OGH 13Os111/02

OGH13Os111/0216.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2002 durch den

Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr.

Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten

Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz

als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann Josef B***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und eines Vergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Jänner 2002, GZ 4c S Hv 5367/01z-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Johann Josef B***** wurde des Verbrechens nach § 28 Abs 2 (zu ergänzen:) vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (I) und (richtig:) mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er während der Jahre 1996 und 1997 in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider

I. in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ein Suchtgift, nämlich Kokain "mit zumindest durchschnittlichem Wirkstoffgehalt" in Verkehr gesetzt, indem er

  1. 1) ca 40 g in Teilmengen Willy L***** verkaufte,
  2. 2) zumindest 5 g Willy L***** und Ferdinand W***** kostenlos überließ und

    3) "eine nicht mehr feststellbare Menge in einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitraum" einem Unbekannten überließ;

    II. 1996 und 1997 wiederholt ein Suchtgift, nämlich Kokain, zum Eigenkonsum erworben und besessen.

    Von der Anklage, an "einem noch festzustellenden Zeitpunkt in der ersten Jahreshälfte 1996 zumindest 3 kg Kokain" an Robert K***** in Verkehr gesetzt zu haben (§ 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG), wurde er nach § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Gleichfalls nach § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde Robert K*****; dieser von der Anklage, er habe an "einem noch festzustellenden Zeitpunkt in der ersten Jahreshälfte 1996" Johann Josef B***** dazu bestimmt, "zumindest 3 kg Kokain" an einen Unbekannten in Verkehr zu setzen und zudem 100 g Kokain an B***** in Verkehr gesetzt (§ 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG, teils nach § 12 zweiter Fall StGB).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Freisprüche nominell aus Z 5, gegen den zu I/3 ergangenen Schuldspruch aus Z 3 (§ 260 Abs 1 Z 1) des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft bekämpft der Sache nach nur unzulässig die Beweiswürdigung, welche die Tatrichter dazu veranlasst hat, ein Inverkehrsetzen von 3 kg Kokain durch B***** samt vorangegangener Bestimmung seitens des Mitangeklagten K***** und die Übergabe von 100 g Kokain als Belohnung für B***** im Zweifel nicht als erwiesen anzunehmen und konnte solcherart - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen werden (§ 285d StPO).

Die angestellten Überlegungen zum möglichen Zeitraum dieser vom Schöffengericht für nicht erwiesen angesehenen Vorgänge sind als bloß beweiswürdigende Erwägungen einer Anfechtung aus Z 5 entzogen. Wollte man, wie es die Beschwerde tut, den Urteilsgründen eine Feststellung des Inhalts entnehmen, die Taten könnten sich, wenn überhaupt, nur im September 1997 ereignet haben, beträfe die vorgetragene Kritik keine entscheidende Tatsache (14 Os 161/97). Eine den Tatzeitpunkt betreffende unrichtige Wiedergabe des Inhalts einer gerichtlichen Aussage oder Urkunde behauptet das Rechtsmittel nur substratlos; unter dem Aspekt einer Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist ihr nicht deutlich und bestimmt zu entnehmen, welche Folgerungen zugunsten des Anklagestandpunktes aus einzelnen, den vorgeblichen Tatzeitraum betreffenden und als übergangen reklamierten Beweisergebnissen abzuleiten sein sollten.

Die Aussage des Zeugen W***** wurde keineswegs übergangen (US 8, zweiter Absatz). Dass B***** "einmal" (s US 7, zweiter Absatz) das Gewicht des Hydraulikstempels, welcher das Suchtgift enthalten haben soll, mit demjenigen von vier Wasserkübeln verglichen hat, räumt sie, Aktenwidrigkeit solcherart verneinend, selbst ein. Einzelne, keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellende Erwägungen (hier: über ein der postalischen Beförderung angeblich entgegenstehendes Gewicht des Hydraulikstempels) können aus Z 5 nicht erfolgversprechend kritisiert werden.

Dass das Protokoll einer Aussage des Hannes Z***** einverständlich verlesen wurde und demnach die Voraussetzungen des § 252 Abs 1 Z 4 StPO vorlagen, gesteht die Beschwerdeführerin ohnehin zu. Unterlassene weitere Schuldsprüche wegen § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG nach 1997 stehen schon deshalb nicht im Widerspruch zur Feststellung, B***** habe "zuletzt" nahezu täglich ca zwei bis drei Gramm Kokain konsumiert, weil solche Taten nicht angeklagt waren (§ 267 StPO). Eine unrichtige Wiedergabe von Urkunden oder gerichtlichen Aussagen, welche den Zeitraum des Suchtgiftkonsums B*****s betreffen, nennt die Beschwerde nicht.

Stellten nach den Urteilsfeststellungen 1997 im Besitz B*****s befindliche 100 g Kokain die Entlohnung für "Vermittlertätigkeit" im Zusammenhang mit einer "Suchtgiftlieferung" dar, so wurde das Inverkehrsetzen eines Teils dieser 100 g unzweideutig von Tätigkeiten im Zusammenhang mit jener Lieferung unterschieden, womit auch Nichtigkeit aus Z 3 (§ 260 Abs 1 Z 1) nicht vorliegt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte