Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 812,52 (darin EUR 135,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betrieb im Jahre 1990 das Gastlokal G***** und schloss am
18. und 27. bzw 31. 12. 1990 mit der klagenden Partei die beiden eine Einheit bildenden Bierlieferungsübereinkommen über insgesamt 1500 hl Bier bei einem jährlichen Mindestbezug von 150 hl ab und erhielt dafür von dieser S 288.000 sowie S 72.000 (je inklusive USt) als nicht rückzahlbare Investitionsbeiträge ausbezahlt (Beilagen./A/B). In der Folge stellte der Beklagte seine Unternehmertätigkeit in dieser Gaststätte ein. Seine Nachfolgerin, Angelika R*****, trat ab 1. 2. 1993 diesen Lieferungsübereinkommen bei (Beilagen./C/D). Der Beklagte vereinbarte mit ihr die Übernahme seiner Verpflichtungen aus den Lieferungsübereinkommen als Teil der Ablöse. Aus der Haftung wurde er aber von der klagenden Partei nicht entlassen. 1994 wurde über das Vermögen des Beklagten, der inzwischen das Cafe E***** betrieb, das Konkursverfahren eröffnet. Die klagende Partei meldete Forderungen aus den gegenständlichen Lieferungsübereinkommen im Konkursverfahren nicht an, wohl aber solche aus dem Lieferungsübereinkommen vom 24./28. 8. 1992, das sie mit dem Beklagten betreffend das Cafe E***** abgeschlossen hatte. Nach Abschluss eines Zwangsausgleichs mit den Gläubigern am 4. 7. 1995 über eine Barquote von 25 % und Bestätigung desselben wurde das Konkursverfahren am 27. 7. 1996 aufgehoben.
Im Oktober 1997 verlegte Angelika R***** ihre Betriebsstätte auf den K***** Platz. Die Klägerin stimmte dieser Vertragsmodifikation zu (Beilage./E), ohne dass der Beklagte davon Kenntnis erlangt hätte. Kurz darauf legte Angelika R***** ihr Unternehmen still und stellte den Bierbezug ein. In ihrer HL-Abrechnung vom 10. 11. 1998 wies die klagende Partei, nachdem nur 709,3867 hl Bier bezogen worden waren, 790,6124 hl als nicht amortisiert aus und begehrte Zahlung von zusammen S 189.796,98 einschließlich USt.
Mangels Zahlung füllte die klagende Partei am 7. 2. 2000 die beiden vom Beklagten zu ihrer Besicherung bei Abschluss der Bierlieferungsübereinkommen für die G***** unterfertigten Blankoakzepte mit den am 21. 2. 2000 an sie zahlbaren Beträgen in Höhe von S 37.949,40 und S 151.797,58 aus.
Mit der vorliegenden Wechselklage vom 10. 3. 2000 begehrt die klagende Partei vom Beklagten insgesamt S 189.746,98 sA, und zwar, wie sich aus ON 6 und der vorlegten Hektoliterabrechnung (Beilag./F) im Zusammenhang mit Punkt 5 der Lieferungsübereinkommen (Beilage./A, ./B) ergibt, den im Falle der Vertragsverletzung ua durch Einstellung des Bierbezuges ihr wahlweise zustehenden Anspruch auf Rückzahlung des noch nicht amortisierten Ausgestaltungsbeitrages für das Lokal des Beklagten laut Punkt 1b des Übereinkommens, den der Beklagte der Höhe nach nicht bestritten hat.
Der Beklagte wandte im Wesentlichen ein, dass ihm die Wechsel unerklärlich seien. Sollten sie existent sein, seien sie rechtswidrig zustande gekommen. Die klagende Partei habe ihm am 7. 2. 2000 mitgeteilt, dass er diesen Betrag aus der Abrechnung der für die G***** geschlossenen Lieferungsübereinkommen schulde. Dieses Lokal habe er aber an Angelika R***** übergeben und sei aus den Verträgen entlassen worden. Da er das Lokal seit mehr als 3 Jahren nicht mehr betreibe, wende er Verjährung ein. 1994 sei über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Masseverwalter sei in die bestehenden Lieferungsübereinkommen nicht eingetreten. Die Klägerin habe ihre Forderung im Konkurs angemeldet und habe 25 % ihrer Forderung als Quote und die in ihrem Eigentum stehenden Fahrnisse erhalten.
Die Klägerin replizierte, die im Konkurs angemeldeten Forderungen hätten nur die für das Cafe E***** geschlossenen Lieferungsübereinkommen betroffen; die Forderung aus den streitgegenständlichen Lieferungsübereinkommen seien erst 1998 entstanden, nachdem Angelika R***** den Bierbezug eingestellt habe. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Lieferungsübereinkommen aus 1990 liege lediglich ein Schuldbeitritt der Angelika R***** vor, der die Haftung des Beklagten unberührt lasse. Der Beklagte sei mangels Entlassung aus der Haftung auch zur Zahlung der nicht amortisierten Beträge verpflichtet. Dass die klagende Partei Forderungen aus den gegenständlichen Lieferungsübereinkommen nicht im Konkurs des Beklagten angemeldet habe, lasse ihren erst mit der Abrechnung vom 10. 11. 1998 fällig gewordenen Anspruch unberührt, der daher auch nicht verjährt sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. In rechtlicher Hinsicht führte es zur weiter aufrecht erhaltenen Verjährungseinrede aus, dass es sich bei einem Bierbezugsvertrag um einen Darlehensvertrag mit der Nebenabrede der Bierbezugsverpflichtung handle, wobei das Darlehen durch Bierbezug abzustatten sei. Der vertragliche Rückforderungsanspruch der Brauerei, der für den Fall der Nichterfüllung der Bierbezugsverpflichtung vereinbart worden sei, unterliege nicht der 3-jährigen, sondern der 30-jährigen Verjährungsfrist. Es sei daher für die Frage der Verjährung nicht von Belang, ob die Forderung der klagenden Partei bereits bei Konkurseröffnung bestanden habe. Dies sei im Übrigen nicht anzunehmen, seien die Lieferungsübereinkommen, aus deren Nichterfüllung die klagende Partei ihre nunmehrige Rückzahlungsforderung ableite, doch erst im Jahre 1998 durch die Einstellung des Bierbezugsvertrages durch die Unternehmensnachfolgerin des Beklagten, die seinem Lieferungseinkommen beigetreten sei, notleidend geworden. Zum Hinweis des Beklagten auf § 21 KO wies das Berufungsgericht darauf hin, dass ein bei Konkurseröffnung von beiden Seiten noch nicht vollständig erfülltes Rechtsgeschäft bis zu einer Rücktrittserklärung des Masseverwalters aufrecht bleibe und, wenn ein Rücktritt des Masseverwalters nicht erfolge, nach Aufhebung des Konkurses von beiden Teilen mit seinem ursprünglichen Inhalt geltend gemacht werden könne. Im Übrigen liege gar kein Fall des § 21 KO vor, weil die klagende Partei ihre Verpflichtung aus dem Bierlieferungsübereinkommen bereits voll erfüllt habe. Der den Rückforderungsanspruch auslösende Abnahmestopp habe sich erst Jahre nach Konkursaufhebung ereignet. Zutreffend zeige der Beklagte an sich auf, dass die Wirkungen des Konkurses auch jener Gläubiger gegen sich gelten lassen müsse, der sich am Konkursverfahren nicht beteilige. Dies würde an sich auch für die Wirkung des Zwangsausgleiches gelten. Eine Kürzung des streitgegenständlichen Anspruches auf die Zwangsausgleichsquote unter Berufung auf § 156 Abs 1 KO habe aber der Beklagte weder im erstinstanzlichen noch im Konkursverfahren geltend gemacht. Von Amts wegen sei darauf nicht einzugehen. Im Übrigen erstreckten sich die Wirkungen des Zwangsausgleiches nur auf jene Ansprüche des Gemeinschuldners, die der Anmeldung im Konkurs unterlägen, also dort angemeldet werden könnten. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung sei die Höhe des künftig möglichen Fehlbetrages gar nicht bekannt gewesen.
Das Berufungsgericht ließ über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO die Revision nachträglich zu, weil zur vorliegenden Fallkonstellation, in der ein Dritter der Erfüllung eines vom später insolventen Darlehensnehmer geschlossenen Bierlieferungsübereinkommens beigetreten sei und dieses auch bis über den Konkurs hinaus weiter erfüllt habe, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege und durch die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht Rechtsunsicherheit entstehen könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klagsabweisung; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.
