Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.000,98 (darin EUR 166,83 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der beklagten Sozialversicherungsanstalt vom 16. 9. 1968 bis 30. 11. 2000 beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis war die als Kollektivvertrag zu beurteilende Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) anzuwenden.
Mit Wirkung ab 1. 8. 1991 wurde der Kläger zum Leiter einer Arbeitsgruppe in der Organisationseinheit "Beitragswesen" bestellt und gleichzeitig seine Einreihung in die Gehaltsgruppe D, Dienstklasse II, gemäß § 37 DO.A beschlossen.
Am 7. 5. 1996 wurde der Dienstposten des ständigen Abteilungsleiterstellvertreters der Beitragsabteilung ausgeschrieben. Nachdem der Vorstand der beklagten Partei jedoch unter anderem auch im Bereiche der Abteilungsleiterstellvertreter eine Reduktion der Dienstposten beschlossen hatte, wurde der nach dem ab 1. 12. 1996 geltenden allgemeinen Dienstpostenplan weiterhin systematisierte Dienstposten "ständiger Stellvertreter des Leiters der Organisationseinheit Beitragswesen" gesperrt; somit konnte dieser Posten erst nach Wegfall der Sperre (Erreichen entsprechender Einsparungen) definitiv besetzt werden.
Aus diesem Grunde wurde die Ausschreibung am 10. 12. 1996 widerrufen und "zur Sicherstellung der qualitativen Arbeitskapazität" für die Dauer der Sperre des genannten Dienstpostens dessen provisorische Besetzung mit Wirksamkeit ab 1. 3. 1997 ausgeschrieben. In dieser Ausschreibung ist ausdrücklich festgehalten, dass für diese provisorische Maßnahme die Gewährung einer Verwendungszulage auf Gehaltsgruppe E, Dienstklasse III, jedoch ohne gleichzeitige Zuerkennung einer Funktionszulage, vorgesehen ist.
Der Kläger bewarb sich um diese Stelle und wurde mit Wirksamkeit ab 1. 3. 1997 provisorisch zum ständigen Stellvertreter des Leiters der Organisationseinheit Beitragswesen bestellt und es wurde ihm für die Dauer dieser Verwendung eine Verwendungszulage gemäß § 50 Abs 1 DO.A auf Gehaltsgruppe E, Dienstklasse III, Bezugsstufe 18 plus Dienstalterszulage gegen jederzeitigen Widerruf gewährt. Der Kläger übernahm und unterfertigte diesen Dienstzettel.
Noch vor dessen Überreichung wurde ihm sein Aufgabengebiet so erklärt, dass die Wahrnehmung der Personalagenden in dieser Einheit im Hinblick auf die provisorische Besetzung ausschließlich durch den Dienststellenleiter (Abteilungsleiter) erfolgen sollte. Der Kläger sollte nur zur Wahrnehmung fachlicher Agenden im Rahmen der Aufgabenteilung in der Abteilungsleitung berechtigt sein. Lediglich in Tagen der Abwesenheit des Abteilungsleiters wäre er berechtigt, diesen zu vertreten, womit die Möglichkeit der Erhöhung der Verwendungszulage eintreten werde. Der Kläger erklärte sich damit einverstanden und weiters, dass er arbeitsrechtliche Schritte zwecks Erhaltung einer Funktionszulage nicht beabsichtige. Die Abteilung Organisationseinheit Beitragswesen umfasste rund 70 bis 80 Bedienstete und bestand aus dem Abteilungsleiter, dessen Stellvertreter, den Gruppenleitern und Sachbearbeitern sowie den Prüfern.
