OGH 13Os127/02

OGH13Os127/0221.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Teffer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl Eduard I***** wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 6 Ur 240/02m des Landesgerichtes Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. September 2002, AZ 20 Bs 327, 328/02 (ON 23 des Vr-Aktes) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Karl Eduard I***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Karl Eduard I***** ist beim Landesgericht Eisenstadt eine Voruntersuchung wegen der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (teils auch nach § 207 Abs 1 StGB aF) anhängig, weil er dringend verdächtig ist, zwischen 1992 und 2000 in Mariasdorf

(1) an seiner am 14. Dezember 1985 geborenen Nichte Carina I***** mehrfachen Geschlechtsverkehr und Analverkehr unternommen zu haben;

(2) mehrfach mit einem Finger in die Scheide seiner am 8. Juli 1988 geborenen Nichte Jessica I***** eingedrungen zu sein und seinen Penis an ihrem Gesäß bis zum Samenerguss gerieben zu haben;

(3) seinen am 18. April 1993 geborenen Neffen Thorsten I***** im Genitalbereich erfasst und gedrückt sowie an ihm noch näher festzustellende Unzuchtshandlungen vorgenommen zu haben;

(4) die am 24. Februar 1990 geborene Janine W***** zur Unzucht missbraucht zu haben.

Karl Eduard I***** befindet sich im bezeichneten Strafverfahren seit 3. September 2002 (nunmehr nur noch) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO in Untersuchungshaft.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der gegen den Fortsetzungsbeschluss der Untersuchungsrichterin vom 13. September 2002 (ON 15) gerichteten Beschwerde nicht Folge und ordnete seinerseits die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund bis längstens 25. November 2002 an.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde, mit der die unrichtige Beurteilung der Tatbegehungsgefahr moniert wird, kommt keine Berechtigung zu.

Das Oberlandesgericht hat - dem Beschwerdevorbringen zuwider - die Annahme der (durch gelindere Mittel nicht substituierbaren) Tatbegehungsgefahr auf die ihm angelastete wiederholte Tatbegehung an mehreren Unmündigen über einen Zeitraum von vielen Jahren im Zusammenhang mit der problembehafteten Persönlichkeit des Angeklagten, der selbst eingestanden hat, aus Schüchternheit und Angst noch nie (sexuelle) Kontakte mit "erwachsenen" Frauen gehabt zu haben und die daraus resultierende Gefahr der Begehung gleichartiger Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen, nämlich sexuellen Übergriffen an ihm unterlegenen Unmündigen, gestützt. Die Beschwerdeargumentation, "gerade der aktenkundige Hintergrund der extremen Schüchternheit und Zurückgezogenheit des Angeklagten sei maßgeblich dafür, dass die ihm angelasteten Taten/Tatorte niemals auf Örtlichkeiten außerhalb des Familienverbandes ausgedehnt worden seien", weshalb die vom Oberlandesgericht herangezogene Gefahr der Tatbegehung "auch außerhalb des Familienverbandes" nicht bestehe, vermag weder eine mangelhafte Begründung noch eine fehlerhafte Beurteilung des angefochtenen Haftgrundes aufzuzeigen. Denn gerade die wiederholte Tatbegehung über Jahre an verschiedenen unmündigen Personen weist auf eine derart intensive sexuelle Intention des Täters hin, dass sie die behauptete Einschränkung auf Tatorte im unmittelbaren Umfeld des Beschwerdeführers als nicht relevant bei Beurteilung der tatfördernden Komponenten dahinstehen lässt. Der dazu in der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO angebrachte Hinweis auf das zwischenzeitig beim Erstgericht eingelangte Sachverständigengutachten bedarf im Hinblick auf das Neuerungsverbot keiner Erörterung.

Dem Verstreichen eines Jahres seit der letzten angelasteten Tat und dem Beginn der Untersuchungshaft kommt im Hinblick auf die einen Zeitraum von acht Jahren umfassende Verdachtslage keine erhebliche Bedeutung zu.

Da die Untersuchungshaft auch nicht unangemessen andauert, wurde der Beschuldigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

Stichworte