Die klagende Partei begehrt die Revision als unzulässig zurückzuweisen und (sinngemäß) auch ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil zwar oberstgerichtliche Judikatur zu den wesentlichen Fragen vorliegt, aber zum Zusammenspiel der hier relevanten Fragen fehlt, die sich in dieser Fallkonstellation jederzeit wiederholen können, sodass der Entscheidung einerseits über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, und andererseits die Ausführungen des Berufungsgerichtes - wie dieses selbst erkennt - in mancher Hinsicht irreführend sind, sodass sie der Klarstellung bedürfen.
Die Revision ist aber im Ergebnis nicht berechtigt. Es ist vorliegendenfalls nicht zweckmäßig, auf die einzelnen Einwendungen des Beklagten einzugehen, weil sie - ebenso wie die Berufungsentscheidung - teilweise von sich ausschließenden Prämissen ausgehen. Vorteilhafter ist es daher den vorliegenden Sachverhalt insgesamt einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen. Bierlieferungsverträge bzw Bierbezugsverträge sind Vertragsgestaltungen, bei denen sich ein Gastwirt (in der Regel anlässlich einer Darlehensgewährung durch eine Brauerei) verpflichtet, längere Zeit hindurch ausschließlich Bier der darlehensgebenden Brauerei zu beziehen. Diese Vertragsgestaltungen können unterschiedlicher Art sein. Vorliegenden Falls wurde vereinbart dass 1.500 hl insgesamt, und zwar jährlich mindestens 150 hl abgenommen werden müssen. Ein derartiger Vertrag kann nach richtiger Ansicht nicht als ein reiner Darlehensvertrag mit der Nebenabrede des Bierbezuges im Sinn der älteren Rechtsprechung (JBl 1956, 617; EvBl 1960/126 ua) beurteilt werden, sondern muss richtigerweise als eine Vertragskoppelung eines selbstständigen Kaufvertrages in Form eines Bezugsvertrages (somit eines Dauerschuldverhältnisses) mit einem Darlehensvertrag angesehen werden (Aicher in Rummel ABGB I3 Rz 50 zu § 1053, ebenso Hoyer in der Besprechung der Entscheidung 4 Ob 512/93, ZfRV 1994, 32 ff mwN). Hoyer hat zutreffend aufgezeigt, dass es sachgemäß ist, bei derartigen gemischten Verträgen, die in unterschiedlicher Weise Elemente unterschiedlicher Vertragsfiguren vereinigen, auch eine Differenzierung im Falle der Leistungsstörungen vorzunehmen ist. Bei Leistungsstörungen hinsichtlich der Bezugspflicht sind die Auswirkungen auf das insgesamt zu sehende Schuldverhältnis aus diesem Blickwinkel zu bestimmen.
Im vorliegenden konkreten Bierlieferungsvertrag sollte das Darlehen durch den Kaufpreis für das bezogene Bier abgezahlt werden. Wird der Bierbezug vorzeitig beendet, ist das Darlehen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig getilgt (vgl Beilag./F "nicht amortisierte Hektoliter").
Hieraus ergibt sich für den vorliegenden Bierlieferungsvertrag, dass er zur Zeit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Gemeinschuldners noch von keiner Seite vollständig erfüllt war. Ist doch die klagende Partei weiter zur Bierlieferung unter den vereinbarten Bedingungen verpflichtet, was keinesfalls seine unbedeutende Nebenpflicht angesehen werden kann, die außer Acht zu lassen wäre (Gamerith in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht Rz 8 zu § 21; siehe auch Hoyer aaO, 35 mwN zu Anm 19 und 20). Der hier zu beurteilende Bierlieferungsvertrag als "Mischvertrag" endete daher nicht wie ein reiner Darlehensvertrag (so 3 Ob 36/97h) kraft Gesetzes mit Konkurseröffnung.
