Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass über den Angeklagten gemäß § 43a Abs 2 StGB eine nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von neun Monaten und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 35 EUR, für den Nichteinbringlichkeitsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wird. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner B***** des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (I) und des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB (II) schuldig erkannt, weil er in Groß
Gerungs
I. am 25. Mai 2000 durch telefonische Anzeigeerstattung bei der Bezirksleitzentrale des Gendarmeriepostens Zwettl über einen in seinem Anwesen in der selben Nacht stattgefundenen Einbruchsdiebstahl von ca. 8.300 Schildkröten, einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer strafbaren Handlung wissentlich vortäuschte;
II. am 25. Mai 2000 und am 30. Mai 2000 mit dem Vorsatz, sich bzw die Martha B***** KEG durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versuchte, Verantwortliche der I***** Versicherung AG durch die fälschliche Darstellung in einer zunächst telefonischen und dann schriftlichen Versicherungsmeldung, dass unbekannte Täter in der Nacht zum 25. Mai 2000 durch Aufbrechen einer Außentüre, somit durch Einbruch insgesamt 8.004 Schildkröten im Gesamtwert von S 6,571.500,-
gestohlen hätten, zu einer die Versicherungsanstalt schädigenden Handlung, nämlich Auszahlung der Versicherungssumme in Höhe von mindestens S 800.000,- zu verleiten.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt:
Die in der Verfahrensrüge (Z 4) reklamierten Anträge auf Einvernahme des Sachverständigen an Ort und Stelle, "damit dann auch Fragen gestellt werden können" (S 135 ff/III) und Überprüfung (des Zustandekommens der Beschädigung) an einer Vergleichstür (S 141/III) sowie die Rücksendung des Aktes an die Gendarmerie "zum Zweck von Erhebungen" (S 175/III) betreffen allesamt unzulässige Erkundungsbeweise (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 88 f; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 330 f), deren Aufnahme vom Schöffensenat mangels eines konkreten schulderheblichen Beweisthemas zu Recht abgewiesen wurde. Entgegen der Mängelrüge (Z 5) berücksichtigte das Erstgericht den vom Zeugen F***** (aber auch vom Angeklagten) dargelegten Umstand einer im Tatzeitpunkt bestehenden Unterversicherung ausdrücklich (US 5 und 10), wobei die in der Beschwerde darauf gestützten Erwägungen zu einem - mangels Ausschöpfung des früher vorhandenen höheren Versicherungsschutzes - beim Angeklagten fehlenden Täuschungsvorsatz lediglich einen Versuch darstellt, unzulässigerweise die kollegialgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung in Frage zu stellen.
Den weiteren Beschwerdeausführungen zuwider gehen die Tatrichter im Urteil - in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Angaben des vom Angeklagten reklamierten Zeugen Ernst G***** - davon aus, dass sowohl die Tür selbst als auch das Türblatt im Bereich der Zarge beschädigt war (US 8), kommen allerdings auf Grund der übrigen Beweisergebnisse zum Schluss, dass diese konkreten Schadensspuren mit einem Einbruch nicht in Einklang zu bringen sind.
Aber auch die subjektive Tatseite wurde vom Erstgericht hinreichend begründet, stützte sich dieses doch in Bezug auf die Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung auf die ursprünglich geständige (S 747 ff/II), wenngleich später widerrufene (S 65/II) Einlassung des Angeklagten, aus der die Tatrichter - wie in den Urteilsgründen in der nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO gebotenen gedrängten Form zum Ausdruck kommt - im Zusammenhalt mit der Vorlage einer falschen Schadensmeldung an die Versicherung, einer falschen Darstellung des Tierbestands (US 6 f) und einer angespannten Finanzlage (US 4) ersichtlich auf einen Täuschungs- und Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers schlossen (US 6 iVm US 4 und US 8). Abgesehen davon, dass das Schöffengericht die finanzielle Bedrängnis der Firma Martha B***** KEG ausdrücklich festhielt (US 4), war das erkennende Gericht der Beschwerde zuwider auch nicht dazu verhalten, zur Motivlage - welche kein schuldrelevantes Element bildet - weiterreichende Erwägungen anzustellen.
In der Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt der Beschwerdeführer im Wesentlichen die zur Mängelrüge dargestellten Einwände. Entgegen diesem Vorbringen setzte sich das Erstgericht - wie bereits dargelegt - auch ausreichend mit der Verantwortung des Angeklagten auseinander (US 6, 8 und 9).
Soweit der Beschwerdeführer die vom Schöffengericht als überzeugend gewerteten Ausführungen des Sachverständigen Franz N***** mit der bloßen Behauptung des Gegenteils in Frage stellt, vermag er ebenso wenig erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde gelegten Tatsachen zu erwecken, wie mit den spekulativen Überlegungen, weshalb der Angeklagte erst nach Eintritt der Unterversicherung einen Schadenseintritt vorgetäuscht hat. Die auf die eingeschränkten geistigen Fähigkeiten des Zeugen Gerhard P***** gestützten Einwände gegen dessen Glaubwürdigkeit lassen außer Acht, dass die Kernaussage, wonach im Tatzeitpunkt im Betrieb der Martha B***** KEG keinesfalls 8000 Schildkröten gehalten wurden, durch die Aussagen des sachverständigen Zeugen Richard G***** und durch das Gutachten des Sachverständigen MMag. W***** bestätigt wurde (vgl US 7), sodass sich aus den Akten keine Bedenken gegen die für die Beweiswürdigung wesentliche Feststellung ergeben, dass die Angaben des Angeklagten über die Anzahl der vor der Anzeigeerstattung im Betrieb gehaltenen Tiere jedenfalls falsch war.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) stellt sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt, dass selbst unter Berücksichtigung der Urteilsannahme, wonach Werner B***** die I***** Versicherung AG über die Tatsache des Einbruchs mit der Absicht täuschen wollte, diese zur Auszahlung der Versicherungssumme zu verleiten, um sich bzw die Martha B***** KEG zu bereichern angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer lediglich eine telefonische und später dann eine schriftliche Meldung über den Schadenseintritt an die Versicherung weiterleitete, noch keine einem Betrug unmittelbar vorangehende Ausführungshandlung, sondern bloß eine noch straflose Vorbereitungshandlung vorlag.
Nach herrschender Auffassung liegt eine strafbare ausführungsnahe Tathandlung zu einem Versicherungsbetrug vor, wenn der Täter ansetzt, von der Versicherungsgesellschaft Ersatz zu begehren oder wenigstens - dies einleitend - ihr den Schadensfall zur Kenntnis bringt (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 128; Foregger/Fabrizy StGB7 § 146 Rz 14; Kineapfel BT II3 § 146 RN 249; SSt 46/51; 13 Os 148/93). Durch die am 25. Mai 2000 gegenüber dem Versicherungsmakler Gerhard F***** abgegebene telefonische und die dann am 30. Mai 2000 wiederholte schriftliche Versicherungsmeldung setzte der Angeklagte daher eine der Ausführung des Betruges unmittelbar vorangehende Handlung, mit welcher er seinen (auf Täuschung der Versicherung über einen nicht vorgefallenen Einbruch zwecks Auszahlung der Versicherungssumme und damit auf eine unrechtmäßige Bereicherung zielenden) Tatenschluss realisieren wollte (Hager/Massauer in WK2, §§ 15, 16 Rz 28), zumal die vom Beschwerdeführer in den Vordergrund gerückte Erfolgsnähe (iS einer Schadensfallregulierung) kein essentielles Kriterium der im § 15 Abs 2 StGB genannten Ausführungsnähe darstellt (Hager/Massauer in WK2, §§ 15, 16 Rz 30; Leukauf/Steininger StGB3 § 15 RN 8).
In der Subsumtionsrüge (Z 10) moniert der Beschwerdeführer fehlende Feststellungen zur Frage, wie viele Schildkröten im Tatzeitpunkt tatsächlich vorhanden gewesen sein könnten. Er übergeht dabei die entscheidungswesentliche Feststellung, dass das Verschwinden von Schildkröten als Versicherungsfall bloß vorgetäuscht wurde. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, wobei es gemäß § 43a Abs 3 StGB einen Teil von neun Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsieht.
Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen; als mildernd berücksichtigte es den Umstand, dass es hinsichtlich des schweren Betruges beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes und eine gänzliche bedingte Nachsicht an.
Die - im Übrigen vom Schöffengericht zutreffend herangezogenen - Strafzumessungsgründe sind in den Milderungsumständen dahin zu ergänzen, das der Angeklagte durch sein ursprünglich abgelegtes Geständnis wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Dass er sich seit der (nun etwas über zwei Jahre zurückliegenden) Tat wohlverhalten hat, kann ihm den Berufungsausführungen zuwider nicht als mildernd zugut gehalten werden.
Auf der Basis der vorliegenden Strafzumessungsgründe wäre die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe vom Ausmaß her in Relation zur Tat- und Persönlichkeitsschuld nicht überhöht. Eine weitere Herabsetzung der ohnehin an der Untergrenze des gesetzlichen Strafmaßes verhängten Freiheitsstrafe im Wege des außerordentlichen Milderungsgrundes kommt schon mangels beträchtlichen Überwiegens der Milderungsumstände (§ 41 Abs 1 StGB) nicht in Betracht. Der Oberste Gerichtshof vermeint allerdings, dass - nicht zuletzt im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter des nur geringfügig vorbestraften Angeklagten - auch nicht der Vollzug nur eines Teiles der Freiheitsstrafe notwendig ist, sondern es dem gesetzlichen Präventionsbedarf genügt, über den Angeklagten unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB eine (unbedingte) Geldstrafe von 180 Tagessätzen (im Nichteinbringlichkeitsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) in Verbindung mit der unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen restlichen Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt. Einer gänzlichen bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB stehen hingegen nach Art und Umfang der Verfehlung sowohl generalpräventive als auch spezialpräventive Rücksichten entgegen. Die Festsetzung der Höhe des einzelnen Tagessatzes mit 35 EUR erfolgte auf der Grundlage einer unter Berücksichtigung der eigenen Angaben des Angeklagten im Gerichtstag über seine zahlreichen aufwendigen Auslandsreisen vom Obersten Gerichtshof vorgenommenen Einschätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten. Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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