Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers ist für sich allein selbst dann noch nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewusst und systematisch erfolgt; erst durch Hinzutreten besonderer Umstände, die den Wettbewerb verfälschen, wie etwa das Beschaffen von Kundenlisten auf unlautere Weise, das Abwerben von Dienstnehmern während des aufrechten Dienstverhältnisses, das Anschwärzen von Mitbewerbern oder die Schädigung der Mitbewerber als einziges Ziel, wird ein wettbewerbsrechtlich verpöntes Verhalten verwirklicht (stRsp ua ÖBl 1993, 13 = WBl 1993, 162 - Nissan-Kundendienst mwN; SZ 59/153 = WBl 1987, 13 = RdW 1987, 132 = ÖBl 1987, 125 - Montagetechnik; ÖBl 1995, 112 - Reinigungsarbeiten trotz Konkurrenzverbots; ÖBl 1997, 158 - S-Powerfrauen; ÖBl 1998, 22 = MR 1997, 163 = ARD 4935/25/98 - Elektronik Aktuell mwN).
Auch die Verleitung zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung ist nicht schlechthin sittenwidrig sondern nur dann, wenn besondere, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände, hinzutreten (ÖBl 1986, 153 - Abonnementabwerbung; ÖBl 1993, 159 - Kreditschutzverband; MR 1994, 30 - Abonnentenabwerbung II, vgl zuletzt M. Gruber, Wettbewerbswidrigkeit der Abwerbung von Kunden und Arbeitsnehmern, SBl 2002, §§ 416 ff, 427). Solche liegen nach der Rechtsprechung etwa dann vor, wenn man den Kunden von Mitbewerbern ein vorbereitetes Kündigungsschreiben vorlegt, das sie nach Einsetzen des Kündigungstermins nur noch unterschreiben müssen, und diese Kündigungsschreiben dann noch zur Weiterbeförderung übernimmt und auf eigene Kosten zur Post befördert (ÖBl 1986, 153 - Abonnementabwerbung) oder wenn man an einen unbestimmten Personenkreis vorgedruckte, an den Mitbewerber adressierte Kündigungsschreiben als Massenpostwurf versendet, die nur noch ausgefüllt, unterschrieben und im adressierten Kuvert abgeschickt werden mussten, wenn also eine Kündigungshilfe gewährt wird, die über die bloße Beratung über Kündigungsmöglichkeiten weit hinausgeht (MR 1994, 30 - Abonnentenabwerbung II).
Von dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht nicht abgewichen, wenn es im Streitfall als wettbewerbsrechtlich unbedenklich beurteilt hat, dass das beklagte Energieversorgungsunternehmen seine eigenen ehemaligen Kunden, die auf Vermittlung der Klägerin zu einer Mitbewerberin gewechselt haben, dadurch zurückzugewinnen versucht hat, dass sie ihnen neue schriftliche Vertragsangebote zur Prüfung vorgelegt hat, wobei sich unter den übermittelten Unterlagen neben Produktinformationen und Preisvergleichen auch eine Textvorlage für ein Kündigungsschreiben befand (oder bei Bedarf als abrufbar angekündigt war). Weder hat sich die Beklagte nämlich mit Massensendungen, die ein Kündigungsformular enthalten, an einen unbestimmten Personenkreis gewandt, noch hat sie die Kosten der Vertragsauflösung zum Mitbewerber übernommen. Den Wettbewerb verfälschende, die Sittenwidrigkeit begründende Umstände liegen auch nicht allein darin, dass sich das beanstandete Verhalten gegen die Klägerin richtet, die als bloße Vermittlerin zwecks Bündelung der Stromnachfrage der Endverbraucher auftritt, weil eine (der Klägerin offenbar vor Augen stehende) besondere "Bestandgarantie" für Absatzmittler weder im Wettbewerbsrecht noch nach sonstigen Bestimmungen des liberalisierten Energiemarktes besteht; es ist der Beklagten nicht verboten, sich direkt (und damit unter Ausschaltung der Klägerin) an potentielle Stromkunden zu wenden.
Soweit die Klägerin eine Wettbewerbswidrigkeit aus dem behaupteten Verstoß gegen § 101 TKG (Verbot von Anrufen zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Angerufenen) ableiten möchte, übersieht sie, dass ein solches Verhalten nicht Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist. Von einer bewussten Verleitung durch die Beklagte zum Vertragsbruch kann nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt schon deshalb keine Rede sein, weil nicht bescheinigt ist, dass die Beklagte um die eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten der von ihr angeschriebenen Vertragspartner der Klägerin wusste. Unter welchen Umständen es aber den angeschriebenen Stromkunden möglich sein wird, ihre bestehenden Stromlieferungsverträge zu beenden und zur Beklagten als neuer Stromlieferantin zu wechseln, spielt für die Frage der Wettbewerbswidrigkeit im Zusammenhang mit der beanstandeten Beihilfe zur Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zur Klägerin keine Rolle.
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