des Verurteilten Umstände hervorgekommen wären, die ein Absehen vom Widerruf rechtfertigen könnten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte