OGH 14Os102/02

OGH14Os102/0215.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Traar als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manuela M***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Manuela M*****, Georg M***** und Sabine W***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Oktober 2001, GZ 24 Vr 3.274/98-41, nach Anhörung der Generalprokuratur, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Manuela M***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (A) sowie Georg M***** und Sabine W***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (als Beteiligte gemäß § 12 dritter Fall StGB; B) schuldig erkannt.

Darnach haben in Wattens

A) Manuela M***** dadurch, dass sie in ihrem auf ihrer Liegenschaft

EZ *****, GB ***** errichteten Gebäude Sabine W***** und der W***** GmbH ein Mietrecht an Räumlichkeiten zu nachangeführten unrealistisch niedrigen Mietzinsen einräumte, einen Bestandteil ihres Vermögens in einem 500.000 S übersteigenden Betrag, nämlich 2,703.000 S verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt bzw geschmälert, und zwar

1. am 24. März 1998 hinsichtlich der im Obergeschoss des Wohnhauses liegenden Wohnung zu einem Mietzins von 1.000 S inkl Betriebskosten und Mehrwertsteuer an Sabine W***** und

2. am 16. März 1998 hinsichtlich eines Verkaufsraumes sowie von fünf Büroräumen zu einem monatlichen Mietzins von 5.000 S inkl USt an die W***** GmbH; sowie

B) Sabine W***** am 24. März 1998 und Georg M***** am 16. März 1998

dadurch, dass sie mit Manuela M***** die in Punkt A geschilderten Mietverträge abschlossen, zur Ausführung der oben geschilderten strafbaren Handlungen der Manuela M***** beigetragen, wobei ihr Vorsatz auf einen nicht näher feststellbaren, 500.000 S aber nicht übersteigenden Schaden gerichtet war.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen war die mit 27,000.000 S verschuldete Angeklagte Manuela M***** Eigentümerin der mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Liegenschaft EZ ***** GB *****, *****straße 16. Mit Mietverträgen vom 16. und vom 24. März 1998 vermietete sie auf unbestimmte Zeit Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses an die am 25. Feber 1998 gegründete W***** GmbH, deren Gesellschafter der Angeklagte Georg M***** (ihr Ehegatte) und die Angeklagte Sabine W***** (ihre Schwester) waren und deren Geschäftsführung Georg M***** oblag, sowie Räumlichkeiten im ersten Obergeschoss an Sabine W*****. Die Mietzinse entsprachen bei weitem nicht den ortsüblich erzielbaren Entgelten. Eine Wertsicherungsklausel wurde nicht vereinbart. Durch die Begründung der Mietverhältnisse wurden der Verkehrswert der Liegenschaft von (zuvor) 7,227.000 S und damit das Vermögen der Angeklagten Manuela M***** um (ca) 2,703.000 S verringert.

Manuela M***** hielt es zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass die Liegenschaft durch den Abschluss der Mietverträge in einem 500.000 S übersteigenden Ausmaß in ihrem Wert gemindert und damit die Befriedigung zumindest eines Gläubigers im selben Ausmaß geschmälert oder gar vereitelt wird. Georg M***** und Sabine W***** war die prekäre Situation der Erstangeklagten und das Bestehen einer Gläubigermehrheit bekannt. Sie hielten eine Wertminderung der Liegenschaft aufgrund der Mietvertragsabschlüsse in einem 500.000 S nicht übersteigenden Ausmaß und eine Schmälerung oder Vereitelung der Gläubigerbefriedigung zumindest ernstlich für möglich und fanden sich damit ab.

Aufgrund eines Exekutionsantrages der R***** reg GenmbH vom 23. April 1998 und des Beitritts der V***** reg GenmbH kam es wegen im Exekutionsverfahren angemeldeter Forderungen der erstgenannten Bank von 7,276.942 S und der Zweitgenannten von 2,617.333 S am 9. April 1999 zur Zwangsversteigerung der Liegenschaft. Die R***** reg GenmbH erhielt den Zuschlag. Aufgrund eines bevorrangten Pfandrechts wurde ihr das gesamte Meistbot von 5,600.000 S zugewiesen. Ihre darüber hinausgehenden Forderungen und jene des zweiten betreibenden Gläubigers fanden im Meistbot keine Deckung (US 5 - 10). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, "dass der Umstand, dass die Bestandrechte möglicherweise auf den bei der Zwangsversteigerung der Liegenschaft erzielten Erlös gar keinen Einfluss hatten, an der Deliktsvollendung nichts ändere" (US 14). Bei der Strafbemessung wurde unter anderem als mildernd gewertet, "dass den Gläubigern letztlich aus der Tat kein Schaden entstand" (US 15).

Rechtliche Beurteilung

Die von den Angeklagten gegen dieses Urteil (gemeinsam ausgeführten), aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind im Recht.

Den Verfahrensrügen (Z 4) zuwider konnte der Antrag auf "Einholung eines ergänzenden Gutachtens zur betraglichen Bewertung der von der W***** GmbH im Erdgeschoss des Objektes *****straße 16 genutzten Büroräumlichkeiten im Ausmaß von ca 70 bis 80 m2 unter weiterer Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Räumlichkeiten auch von der W***** GmbH mitgenutzt wurden" (S 223/II), ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden, weil für die Frage nach einer Wertminderung der Liegenschaft infolge des Abschlusses von wirtschaftlich ungünstigen Bestandverträgen unerheblich ist, ob der Bestandnehmer nur einen Teil des gemieteten Objektes tatsächlich benützt (in diesem Sinn schon US 11 und 13). Aus diesem Grund versagen auch alle Einwände der Mängelrügen (Z 5), die sich auf eine allfällige Teilnutzung der Bestandobjekte beziehen. Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens "zur Beurteilung der Frage, dass die gegenständlichen Mietverhältnisse jederzeit aufkündbar gewesen wären, insbesondere der Mietvertrag mit Sabine W***** aufgrund der Offenkundigkeit des zu geringen Mietzinses anfechtbar gewesen wäre und sohin beide Mietverhältnisse nicht dem MRG unterliegen" (S 233/II), zielte nur auf die Klärung einer nicht der Beweisaufnahme unterliegenden Rechtsfrage ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 343).

Nominell aus Z 5, der Sache nach aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO machen die Angeklagten jedoch zu Recht geltend, dass den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen ist, ob durch das festgestellte Verhalten die Befriedigung eines Gläubigers vereitelt oder geschmälert wurde.

Das Verbrechen der betrügerischen Krida ist vollendet, sobald feststeht, dass ein Gläubiger infolge eines wirklich oder scheinbar Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners oder eines Beteiligten (§ 12, § 14 Abs 1 StGB) eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält. Die Tathandlung muss eine Ursache dafür sein, dass zumindest ein Gläubiger effektiv einen Befriedigungsausfall erleidet. Bevor eine solche Auswirkung sicher ist, kann Vollendung des Verbrechens nicht angenommen werden (RZ 2002/20; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 Rz 19). An dieser Rechtslage gehen die Urteilserwägungen, mit denen ein Kausalzusammenhang zwischen tatbestandmäßigem Verhalten und dem nur bei einem Befriedigungsausfall gegebenen Deliktserfolg als unbedeutend behandelt und aus dem Vorliegen einer (durch Abschluss wirtschaftlich ungünstiger Bestandverträge bewirkten) Vermögensverringerung ohne weiteres abgeleitet wird, dass dadurch zumindest ein Gläubiger "benachteiligt worden" ist (US 14), vorbei. Da demzufolge zur rechtlichen Beurteilung hinreichende Feststellungen darüber, ob der Abschluss der Bestandverträge Ursache für den effektiven Befriedigungsausfall zumindest eines Gläubigers war, auch bei Beachtung der erwähnten - mehrdeutigen - Strafzumessungserwägung nicht vorliegen, erweisen sich die Urteilsaufhebung und die Anordnung der Verfahrenserneuerung als unumgänglich. Demnach erübrigt sich die Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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