1997 fand die Einarbeitung des Klägers statt. Im Jahr 1998 wurde er für einen Zeitraum von 44 Tagen im Jahr 1999 für 42 Tage mit der Stellvertretung des Abteilungsleiters während dessen durch Urlaub, Krankenstand oder Dienstreisen bedingter Abwesenheit betraut und erhielt für diese Zeiträume die auf F III erhöhte Verwendungszulage. Anfang 2000 wurde schließlich der Dienstposten des ständigen Stellvertreters des Leiters der Organisationseinheit Beitragswesen mit Wirksamkeit ab 1. 3. 2000 ausgeschrieben, weil sich die Haltung der Anstalt zum Bestand derartiger Posten geändert hatte. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit von diesem Tag zum ständigen Stellvertreter des Abteilungsleiters bestellt. Ab diesem Zeitpunkt wurde er laut Dienstzettel gemäß § 37 DO.A in die Gehaltsgruppe E, Dienstklasse III eingereiht und erhielt eine Funktionszulage gemäß § 44 Abs 1 Z 4 DO.A im Ausmaß von 20 % der jeweiligen ständigen Bezüge gemäß § 35 Abs 2 Z 1 lit a und Z 6 DO.A. Die ihm bis dorthin gewährte Verwendungszulage wurde mit diesem Zeitpunkt eingestellt. Mit Wirkung zum 1. 12. 2000 wurde der Kläger vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage den der Höhe nach unstrittigen Betrag von EUR 18.858,21 sA. Ihm hätte bereits ab seiner provisorischen Ernennung zum ständigen Stellvertreter die in den §§ 44, 50 DO.A vorgesehene Funktionszulage gebührt. Auf einen konstitutiven Akt der Bestellung komme es nicht an, weil der Kläger für den klagsgegenständlichen Zeitraum 1. 3. 1998 bis 29. 2. 2000 nicht die Einstufung, sondern lediglich die korrekte Höhe der ihm zustehenden Zulage fordere. Die tatsächliche Tätigkeit des Klägers vor und nach dem 1. 3. 2000 habe sich nie geändert. Bei den Ansprüchen handle es sich um kollektivvertragliche Mindeststandards, die die beklagte Partei nicht einseitig reduzieren könne. Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung. Die begehrte Funktionszulage stehe dem Kläger nicht zu, weil er erst mit Wirksamkeit vom 1. 3. 2000 zum Stellvertreter des Leiters der Organisationseinheit Beitragswesen mit konstitutivem Akt bestellt worden sei. Die zuvor erfolgte provisorische Bestellung habe einen tatsächlich gesperrten und somit bis 1. 3. 2000 nicht freien Dienstposten betroffen. In dieser Zeit sei er lediglich zur Sicherstellung der qualitativen Arbeitskapazität im Bereich der Organisationseinheit Beitragswesen verwendet worden und habe dabei lediglich fachspezifische, jedoch keine personellen Agenden zu erfüllen gehabt. Für diese Zeit einer Verwendung in einer höheren als der eigenen Einreihung habe er ohnedies die entsprechende Verwendungszulage erhalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision zu, weil der bisher nicht entschiedenen Frage, ob eine "provisorische" Besetzung eines gesperrten Dienstpostens einen Anspruch auf Funktionszulage begründen könne, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Antrag diese im Sinne der Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 44 Abs 1 Z 4 DO.A gebührt ua den Stellvertretern der in der Gehaltsgruppe F einzureihenden Leiter von Organisationseinheiten (Referaten beim Hauptverband) eine Funktionszulage nach den in Z 1 bis Z 3 dieser Bestimmung jeweils vorgesehenen Prozentsätzen. Werden hingegen einem Angestellten vorübergehend - insbesondere im Rahmen der Vertretung von Angestellten, die wegen Urlaubes, Krankheit, Schutzfrist, Karenz- oder Sonderurlaubes, Bildungskarenz, Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes von Frauen beim Bundesheer oder aus ähnlichen Gründen vom Dienst abwesend sind - Aufgaben übertragen, für die eine höhere als seine Einreihung vorgesehen ist, so gebührt ihm, solange er nicht dauernd auf dem mit der höhergradigen Verwendung entsprechenden Dienstposten eingereiht werden kann, für die Dauer einer solchen Verwendung eine Verwendungszulage im Ausmaß der Differenz zwischen seinem Bezug und jenem Bezug, der sich bei Einreihung aufgrund der höherwertigen Verwendung ergäbe (Näheres zur Höhe dieser Verwendungszulage, die ua von der Dauer der höherwertigen Verwendung abhängig ist, siehe § 50 Abs 1 DO.A).
Unstrittig ist, dass der Kläger nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens durch Beschluss des Landesstellenausschusses mit Wirksamkeit vom 1. 3. 1997 zum ständigen Stellvertreter des Leiters der Organisationseinheit Beitragswesen provisorisch bestellt wurde. Dass dies grundsätzlich ein konstitutiver Akt der Bestellung ist, kann nicht fraglich sein. Der Umstand, dass diese Bestellung lediglich "provisorisch" erfolgte, vermag nichts daran zu ändern, dass es sich dabei um eine ständige Betrauung des Klägers handelte. Ständiger Stellvertreter ist nämlich ein mit der Vertretung des leitenden Angestellten betrauter Angestellter, der letzteren immer dann zu vertreten hat, wenn dieser abwesend oder aus anderen Gründen verhindert ist, seinen Dienst zu versehen. Der Unterschied zwischen dem ständigen Stellvertreter und dem nur fallweise mit der Vertretung betrauten Angestellten besteht darin, dass ersterer einen generellen, von der einzelnen Vertretung unabhängigen Auftrag zur Vertretung besitzt. Der nur mit der fallweisen Vertretung beauftragte Angestellte erhält hingegen einen an den jeweiligen konkreten Vertretungsfall gebundenen und auf diesen auch inhaltlich abgestellten Auftrag. Schon die Bedeutung des Wortes "Stellvertreter" schließt die Annahme aus, dieser müsse notwendiger Weise ununterbrochen oder doch wenigstens überwiegend die Tätigkeit des Vertretenen ausüben (4 Ob 9/74 = Arb 9.200 = ZAS 1975, 27 [Feil]); auf die Dauer der einzelnen Vertretungszeiträume kommt es daher in einem solchen Fall nicht an.
Hieraus folgt, dass auch mit der - in der DO.A nicht vorgesehenen - vor erst nur provisorischen Bestellung des Klägers eine Betrauung mit der ständigen Vertretung erfolgt ist. Das wird auch dadurch manifestiert, dass weder in der Ausschreibung noch in der Bestellungsurkunde die Vertretung auf bestimmte Zeiträume oder Abwesenheitstage des Abteilungsleiters beschränkt wird. Es wird vielmehr auch in diesen Urkunden der Begriff "ständiger Stellvertreter" verwendet. Da der Kläger diese Tätigkeit seit 1. 3. 1997 auch tatsächlich - wenn auch bis einschließlich 29. 2. 2000 nur provisorisch - verrichtet hat, kommt es auch auf eine Unterscheidung, ob die eigentliche Vertretungstätigkeit infolge Abwesenheit des Leiters der Organisationseinheit Verwendung zumindest 26 Arbeitstage oder mehr als sechs Monate betragen hat (dies wäre nur für die Verwendungszulage entscheidend), nicht an.
Der Umstand, dass die beklagte Partei "sparen" wollte und zu diesem Zweck den im Dienstpostenplan weiterhin vorgesehenen Dienstposten "sperrte" und ihn vorerst nur "provisorisch" ständig besetzen wollte, kann nicht dazu führen, dass dem Kläger die nach der DO.A mit der ständigen Stellvertretung verbundene Funktionszulage vorenthalten werden könnte.
Ein vorweggenommener Verzicht auf diese Funktionszulage, die einen kollektivvertraglichen Mindestanspruch darstellt, ist nicht wirksam (Näheres Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 78 ff).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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