Infolgedessen lag ein Anwendungsfall des § 21 KO vor. Der Masseverwalter konnte wählen, ob er den Vertrag aufrecht erhalten will (was etwa im Falle der Fortführung des Unternehmens durchaus zweckmäßig sein kann) oder ob er den Rücktritt vom Vertrag erklären will. Letzterer führt nach herrschender Ansicht nicht zur Aufhebung des Vertrages, sondern es unterbleibt nur die weitere Erfüllung; der Leistungsanspruch des Gläubigers wird in einen Schadenersatzanspruch umgewandelt, der auf einer verschuldensunabhängigen Eingriffshaftung beruht (SZ 56/78; SZ 72/211 uva; Gamerith aaO Rz 23 ff Feil Komm KO3 Rz 2a zu § 21).
Im vorliegenden Fall hat der Masseverwalter - aus welchen Gründen auch immer - keinen Rücktritt erklärt. Der Grund für den Nichtrücktritt (hier offenbare Unkenntnis dieser noch laufenden Bierlieferungsverträge) ist gleichgültig.
Ist der Masseverwalter nicht zurückgetreten und ist ihm (wie hier) auch vom Gläubiger keine Frist zur Erklärung gesetzt worden - wozu sich die klagende Partei offensichtlich nicht veranlasst sah, weil die streitgegenständlichen Bierbezugsverträge damals durch die Übernehmerin der G***** Angelika R***** weiter erfüllt wurden -, so gilt das Schweigen des Masseverwalters nicht als Rücktritt, sondern kann der Masseverwalter während der gesamten Dauer des Konkurses sein Wahlrecht ausüben; das Geschäft bleibt (auflösend bedingt) aufrecht. Tritt der Masseverwalter bis zur Aufhebung des Konkurses nicht zurück, so können danach die beiderseitigen Rechte aus dem Vertrag mit ihrem ursprünglichen Inhalt geltend gemacht werden (EvBl 1958/337; 1959/42 zuletzt 8 Ob 4/96; Gamerith aaO Rz 31; Feil aaO Rz 2). Der frühere Gemeinschuldner hat dieses Wahlrecht nicht. Die Rechte aus dem noch aufrechten Vertrag können auch im Fall eines Zwangsausgleichs geltend gemacht werden. Ist der Masseverwalter nicht zurückgetreten ist, ist das Geschäft beiderseits zu erfüllen. Dem Gemeinschuldner kommt kein Nachlass zugute, weil die Erfüllung schwebender Geschäfte eine Masseforderung wäre, die gemäß § 150 Abs 1 KO auch im Zwangsausgleich voll zu erfüllen bzw sicherzustellen gewesen wäre (Gamerith aaO Rz 31). Die Gegenmeinung in der BRD (Jaeger/Henckel § 17 KO Rz 209 ff; Kuhn/Uhlenbruck § 17 Rz 38) beruht darauf, dass dort das Untätigbleiben des Masseverwalters als Erfüllungsablehnung gilt.
Hieraus folgt, dass der Beklagte auch nach Konkursaufhebung und Erfüllung des Zwangsausgleichs verpflichtet war, die streitgegenständlichen Bierlieferungsverträge zu erfüllen und - da er aus der Haftung anlässlich der Veräußerung der G***** von der klagenden Partei nicht entlassen worden war - im Falle der Nichtzuhaltung des Vertrages durch die Übernehmerin Angelika R***** die vertraglich vereinbarten Folgen der Nichtzuhaltung (hier die von der klagenden Partei zulässigerweise gewählte Variante laut Punkt 5 der Bierlieferungsverträge: Rückzahlung des nicht amortisierten Betrages) zu tragen hat, ohne sich auf die Begünstigung des Zwangsausgleichs berufen zu können.
Die Ansprüche aus dieser erst 1998 durch die Einstellung des Bierbezuges durch Angelika R***** erfolgten Vertragsverletzung können daher zur Zeit der Klagseinbringung (März 2000) noch nicht verjährt gewesen sein, sodass es sich erübrigt zu prüfen, ob die von der klagenden Partei gewählte Variante der 3-jährigen oder 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegt.
Es erübrigt sich auch die nähere Erörterung, was gewesen wäre, wenn die klagende Partei im Konkurs eine bedingte Masseforderung (für den Fall, dass Angelika R***** ihrer Bezugsverpflichtung in Zukunft nicht nachkommen sollte) geltend gemacht oder dem Masseverwalter eine Frist gemäß § 21 KO gesetzt hätte, und welche Auswirkungen ein Rücktritt des Masseverwalters gehabt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 41, 50 ZPO.
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